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1 year ago
  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. BESCHLUSS
  3. XII ZB 47/03
  4. vom
  5. 18. Dezember 2003
  6. in der Familiensache
  7. -2-
  8. Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 18. Dezember 2003 durch
  9. die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter Sprick, Weber-Monecke,
  10. Prof. Dr. Wagenitz und Dr. Ahlt
  11. beschlossen:
  12. Auf die Rechtsbeschwerde des weiteren Beteiligten zu 1 wird der
  13. Beschluß des 16. Zivilsenats - Familiensenat - des Oberlandesgerichts
  14. Stuttgart vom 4. Februar 2003 aufgehoben.
  15. Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über
  16. die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
  17. Beschwerdewert: 500
  18. Gründe:
  19. I.
  20. Die Parteien haben am 20. Juli 1979 geheiratet. Der Scheidungsantrag
  21. der Ehefrau (Antragstellerin; geboren am 30. Mai 1954) ist dem Ehemann (Antragsgegner; geboren am 8. Januar 1947) am 6. November 2001 zugestellt
  22. worden.
  23. Beide Parteien haben in der Ehezeit (1. Juli 1979 bis 31. Oktober 2001;
  24. § 1587 Abs. 2 BGB) Versorgungsanrechte erworben, und zwar beide beamten-
  25. -3-
  26. rechtliche Versorgungsanwartschaften beim Landesamt für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg (LBV; weiterer Beteiligter zu 1), der Ehemann
  27. darüber hinaus Rentenanwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung
  28. bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA; weitere Beteiligte
  29. zu 3) und Anwartschaften bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL; weitere Beteiligte zu 2). Das Amtsgericht - Familiengericht - hat durch
  30. Verbundurteil die Ehe geschieden (insoweit rechtskräftig) und den Versorgungsausgleich geregelt, wobei es für beide Parteien lediglich die Anwartschaften beim LBV berücksichtigt hat. Mit seiner hiergegen gerichteten Beschwerde hat das LBV geltend gemacht, daß der Antragsgegner darüber hinaus zusätzliche Anwartschaften bei der BfA und der VBL erworben habe.
  31. Nach Einholung neuer Auskünfte hinsichtlich der von den Parteien während der Ehezeit erworbenen Versorgungsanwartschaften hat das Oberlandesgericht für beide Parteien beamtenrechtliche Versorgungsanwartschaften beim
  32. LBV unter Berücksichtigung der Absenkung des Höchstruhegehaltssatzes nach
  33. § 14 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG i.d.F. des Art. 1 Nr. 11 des Versorgungsänderungsgesetzes 2001 festgestellt, und zwar für die Ehefrau in Höhe von monatlich 417,86
  34.     !"$#%'&(*)(+,,- ./)10
  35. 2 435'
  36. den Ehemann zusätzlich Rentenanwartschaften bei der BfA in Höhe von
  37. 59,40
  38. .6"7#'&(98: ; 4 2 9 <: "7.=> ehezeitli-
  39. che Anwartschaft auf sog. Versicherungsrente bei der VBL nach § 44 VBLS
  40. a.F. in Höhe von monatlich 11,22
  41. +@? 2BA 8 $# ! 2 ;$ &(("CD"CE'F=" 2 &( i-
  42. dung des Amtsgerichts mit Beschluß vom 4. Februar 2003 dahingehend abgeändert, daß es im Wege des Quasisplittings nach § 1587 b Abs. 2 BGB zu
  43. Lasten der Versorgungsanwartschaften des Ehemannes bei dem LBV auf einem neu einzurichtenden Versicherungskonto der Ehefrau bei der BfA Rentenanwartschaften in Höhe von 543,86
  44. !"$#%'&(E.68:4;4G IH D) + Oktober
  45. 2001, und im Wege des analogen Quasisplittings nach § 1 Abs. 3 VAHRG zu
  46. -4-
  47. Lasten der Versorgung des Ehemannes bei der VBL auf einem neu einzurichtenden Versicherungskonto der Ehefrau bei der BfA weitere Rentenanwartschaften in Höhe von 5,61
  48. "$#%'&(.8:; J1KLH ) + Oktober 2001, be-
  49. gründet hat
  50. Dagegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde des LBV, mit
  51. der es weiterhin geltend macht, das Oberlandesgericht habe die Neuregelungen des Versorgungsänderungsgesetzes 2001 fehlerhaft auf die Durchführung
  52. des Versorgungsausgleichs angewandt. Die Parteien sowie die BfA und die
  53. VBL haben sich im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht geäußert.
  54. II.
  55. Die nach §§ 629 a Abs. 2 Satz 1, 621 e Abs. 2 Satz 1 1. Halbs. Nr. 1,
  56. 2. Halbs. i.V. mit 543 Abs. 2 ZPO zulässige Rechtsbeschwerde führt zur Aufhebung der Entscheidung und Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht.
  57. 1. Das Oberlandesgericht hat den Versorgungsausgleich auf der Grundlage des § 14 BeamtVG in der Fassung des Art. 1 Nr. 11 des Versorgungsänderungsgesetzes 2001 vom 20. Dezember 2001 durchgeführt. Dies ist rechtlich
  58. nicht zu beanstanden.
