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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 239/11
Verkündet am:
3. Juli 2012
Holmes
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
- 2 -
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 3. Juli 2012 durch den Vorsitzenden Richter Galke, die Richter Zoll und
Wellner, die Richterin Diederichsen und den Richter Stöhr
für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 18. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 7. Juli 2011 wird auf Kosten der Beklagten
zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
1
Der Kläger verlangt von der Beklagten Schadensersatz wegen einer Kapitalanlage.
2
Nach Eingang der Klage am 19. August 2009 hat der Vorsitzende der mit
der Sache befassten Zivilkammer des Landgerichts durch Verfügung vom
16. September 2009 das schriftliche Vorverfahren angeordnet. Er hat der Beklagten mitgeteilt, dass ihr eine Notfrist von zwei Wochen zur Anzeige der Verteidigungsbereitschaft gesetzt werde und sie innerhalb von zwei Wochen gemäß § 184 Abs. 1 Satz 1 ZPO einen im Inland ansässigen Zustellungsbevollmächtigten zu benennen habe. Auf die anderenfalls eintretenden rechtlichen
Folgen der Zustellung von Schriftstücken durch Aufgabe zur Post unter der Anschrift der Beklagten hat der Vorsitzende hingewiesen. Diese Verfügung und
die Klageschrift sind der Beklagten am 8. Januar 2010 nach Maßgabe des
- 3 -
Haager Übereinkommens über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke im Ausland in Zivil- und Handelssachen vom 15. November
1965 (BGBl. 1977 II S. 1452, 1453; im Folgenden HZÜ) zugestellt worden.
Nach Ablauf der Frist zur Anzeige der Verteidigungsbereitschaft hat die Kammer des Landgerichts die Sache auf den Einzelrichter übertragen. Mit Versäumnisurteil vom 13. April 2010 ist die Beklagte antragsgemäß verurteilt und
die Einspruchsfrist auf drei Wochen festgesetzt worden. Das Urteil ist nach dem
Vermerk der Urkundsbeamtin am 15. April 2010 unter der Anschrift der Beklagten zur Post aufgegeben worden. Auf Antrag des Klägers ist das Versäumnisurteil am 29. November 2010 der Beklagten erneut förmlich auf diplomatischem
Weg zugestellt worden. Am 17. Dezember 2010 hat die Beklagte Einspruch
dagegen eingelegt. Mit Urteil vom 11. Januar 2011 hat das Landgericht den
Einspruch als unzulässig verworfen. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte, das Berufungsurteil und das
Urteil des Landgerichts vom 11. Januar 2011 aufzuheben und den Rechtsstreit
an das Landgericht zurückzuverweisen.
Entscheidungsgründe:
I.
3
Das Berufungsgericht hat ausgeführt, das Landgericht habe den Einspruch gegen das Versäumnisurteil zu Recht gemäß § 341 Abs. 1 Satz 2 ZPO
als unzulässig verworfen. Die im Versäumnisurteil gemäß § 339 Abs. 2 Alt. 1
ZPO festgesetzte Rechtsbehelfsfrist von drei Wochen sei bei Eingang des Einspruchs am 17. Dezember 2010 bereits verstrichen gewesen. Nach § 184
Abs. 2 Satz 1 ZPO gelte das Versäumnisurteil am 29. April 2010, nämlich zwei
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Wochen nach der am 15. April 2010 erfolgten Aufgabe zur Post, als zugestellt.
Die auf drei Wochen festgesetzte Einspruchsfrist sei am 20. Mai 2010 abgelaufen. Die Regelungen in § 184 ZPO seien weder verfassungswidrig noch verletze ihre Anwendung das HZÜ. Die Beklagte habe nach Zustellung der Klage
unter Hinweis auf die Regelungen in § 184 ZPO mit Zustellungen im Inland
durch Aufgabe zur Post im weiteren Verfahren rechnen müssen. Sie hätte eine
rechtzeitige Kenntnisnahme von beschwerenden Entscheidungen und Rechtsbehelfsmöglichkeiten sicherstellen können.
4
Die Anordnung nach § 184 ZPO verlange nicht zwingend die Form eines
Gerichtsbeschlusses. Es genüge die Anordnung des Vorsitzenden. Das Zustellungsreformgesetz vom 25. Juni 2001 (BGBl. I S. 1206), durch das § 184 ZPO
an die Stelle des § 174 Abs. 1 ZPO a.F. getreten ist, habe lediglich die in § 20
Nr. 7 RPflG vorgesehene Zuständigkeitsübertragung auf den Rechtspfleger
aufgehoben; ein Wille des Gesetzgebers, den gesamten Spruchkörper mit der
Entscheidung zu befassen, lasse die Gesetzesbegründung hingegen nicht erkennen. Da der Vorsitzende auch sonst Zustellungen alleine anordne, sei nicht
ersichtlich, warum gerade in Fällen des § 184 Abs. 1 Satz 1 ZPO der Spruchkörper entscheiden müsse. Die getroffene Anordnung könnte zwar fehlerhaft
sein, weil sie keine Begründung enthalte, die eine Ermessensausübung erkennen lasse. Der Fehler wiege aber nicht so schwer, dass er die Anordnung nichtig mache.
