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1 year ago
  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. XI ZR 239/04
  5. Verkündet am:
  6. 28. März 2006
  7. Weber,
  8. Justizamtsinspektorin
  9. als Urkundsbeamtin
  10. der Geschäftsstelle
  11. in dem Rechtsstreit
  12. Nachschlagewerk: ja
  13. BGHZ:
  14. nein
  15. BGHR:
  16. ja
  17. _____________________
  18. BGB § 172
  19. RBerG Art. 1 § 1
  20. Wer eine wegen Verstoßes gegen Art. 1 § 1 RBerG i.V. mit § 134 BGB unwirksame notarielle Vollmacht erteilt hat, kann an einen vom Bevollmächtigten geschlossenen Darlehensvertrag gebunden sein, wenn dem Darlehensgeber zuvor eine Ausfertigung einer notariellen Grundschuldbestellungsurkunde, in der das Vorliegen einer Ausfertigung der Vollmacht vermerkt ist,
  21. zusammen mit einer Abschrift der Vollmacht zugegangen ist.
  22. BGH, Urteil vom 28. März 2006 - XI ZR 239/04 - OLG Köln
  23. LG Aachen
  24. -2-
  25. Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 28. März 2006 durch den Richter Dr. Joeres als Vorsitzenden, den Richter Dr. Müller, die Richterin Mayen und die Richter
  26. Dr. Ellenberger und Prof. Dr. Schmitt
  27. für Recht erkannt:
  28. Die Revision gegen das Urteil des 13. Zivilsenats des
  29. Oberlandesgerichts Köln vom 16. Juni 2004 wird auf
  30. Kosten der Kläger zurückgewiesen.
  31. Von Rechts wegen
  32. Tatbestand:
  33. 1
  34. Die Parteien streiten über die Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung aus einer vollstreckbaren notariellen Urkunde. Dem liegt folgender
  35. Sachverhalt zugrunde:
  36. 2
  37. Die Kläger, ein damals 46 Jahre alter Diplomingenieur und seine
  38. Ehefrau, eine damals 40 Jahre alte Verwaltungsangestellte, wurden 1991
  39. geworben, zwecks Steuerersparnis mit einem Eigenkapital von 750 DM
  40. eine noch zu errichtende Eigentumswohnung in A.
  41. erteilten der S.
  42. zu erwerben. Sie
  43. Steuerberatungsgesellschaft mbH (im Folgenden:
  44. Geschäftsbesorgerin), die keine Erlaubnis nach dem Rechtsberatungsgesetz besaß, mit notarieller Urkunde vom 22. Mai 1991 im Rahmen ei-
  45. -3-
  46. nes Geschäftsbesorgungsvertrages eine umfassende Vollmacht, unter
  47. anderem zum Abschluss von Kauf-, Werk- und Darlehensverträgen sowie
  48. zur Stellung der dinglichen und persönlichen Sicherheiten. Der kalkulierte Gesamtaufwand für das Kaufobjekt war mit 221.000 DM ausgewiesen.
  49. 3
  50. Mit notarieller Urkunde vom 6. Juni 1991 bestellte die Bauträgerin
  51. und Grundstückseigentümerin zugunsten der Beklagten eine nach § 800
  52. ZPO vollstreckbare Grundschuld in Höhe von 233.287,60 DM. In derselben Urkunde übernahm die Geschäftsbesorgerin für die Kläger hinsichtlich der Zahlung eines Geldbetrages in Höhe des Grundschuldbetrages
  53. zuzüglich Zinsen die persönliche Haftung und unterwarf sie insoweit der
  54. Zwangsvollstreckung in ihr gesamtes Vermögen. In der notariellen Niederschrift ist vermerkt, dass die Vollmacht vom 22. Mai 1991 in Ausfertigung vorlag und in beglaubigter Abschrift als Anlage zu der Urkunde vom
  55. 6. Juni 1991 genommen wurde. Nach der ebenfalls am 6. Juni 1991 von
  56. der Geschäftsbesorgerin für die Kläger zu Gunsten der Beklagten abgegebenen Zweckbestimmungserklärung sicherten die Grundschuld und die
