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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
Verkündet am:
19. Januar 2005
Fritz
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
IV ZR 241/02
in dem Rechtsstreit
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Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden Richter Terno, die Richter Dr. Schlichting, Seiffert, Wendt und
die Richterin Dr. Kessal-Wulf auf die mündliche Verhandlung vom
19. Januar 2005
für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 12. Zivilsenats des
Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 16. Mai 2002 wird
auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Der Kläger begehrt von der Beklagten eine höhere Zusatzrente mit
Wirkung ab 1. Januar 2001.
Er ist am 12. März 1938 geboren und war wegen seiner Tätigkeit
im öffentlichen Dienst bei der beklagten Versorgungsanstalt versichert.
Seit 1. November 1999 bezieht der Kläger eine monatliche Zusatzversorgungsrente von der Beklagten. Nach § 42 Abs. 2 Satz 1 Buchst. a
Doppelbuchst. aa ihrer Satzung (im folgenden: VBLS) in der für die Berechnung der Rentenhöhe des Klägers maßgebenden Fassung berücksichtigte die Beklagte für den Faktor der gesamtversorgungsfähigen Zeit,
von dem die Höhe ihrer Zusatzrente abhängt, außer den Umlagemonaten, in denen ein Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes mit Umlagezah-
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lungen an die Beklagte für die Altersversorgung des bei ihm beschäftigten Klägers beigetragen hat, darüber hinaus andere Zeiten, die (über die
Umlagemonate hinaus) der gesetzlichen Rente des Klägers zugrunde
liegen, nur zur Hälfte (sog. Halbanrechnungsgrundsatz). Dementsprechend hat die Beklagte von den Monaten, die der Kläger in der gesetzlichen Rentenversicherung zurückgelegt hat, zunächst die Monate abgezogen, in denen sein Arbeitgeber Umlagen an die Beklagte gezahlt hat;
aus der Hälfte der verbleibenden Monate sowie den Umlagemonaten
setzt sich danach die gesamtversorgungsfähige Zeit zusammen.
Andererseits war nach der seinerzeit geltenden Satzung bei der
Berechnung der Versorgungsrente grundsätzlich von der vollen Höhe der
an den Kläger gezahlten gesetzlichen Rente auszugehen; diese wurde
durch die von der Beklagten gewährte Zusatzversorgung lediglich insoweit aufgestockt, wie die gesetzliche Rente hinter der nach der Satzung
berechneten Gesamtversorgung zurückblieb (§ 40 Abs. 1 VBLS a.F.).
Das Bundesverfassungsgericht hat in dieser vollen Berücksichtigung der
gesetzlichen Rente trotz einer nur hälftigen Anrechnung von Vordienstzeiten einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG gesehen, der nur bis zum
Ablauf des Jahres 2000 hingenommen werden könne (VersR 2000, 835 =
NJW 2000, 3341).
Der Kläger hat daher - neben zwei weiteren Klagebegehren, welche nach Klageabweisung durch das Landgericht nicht mehr Gegenstand
der Rechtsmittelverfahren geworden sind - dahingehend Feststellungsklage erhoben, daß die Beklagte verpflichtet sei, ihm ab 1. Januar 2001
eine Versorgungsrente für Versicherte auf der Grundlage einer auch
sämtliche Vordienstzeiten voll berücksichtigenden gesamtversorgungs-
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fähigen Zeit zu gewähren, bis eine neue, die Regelung der Vordienstzeiten ändernde Satzung in Kraft trete.
Das Landgericht hat der Klage insoweit stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht die Klage abgewiesen.
Mit der Revision erstrebt der Kläger die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
Entscheidungsgründe:
Die Revision bleibt ohne Erfolg.