5
Aus der Verfügung der Geschäftsstelle vom 13. April 2010, dem Vermerk
des Justizwachtmeisters vom 15. April 2010 und der nachgeholten schriftlichen
Bestätigung der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle vom 21. März 2011 ergebe sich, dass das Versäumnisurteil des Landgerichts vom 13. April 2010
zwecks Übersendung an die Beklagte am 15. April 2010 zur Post gegeben worden sei. Der unter dem Datum des 21. März 2011 nachgeholte Vermerk nach
- 5 -
§ 184 Abs. 2 Satz 4 ZPO heile den zunächst bestehenden Mangel der Beurkundung, der von der Beklagten gerügt worden sei. Dass die Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle den Vermerk erst nach Einlegung der Berufung auf Veranlassung des Berufungsgerichts niedergelegt habe, mache die Beurkundung
nicht unwirksam. Erkenntnisgrundlage für die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle sei der entsprechende Aktenvermerk des Leiters der Wachtmeisterei über
die Übergabe des Schriftstückes an das zuständige Postunternehmen. Der Urkundsbeamte müsse das Schriftstück nicht selbst der Post übergeben. Er dürfe
sich angesichts des Massengeschäfts der Zustellung durch Aufgabe zur Post
auf die Erklärung des zuständigen Justizwachtmeisters über die Übergabe zur
Post in Form eines Aktenvermerks genauso verlassen wie auf eigene Wahrnehmungen.
6
Die auf Antrag des Klägers erfolgte nochmalige Zustellung des Versäumnisurteils am 29. November 2010 habe die bereits verstrichene Einspruchsfrist nicht erneut in Lauf setzen können. Durch eine wiederholte Zustellung könne ein bereits rechtskräftiges Urteil seine formelle Rechtskraft nicht
verlieren. Daran ändere die Rechtsmittelbelehrung nichts, mit der das Versäumnisurteil auch bei seiner erneuten Zustellung versehen gewesen sei. Die
von einer unzutreffenden Rechtsbehelfsbelehrung eventuell betroffenen Rechte
der Verurteilten könnten durch Anwendung der Bestimmungen über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ausreichend gewahrt werden.
7
Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand komme nicht in Betracht,
weil bei der Frage des Verschuldens zu berücksichtigen sei, dass die Beklagte
aufgrund der Zustellung der Klageschrift und der Anordnung zur Benennung
eines Zustellungsbevollmächtigten von zukünftig bevorstehenden Zustellungen
Kenntnis gehabt habe.
- 6 -
8
Der unzulässige Einspruch nach § 341 Abs. 1 Satz 2 ZPO sei ohne
Sachprüfung und ohne Prüfung des ordnungsgemäßen Zustandekommens des
mit dem Einspruch angefochtenen Versäumnisurteils zu verwerfen. Auf die von
der Beklagten erhobene Rüge der fehlenden internationalen Zuständigkeit
komme es nicht weiter an.
II.
9
Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Überprüfung stand.
10
1. Das Landgericht hatte auf den Einspruch der Beklagten gegen das
Versäumnisurteil gemäß § 341 Abs. 1 Satz 1 ZPO zunächst nur zu prüfen, ob
der Einspruch an sich statthaft und in der ordnungsgemäßen Form und Frist
eingelegt worden ist. Da die Beklagte die Einspruchsfrist nicht gewahrt hat,
musste der Einspruch gemäß § 341 Abs. 1 Satz 2 ZPO ohne Sachprüfung und
ohne Rücksicht auf das ordnungsgemäße Zustandekommen des Versäumnisurteils verworfen werden (BGH, Beschluss vom 5. März 2007 - II ZB 4/06,
NJW-RR 2007, 1363 Rn. 9 ff.; Saenger/Pukall, ZPO, 4. Aufl., § 341 Rn. 1). Entgegen der Auffassung der Revision schmälert der beschränkte Prüfungsumfang
nicht den Anspruch der Beklagten auf rechtliches Gehör und auf wirkungsvollen
Rechtsschutz in rechtswidriger Weise (vgl. zur Einspruchsfrist in Verfahren vor
dem Arbeitsgericht BVerfG, Beschluss vom 15. Januar 1974 - 2 BvL 9/73,
BVerfGE 36, 298, 301 ff.). Er beruht auf dem die rechtliche Ausgestaltung des
Versäumnisverfahrens prägenden Gedanken, im Interesse der Prozessbeschleunigung eine - auch durch ein fehlerhaftes - Versäumnisurteil gewarnte
Partei zu besonders sorgfältiger Prozessführung anzuhalten. Der Anspruch auf
rechtliches Gehör der Partei, gegen die ein Versäumnisurteil ergangen ist, ist im
Interesse an einem zügigen Verfahrensfortgang auf den fristgebundenen Ein-
- 7 -
spruch beschränkt. Wegen der Verletzung der prozessualen Mitwirkungspflichten sind der säumigen Partei die Rechtsnachteile durch ein vorläufig vollstreckbares Versäumnisurteil zuzumuten (vgl. Saenger/Pukall, ZPO, 4. Aufl., vor
§ 330 Rn. 1). Sie unterliegt im Einspruchsverfahren einer verschärften Prozessförderungspflicht (vgl. Grunsky in Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., § 340 Rn. 6). Der
fristgemäße Einspruch genügt dem Anspruch auf rechtliches Gehör des Säumigen, denn er versetzt den Prozess in die Lage, in der er sich vor Eintritt der
Säumnis befand (§ 342 ZPO).
11
Die mit dem Einspruchsverfahren verbundenen allgemeinen Erschwernisse für die Inanspruchnahme des rechtlichen Gehörs, die sich aus der Einhaltung der Einspruchsfrist ergeben, treffen die im Ausland ansässige Partei - wie
die Beklagte - grundsätzlich nicht schärfer als die im Inland ansässige Partei.
