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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
II ZB 12/11
vom
13. Dezember 2011
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
SpruchG § 15
Im Spruchverfahren können die außergerichtlichen Kosten des Antragsgegners (§ 5
SpruchG) nicht dem Antragsteller auferlegt werden.
BGH, Beschluss vom 13. Dezember 2011 - II ZB 12/11 - KG
LG Berlin
-2-
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 13. Dezember 2011
durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bergmann und den Richter Dr. Strohn,
die Richterin Dr. Reichart sowie die Richter Dr. Drescher und Born
beschlossen:
Die Anschlussbeschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Landgerichts Berlin vom 20. Februar 2009 wird zurückgewiesen, soweit sie die Auferlegung der außergerichtlichen
Kosten und der Auslagen der Antragsgegnerin auf die Antragstellerin betrifft.
Der Beschluss des 2. Zivilsenats des Kammergerichts vom
26. Mai 2011 wird, soweit er eine Entscheidung über die Gerichtskosten im zweiten Rechtszug enthält, dahingehend abgeändert,
dass von den Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens die Antragstellerin 24/25 und die Antragsgegnerin 1/25 tragen.
Gründe:
I.
1
Die Antragstellerin hat nach der Übertragung der Aktien der Minderheitsaktionäre der B.
AG auf die Antragsgegnerin am 17. Januar 2007 im
Spruchverfahren einen Antrag auf die gerichtliche Bestimmung der angemessenen
Abfindung und eines angemessenen Ausgleichs nebst Verzinsung einer Erhöhung
gestellt. Das Landgericht hat den Antrag als unzulässig verworfen. Gegen diesen
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Beschluss hat die Antragstellerin sofortige Beschwerde beim Kammergericht eingelegt. Die Antragsgegnerin hat Anschlussbeschwerde eingelegt und beantragt, die
Gerichtskosten und außergerichtlichen Auslagen der Antragsgegnerin in Abänderung
der angefochtenen Entscheidung der Antragstellerin aufzuerlegen. Das Kammergericht hat die sofortige Beschwerde der Antragstellerin zurückgewiesen und auf die
Anschlussbeschwerde der Antragsgegnerin die im ersten Rechtszug entstandenen
Gerichtskosten der Antragstellerin auferlegt. Außerdem hat es der Antragstellerin die
im zweiten Rechtszug entstandenen Gerichtskosten auferlegt. Wegen der weitergehenden, die außergerichtlichen Auslagen der Antragsgegnerin betreffenden Anschlussbeschwerde hat es die Sache dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorgelegt. Insoweit möchte das Kammergericht die Anschlussbeschwerde zurückweisen, weil es die Kostenregelung in § 15 Abs. 4 SpruchG für abschließend hält. Daran
sieht es sich durch den Beschluss des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Hamburg vom 9. Juni 2005 - 11 W 30/05 (AG 2005, 853) gehindert.
II.
2
Die Vorlage ist zulässig.
3
1. Die Zulässigkeit der Vorlage ist nach § 28 Abs. 2 Satz 1 FGG zu beurteilen,
dessen entsprechende Anwendung in § 12 Abs. 2 Satz 2 SpruchG in der Fassung
des Gesetzes vom 12. Juni 2003 (BGBl. I S. 838) angeordnet war. Nach Art. 111
Abs. 1 des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit vom 17. Dezember 2008 (FGGReformgesetz-FGG-RG, BGBl. I S. 2586) finden das Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit und das Spruchverfahrensgesetz in der bis zum
1. September 2009 geltenden Fassung weiter Anwendung, wenn das Verfahren in
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erster Instanz vor Inkrafttreten des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen
und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) am 1. September 2009 eingeleitet worden ist (BGH, Beschluss vom 19. Juli 2010 - II ZB 18/09,
BGHZ 186, 229 Rn. 5 - STOLLWERCK). Das Spruchverfahren wurde 2007 eingeleitet.
