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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
I ZB 23/14
vom
11. Dezember 2014
in dem Verfahren
auf Aufhebung eines inländischen Schiedsspruchs
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
ZPO § 1059 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. d
a) Die Bildung eines Schiedsgerichts hat im Sinne von § 1059 Abs. 2 Nr. 1
Buchst. d ZPO nicht den Bestimmungen des 10. Buches der Zivilprozessordnung entsprochen, wenn das Schiedsgericht mit einem erfolgreich abgelehnten Schiedsrichter besetzt gewesen ist. Das gilt auch für den Fall, dass die
gerichtliche Entscheidung über den Ablehnungsantrag erst nach Erlass des
Schiedsspruchs ergangen ist.
b) Ein Verfahrensverstoß im Sinne von § 1059 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. d ZPO hat
sich auf den Schiedsspruch ausgewirkt, wenn nur die Möglichkeit besteht,
dass das Schiedsgericht ohne den Verfahrensverstoß anders entschieden
hätte.
c) Danach ist stets anzunehmen, dass sich die Besetzung eines Schiedsgerichts mit einem erfolgreich abgelehnten Schiedsrichter im Sinne von § 1059
Abs. 2 Nr. 1 Buchst. d ZPO auf den Schiedsspruch ausgewirkt hat. Das gilt
auch für den Fall, dass ein mit drei Schiedsrichtern besetztes Schiedsgericht
den Schiedsspruch einstimmig erlassen hat.
BGH, Beschluss vom 11. Dezember 2014 - I ZB 23/14 - OLG München
-2-
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 11. Dezember 2014
durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Büscher, die Richter Prof.
Dr. Schaffert, Dr. Kirchhoff, Dr. Koch und Feddersen
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 34. Zivilsenats
des Oberlandesgerichts München vom 10. Februar 2014 wird auf
Kosten der Antragsgegnerin zurückgewiesen.
Gegenstandswert: 2.294.622 €.
Gründe:
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I. Die Antragstellerin hat der Antragsgegnerin mit einem am 6. November
1986 abgeschlossenen Vertrag ein Thermalbad verpachtet. In dem Vertrag ist
vereinbart, dass für Streitigkeiten, die sich aus dem Vertrag ergeben, der
Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten ausgeschlossen ist und über solche
Streitigkeiten ein Schiedsgericht entscheidet.
Zwischen den Parteien entstand Streit über die Laufzeit des Pachtvertra-
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ges. Die Antragsgegnerin erhob gegen die Antragstellerin im Dezember 2010
Schiedsklage und beantragte festzustellen, dass der Pachtvertrag auf unbestimmte Zeit abgeschlossen ist.
Nachdem jede Partei einen Schiedsrichter bestellt hatte, bestellten diese
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beiden Schiedsrichter eine dritte Schiedsrichterin, die als Vorsitzende des
Schiedsgerichts (Obfrau) tätig wurde. Die Antragstellerin lehnte die Obfrau wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Das Schiedsgericht wies den Ablehnungsantrag zurück. Auf Antrag der Antragstellerin erklärte das Oberlandesgericht die
Ablehnung der Obfrau mit Beschluss vom 3. Januar 2014 für begründet.
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Das Schiedsgericht hatte in der Zwischenzeit durch Schiedsspruch vom
10. April 2013 festgestellt, dass der Pachtvertrag vom 6. November 1986 als
auf unbestimmte Zeit abgeschlossen gilt.
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Die Antragstellerin hat beim Oberlandesgericht die Aufhebung dieses
Schiedsspruchs beantragt. Zur Begründung hat sie vorgetragen, die Obfrau des
Schiedsgerichts sei befangen gewesen. Die Antragsgegnerin ist dem entgegengetreten. Sie hat geltend gemacht, die fehlerhafte Besetzung des Schiedsgerichts habe sich auf den Schiedsspruch nicht ausgewirkt. Zur Begründung hat
sie sich auf ein von den beisitzenden Schiedsrichtern unterzeichnetes Schreiben berufen, in dem diese erklären, der Schiedsspruch sei einstimmig beschlossen worden und auch mit einem neuen Obmann werde ein gleichlautender Schiedsspruch erlassen.
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Das Oberlandesgericht hat dem Aufhebungsantrag der Antragstellerin
stattgegeben. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Antragsgegnerin.