Auch die inländische Partei ist an die Einspruchsfrist gebunden und kann bei
Verfristung des Einspruchs nicht mehr geltend machen, ihr sei die Ladung zur
mündlichen Verhandlung oder ein anderes das Verfahren betreffende Schriftstück nicht oder nicht ordnungsgemäß zugestellt worden. Ist - wie hier - die
Klageschrift als verfahrenseinleitendes Schriftstück der beklagten Partei ordnungsgemäß zugestellt und die in § 184 Abs. 2 Satz 3 ZPO vorgesehene Belehrung erteilt worden, erfordert die Situation der im Ausland ansässigen Beklagten keinen weitergehenden Rechtsschutz. Das mit der Zustellung des verfahrenseinleitenden Schriftstücks entstehende Prozessrechtsverhältnis begründet eine Prozessförderungspflicht auch des Prozessgegners, die es im Interesse der klagenden Partei an einem effektiven Rechtsschutz rechtfertigt, der im
Ausland ansässigen Partei aufzuerlegen, eine inländische Zustellungsmöglichkeit zu schaffen. Die Wirksamkeit der Verpflichtung, einen Zustellungsbevollmächtigten zu benennen, hängt allerdings von der wirksamen Zustellung des
verfahrenseinleitenden Schriftstücks ab (vgl. Senatsurteil vom 10. November
1998 - VI ZR 243/97, VersR 1999, 510, 511; OLG Stuttgart, Urteil vom 26. Sep-
- 8 -
tember 2011 - 5 U 166/10, juris Rn. 31; Zöller/Geimer, ZPO, 29. Aufl., § 183
Rn. 81). Im Interesse eines effektiven Rechtsschutzes wird durch eine Inlandszustellung durch Aufgabe zur Post der Verfahrensverzögerung infolge den Verfahrensgang hemmender Zustellungen im Ausland entgegengesteuert. Aufgrund des Hinweises auf die Folgen der Nichtbenennung eines Zustellungsbevollmächtigten ist der Adressat, dem Schriftstücke gemäß § 184 Abs. 1 Satz 2
ZPO durch Aufgabe zur Post zugestellt werden, hinreichend über die rechtlichen Folgen unterrichtet. Bei einem verspäteten Einspruch bedarf es danach
auch unter Berücksichtigung des Anspruchs der im Ausland ansässigen Partei
auf ein faires Verfahren und auf rechtliches Gehör keines über § 341 Abs. 1
ZPO hinausgehenden Prüfungsumfangs. Dem gemäß § 184 Abs. 2 Satz 3 ZPO
belehrten Adressaten im Ausland bleibt es unbenommen, mit Hilfe des Antrags
auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei einer unverschuldeten Versäumnis der Einspruchsfrist, seine Rechte zu wahren.
12
2. Die Regelung des § 184 Abs. 1 Satz 2 ZPO, die eine Zustellung durch
Aufgabe zur Post unter der Anschrift des außerhalb des Bundesgebiets und
außerhalb des Anwendungsbereichs der Verordnung (EG) Nr. 1393/2007 des
Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. November 2007 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen in den Mitgliedstaaten ("Zustellung von Schriftstücken") und zur
Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1348/2000 (ABl. 2007 L 327, S. 79; im
Folgenden: EuZVO) ansässigen Zustellungsadressaten erlaubt, ist im Streitfall
weder durch völkerrechtliche Vereinbarungen ausgeschlossen noch verletzt sie
Verfahrensgrundrechte der Beklagten oder verstößt sie gegen Art. 6 Abs. 1
EMRK.
13
a) Die Beklagte ist in der Türkei und damit im Ausland außerhalb des
Anwendungsbereichs der EuZVO (Art. 1 Abs. 1 Satz 1 EuZVO) ansässig. Die in
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§ 184 Abs. 1 Satz 2 ZPO vorgesehene Zustellung durch Aufgabe zur Post ist
deshalb nicht durch die vorrangigen Regelungen der EuZVO (vgl. § 183 Abs. 5
Satz 1 ZPO) ausgeschlossen. Der nationale Gesetzgeber hat ausdrücklich nur
die von den europäischen Zustellungsvorschriften erfassten grenzüberschreitenden Zustellungen nicht in die zur Durchführung von Auslandszustellungen
aufgrund völkerrechtlicher Vereinbarungen getroffenen Regelungen des § 183
ZPO integriert (vgl. BGH, Urteil vom 2. Februar 2011 - VIII ZR 190/10, BGHZ
188, 164 Rn. 17 ff. mwN). Die von der Revision in den Blick genommene Anwendung über den Wortlaut hinaus widerspräche dem allgemeinen Rechtsgrundsatz, dass der Ausnahmecharakter einer Regelung einer vom Wortlaut
nicht mehr gedeckten Anwendung widerspricht.
14
b) Die Regelung des § 184 Abs. 1 Satz 2 ZPO verletzt weder den Anspruch der ausländischen Partei auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG)
noch ihr Recht auf ein faires Verfahren (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem
Rechtsstaatsprinzip, Art. 20 Abs. 3 GG). Den berechtigten Interessen beider
Parteien eines Rechtsstreits auf effektiven Rechtsschutz wird im Einzelfall hinreichend dadurch Rechnung getragen, dass die Zustellung durch Aufgabe zur
Post nicht obligatorisch, sondern aufgrund einer im pflichtgemäßen Ermessen
des Gerichts stehenden Anordnung erfolgt. Die nach § 184 Abs. 2 Satz 3 ZPO
bestehende Pflicht, über die Zustellungsfiktion zu belehren, stellt außerdem sicher, dass die im Ausland ansässige Partei sich der ihr drohenden Rechtsnachteile bewusst wird und diese dem Hinweis folgend durch Benennung eines Zustellungsbevollmächtigten vermeiden kann.