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2. Eine Vorlage an den Bundesgerichtshof ist auch wegen einer Rechtsfrage
zulässig, die die Kostenerstattungspflicht (hier nach § 15 Abs. 2 und 4 SpruchG bzw.
§ 13a Abs. 1 FGG) betrifft (vgl. BGH, Beschluss vom 11. Juli 1958 - V ZB 13/58,
WM 1958, 1087; Beschluss vom 23. Oktober 1959 - IV ZB 105/59, BGHZ 31, 92, 94;
Beschluss vom 6. Oktober 1960 - VII ZB 14/60, BGHZ 33, 205, 206).
5
3. Das vorlegende Gericht will bei seiner Entscheidung von einer Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts abweichen.
6
a) Der vom vorlegenden Kammergericht angeführte Beschluss des Oberlandesgerichts Hamburg ist in einem Spruchverfahren ergangen und beruht auf einer
Rechtsauffassung, von der das vorlegende Gericht abweichen will. Eine Abweichung
im Sinne von § 28 Abs. 2 Satz 1 FGG liegt auch vor, wenn die Entscheidung, von der
abgewichen werden soll, nicht zu demselben gesetzlichen Tatbestand ergangen ist,
aber die gleiche Rechtsfrage zu beurteilen ist (BGH, Beschluss vom 19. Juli 2010
- II ZB 18/09, BGHZ 186, 229 Rn. 6 - STOLLWERCK; Beschluss vom 25. Juni 2008
- II ZB 39/07, BGHZ 177, 131 Rn. 5; Beschluss vom 13. März 2006 - II ZB 26/04,
BGHZ 166, 329 Rn. 6). Danach liegen die Vorlagevoraussetzungen vor, obwohl vom
vorlegenden Gericht über die Erstattung der außergerichtlichen Kosten der Antragsgegnerin im erstinstanzlichen Verfahren entschieden werden soll, während das Oberlandesgericht Hamburg darüber entschieden hat, wer die außergerichtlichen Kosten
im Beschwerdeverfahren zu tragen hat. Das Oberlandesgericht Hamburg hat ange-
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nommen, dass § 15 SpruchG zu den außergerichtlichen Kosten des Antragsgegners
nicht abschließend und § 13a Abs. 1 FGG über § 17 Abs. 1 SpruchG aF anwendbar
sei. Das Kammergericht will dagegen die Regelung in § 15 Abs. 2 bis 4 SpruchG gegenüber § 13a Abs. 1 FGG als abschließend ansehen.
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Die Vorlagepflicht ist nicht entfallen, weil § 17 Abs. 1 SpruchG in der Fassung
des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG-RG) nunmehr auf das Gesetz über das
Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) verweist und § 13a Abs. 1 FGG aufgehoben wurde. Wenn das vorlegende Gericht von einer Entscheidung zu einem aufgehobenen Gesetz abweichen
will, ist die Vorlage allerdings nur zulässig, wenn die frühere Gesetzesfassung weiter
anzuwenden ist oder wenn die gleiche Norm ihrem wesentlichen Inhalt nach Bestandteil des geltenden Rechts ist (BGH, Beschluss vom 22. Oktober 1965
- IV ZB 342/65, BGHZ 44, 220, 222 f.). Im Verfahren des Kammergerichts sind § 17
Abs. 1 SpruchG in der seither geltenden Fassung und damit die Vorschriften des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG) anzuwenden,
soweit das Spruchverfahrensgesetz keine Regelung enthält. Außerdem stellt sich die
Frage, ob durch eine abschließende Regelung in § 15 Abs. 2 und 4 SpruchG die Erstattung außergerichtlicher Kosten des Antragsgegners ausgeschlossen ist, auch
weiterhin. § 81 und § 84 FamFG, die an die Stelle von § 13a Abs. 1 FGG getreten
sind, ermöglichen unter bestimmten Umständen, einem Antragsteller die außergerichtlichen Kosten des Antragsgegners aufzuerlegen.
