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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
4 StR 73/03
vom
10. April 2003
in der Strafsache
gegen
wegen Verdachts der Vergewaltigung
-2-
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 10. April
2003, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Tepperwien,
Richter am Bundesgerichtshof
Maatz,
Dr. Kuckein,
Athing,
Dr. Ernemann
als beisitzende Richter,
Staatsanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Rechtsanwalt
als Nebenklägervertreter,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:
-3-
1.
Die Revisionen der Staatsanwaltschaft und der Nebenklägerin gegen das Urteil des Landgerichts Saarbrücken
vom 18. September 2002 werden verworfen.
2.
Die Staatskasse und die Nebenklägerin tragen die Kosten des Revisionsverfahrens je zur Hälfte. Die notwendigen Auslagen des Angeklagten in der Revisionsinstanz trägt die Staatskasse allein.
Von Rechts wegen
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten vom Vorwurf der zum Nachteil der
Nebenklägerin begangenen Vergewaltigung aus tatsächlichen Gründen freigesprochen. Hiergegen wenden sich die Staatsanwaltschaft und die Nebenklägerin mit ihren jeweils auf die Rüge der Verletzung sachlichen Rechts gestützten
Revisionen. Die - zulässigen - Rechtsmittel haben keinen Erfolg.
1. Das Landgericht hat festgestellt:
Am 18. Juli 2000 traf die zu diesem Zeitpunkt drogenabhängige
19jährige Nebenklägerin gegen 17.30 Uhr an einer Bushaltestelle auf den Angeklagten, der früher ebenfalls Drogenkonsum betrieben hatte. Sie erkundigte
sich bei ihm nach einer nahegelegenen Bezugsquelle für Haschisch. Der Angeklagte suchte daraufhin mit ihr die Wohnung eines "Dealers" auf, in der die
Nebenklägerin etwas Haschisch erwarb. Anschließend begleitete er sie zu ihrer
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Wohnung. Auf wessen Initiative dies geschah, konnte nicht geklärt werden. In
der Wohnung rauchten beide von dem zuvor gekauften Haschisch und tranken
Bier. Während des Haschischkonsums bat die Nebenklägerin den Angeklagten, von dessen Mobiltelefon ihren Freund anrufen zu dürfen, mit dem sie sich
für den Abend verabreden wollte, wozu dieser jedoch keine Zeit hatte. Anschließend kam es zwischen dem Angeklagten und der Nebenklägerin zum
ungeschützten Geschlechtsverkehr bis zum Samenerguß. Danach verließ der
Angeklagte die Wohnung und begab sich zurück zu der besagten Bushaltestelle zu seinen Freunden. Dort wurde er kurze Zeit später von der Polizei festgenommen, nachdem die Nebenklägerin um 18.10 Uhr telefonisch angezeigt
hatte, sie sei vergewaltigt worden.
2. Das Landgericht hat den Angeklagten freigesprochen, weil es sich
nicht davon zu überzeugen vermochte, daß der Angeklagte den Geschlechtsverkehr gegen den Willen der Nebenklägerin erzwungen hat.
Der Freispruch hält der sachlich-rechtlichen Nachprüfung stand.
a) Spricht das Gericht den Angeklagten frei, weil es vorhandene Zweifel
nicht zu überwinden vermag, so ist das grundsätzlich hinzunehmen. Die Beweiswürdigung ist Sache des Tatrichters. Das Revisionsgericht hat aufgrund
der Sachrüge nur zu prüfen, ob dem Tatrichter Rechtsfehler unterlaufen sind.
Das ist dann der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder
lückenhaft ist oder gegen Denkgesetze oder gegen gesicherte Erfahrungssätze
verstößt, ferner dann, wenn das Gericht an die zur Verurteilung erforderliche
Gewißheit überspannte Anforderungen stellt. Einen solchen Sachmangel dekken die Revisionen nicht auf.