15
c) Auch Art. 6 Abs. 1 EMRK gewährt der Beklagten keine weitergehende
Rechtsposition. Die Europäische Kommission für Menschenrechte hat es für
Ausländer als zumutbar erachtet, Anstrengungen zu unternehmen, um sich
über den Inhalt ihnen zugestellter amtlicher Schriftstücke Gewissheit zu ver-
- 10 -
schaffen. Dementsprechend muss ein im Ausland lebender Rechtsmittelführer
selbst für die Einhaltung der Einlegungs- und Begründungsfristen sorgen. Ganz
allgemein gilt, dass die prozessrechtliche Ausgestaltung des Fair-trial-Grundsatzes weitgehend den einzelnen Vertragsstaaten überlassen bleibt. Hierbei
bestehen weite Gestaltungsspielräume (vgl. Senatsurteil vom 10. November
1998 - VI ZR 243/97, VersR 1999, 510, 513 f. mwN). Allerdings sind auch sogenannte versteckte Diskriminierungen verboten, nämlich Regelungen, die die
benachteiligende Rechtswirkung zwar nicht ausdrücklich an die Ausländereigenschaft anknüpfen, deren Voraussetzungen jedoch typischerweise nur bei
Ausländern gegeben sind. Eine offene oder versteckte Diskriminierung enthält
§ 184 Abs. 1 Satz 2 ZPO nicht. Eine solche scheidet schon deshalb aus, weil
die Obliegenheit zur Bestellung von Zustellungsbevollmächtigten unter den
Voraussetzungen von § 184 Abs. 1 ZPO auch Inländer trifft (siehe auch Roth,
IPRax 1990, 90, 93). Abgesehen davon kann nur dann eine Diskriminierung
vorliegen, wenn die vorgenommene Differenzierung nicht sachlichen Unterschieden des zu regelnden Sachverhalts Rechnung trägt (EuGH, Urteil vom
10. Februar 1994 - Rs. C - 398/92, NJW 1994, 1271 f.). Denn Art. 6 Abs. 1
EMRK ist eine Ausprägung des Gleichheitssatzes, wonach Gleiches gleich,
Ungleiches seiner Eigenart nach verschieden zu behandeln ist. Die in § 184
Abs. 1 Satz 1 ZPO vorgesehene Anknüpfung der Pflicht zur Benennung eines
Zustellungsbevollmächtigten an den Umstand, dass keine inländische Zustellungsmöglichkeit besteht, trägt einem sachlichen Unterschied Rechnung. Dieser
besteht in der Gefahr der ständigen Verzögerung eines Verfahrens, an dem
eine im Ausland ansässige Partei beteiligt ist, wenn für jede gerichtliche Zustellung im Laufe des Verfahrens der gegenüber dem innerstaatlichen Zustellungsverfahren umständliche und langwierige Weg der internationalen Rechtshilfe
beschritten werden muss (vgl. BGH, Beschluss vom 3. Februar 1999 - VIII ZB
35/98, NJW 1999, 1871, 1872).
- 11 -
16
d) Die Zustellung gemäß § 184 Abs. 1 Satz 2 ZPO verstößt auch nicht
gegen völkerrechtliche Vereinbarungen, die mit der Türkei hinsichtlich der Zustellung von Schriftstücken bestehen (vgl. OLG Stuttgart, Beschluss vom
28. April 2011 - 5 U 26/11, BeckRS 2011, 26882; OLG Hamm, Urteile vom
10. August 2011 - I-8 U 3/11, juris Rn. 20 ff. und - 8 U 31/11, NJW-RR 2012, 62,
63). Die Zustellung durch Aufgabe zur Post ist keine Auslandszustellung, sondern eine fingierte Form der Zustellung im Inland (vgl. Senatsurteil vom
10. November 1998 - VI ZR 243/97, VersR 1999, 510, 511; Senatsbeschluss
vom 13. November 2001 - VI ZB 9/01, VersR 2003, 345, 346; BGH, Urteil vom
2. Februar 2011 - VIII ZR 190/10, BGHZ 188, 164 Rn. 10; OLG Stuttgart, Urteil
vom 26. September 2011 - 5 U 166/10, juris Rn. 55; Heiderhoff, EuZW 2006,
235, 236; a.A. Häublein in Hannich/Meyer-Seitz, ZPO-Reform 2002, § 184
Rn. 2). Das HZÜ steht der Anwendbarkeit des § 184 ZPO danach schon deshalb nicht entgegen, weil dort nur die Modalitäten einer Auslandszustellung geregelt sind (vgl. Art. 1 Abs. 1 HZÜ), nicht aber die Frage, ob überhaupt eine
förmliche Zustellung im Ausland vorzunehmen ist. Letzteres ist vielmehr durch
das nationale Recht autonom zu beantworten (vgl. Senatsurteil vom 10. November 1998 - VI ZR 243/97, VersR 1999, 510, 511).
17
3. Zutreffend hat das Berufungsgericht die Anordnung, einen Zustellungsbevollmächtigten zu benennen, durch den Vorsitzenden der zuständigen
Zivilkammer des Landgerichts für wirksam erachtet. Dass die Anordnung nach
§ 184 Abs. 1 Satz 1 ZPO vom Vorsitzenden alleine und nicht vom entsprechenden Spruchkörper getroffen worden ist, berührt jedenfalls nicht deren Wirksamkeit.