1. Nach Auffassung des Berufungsgerichts gehören Berechtigte,
die - wie der Kläger - am 31. Dezember 2000 schon Renten von der Beklagten bezogen haben, nicht zu dem Personenkreis, für den das Bundesverfassungsgericht die streitige Regelung beanstandet hat. Selbst
wenn man aber annehme, daß auch für diese Gruppe von Rentenberechtigten die Halbanrechnung unzulässig und die Satzung insoweit unwirksam sei, könne die Klage keinen Erfolg haben. Denn es stehe eine
Grundentscheidung der beteiligten Sozialpartner in Frage, die jedenfalls
hier nicht vom Gericht im Wege ergänzender Auslegung eines lückenhaft
gewordenen Vertrags geschlossen werden könne. Die Beklagte könne ihr
Grundleistungsangebot nicht selbst gestalten, sondern müsse ein von
den Sozialpartnern ausgehandeltes Ergebnis umsetzen, das notwendig
kompromißhafte Züge trage und deshalb einer Auslegung unter dem Gesichtspunkt der Systemgerechtigkeit kaum zugänglich sei. Die vom Kläger geforderte zusätzliche Leistung sei, wenn man ihre finanziellen Aus-
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wirkungen auf die Beklagte abschätze, nicht etwa nur als Abrundung ihres Angebots zu werten, sondern erschüttere die Beklagte in ihrer wirtschaftlichen Substanz. Deshalb müsse als mögliche Neuregelung auch in
Betracht gezogen werden, daß Vordienstzeiten bei der Berechnung der
von der Beklagten gezahlten Zusatzrente überhaupt nicht mehr berücksichtigt werden könnten.
Im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht lag der Tarifvertrag über die betriebliche Altersversorgung
der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes vom 1. März 2002 vor, der
das bisherige Gesamtversorgungssystem der Beklagten durch ein an den
Grundsatz der Betriebstreue anknüpfendes Punktemodell ersetzt; Vordienstzeiten werden - abgesehen vom Bestandsschutz - nicht mehr berücksichtigt (vgl. Gilbert/Hesse, Die Versorgung der Angestellten und Arbeiter des öffentlichen Dienstes, 37. Ergl. August 2002 Teil C Anl. 5). Im
Hinblick darauf hat das Berufungsgericht keinen Anlaß gesehen, die Satzung etwa wegen Untätigkeit der Sozialpartner ergänzend auszulegen.
2. Dem ist jedenfalls im Ergebnis zuzustimmen, wie der Senat bereits in seinem Urteil vom 26. November 2003 (IV ZR 186/02 - VersR
2004, 183) entschieden hat.
a) Am 19. September 2002 hat die Beklagte ihre Satzung mit Wirkung ab 1. Januar 2001 geändert. Nach der Übergangsregelung in § 75
Abs. 2 der Neufassung werden die nach bisherigem Satzungsrecht gezahlten Versorgungsrenten grundsätzlich als Besitzstandsrenten weitergezahlt und entsprechend § 39 der Neufassung vom Jahr 2002 an jähr-
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lich zum 1. Juli um 1% erhöht. Die vom Kläger geforderte volle Anrechnung der Vordienstzeiten ist nach wie vor nicht vorgesehen.
b) Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Beschluß vom
22. März 2000, auf den sich der Kläger stützt, die Verfassungsbeschwerde einer 1921 geborenen Rentnerin, die seit Anfang 1983 Leistungen
von der Beklagten erhielt und im Ausgangsverfahren erfolglos deren Erhöhung wegen Unwirksamkeit von Satzungsbestimmungen verlangt hatte, nicht zur Entscheidung angenommen. Soweit sich die Beschwerdeführerin gegen die volle Berücksichtigung ihrer Sozialversicherungsrente
bei der Bestimmung der Höhe der Zusatzversorgung einerseits, aber die
nur halbe Berücksichtigung von Zeiten vor Aufnahme ihrer Tätigkeit im
öffentlichen Dienst andererseits gewandt hatte, hat das Bundesverfassungsgericht die Regelung in § 42 Abs. 2 Satz 1 Buchst. a Doppelbuchst. aa VBLS a.F. zwar im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG beanstandet,
eine Verletzung von Grundrechten der Beschwerdeführerin aber "(noch)
nicht" festgestellt. Die Ungleichbehandlung sei zwar gravierend, halte
sich derzeit jedoch noch im Rahmen einer zulässigen Generalisierung.