8
c) Für die Zulässigkeit der Vorlage ist weiter erforderlich, dass es für die Entscheidung vom Standpunkt des vorlegenden Gerichts aus auf die streitige Rechtsfrage ankommt. Dabei ist die Entscheidungserheblichkeit der Rechtsfrage für die vorgelegte Sache auf der Grundlage des im Vorlagebeschluss des Oberlandesgerichts
-6-
mitgeteilten Sachverhalts und der dort zum Ausdruck gebrachten rechtlichen Beurteilung
des
Falles
1981- IVb ZB 718/80,
zu
prüfen
BGHZ
82,
(vgl.
34,
BGH,
36 f.;
Beschluss
Beschluss
vom
vom
14. Oktober
11. Juli
1990
- XII ZB 113/87, BGHZ 112, 127, 129; Beschluss vom 16. Juli 1997 - XII ZB 97/96,
NJW-RR 1997, 1162). Es ist zwar zweifelhaft, ob die Entscheidung über die Anschlussbeschwerde allein von der Geltung von § 13a Abs. 1 FGG für die Kostenentscheidung im Spruchverfahren abhängt. § 13a Abs. 1 Satz 1 sieht nicht vor, dass die
außergerichtlichen Kosten eines Beteiligten bei Misserfolg eines Antrags dem Antragsteller auferlegt werden müssen, sondern regelt die Kostenerstattung nach Billigkeit. Insoweit ist die Ansicht des vorlegenden Gerichts, es könne ohne Beantwortung
der streitigen Rechtsfrage nicht über die Anschlussbeschwerde entscheiden, für die
Beurteilung der Zulässigkeit der Vorlage aber bindend.
III.
9
1. Die Anschlussbeschwerde ist zulässig.
10
Eine Anschlussbeschwerde des Antragsgegners ist im Spruchverfahren
grundsätzlich statthaft. Die Anschlussbeschwerde kann sich auch allein gegen die
Kosten- und Auslagenentscheidung richten. Nach § 20a FGG ist die Kostenentscheidung zwar nicht ohne die Hauptsache anfechtbar. Wenn in der Hauptsache ein zulässiges Rechtsmittel eingelegt ist, ist eine Anschlussbeschwerde nur wegen der
Kosten aber statthaft (vgl. Bumiller/Winkler, FGG, 8. Aufl., § 20a Rn. 9).
11
2. Die Anschlussbeschwerde der Antragsgegnerin bleibt - soweit der Senat
hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten der Antragsgegnerin darüber zu entscheiden hat - ohne Erfolg. Im Spruchverfahren können die außergerichtlichen Kosten des
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Antragsgegners (§ 5 SpruchG) nicht dem Antragsteller auferlegt werden. Eine Erstattung der Kosten des Antragsgegners ist in § 15 SpruchG nicht vorgesehen. § 15
Abs. 4 SpruchG regelt die Kostenerstattung für die außergerichtlichen Kosten abschließend.
12
a) Ob der Antragsteller dem nach § 5 SpruchG bestimmten Antragsgegner im
Spruchverfahren außergerichtliche Kosten zu erstatten hat, ist streitig. Teilweise wird
angenommen, dass § 15 Abs. 4 SpruchG den § 13a Abs. 1 FGG verdrängt (Meilicke/
Heidel, DB 2003, 2267, 2275; Emmerich in Emmerich/Habersack, Aktien- und
GmbH-Konzernrecht, 6. Aufl., § 15 SpruchG Rn. 21b; Hüffer, AktG, 9. Aufl., Anh.