18
a) Die Frage der Kompetenz für die Anordnung ist in Rechtsprechung
und Literatur umstritten. Einigkeit besteht zunächst insoweit, dass in originären
Einzelrichtersachen (§ 348 Abs. 1 Satz 1 ZPO) die Anordnung nach § 184
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Abs. 1 Satz 1 ZPO der Einzelrichter trifft, der als Prozessgericht vollständig an
die Stelle des Kollegiums tritt (vgl. OLG Stuttgart, Beschluss vom 28. April 2011
- 5 U 26/11, BeckRS 2011, 26882; OLG Hamm, Urteil vom 10. August 2011
- 8 U 31/11, NJW-RR 2012, 62, 64). Ist für den Rechtsstreit ein Kollegialgericht
zuständig, sieht eine Auffassung die Anordnung durch den für Verfahren und
Entscheidung zuständigen Spruchkörper als Wirksamkeitsvoraussetzung an
(vgl. OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 16. März 2009 - 14 W 27/09,
NJW-RR 2010, 285; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 70. Aufl.,
§ 184 Rn. 8; Saenger/Eichele, ZPO, 4. Aufl., § 184 Rn. 2; Zimmermann, ZPO,
9. Aufl., § 184 Rn. 1; Zöller/Stöber, ZPO, 29. Aufl., § 184 Rn. 3). Die Gegenauffassung hält auch dann den Vorsitzenden für zuständig (Hüßtege in Thomas/
Putzo, ZPO, 32. Aufl., § 184 Rn. 3; MünchKommZPO/Häublein, 3. Aufl., § 184
Rn. 7; Rohe in Wieczorek/Schütze, 3. Aufl., § 184 Rn. 43; Roth in Stein/Jonas,
ZPO, 22. Aufl., § 184 Rn. 5; Kessen in Prütting/Gehrlein, ZPO, 3. Aufl., § 184
Rn. 2), zumindest sei die von ihm allein getroffene Anordnung wirksam (OLG
Köln, Urteil vom 16. Dezember 2010 - 18 U 55/10, MDR 2011, 1068, 1069). Die
zuletzt genannte Auffassung trifft zu.
19
aa) Zwar erfolgt nach dem Wortlaut des § 183 Abs. 1 Satz 2 ZPO die
Auslandszustellung auf Ersuchen des "Vorsitzenden des Prozessgerichts", wohingegen § 184 Abs. 1 Satz 1 ZPO die Anordnung, einen Zustellungsbevollmächtigten zu benennen, dem "Gericht" überträgt. Hieraus folgt jedoch noch
nicht zwingend, dass in letzterem Fall nur ein vom zuständigen Spruchkörper
gefasster Beschluss die Zustellung wirksam anordnet. Beide Regelungen gehen auf Vorschriften zurück, die früher nicht in einem unmittelbaren Zusammenhang standen. So geht die Formulierung des geltenden § 183 Abs. 1 Satz 2
ZPO, wonach der "Vorsitzende des Prozessgerichts" handelt, auf § 183 Abs. 1
Nr. 2 ZPO in der Fassung des Zustellungsreformgesetzes vom 25. Juni 2001
zurück. Die dortige Formulierung entspricht inhaltlich § 199 ZPO in seiner bis
- 13 -
zum Inkrafttreten des Zustellungsreformgesetzes geltenden Fassung (vgl. BTDrucks. 14/4554, S. 23). Nach dieser Vorschrift erfolgte eine im Ausland zu bewirkende Zustellung mittels Ersuchens der zuständigen Behörde des fremden
Staates oder des in diesem Staat residierenden Konsuls oder Gesandten des
Bundes; dass der "Vorsitzende des Prozessgerichts" das Ersuchen verfasst,
war damals also noch nicht ausdrücklich geregelt.
20
Was die Zuständigkeit des "Gerichts" in § 184 Abs. 1 Satz 1 ZPO für die
Anordnung der Benennung eines Zustellungsbevollmächtigten betrifft, orientierte sich der Gesetzgeber an § 174 ZPO in der bis zum Inkrafttreten des Zustellungsreformgesetzes geltenden Fassung. In dieser Vorschrift, die weitgehend
auf der Regelung des § 160 ZPO in der Fassung vom 30. Januar 1877 (RGBl.
1877, S. 83) beruhte, war von einer Zuständigkeit des "Gerichts" die Rede. Allein der Wortlaut des § 184 Abs. 1 Satz 1 ZPO, wonach das „Gericht“ anordnen
kann, dass die im Ausland ansässige Partei einen Zustellungsbevollmächtigten
zu benennen hat, steht mithin noch nicht der Wirksamkeit der Anordnung des
Vorsitzenden entgegen.
21
bb) Dass unter dem vom Gesetzeswortlaut vorgegebenen Begriff "Gericht" nicht immer alle Mitglieder eines Spruchkörpers zu verstehen sind, sondern auch eine Wahrnehmung der Aufgabe durch den Vorsitzenden gemeint
sein kann, ergibt sich aus den Regelungen zur Zuständigkeit der für die Vorbereitung der mündlichen Verhandlung zu treffenden Maßnahmen nach § 273
ZPO. Nach § 273 Abs. 1 ZPO veranlasst diese das "Gericht". Aus § 273 Abs. 2
ZPO folgt aber, dass der "Vorsitzende oder ein von ihm bestimmtes Mitglied
des Prozessgerichts" die Maßnahmen ergreift. Typischerweise ist der Vorsitzende für die die mündliche Verhandlung vorbereitenden Maßnahmen zuständig. Dazu passt nicht, dass die Anordnung, einen Zustellungsbevollmächtigten
zu bestellen, die häufig in die vorbereitende Phase des Prozesses fallen wird,
- 14 -
ausschließlich in die funktionelle Zuständigkeit des Spruchkörpers fallen soll.
