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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
I ZB 27/09
vom
4. Februar 2010
in dem Rechtsbeschwerdeverfahren
-2-
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 4. Februar 2010 durch
den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm und die Richter Pokrant, Prof.
Dr. Büscher, Dr. Schaffert und Dr. Koch
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 1. Zivilkammer
des Landgerichts Heilbronn vom 23. März 2009 wird auf Kosten
der Gläubigerin zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird
auf 300 € festgesetzt.
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Gründe:
1
I. Die Gläubigerin betreibt gegen den Schuldner die Zwangsvollstreckung. Der Schuldner hat die eidesstattliche Versicherung abgegeben und dabei angegeben, im Bistro „
" beschäftigt zu sein und dort monatlich
440 € netto zu verdienen.
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Die Gläubigerin hat mit ihrer Erinnerung gemäß § 766 ZPO beantragt,
den Gerichtsvollzieher anzuweisen, ein vollständiges Vermögensverzeichnis
aufzunehmen. Sie hat geltend gemacht, sie benötige zur Prüfung der Frage, ob
das angegebene Entgelt im Sinne von § 850h ZPO angemessen sei, Angaben
zu Art und Umfang der Tätigkeit des Schuldners. Die Gläubigerin hat zuvor keinen Antrag zur entsprechenden Ergänzung des Vermögensverzeichnisses
beim Gerichtsvollzieher gestellt.
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Das Amtsgericht hat die Erinnerung zurückgewiesen. Die sofortige Beschwerde der Gläubigerin ist erfolglos geblieben. Mit ihrer zugelassenen
Rechtsbeschwerde verfolgt die Gläubigerin ihren in den Vorinstanzen erfolglosen Antrag weiter.
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II. Die aufgrund ihrer Zulassung durch das Beschwerdegericht statthafte
(§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO) und auch im Übrigen zulässige
(§ 575 ZPO) Rechtsbeschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Der Gläubigerin ist es unter den im Streitfall gegebenen Umständen verwehrt, den zuständigen Gerichtsvollzieher im Wege der Erinnerung anweisen zu lassen, ein vollständiges Vermögensverzeichnis aufzunehmen.
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1. Nach Ansicht des Beschwerdegerichts fehlt der Gläubigerin für die von
ihr eingelegte Erinnerung das Rechtsschutzbedürfnis. Das Rechtsschutzbedürfnis bestehe aus Gründen der Prozesswirtschaftlichkeit nicht, wenn ein anderer prozessualer Weg gleich sicher, aber einfacher oder billiger sei, um das
Rechtsschutzziel zu erreichen. Im vorliegenden Fall könne im Ergebnis offen
bleiben, ob es höhere Kosten verursache, wenn die Gläubigerin sogleich Vollstreckungserinnerung einlege, ohne zuvor einen Nachbesserungsantrag beim
Gerichtsvollzieher zu stellen. Die Einlegung einer Vollstreckungserinnerung ohne vorherigen Nachbesserungsantrag beim Gerichtsvollzieher sei jedenfalls der
umständlichere Weg.
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2. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung stand. Entgegen
der Auffassung der Rechtsbeschwerde hat das Beschwerdegericht mit Recht
angenommen, dass der Gläubigerin unter den im Streitfall gegebenen Umständen das Rechtsschutzbedürfnis für das Erinnerungsverfahren fehlt, weil sie zuvor keinen Nachbesserungsantrag beim Gerichtsvollzieher gestellt hat.
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Der Senat hat mit Beschluss vom 4. Oktober 2007 (I ZB 11/07, NJW-RR
2008, 163) entschieden, dass ein Gläubiger, der geltend macht, der Gerichtsvollzieher habe ein unvollständiges oder ungenaues Vermögensverzeichnis
aufgenommen, zunächst gehalten ist, beim Gerichtsvollzieher eine Nachbesserung des Vermögensverzeichnisses zu beantragen, und erst gegen eine Ablehnung eines solchen Antrags Erinnerung einlegen kann. Der Senat hat dies damit begründet, dass der Gläubiger ein Rechtsschutzinteresse an der Durchführung eines Erinnerungsverfahrens erst dann habe, wenn der Gerichtsvollzieher
die Nachbesserung ablehne. Beim Erinnerungsverfahren handele es sich im
Vergleich zum Antrag auf Nachbesserung des Vermögensverzeichnisses jedenfalls um den kostenintensiveren Weg. Während bei Durchführung der Erinnerung nach § 766 ZPO zumindest die 0,3-fache Verfahrensgebühr gemäß
-5-
Nr. 3309 RVG VV auf eine 0,5-fache Verfahrensgebühr nach Nr. 3500 RVG VV
erhöht werde, löse die vom Gerichtsvollzieher durchgeführte Nachbesserung
keine neuen Kosten aus, weil damit nur das alte Verfahren fortgesetzt werde.