§ 305 § 15 SpruchG Rn. 6 für § 81 FamFG); teilweise wird über § 17 Abs. 1 SpruchG
aF § 13a Abs. 1 FGG für anwendbar erachtet (Klöcker/Frowein, SpruchG, § 15
Rn. 18; Krieger/Mennicke in Lutter UmwG, 4. Aufl., § 15 SpruchG Rn. 15; MünchKommAktG/Kubis, 3. Aufl., § 15 SpruchG Rn. 21; Rosskopf in KK-SpruchG § 15
Rn. 53; Volhard in Semler/Stengel, UmwG, 2. Aufl., § 15 SpruchG Rn. 14; Ederle/
Theusinger in Bürgers/Körber, AktG, 2. Aufl., § 15 SpruchG Rn. 7). Eine vermittelnde
Ansicht hält § 15 Abs. 4 SpruchG nur für die Erstattung der außergerichtlichen Kosten im erstinstanzlichen Verfahren für abschließend, dagegen nicht für die Kosten im
Beschwerdeverfahren (Winter in Simon, SpruchG, § 15 Rn. 102 und 103). In der
Rechtsprechung der Oberlandesgerichte zur Erstattung der außergerichtlichen Kosten des Antragsgegners im Beschwerdeverfahren wird eine Erstattung der außergerichtlichen Kosten des Antragsgegners teilweise angeordnet (vgl. neben dem OLG
Hamburg OLG München, Beschluss vom 3. Februar 2010 - 31 Wx 135/09, juris;
OLGR Düsseldorf, 2009, 438, 443; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 10. Januar 2006
- 12 W 136/04, juris; OLG Zweibrücken, ZIP 2005, 948, 951) und teilweise abgelehnt
(vgl. außer dem Kammergericht BayObLG, NZG 2004, 1111, 1114; OLG Stuttgart,
Beschluss vom 5. Mai 2009 - 20 W 13/08, juris).
-8-
13
b) § 15 Abs. 2 und 4 SpruchG regeln die Kostenerstattung im Spruchverfahren
abschließend.
14
aa) Für eine abschließende Regelung spricht schon, dass zwischen der
Pflicht, die Gerichtskosten zu tragen, und den außergerichtlichen Kosten der Antragsteller unterschieden wird, ohne die außergerichtlichen Kosten des Antragsgegners
zu erwähnen. Hätten die außergerichtlichen Kosten des Antragsgegners wie die außergerichtlichen Kosten des Antragstellers nach Billigkeit verteilt werden sollen, hätte
es nahegelegen, dies ausdrücklich aufzunehmen oder auf eine Regelung der Erstattung für außergerichtliche Kosten zugunsten des Verweises über § 17 Abs. 1
SpruchG auf § 13a Abs. 1 Satz 1 FGG zu verzichten. Gemäß § 13a Abs. 1 Satz 1
FGG sind nach Billigkeit die außergerichtlichen Kosten und gegebenenfalls auch
verauslagte Gerichtskosten einem Beteiligten aufzuerlegen.
15
Die Ausgestaltung der Kostentragungspflicht in § 15 Abs. 2 und 4 SpruchG
spricht ebenfalls dafür, dass die außergerichtlichen Kosten der Antragsgegner nicht
erstattet werden. Grundsätzlich hat ein Antragsteller seine außergerichtlichen Kosten
selbst zu tragen (§ 15 Abs. 4 SpruchG), abhängig vom Verfahrensausgang können
sie auch dem Antragsgegner auferlegt werden. Gerichtskosten sollen dem Antragsteller unabhängig vom Ausgang des Verfahrens dagegen nur ausnahmsweise auferlegt werden können (§ 15 Abs. 2 SpruchG). Ihn dann nach Billigkeit darüber hinaus
sogar zur Erstattung außergerichtlicher Kosten des Antragsgegners zu verpflichten,
passt nicht zu dieser Abstufung des Kostenrisikos.