Für eine ausschließliche Zuständigkeit des Spruchkörpers spricht auch nicht
entscheidend, dass das Zustellungsrecht für bestimmte Aufgaben die Zuständigkeitsverteilung zwischen Vorsitzendem und Spruchkörper ausdrücklich regelt. So weist § 168 Abs. 2 ZPO die Befugnis, einen Gerichtsvollzieher oder
eine andere Behörde mit einer Zustellung zu beauftragen, ausdrücklich dem
"Vorsitzenden des Prozessgerichts oder einem von ihm bestimmten Mitglied"
zu. Andere Normen regeln die funktionelle Zuständigkeit wiederum nicht ausdrücklich. Beispielsweise sieht § 166 Abs. 2 ZPO die Möglichkeit vor, dass das
"Gericht" die Zustellung solcher Dokumente anordnet, deren Zustellung nicht
von Gesetzes wegen erforderlich ist. § 270 Satz 1 ZPO schreibt die formlose
Mitteilung von Schriftsätzen, die keine Sachanträge enthalten, vor, wenn nicht
das „Gericht“ die Zustellung anordnet. In den beiden letztgenannten Fällen entscheidet aber regelmäßig der Vorsitzende durch eine Verfügung (vgl. Roth in
Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., § 166 Rn. 4; Rohe in Wieczorek/Schütze, ZPO,
3. Aufl., § 166 Rn. 52).
22
cc) Der Gesetzgeber des am 1. Juli 2002 in Kraft getretenen Zustellungsreformgesetzes vom 25. Juni 2001 (BGBl. I S. 1206) hat sich mit der hier in Rede stehenden Frage der funktionellen Zuständigkeit des Vorsitzenden oder aller
Mitglieder des Prozessgerichts nicht befasst. Er hat die in § 20 Nr. 7 RPflG a.F.
vorgesehene Übertragung der Aufgabe auf den Rechtspfleger gestrichen, weil
die Anordnung zur Benennung eines Zustellungsbevollmächtigten (für im Inland
ansässige Parteien) entfallen sei, und die Zuständigkeit des Gerichts für die
- bei im Ausland ansässigen Parteien nunmehr im Ermessen stehende - Entscheidung, ob die Benennung eines Zustellungsbevollmächtigten angeordnet
wird, begründet (vgl. BT-Drucks. 14/4554, S. 27). Im Hinblick auf das Schweigen der Gesetzesbegründung zur Frage der funktionellen Zuständigkeit spricht
viel dafür, dass sich der Gesetzgeber damit nicht auseinandergesetzt hat, wer
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in funktioneller Hinsicht anstelle des bisher zuständigen Rechtspflegers die in
§ 184 Abs. 1 Satz 1 ZPO vorgesehene Anordnung treffen soll und ob dies auch
durch eine Verfügung geschehen kann (vgl. OLG Köln, Urteil vom
16. Dezember 2010 - 18 U 55/10, MDR 2011, 1068, 1069).
23
Nach den vorstehenden Ausführungen ist rechtlich nicht zu beanstanden,
dass die Anordnung, einen Zustellungsbevollmächtigten zu benennen, durch
den Vorsitzenden getroffen worden ist. Im Übrigen wäre die Verletzung der
funktionellen Zuständigkeit kein so schwerwiegender Fehler, dass dadurch die
Zustellung der Klageschrift und die Anordnung der Zustellung durch Aufgabe
zur Post gegenüber der Beklagten unwirksam würden.
24
dd) Zwar sind an die Einhaltung der Vorschriften über das Zustellungsverfahren insbesondere im Hinblick auf die von § 184 Abs. 2 Satz 1 ZPO ausgelöste Fiktion und die Bedeutung, die der Zustellung für den Beginn der
Rechtsmittelfristen zukommt, strenge Anforderungen zu stellen (vgl. Senatsurteil vom 10. November 1998 - VI ZR 243/97, VersR 1999, 510, 512; BGH, Urteil
vom 8. März 1979 - IX ZR 92/74, BGHZ 73, 388, 390). Wird eine Vorschrift über
das Verfahren bei Zustellungen verletzt, ist die Zustellung dennoch nur dann
unwirksam, wenn der Zweck der verletzten Verfahrensvorschrift dies erfordert.
Bei Verletzung der hier in Rede stehenden funktionellen Zuständigkeit innerhalb
des Spruchkörpers ist dies nicht der Fall.
25
Die Vorschriften über die Zustellung gewährleisten den Anspruch des
Zustellungsadressaten auf rechtliches Gehör, indem sie sicherstellen, dass der
Betroffene Kenntnis von dem zuzustellenden Dokument nehmen und seine
Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung darauf einrichten kann (vgl. BVerfG,
Beschluss vom 11. Juli 1984 - 1 BvR 1269/83, BVerfGE 67, 208, 211). Wird die
Aufforderung, einen Zustellungsbevollmächtigten zu benennen, von einem funk-
- 16 -
tionell nicht zuständigen Richter getroffen, wird dadurch die Möglichkeit des
Zustellungsadressaten, von Dokumenten, die den Rechtsstreit betreffen,
Kenntnis zu erlangen und rechtliches Gehör in Anspruch zu nehmen, in keiner
Weise erschwert. Auch nach Anordnung durch den Vorsitzenden des Gerichts
erhält der Zustellungsadressat das verfahrenseinleitende Schriftstück, die Aufforderung, einen Zustellungsbevollmächtigten zu benennen, und die Belehrung
über die Möglichkeit der Zustellung durch Aufgabe zur Post für den Fall, dass
kein Zustellungsbevollmächtigter benannt wird. Er wird unabhängig davon, wer
die Anordnung getroffen hat, jedenfalls über den Inhalt des Rechtsstreits informiert. Ihm wird verdeutlicht, dass er durch Bestellung eines Prozessbevollmächtigten oder durch Benennung eines Zustellungsbevollmächtigten die Möglichkeit der Kenntnisnahme von weiteren den Rechtsstreit betreffenden Dokumenten zuverlässig sicherstellen soll und zur Wahrung seiner Rechte tätig werden muss. Die fehlende funktionelle Zuständigkeit des anordnenden Richters
beeinträchtigt die prozessuale Rechtsposition der im Ausland ansässigen Partei
mithin in keiner Weise. Sie berührt deshalb auch nicht die Wirksamkeit der Anordnung.