Der Satzungsgeber sei wegen der hochkomplizierten Materie zu gewissen Vereinfachungen gezwungen. Dabei dürfe er Ungleichbehandlungen
in Kauf nehmen, solange davon nur eine verhältnismäßig kleine Zahl von
Personen betroffen sei. Das treffe auf die Rentnergeneration der Beschwerdeführerin zu, wie das Bundesverfassungsgericht feststellt.
Für die jüngeren Versichertengenerationen sei ein bruchloser Verlauf der Erwerbsbiographie im öffentlichen Dienst angesichts stark gestiegener Teilzeitarbeit und einer stärkeren Diskontinuität des Erwerbslebens allerdings nicht mehr in hinreichender Weise typisch. Angesichts
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dieser Entwicklung könne die Benachteiligung der Rentner durch volle
Anrechnung der in Vordienstzeiten erworbenen Rentenansprüche bei nur
hälftiger Berücksichtigung dieses Teils ihrer Lebensarbeitszeit im Rahmen der Berechnung der gesamtversorgungsfähigen Dienstzeit nicht
länger als bis zum Ablauf des Jahres 2000 hingenommen werden. Zu
diesem Zeitpunkt sei die Beklagte durch die Entscheidung BVerfGE 98,
365 = VersR 1999, 600 ohnehin zu einer grundlegenden Änderung ihrer
Satzung gezwungen.
c) Dieser Beschluß des Bundesverfassungsgerichts mag bei den
Rentenempfängern der Beklagten die Erwartung geweckt haben, ihnen
stehe vom Jahr 2001 an eine höhere Rente zu, wie sie sich bei voller Berücksichtigung der Vordienstzeiten aus der früher geltenden Fassung der
VBLS ergeben würde. Der Kläger des vorliegenden Verfahrens gehört
jedoch nicht zu jenen jüngeren Versichertengenerationen, für die die angegriffene Halbanrechnung nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts nicht mehr hinnehmbar ist. Das Bundesverfassungsgericht hat die
Halbanrechnung trotz verfassungsrechtlicher Bedenken noch als zulässige Typisierung und Generalisierung im Rahmen einer komplizierten
Materie angesehen, weil ein bruchloser Verlauf der Erwerbsbiographie
im öffentlichen Dienst erst für die jüngeren Versichertengenerationen
nicht mehr hinreichend typisch sei. Bis zum Ablauf des Jahres 2000 könne die Halbanrechnung aber noch hingenommen werden. Mithin ist das
Bundesverfassungsgericht davon ausgegangen, daß alle Versicherten,
die vor Ablauf des Jahres 2000 Rentner bei der Beklagten geworden
sind, noch zu denjenigen Generationen zählen, für die ein bruchloser
Verlauf der (bei Rentenbeginn abgeschlossenen) Erwerbsbiographie als
typisch angesehen werden kann. Soweit die Versicherten im Revisions-
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verfahren diese Annahme des Bundesverfassungsgerichts mittels statistischen Materials und unter Berufung auf ein einzuholendes Sachverständigengutachten in Zweifel gezogen haben, ist dies in bezug auf die
rein wertende Abgrenzung der Versichertengenerationen durch das Bundesverfassungsgericht unerheblich. Der Kläger bezieht schon seit 1. November 1999 eine Zusatzrente von der Beklagten. Für ihn und für die
Generation, der er angehört, ist die Halbanrechnung der Vordienstzeiten
also noch hinzunehmen.
Die Unterscheidung, die das Bundesverfassungsgericht zwischen
der Rentnergeneration der dortigen Beschwerdeführerin einerseits und
den jüngeren Versichertengenerationen andererseits trifft, verlöre ihren
Sinn, wenn auch Personen, die vor dem Stichtag schon Rentner bei der
Beklagten waren, nach dem Stichtag als Angehörige der jüngeren Versichertengenerationen hätten gelten sollen. Daß auch die Beschwerdeführerin (und nicht nur die am Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht
nicht beteiligten jüngeren Versichertengenerationen) vom Stichtag an einen Anspruch auf Änderung der sie benachteiligenden, gegen Art. 3
Abs. 1 GG verstoßenden Satzungsbestimmungen gehabt hätte, ist nicht
ersichtlich.