16
bb) Die Entstehungsgeschichte von § 15 Abs. 2 und 4 SpruchG stützt dieses
Ergebnis. Die Neuregelung des Spruchverfahrens ging unter anderem auf die Empfehlung
der
Regierungskommission
„Corporate
Governance“
zurück
(Neye,
NZG 2002, 23; Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Neuordnung des gesell-
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schaftsrechtlichen Spruchverfahrens [Spruchverfahrensneuordnungsgesetz], BTDrucks. 15/371 S. 1 und S. 11). Die Empfehlung sah vor, dass die Gerichtskosten
und die Kosten des gemeinsamen Vertreters von der Gesellschaft getragen werden,
die Antragsteller wie bisher von der Gesellschaft Erstattung ihrer außergerichtlichen
Kosten verlangen können, aber abweichend von der seitherigen Praxis nur noch im
Falle ihres Obsiegens. Die außergerichtlichen Kosten der Gesellschaft sollten dagegen wie bisher unabhängig vom Ausgang des Verfahrens bei dieser verbleiben (Bericht der Regierungskommission „Corporate Governance“, Unternehmensführung
- Unternehmenskontrolle - Modernisierung des Aktienrechts, BT-Drucks. 14/7515
S. 83 f.). Dem entsprechend ging der Gesetzgeber bei der Schaffung der Regelung
in § 15 Abs. 2 und 4 SpruchG davon aus, dass bis dahin nach § 306 Abs. 7 AktG
bzw. 312 UmwG der Antragsgegner bzw. der andere Vertragsteil regelmäßig sowohl
die Gerichtskosten als auch die außergerichtlichen Kosten der Antragsteller zu tragen hatte. Dass der Antragsgegner seine eigenen außergerichtlichen Kosten selbst
tragen musste, wurde dabei vorausgesetzt (vgl. Referentenentwurf eines Gesetzes
zur Neuordnung des gesellschaftsrechtlichen Spruchverfahrens [Spruchverfahrensneuordnungsgesetz], abgedruckt NZG 2002, 25, 31; Regierungsentwurf BTDrucks. 15/371 S. 11).
17
Dem Gesetzgeber erschien eine völlige Änderung der Grundlagen des Verfahrens im Sinne einer Umgestaltung in einen reinen Parteiprozess nach der Zivilprozessordnung nicht als sinnvoll (Regierungsentwurf BT-Drucks. 15/371 S. 11 f.), und
eine Kostenentscheidung nach Obsiegen und Unterliegen sollte nicht getroffen werden, weil den Antragsberechtigten ansonsten in den meisten Fällen das Spruchverfahren wegen des Kostenrisikos faktisch verbaut wäre (Regierungsentwurf BTDrucks. 15/371 S. 17). Die Gerichtskosten sollte nach der Neuregelung weiter grundsätzlich der Antragsgegner tragen, nur ausnahmsweise - etwa bei Rechtsmissbrauch - sollen sie dem Antragsteller auferlegt werden können. Bei den außergericht-
- 10 -
lichen Kosten der Antragsteller sollte die Möglichkeit einer stärkeren Differenzierung
durch das Gericht eröffnet werden. Grundsätzlich sollten die Antragsteller ihre Kosten
selbst tragen. Eine Anordnung der Kostenerstattung durch den Antragsgegner soll
aus Billigkeitsgründen in Betracht kommen, insbesondere bei einer deutlichen Erhöhung der Leistung des Antragsgegners (Regierungsentwurf BT-Drucks. 15/371
S. 17 f.). Daraus, dass den Antragstellern mit der Aufbürdung der eigenen außergerichtlichen Kosten nur ein begrenztes Kostenrisiko auferlegt werden sollte (so ausdrücklich Regierungsentwurf BT-Drucks. 15/371 S. 17), lässt sich entnehmen, dass
- entsprechend der Empfehlung der Corporate Governance Kommission - die außergerichtlichen Kosten des Antragsgegners bei diesem verbleiben sollten.