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b) Die Anordnung ist auch nicht deshalb unwirksam, weil sie nicht mit
Gründen versehen worden ist. Allein der Mangel der Begründung führt nicht zur
Nichtigkeit der Anordnung, zumal diese unanfechtbar ist (MünchKommZPO/Häublein, 3. Aufl., § 184 Rn. 7; Roth in Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., § 184
Rn. 5). Aus dem zulässigen Unterlassen einer Begründung kann auch nicht auf
einen Ermessensfehler des im Übrigen nicht an die Anregung der Partei gebundenen Richters geschlossen werden.
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4. Zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, dass das Versäumnisurteil gemäß § 184 Abs. 2 Satz 1 ZPO als am 29. April 2010 zugestellt
gilt.
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Die für den Eintritt der Zustellungsfiktion erforderliche Aufgabe zur Post
unter der Anschrift der Partei ist durch den Zustellungsvermerk der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle bewiesen. Der Zustellungsvermerk nach § 184 Abs. 2
Satz 4 ZPO, in dem die Zeit und die Anschrift, unter der das Schriftstück zur
Post gegeben wurde, zu vermerken ist, ersetzt die Zustellungsurkunde gemäß
§ 182 ZPO (BGH, Beschluss vom 13. Juni 2001 - V ZB 20/01, VersR 2003,
345). Ebenso wie die Zustellungsurkunde (vgl. BT-Drucks. 14/4554, S. 15) ist
der Vermerk aber keine Wirksamkeitsvoraussetzung für die Zustellung, sondern
dient lediglich deren Nachweis (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 26. September
2011 - 5 U 166/10, juris Rn. 54; Rohe in Wieczorek/Schütze, ZPO, 3. Aufl.,
§ 184 Rn. 45; Roth in Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., § 184 Rn. 17; Zöller/Stöber,
ZPO, 29. Aufl., § 184 Rn. 9). Der Urkundsbeamte muss das Schriftstück nicht
selbst zur Post aufgeben; es reicht aus, wenn er aufgrund einer Erklärung des
Justizwachtmeisters oder eines sonstigen Gehilfen, der das Schriftstück zur
Post aufgegeben hat, das Datum der Aufgabe und die Anschrift des Empfängers des Schriftstücks beurkundet (vgl. BGH, Urteil vom 15. Januar 1953
- IV ZR 180/52, BGHZ 8, 314, 315; Rohe in Wieczorek/Schütze, ZPO, 3. Aufl.,
§ 184 Rn. 47; Roth in Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., § 184 Rn. 18). Er darf den
Vermerk nachträglich anfertigen, sofern er die Verantwortung für die Richtigkeit
übernimmt. Unerheblich ist, ob zwischenzeitlich ein Rechtsmittel eingelegt worden ist, dessen Erfolg durch den Vermerk berührt wird (vgl. BGH, Beschlüsse
vom 14. Oktober 1982 - III ZB 23/82, VersR 1983, 60; vom 24. Juli 2000 - II ZB
20/99, VersR 2001, 1050; MünchKommZPO/Häublein, 3. Aufl., § 184 Rn. 14;
Rohe in Wieczorek/Schütze, ZPO, 3. Aufl., § 184 Rn. 49; Roth in Stein/Jonas,
ZPO, 22. Aufl., § 184 Rn. 18; Zöller/Stöber, ZPO, 29. Aufl., § 184 Rn. 12). Auch
der Ablauf einer Fünf-Monatsfrist setzt der Nachholung entgegen der Auffassung der Revision keine zeitliche Grenze (vgl. zu Unterschriftsnachholung des
Richters: BGH, Urteil vom 27. Januar 2006 - V ZR 243/04, NJW 2006, 1861).
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Der Fall der Anfertigung eines Vermerks, für dessen Inhalt sich der Urkundsbeamte auf aktenmäßig niedergelegte tatsächliche Umstände stützt, ist nicht vergleichbar mit dem durch die richterliche Unterschrift gedeckten Inhalt von Urteilsgründen.
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Nach diesen Grundsätzen ist im Streitfall die Tatsache der Aufgabe zur
Post, an welche die Zustellungsfiktion geknüpft ist, durch den nachgeholten
Vermerk der Urkundsbeamtin erwiesen. Die Nachholung der Beurkundung der
Zustellung durch die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle ist unter den gegebenen Umständen rechtlich unbedenklich. Diese hat durch schriftliche Verfügung
vom 13. April 2010 die vollstreckbare Ausfertigung des Urteils an den/die Leiter/in der Wachtmeisterei zum Zwecke der Zustellung durch Aufgabe zur Post
zugeleitet. Der beauftragte Justizwachtmeister hat am 15. April 2010 die Sendung bei dem zuständigen Postunternehmen zum Zwecke der Zustellung aufgegeben und diesen Umstand in einem schriftlichen Vermerk vom gleichen Tag
bestätigt. Er hat allerdings irrigerweise an Stelle der hierfür zuständigen Urkundsbeamtin auch den Beurkundungsvermerk vom 15. April 2010 unterzeichnet. Auf der Grundlage der aktenmäßigen Niederlegung des Gangs der Zustellung konnte die Urkundsbeamtin den Beurkundungsvermerk am 21. März 2011
nachholen. Mit der Beurkundung hat die Urkundsbeamtin die Verantwortung für
die Erklärung übernommen, dass eine Ausfertigung des Versäumnisurteils am
15. April 2010 unter der Anschrift der Beklagten zur Post aufgegeben worden
ist. Ein grundsätzlich möglicher Gegenbeweis (vgl. § 182 Abs. 1 Satz 2, § 418
Abs. 2 ZPO) ist nicht geführt worden.