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II. Die statthafte (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 1065
Abs. 1 Satz 1, § 1062 Abs. 1 Nr. 4 Fall 1 ZPO) sowie auch im Übrigen zulässige
(§ 574 Abs. 2 ZPO) Rechtsbeschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Das
Oberlandesgericht hat dem Antrag auf gerichtliche Aufhebung des inländischen
Schiedsspruchs mit Recht stattgegeben. Die Antragstellerin hat gemäß § 1059
Abs. 2 Nr. 1 Buchst. d ZPO begründet geltend gemacht, dass die Bildung des
Schiedsgerichts nicht den Bestimmungen des 10. Buches der Zivilprozessordnung entsprochen hat (dazu II 1) und anzunehmen ist, dass sich dies auf den
Schiedsspruch ausgewirkt hat (dazu II 2).
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1. Die Bildung eines Schiedsgerichts hat nicht den Bestimmungen des
10. Buches der Zivilprozessordnung entsprochen, wenn das Schiedsgericht mit
einem erfolgreich abgelehnten Schiedsrichter besetzt gewesen ist (vgl. RG, Ur-
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teil vom 3. Januar 1939 - VII 121/38, RGZ 159, 92, 98; MünchKomm.ZPO/
Münch, 4. Aufl., § 1059 Rn. 36; Musielak/Voit, ZPO, 11. Aufl., § 1059 Rn. 16).
So verhält es sich hier. Das Oberlandesgericht hat auf Antrag der Antragstellerin gemäß § 1062 Abs. 1 Nr. 1 Fall 2, § 1037 Abs. 3 Satz 1, § 1036 Abs. 2
Satz 1 ZPO durch unanfechtbaren Beschluss (vgl. § 1065 Abs. 1 Satz 2 ZPO)
festgestellt, dass die Ablehnung der Vorsitzenden des Schiedsgerichts wegen
Besorgnis der Befangenheit begründet ist. Damit steht fest, dass die Bildung
des Schiedsgerichts nicht den Bestimmungen des 10. Buches der Zivilprozessordnung entsprochen hat. Dabei ist es unerheblich, dass die Entscheidung über
den Ablehnungsantrag erst nach Erlass des Schiedsspruchs ergangen ist und
das Schiedsgericht einschließlich der abgelehnten Schiedsrichter während der
Anhängigkeit des Ablehnungsantrags gemäß § 1037 Abs. 3 Satz 2 ZPO das
schiedsrichterliche Verfahren fortsetzen und den Schiedsspruch erlassen konnte (vgl. Schütze in Wieczorek/Schütze, ZPO, 4. Aufl., § 1059 Rn. 48).
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2. Es ist auch anzunehmen, dass sich die fehlerhafte Besetzung des
Schiedsgerichts auf den Schiedsspruch ausgewirkt hat.
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a) Das Erfordernis der Ursächlichkeit des Verfahrensverstoßes für den
Schiedsspruch soll lediglich verhindern, dass der Schiedsspruch aus rein formalen Gründen aufgehoben und ein neues Verfahren durchgeführt wird, das zu
demselben Ergebnis wie der aufgehobene Schiedsspruch führen müsste (vgl.
Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Schiedsverfahrensrechts, BT-Drucks. 13/5274, S. 59). An die Voraussetzung der Ursächlichkeit
sind daher keine allzu hohen Anforderungen zu stellen. Sie ist bereits erfüllt,
wenn die Möglichkeit besteht, dass das Schiedsgericht ohne den Verfahrensverstoß anders entschieden hätte (vgl. BayObLG, NJW-RR 2000, 360; OLG
Saarbrücken, SchiedsVZ 2003, 92, 93 f.; OLG Karlsruhe, Beschluss vom
8. September 2011 - 10 Sch 1/11, juris Rn. 35; Stein/Jonas/Schlosser, ZPO,
22. Aufl., § 1059 Rn. 24; MünchKomm.ZPO/Münch aaO § 1059 Rn. 34; Mu-
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sielak/Voit aaO § 1059 Rn. 22; Schwab/Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, 7. Aufl.,
Kap. 24 Rn. 30; vgl. allgemein zur Ursächlichkeit von Verfahrensfehlern BGH,
Beschluss vom 15. Januar 2009 - III ZB 83/07, IHR 2009, 225 Rn. 7 =
SchiedsVZ 2009, 126 mwN).
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b) Diese Voraussetzung ist stets erfüllt, wenn der Schiedsspruch unter
Mitwirkung eines mit Erfolg abgelehnten Schiedsrichters ergangen ist. Es ist
niemals auszuschließen, dass ein Schiedsgericht, das mit einem anderen als
dem abgelehnten Schiedsrichter besetzt ist, zu einer anderen Entscheidung
gekommen wäre.