d) Der Senat folgt dem Bundesverfassungsgericht darin, daß die
Anwendung des § 42 Abs. 2 Satz 1 Buchst. a Doppelbuchst. aa VBLS
a.F. bei der Berechnung der Versorgungsrente für solche Versicherte,
die - wie der Kläger - bis zum 31. Dezember 2000 rentenberechtigt geworden sind, nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstößt. Auch ein Verstoß
gegen §§ 9 AGBG, 307 BGB liegt nicht vor. Dabei kann auf sich beruhen, ob den Erwägungen des Bundesverfassungsgerichts zur Ungleich-
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behandlung der von der Halbanrechnung betroffenen Versichertengruppe
trotz der Kritik der Beklagten in jedem Punkt zu folgen ist (vgl. auch Hebler, ZTR 2000, 337 ff. und Schantl, VersR 2004, 1226, 1230 ff.). Denn
mit dem Bundesverfassungsgericht ist der Senat der Auffassung, daß
- ist mit der Halbanrechnung eine Ungleichbehandlung gegenüber denjenigen Versicherten verbunden, die ihr ganzes Berufsleben im öffentlichen Dienst verbracht haben - sich die Ungleichbehandlung jedenfalls im
Rahmen einer zulässigen Typisierung und Generalisierung einer komplizierten, eine sehr große Gruppe von Versicherten betreffenden Materie
hielt. Diese Ungleichbehandlung hat ein Versicherter, der bis zum Ablauf
des Jahres 2000 Zusatzrentenempfänger geworden ist, nicht zuletzt
auch im Interesse der Erhaltung der finanziellen Leistungsfähigkeit des
Versorgungsträgers hinzunehmen, selbst wenn für die Zukunft eine andere, die Ungleichbehandlung für zukünftige Rentenempfänger vermeidende Regelung zu treffen ist.
e) Der Kläger wird auch gegenüber Versicherten, deren Rente sich
nach der ab 1. Januar 2001 geltenden Neufassung der VBLS richtet,
nicht in rechtlich erheblicher Weise benachteiligt. Das Niveau der von
der Beklagten in Zukunft aufgrund ihrer neuen Satzung zu leistenden
Renten ist generell niedriger als bisher; den Berechtigten wird daneben
eine ergänzende Altersvorsorge angeboten, die aus eigenen Beiträgen
aufgebaut werden muß. Daß der Kläger trotz der dynamisierten Besitzstandsrente, die er nach § 75 Abs. 2 VBLS n.F. erhält, wirtschaftlich im
Ergebnis schlechter stehe als Berechtigte, deren Rente nach neuem
Satzungsrecht ohne Rücksicht auf Vordienstzeiten außerhalb des öffentlichen Dienstes berechnet wird, ist von ihm weder dargetan noch ersichtlich. Der in der Halbanrechnung von Vordienstzeiten vom Bundesverfas-
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sungsgericht gesehene Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz ist für
die Zukunft ausgeräumt. Im Hinblick darauf stehen Rentenempfängern
alten Rechts wie etwa dem Kläger über die Wahrung ihres Besitzstandes
hinaus auch in der Übergangszeit nach dem 31. Dezember 2000 keine
weitergehenden Ansprüche aus Gründen der Gleichbehandlung zu.
f) Entgegen der Ansicht der Revision haben sich die Tarifvertragsparteien schließlich auch nicht durch die Vereinbarung, eine bundesgerichtliche Entscheidung zugunsten einer höheren als der in der Übergangsregelung der neuen Satzung vorgesehenen Rente zugunsten aller
davon Betroffenen umzusetzen, darauf verständigt, die Entscheidung
über Halb- oder Vollanrechnung den Gerichten vorzubehalten. Damit
wird lediglich zum Ausdruck gebracht, daß einer solchen Entscheidung
sogar rückwirkend Folge geleistet werden soll.
Terno
Dr. Schlichting
Wendt
Seiffert
Dr. Kessal-Wulf