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5. Die erneute förmliche Zustellung am 29. November 2010 vermag die
bereits im Mai 2010 eingetretene Rechtskraft des Versäumnisurteils nicht zu
durchbrechen. Eine erneute Zustellung und eine fehlerhafte Belehrung über
eine nicht bestehende Möglichkeit eines Rechtsbehelfs setzen eine Frist nicht
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nochmals in Lauf (BGH, Beschlüsse vom 20. Oktober 2005 - IX ZB 147/01,
NJW-RR 2006, 563, 564; vom 20. November 2006 - NotZ 35/06, juris Rn. 7;
Urteil vom 15. Dezember 2010 - XII ZR 27/09, NJW 2011, 522 Rn. 20; OLG
Stuttgart, Beschluss vom 11. Mai 2011 - 5 W 8/11, NJW-RR 2011, 1631, 1632;
OLG Hamm, Urteile vom 10. August 2011 - I-8 U 3/11, juris Rn. 40 und - 8 U
31/11, NJW-RR 2012, 62, 64). Allein die Belehrung über die nicht eröffnete Einspruchsmöglichkeit vermochte schon wegen der Widersprüchlichkeit zum Inhalt
der im April 2010 erfolgten Belehrung über den möglichen Einspruch und die
Folgen der Untätigkeit, deren Empfang von der Beklagten nicht in Frage gestellt
worden ist, kein berechtigtes Vertrauen der Beklagten zu begründen.
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6. Der Beklagten ist auch nicht Wiedereinsetzung in den vorigen Stand
gemäß § 233 ZPO zu gewähren. Sie hat die Wiedereinsetzung begründende
Tatsachen nicht gemäß § 236 Abs. 2 ZPO innerhalb der Wiedereinsetzungsfrist
nach § 234 Abs. 1 Satz 1 ZPO vorgetragen. Solche sind auch nicht in der Weise offenkundig, dass von Amts wegen Wiedereinsetzung gemäß § 236 Abs. 2
Satz 2 Halbsatz 2 ZPO gewährt werden müsste (vgl. BGH, Beschluss vom
8. Dezember 2010 - XII ZB 334/10, NJW-RR 2011, 568 Rn. 6 f.).
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Zwar kann grundsätzlich ein die Wiedereinsetzung hinderndes Verschulden nicht ohne Rücksicht auf die konkreten Hinderungsgründe für die Fristversäumung bereits aus dem Verstoß gegen die Anordnung, einen Zustellungsbevollmächtigten zu benennen, hergeleitet werden (vgl. BGH, Beschluss
vom 24. Juli 2000 - II ZB 20/99, VersR 2001, 1050). Mit dem im Rechtsstaatsgebot wurzelnden Grundsatz des fairen Verfahrens wäre es unvereinbar, einer
im Ausland wohnenden Partei, die ein nach § 184 Abs. 2 Satz 1 ZPO als zugestellt geltendes Versäumnisurteil wegen Verlustes auf dem Postweg überhaupt
nicht erhält, den Rechtsbehelf des Einspruchs endgültig abzuschneiden, und
zwar allein deshalb, weil sie den Zustellungsbevollmächtigten nicht benannt hat
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(vgl. BGH, Beschluss vom 24. Juli 2000 - II ZB 20/99, VersR 2001, 1050; Gerken in Wieczorek/Schütze, ZPO, 3. Aufl., § 233 Rn. 40). So liegt der Fall hier
nicht.
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Es kann offen bleiben, ob der frühere Prozessbevollmächtigte der Beklagten im Schriftsatz vom 16. Dezember 2010 mit der Einlegung des Einspruchs auch Wiedereinsetzung in den vorigen Stand für die versäumte Einspruchsfrist beantragt hat. Dagegen spricht, dass nach der von ihm vertretenen
Auffassung die Zustellung durch Aufgabe zur Post unwirksam war und mithin
der Einspruch rechtzeitig eingelegt worden ist. Die Gewährung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand scheidet aber in einem solchen Fall grundsätzlich
mangels eines Wiedereinsetzungsbegehrens aus (vgl. BGH, Beschluss vom
24. September 1952 - III ZB 13/52, BGHZ 7, 194, 198). Die Regelung in § 236
Abs. 2 Satz 1 ZPO erfordert jedenfalls, alle Tatsachen, die für die Gewährung
der Wiedereinsetzung erforderlich sind, innerhalb der Wiedereinsetzungsfrist
vorzutragen und diese glaubhaft zu machen (Senatsbeschlüsse vom 29. Januar
2002 - VI ZB 28/01, juris Rn. 4; vom 13. November 2007 - VI ZB 19/07, juris
Rn. 6; BGH, Beschluss vom 19. April 2011 - XI ZB 4/10, NJW-RR 2011, 1284
Rn. 7). Entsprechenden Vortrag zeigt die Revision nicht auf. Die Beklagte hat
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lediglich aus rechtlichen Gründen den Zugang des am 15. April 2010 zur Post
gegebenen Versäumnisurteils für nicht gegeben erachtet.
Galke
Zoll
Diederichsen
Wellner
Stöhr
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 11.01.2011 - 22 O 455/09 OLG Köln, Entscheidung vom 07.07.2011 - 18 U 35/11 -