18
cc) Eine solche Kostenverteilung entspricht auch dem Zweck der ausdifferenzierten Kostenregelung in § 15 SpruchG. Sie ist ein Ausgleich dafür, dass die Antragsberechtigten die Erfolgsaussichten des Verfahrens nicht notwendig im Voraus
abschätzen können. Sie sind nach der Konzeption des Spruchverfahrensgesetzes
hinsichtlich der Informationen auf den in § 7 Abs. 3 Satz 1 SpruchG genannten Bericht und den Prüfungsbericht des sachverständigen Prüfers beschränkt, während
der Antragsgegner regelmäßig weitergehende Informationen über die zur Bewertung
der Angemessenheit der Kompensation heranzuziehenden Umstände besitzt. Dieses
informationelle Ungleichgewicht rechtfertigt es, die Antragsberechtigten nur mit einem beschränkten, berechenbaren Kostenrisiko zu belasten. Dass der Antragsgegner seine eigenen außergerichtlichen Kosten - wie auch schon die Gerichtskosten
und die Kosten des gemeinsamen Vertreters - tragen muss, ist auch deshalb plausibel, weil der Antragsgegner die Strukturmaßnahme, die regelmäßig in seinem Interesse liegt, nach der gesetzlichen Konzeption zunächst unabhängig von der angemessenen Höhe eines Ausgleichs durchsetzen und die Antragsteller auf das Spruchverfahren verweisen kann. Sie können die Strukturmaßnahme regelmäßig weder
wegen der Unangemessenheit der Kompensation noch wegen unzureichender In-
- 11 -
formation verhindern, sondern werden auf eine Überprüfung im Spruchverfahren
verwiesen (vgl. § 243 Abs. 4 Satz 2, § 304 Abs. 3, § 305 Abs. 5, § 320b Abs. 2,
§ 327 f AktG, § 14 Abs. 2 UmwG, § 6 Abs. 1 SEAG, § 7 Abs. 1 SCEAG). Da der Antragsgegner die von ihm gewünschte Maßnahme ohne endgültige Klärung der Ausgleichshöhe durchsetzen kann, dürfen die Hürden für ihre nachträgliche Überprüfung
nicht zu hoch angesetzt werden.
IV.
19
Die Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren war durch den Senat
unter Aufhebung der unzulässigen Teilkostenentscheidung im Beschluss des Kammergerichts nach § 15 Abs. 2 und 4 SpruchG zu treffen, weil er nach § 28 Abs. 3
FGG abschließend zu entscheiden hat.
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1. Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens sind zwischen den Beteiligten im Verhältnis 24/25 zu 1/25 zu teilen.
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a) Die Regelung in § 15 Abs. 2 und 4 SpruchG zu den Gerichtskosten und der
Erstattung außergerichtlicher Kosten gilt auch für das Beschwerdeverfahren. Der
Wortlaut verhält sich dazu zwar nicht. § 15 Abs. 1 Satz 7 SpruchG, der eine Bestimmung zur Gebührenhöhe im Rechtsmittelverfahren enthält, legt aber nahe, dass auch
die übrigen Regelungen in § 15 SpruchG für ein Rechtsmittelverfahren gelten sollen.
Auch der Gesetzgeber ist davon ausgegangen, dass § 15 Abs. 4 SpruchG für das
Beschwerdeverfahren Geltung hat. Nach der Begründung des Regierungsentwurfs
zum Spruchverfahrensneuordnungsgesetz soll das Beschwerdegericht im Zusammenhang mit der Entscheidung über die Erstattung der außergerichtlichen Kosten
die Begründung des Landgerichts auch auf Rechtsfehler überprüfen können (Regie-
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rungsentwurf BT-Drucks. 15/371 S. 18). Zwar trifft der Gedanke, dass die Antragsberechtigten ihre Aussichten im Verfahren nur beschränkt einschätzen können und ein
Informationsgefälle besteht, wegen des Vorliegens einer erstinstanzlichen Entscheidung regelmäßig nur noch eingeschränkt zu. Es ist aber auch nicht ausgeschlossen,
dass erst im Rechtsmittelverfahren weitere Informationen eingeholt werden oder
dass ein Rechtsmittel des Antragsgegners zu einer Abweisung des Antrags führt.
Hinsichtlich der Gerichtskosten sollte ohnehin nicht auf den Erfolg der Anträge abzustellen sein, und ihre außergerichtlichen Kosten sollten die Antragsteller ohne weiteres Kostenrisiko grundsätzlich selbst tragen. Dem widerspräche es, die Kosten des
Beschwerdeverfahrens nach anderen Grundsätzen als die Kosten der ersten Instanz
zu verteilen.