  59. Der Senat hat zwischenzeitlich entschieden, daß für die Berechnung des
  60. Versorgungsausgleichs bei beamtenrechtlichen Versorgungsanrechten im Hinblick auf den Halbteilungsgrundsatz seit dem 1. Januar 2003 uneingeschränkt
  61. der Höchstruhegehaltssatz von 71,75 % gemäß § 14 BeamtVG in der Fassung
  62. des Art. 1 Nr. 11 des Versorgungsänderungsgesetzes 2001 vom 20. Dezember
  63. 2001 (BGBl. I, 3926) maßgeblich ist, da diese Fassung nach Art. 20 Abs. 2
  64. -5-
  65. Nr. 1 des Versorgungsänderungsgesetzes zum 1. Januar 2003 in Kraft getreten
  66. ist. Dabei kommt es weder darauf an, ob das Ehezeitende vor oder in der Übergangsphase nach § 69 e BeamtVG liegt, noch ob der Versorgungsfall in oder
  67. erst nach der Übergangsphase eintreten wird (vgl. Senatsbeschlüsse vom
  68. 26. November 2003 - XII ZB 75/02 und XII ZB 30/03 - zur Veröffentlichung bestimmt; ein Abdruck der Beschlüsse ist als Anlage beigefügt). Wie der Senat
  69. weiter ausgeführt hat, fällt - wenn der Versorgungsfall während der Übergangsphase nach § 69 e BeamtVG eintritt - der degressive Versorgungsbestandteil
  70. nach § 69 e BeamtVG (sog. Abflachungsbetrag) nicht unter den öffentlichrechtlichen Versorgungsausgleich. Ob der Abflachungsbetrag ggf. später im
  71. schuldrechtlichen Versorgungsausgleich auszugleichen sein wird, bleibt einer
  72. weiteren Prüfung vorbehalten, sofern die Voraussetzungen für einen schuldrechtlichen Versorgungsausgleich gegeben sein sollten (vgl. Senatsbeschluß
  73. vom 26. November 2003 - XII ZB 30/03).
  74. Die Parteien werden vorliegend die Regelaltersgrenze von 65 Jahren
  75. (§ 25 Abs. 1 BRRG) in den Jahren 2019 bzw. 2012 erreichen. Anhaltspunkte
  76. dafür, daß der Versorgungsausgleich zu einem früheren Zeitpunkt zum Tragen
  77. kommen sollte, sind weder festgestellt noch ersichtlich. Der Versorgungsfall
  78. wird danach hier jedenfalls nach 2010 und damit nach dem bisher angenommenen Ende der Übergangsphase nach § 69 e BeamtVG eintreten.
  79. Zwar unterliegen die Rentenanwartschaften, die für die Antragstellerin
  80. durch das (analoge) Quasisplitting - aufgrund des herabgesetzten Höchstversorgungssatzes von 71,75 % - begründet werden, wie alle Anwartschaften der
  81. Antragstellerin in der gesetzlichen Rentenversicherung für die Zeit vom 1. Juli
  82. 2001 bis zum 1. Juli 2010 zusätzlich der Niveauabsenkung nach § 255 e SGB
  83. VI. Dies ist indessen durch die unterschiedlichen Niveauabsenkungsregelungen
  84. in der gesetzlichen Rentenversicherung einerseits und der Beamtenversorgung
  85. -6-
  86. andererseits systemimmanent und kann nicht dadurch korrigiert werden, daß
  87. dem Antragsgegner unter Verstoß gegen den Halbteilungsgrundsatz mehr als
  88. die Hälfte seiner ihm tatsächlich zustehenden ehezeitbezogenen Versorgungsanwartschaften genommen wird. Sollten wegen der systembedingten Unterschiede im Ergebnis Korrekturen erforderlich werden - was im Hinblick auf die
  89. gegenwärtigen renten- und pensionsrechtlichen Unsicherheiten nicht abschließend beurteilt werden kann -, müssen diese ggf. der Abänderung nach § 10 a
  90. Abs. 1 Nr. 1 VAHRG vorbehalten bleiben.
  91. 2. Dennoch kann die Entscheidung des Oberlandesgerichts nicht bestehen bleiben.
  92. Die Auskunft der VBL vom 26. September 2002, die das Oberlandesgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat, berücksichtigt naturgemäß noch
  93. nicht die Neufassung der VBL-Satzung zum 1. Januar 2001 (beschlossen vom
  94. Verwaltungsrat am 19. September 2002 - Bundesanzeiger Nr. 1 vom 3. Januar
  95. 2003; zwischenzeitlich geändert durch Beschluß des Verwaltungsrats vom
  96. 6. Dezember 2002, genehmigt von der Aufsichtsbehörde mit Schreiben vom
  97. 6. Februar 2003. Zur Anwendung des zur Zeit der Entscheidung geltenden
  98. Rechts, sofern es nach seinem zeitlichen Geltungswillen auch das ehezeitlich
  99. erworbenen Versorgungsanrecht umfaßt, vgl. zuletzt Senatsbeschluß vom
  100. 4. September 2002 - XII ZB 46/98 - FamRZ 2002, 435 ff. m.w.N.). Dies gibt
  101. zugleich Gelegenheit, hinsichtlich der Sonderzuwendung den aktuellen Bemessungsfaktor zu berücksichtigen, der sich für Baden-Württemberg aus dem Gesetz über die Anpassung von Dienst- und Versorgungsbezügen in Bund und
  102. Ländern 2003/2004 sowie zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften vom
  103. 10. September 2003 - BGBl. I, 1798 - in Verbindung mit dem Gesetz zur Regelung
  104. des
  105. Rechts
  106. der
  107. Sonderzuwendung
  108. in
  109. Baden-Württemberg
  110. vom
  111. 29. Oktober 2003 - GBl. S. 693 ergibt (zur Anwendung des jeweils zur Zeit der
  112. -7-
  113. Entscheidung geltenden Bemessungsfaktors vgl. zuletzt Senatsbeschluß vom
  114. 4. September 2002 - XII ZB 130/98 - FamRZ 2003, 437 ff. m.w.N.).
  115. Hahne
  116. Sprick
  117. Wagenitz
  118. Weber-Monecke
  119. Ahlt