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Dem Argument, beim Erinnerungsverfahren handele es sich im Vergleich
zum Nachbesserungsantrag um den teureren Weg, ist allerdings dadurch die
Grundlage entzogen, dass der Gesetzgeber durch das 2. Justizmodernisierungsgesetz vom 22. Dezember 2006 (BGBl. I S. 3416) in § 19 Abs. 2 Nr. 2
RVG ausdrücklich geregelt hat, dass die Vollstreckungserinnerung nach § 766
ZPO gebührenrechtlich zur Vollstreckungsangelegenheit gehört (vgl. Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 16/3038, S. 55 zu Artikel 20 Nummer 2 [§ 19 RVG]). Die Tätigkeit des Rechtsanwalts im Verfahren über die Erinnerung nach § 766 ZPO löst daher keine besondere Gebühr aus, sondern ist
gemäß § 15 RVG mit den in der Vollstreckungsangelegenheit bereits verdienten Gebühren abgegolten (vgl. Begründung zum Regierungsentwurf, BTDrucks. 16/3038, S. 55 zu Artikel 20 Nummer 1 [§ 15 RVG]). Der bereits mit der
Zwangsvollstreckung beauftragte Rechtsanwalt, der für seinen Mandanten das
Erinnerungsverfahren betreibt, erhält daher keine zusätzliche Gebühr, sondern
nur die 0,3-fache Verfahrensgebühr nach Nr. 3309 RVG VV (Zöller/Stöber,
ZPO, 28. Aufl., § 766 Rdn. 39; Mayer/Kroiß/Ebert, RVG, 3. Aufl., § 19 Rdn. 110;
Schneider/Wolf/Mock, AnwaltKommentar RVG, 4. Aufl., § 19 Rdn. 154; Bischof
in
Bischof/Jungbauer/Bräuer/Curkovic/Mathias/Uher,
RVG,
3. Aufl.,
§ 19
Rdn. 70a; Hegenröder in Baumgärtel/Hegenröder/Houben, RENOKommentar
RVG, § 19 Rdn. 29; N. Schneider, RVGreport 2007, 87, 90 f.; Enders, JurBüro
2008, 328).
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Dies ändert aber im Ergebnis nichts daran, dass der Gläubiger ein
Rechtsschutzinteresse an der Durchführung einer Erinnerung erst dann hat,
wenn der Gerichtsvollzieher die Nachbesserung ablehnt. Das Rechtsschutzbe-
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dürfnis entfällt aus Gründen der Prozesswirtschaftlichkeit, wenn ein anderer
prozessualer Weg gleich sicher, aber einfacher oder billiger ist, um das Rechtsschutzziel zu erreichen (vgl. BGH, Urt. v. 24.2.1994 - IX ZR 120/93, NJW 1994,
1351, 1352; Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, 68. Aufl.,
Grundz § 253 Rdn. 34). Auch wenn die Durchführung der Erinnerung nach
§ 766 ZPO ebenso wie die Nachbesserung des Vermögensverzeichnisses
durch den Gerichtsvollzieher keine neuen Kosten auslöst, handelt es sich bei
der Nachbesserung gegenüber der Erinnerung - jedenfalls dann, wenn der Gerichtsvollzieher zu einer Nachbesserung bereit ist - um den einfacheren und
schnelleren Weg, um zu einer Ergänzung des Vermögensverzeichnisses zu
gelangen. Denn in diesem Fall muss sich nicht auch noch das Vollstreckungsgericht mit der Angelegenheit befassen. Der Umstand, dass der Gerichtsvollzieher im Erinnerungsverfahren zur Abhilfe der Erinnerung und damit zur Nachbesserung des Vermögensverzeichnisses befugt ist, steht dieser Beurteilung
nicht entgegen, weil das Vollstreckungsgericht dann schon mit der Sache - unnötig - befasst worden ist.
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Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde kann aus der Tatsache,
dass der Gerichtsvollzieher im Streitfall keine Angaben des Schuldners zu Art
und Umfang seiner Tätigkeit in das Vermögensverzeichnis aufgenommen und
damit nach Ansicht der Gläubigerin ein unvollständiges Vermögensverzeichnis
erstellt hat, nicht geschlossen werden, der Gerichtsvollzieher sei nicht dazu bereit, das Vermögensverzeichnis entsprechend zu ergänzen. Die Gläubigerin hat
erst nach Aufnahme des Vermögensverzeichnisses durch den Gerichtsvollzieher geltend gemacht, sie benötige die Angaben zu Art und Umfang der Tätigkeit
des Schuldners, um überprüfen zu können, ob das angegebene Entgelt im Sinne von § 850h ZPO angemessen sei. Es gibt daher keinen Grund für die Annahme, der Gerichtsvollzieher werde sich weigern, das Vermögensverzeichnis
entsprechend zu vervollständigen.
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III. Die Rechtsbeschwerde ist danach mit der Kostenfolge aus § 97
Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Bornkamm
Pokrant
Schaffert
Büscher
Koch
Vorinstanzen:
AG Künzelsau, Entscheidung vom 24.02.2009 - 2 M 1424/08 LG Heilbronn, Entscheidung vom 23.03.2009 - 1 T 103/09 Bm -