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Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde kann auch nicht angenommen werden, dass bei einer einstimmigen Entscheidung eines mit drei
Schiedsrichtern besetzten Schiedsgerichts die Mitwirkung eines befangenen
Schiedsrichters für das Ergebnis nicht kausal geworden sei und ein erneuter
Schiedsspruch unter Mitwirkung eines anderen Schiedsrichters - mit der erforderlichen Mehrheit - dasselbe Ergebnis hätte. In schiedsrichterlichen Verfahren mit mehr als einem Schiedsrichter ist gemäß § 1052 Abs. 1 ZPO jede Entscheidung des Schiedsgerichts mit Mehrheit der Stimmen aller Mitglieder zu
treffen, wenn die Parteien - wie hier - nichts anderes vereinbart haben. Ohne
dass die Bestimmung dies ausdrücklich ausführt, setzt sie vor der Abstimmung
die Beratung voraus (Saenger/Saenger, ZPO, 6. Aufl., § 1052 Rn. 2).
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Entscheidet ein mit mehreren Richtern besetzter Spruchkörper nach Beratung durch Abstimmung, kann niemals ausgeschlossen werden, dass es aufgrund der Mitwirkung eines dieser Richter zu einer bestimmten Entscheidung
gekommen ist. Es ist immer möglich, dass das Verhalten eines Richters bei der
Beratung und der Abstimmung die Meinungsbildung und das Abstimmungsverhalten der anderen Richter beeinflusst (vgl. BayObLG, NJW-RR 2000, 360;
OLG Saarbrücken, SchiedsVZ 2003, 92, 94; aA Prütting/Gehrlein/RaeschkeKessler, ZPO, 6. Aufl., § 1059 Rn. 41). Entgegen der Ansicht der Rechtsbe-
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schwerde bedurfte es daher weder eines substantiierten Tatsachenvortrags der
Antragstellerin noch entsprechender Feststellungen des Oberlandesgerichts zu
einer möglichen Auswirkung des Verfahrensverstoßes auf den Schiedsspruch.
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c) Die Rechtsbeschwerde beruft sich ohne Erfolg auf das von den beisitzenden Schiedsrichtern unterzeichnete Schreiben, in dem diese erklären, der
Schiedsspruch sei einstimmig beschlossen worden und mit einem neuen Obmann werde ein gleichlautender Schiedsspruch erlassen.
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Dabei kommt es nicht darauf an, ob diese Erklärung der Schiedsrichter
verwertet werden darf oder die Schiedsrichter zum Inhalt der Erklärung als
Zeugen vernommen werden dürfen, was im Blick auf das auch für Schiedsrichter grundsätzlich geltende Beratungsgeheimnis (vgl. § 46 DRiG) zweifelhaft erscheint (vgl. RG, Urteil vom 16. Mai 1930 - VII 478/29, RGZ 129, 15, 17 f.;
BGH, Urteil vom 23. Januar 1957 - V ZR 132/55, BGHZ 23, 138, 140 f.;
MünchKomm.ZPO/Münch aaO § 1052 Rn. 3 bis 7; Saenger/Saenger aaO
§ 1052 Rn. 3; Zöller/Geimer, ZPO, 30. Aufl., § 1035 Rn. 31 und § 1052 Rn. 5;
Lachmann, Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis,
3. Aufl. Rn. 1695;
Schwab/Walter aaO Kap. 24 Rn. 42). Es ist in diesem Zusammenhang ohne
Bedeutung, dass eine solche Erklärung geeignet ist, Zweifel an der Unvoreingenommenheit der Schiedsrichter und ihrer Eignung für das Schiedsrichteramt
zu wecken.
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Da eine Entscheidung erst nach Beratung ergehen darf und damit aus
Rechtsgründen nicht ausgeschlossen werden kann, dass ein Schiedsgericht in
anderer Besetzung zu einem anderen Ergebnis gekommen wäre oder kommen
würde, ist es unerheblich, ob der angegriffene Schiedsspruch einstimmig ergangen ist. Ferner ist es deshalb unbeachtlich, dass die beisitzenden Schiedsrichter erklärt haben, mit einem neuen Obmann werde ein gleichlautender
Schiedsspruch erlassen.
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III. Danach ist die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts auf Kosten der Antragsgegnerin (§ 97 Abs. 1 ZPO) zurückzuweisen.
Büscher
Schaffert
Koch
Kirchhoff
Feddersen
Vorinstanz:
OLG München, Entscheidung vom 10.02.2014 - 34 Sch 7/13 -