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b) Der Angeklagte hat den Tatvorwurf bestritten. Eindeutige objektive
Umstände, die einen erzwungenen Geschlechtsverkehr sicher belegen könnten, vermochte das Landgericht nicht festzustellen. Deshalb hängt der Tatnachweis allein davon ab, ob den den Angeklagten belastenden Angaben der
Nebenklägerin zu glauben ist. Daß deren Darstellung - wie das Landgericht
gemeint hat - "wahrscheinlicher als die des Angeklagten" (UA 8) ist, hat die
Strafkammer bei der gegebenen Sachlage, bei der letztlich "Aussage gegen
Aussage" steht, zu Recht nicht als ausreichend für die Überzeugung von der
Tatbegehung durch den Angeklagten erachtet. Entgegen der Auffassung der
Revision fehlt es dem Urteil nicht an der gebotenen umfassenden Würdigung
aller wesentlichen Umstände, die Schlüsse auch zu Ungunsten des Angeklagten ermöglichen (vgl. BGHSt 25, 285, 286). Dies gilt auch für die geringfügigen
Verletzungen, die die sachverständige Zeugin Dr. K.
bei der Untersuchung
der Nebenklägerin festgestellt hat. Wenn das Landgericht, ersichtlich gestützt
auf die Angaben der sachverständigen Zeugin, diese Verletzungen als mit der
Einlassung des Angeklagten vereinbar angesehen hat, so deckt dies weder für
sich noch in der Gesamtschau der Beweisanzeichen einen den Angeklagten
begünstigenden Rechtsfehler auf. Mit ihren Einwendungen unternimmt die
Staatsanwaltschaft demgegenüber lediglich den im Revisionsverfahren untauglichen Versuch, die tatrichterliche Beweiswürdigung durch eine eigene
Wertung zu ersetzen.
Entgegen der Auffassung der Staatsanwaltschaft weist die Beweiswürdigung auch zum Aussageverhalten der Nebenklägerin keine den Bestand des
Freispruchs in Frage stellenden Lücken auf. Das Landgericht war nicht gehalten, im Urteil den wesentlichen Ablauf und Inhalt der Angaben der Nebenklägerin im Ermittlungsverfahren im Urteil wiederzugeben. Auch wenn das Aussage-
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verhalten der Nebenklägerin sich - wie die Staatsanwaltschaft mit ihrer Revision geltend macht - durch Konstanz auszeichnete, mußte das Landgericht diesem Umstand im Rahmen der Beweiswürdigung keine besondere Bedeutung
beimessen, die eine ausdrückliche Erörterung erforderlich gemacht hätte. Abgesehen davon, daß dem Senat ohne zulässige Verfahrensrüge die nur durch
Rückgriff auf den Akteninhalt mögliche Überprüfung der von der Revision behaupteten Konstanz der Aussage versperrt ist, weisen die Urteilsgründe selbst
aus, daß die Nebenklägerin jedenfalls in Teilbereichen gerade nicht konstant
ausgesagt, sondern in der Hauptverhandlung gegenüber ihren früheren Aussagen teilweise ergänzende, teilweise abweichende Aussagen gemacht hat.
Das Landgericht hat dem Aussageverhalten entnommen, daß die Nebenklägerin den Inhalt ihrer Aussage so gestaltet habe, daß sie selbst in einem möglichst günstigen Licht erscheine. Zugleich hat das Landgericht darin konkrete
Anknüpfungspunkte für ein mögliches Falschbelastungsmotiv gefunden, zumal
die Nebenklägerin selbst ihr damaliges Verhalten heute mißbilligt und - wie das
Urteil mitteilt - "ihren Umgang mit 'asozialen Typen wie dem Angeklagten' mit
ihrem zur Tatzeit durch den Drogenkonsum getrübten Einschätzungsvermögen
erklärt hat" (UA 8).
c) Wenn die Strafkammer bei dieser Sachlage verbleibende Zweifel an
der Aussage der Nebenklägerin nicht zu überwinden vermochte, so ist dies aus
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Rechtsgründen nicht zu beanstanden, auch wenn eine andere Würdigung
durchaus möglich gewesen wäre.
Tepperwien
Maatz
Athing
Kuckein
Ernemann