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b) Danach sind die Gerichtskosten, soweit die Beschwerde erfolglos war, anteilig nach § 15 Abs. 2 SpruchG der Antragstellerin aufzuerlegen.
23
Der Gesetzgeber ging zwar davon aus, dass die Gerichtskosten nur ausnahmsweise einem Antragssteller aufzuerlegen sind, etwa bei Rechtsmissbrauch
(BT-Drucks. 15/371 S. 18). Einem Ausnahmefall wie dem Rechtsmissbrauch steht es
nicht schon gleich, wenn ein Rechtsmittel erfolglos ist. Dem Antragsteller können die
Gerichtskosten aber auferlegt werden, wenn sein Rechtsmittel bei einer Beurteilung
ex ante offensichtlich von vorneherein ohne Erfolgsaussichten war. Das war hier der
Fall, weil die Begründung des Antrags den Mindestanforderungen nach § 4 Abs. 2
Satz 2 Nr. 4 SpruchG eindeutig nicht entsprach und die Antragstellerin mit der Entscheidung des Landgerichts darauf bereits hingewiesen worden war. Zwar sind an
die Begründung des Antrags im Spruchverfahren keine besonders strengen Anforderungen zu stellen und muss kein bezifferter Antrag gestellt werden, so dass auch
keine Berechnung verlangt werden kann; im Gegenteil sollen die Anforderungen
nach der Gesetzesbegründung zum Spruchverfahrensgesetz ausdrücklich nicht
- 13 -
überspannt werden (Regierungsentwurf BT-Drucks. 15/371 S. 13). Mit dem Erfordernis konkreter Einwendungen gegen die Angemessenheit der Kompensation oder den
als Grundlage der Kompensation ermittelten Unternehmenswert sollte verhindert
werden, dass Antragsteller - wie dies nicht selten der Fall war - praktisch mit einem
Satz und ohne jede sachliche Erläuterung ein aufwendiges und kostenträchtiges
Überprüfungsverfahren
in
Gang
setzen
können
(Regierungsentwurf
BT-
Drucks. 15/371 S. 13).
24
Hier genügt die Anspruchsbegründung diesen Mindestanforderungen nicht.
Sie steht einer Antragstellung „in einem Satz“ ohne sachliche Erläuterung gleich. Die
Unternehmensbewertung wird nur mit einer pauschalen, nicht näher erläuterten Behauptung als unrichtig gekennzeichnet. Die Antragsbegründung beschränkt sich darauf, den angesetzten Wachstumsabschlag als zu niedrig und einen anderen Wachstumsabschlag als „fair“ zu bezeichnen, weil nicht erkennbar sei, warum gerade „in
dem aktuellen Marktumfeld und in dieser Sparte mit weniger als der Inflation“ zu
rechnen sein sollte; außerdem enthält sie noch eine Frage nach den Unternehmen in
einer Vergleichsgruppe.
25
c) Dagegen sind die Gerichtskosten hinsichtlich der Anschlussbeschwerde
nach der Regel in § 15 Abs. 2 SpruchG dem Antragsgegner aufzuerlegen. Wie schon
aus der unterschiedlichen Fassung von § 15 Abs. 2 und 4 SpruchG folgt, ist der teilweise Erfolg des Rechtsmittels nicht ausschlaggebend. Gründe für eine ausnahmsweise Belastung der Antragstellerin sind, nachdem die Entscheidung des Landgerichts zu den Gerichtskosten vertretbar war, nicht erkennbar.
26
2. Für die Anordnung einer Erstattung der außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin durch die Antragsgegnerin nach § 15 Abs. 4 SpruchG besteht keine
Veranlassung. Die Erstattung der außergerichtlichen Kosten der Antragsgegnerin
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durch die Antragstellerin ist in § 15 SpruchG nicht vorgesehen; § 13a Abs. 1 Satz 2
FGG ist - wie dargelegt - nicht anwendbar.
Bergmann
Strohn
Drescher
Reichart
Born
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 20.02.2009 - 102 O 2/09 AktG KG, Entscheidung vom 26.05.2011 - 2 W 72/09 -