  57. Übernahme der persönlichen Haftung alle bestehenden und zukünftigen
  58. Ansprüche der Beklagten gegen die Kläger.
  59. 4
  60. Nachdem der Beklagten eine vollstreckbare Ausfertigung der Urkunde vom 6. Juni 1991 nebst beigefügter Abschrift der Vollmacht vom
  61. 22. Mai 1991 zugegangen war, schloss sie am 21./24. Juni 1991 mit den
  62. durch die Geschäftsbesorgerin vertretenen Klägern zur Finanzierung des
  63. Kaufpreises und der Erwerbsnebenkosten einen Darlehensvertrag über
  64. 220.250 DM. Darin verpflichteten sich die Kläger, als Sicherheit eine
  65. Grundschuld in Höhe von 233.287,60 DM zu stellen. Das Darlehen sollte
  66. bei einer Laufzeit bis 1. Dezember 2010 über eine Lebensversicherung
  67. -4-
  68. getilgt werden. Die Darlehensvaluta wurde weisungsgemäß von der Beklagten an die Geschäftsbesorgerin ausgezahlt.
  69. 5
  70. Am 31. März/4. Oktober 1998 schlossen die Kläger persönlich mit
  71. der Beklagten Verträge, in denen ein geänderter Zinssatz bis zum
  72. 31. Dezember 2002 festgeschrieben wurde. Die Kläger verpflichteten
  73. sich zur Übernahme der persönlichen Haftung für die Zahlung eines
  74. Geldbetrages in Höhe des Grundschuldbetrages einschließlich Nebenleistungen und Zinsen sowie zur Unterwerfung unter die Zwangsvollstreckung in ihr persönliches Vermögen.
  75. 6
  76. Als die Kläger ihre Zinszahlungen einstellten, kündigte die Beklagte am 30. Mai 2003 den Kreditvertrag und stellte die Verwertung der Sicherheiten in Aussicht.
  77. 7
  78. Hiergegen wenden sich die Kläger mit der Vollstreckungsgegenklage. Sie machen ferner geltend, die Unterwerfung unter die sofortige
  79. Zwangsvollstreckung sei als Vollstreckungstitel unwirksam, da der Geschäftsbesorgungsvertrag und die in ihm enthaltene Vollmacht wegen
  80. Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz nichtig seien. Die Beklagte
  81. hält dem entgegen, die Kläger könnten sich nach Treu und Glauben auf
  82. die Unwirksamkeit der Vollstreckungsunterwerfung nicht berufen, da sie
  83. sich wirksam verpflichtet hätten, ihr einen solchen Titel zu verschaffen.
  84. 8
  85. Die Klage ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Mit der vom
  86. Senat zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihren Klageantrag
  87. weiter.
  88. -5-
  89. Entscheidungsgründe:
  90. 9
  91. Die Revision der Kläger hat keinen Erfolg.
  92. I.
  93. 10
  94. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im
  95. Wesentlichen ausgeführt:
  96. 11
  97. Die im Rahmen der Vollstreckungsgegenklage geltend gemachten
  98. materiell-rechtlichen Einwendungen der Kläger gegen die dem Titel
  99. zugrunde liegende Forderung seien nicht begründet. Die Beklagte hafte
  100. nicht aus vorvertraglichem Verschulden. Dem Widerruf des Darlehensvertrages von 1991 stehe entgegen, dass der Vertreter nicht in einer
  101. Haustürsituation zum Vertragsschluss bestimmt worden sei.
  102. 12
  103. Auch die gegen die Wirksamkeit des Vollstreckungstitels gerichtete
  104. Klage entsprechend § 767 ZPO sei nicht erfolgreich. Zwar führe die nichtige Vollmacht der Geschäftsbesorgerin zur Unwirksamkeit der Vollstreckungsunterwerfung nach § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO. Jedoch seien die Kläger nach § 242 BGB gehindert, die Unwirksamkeit des Vollstreckungstitels geltend zu machen.
  105. 13
  106. Die Kläger seien bei Abschluss des Darlehensvertrages vom
  107. 21./24. Juni 1991 wirksam vertreten gewesen, weil die unwirksame Vollmacht der Geschäftsbesorgerin insoweit gemäß §§ 171, 172 BGB ge-
  108. -6-
  109. genüber der Beklagten als gültig zu behandeln sei. Der Notar habe das
  110. Vorliegen einer Ausfertigung der Vollmacht vom 22. Mai 1991 ausdrücklich in die Verhandlungsniederschrift vom 6. Juni 1991 aufgenommen
  111. und deren Ausfertigung zusammen mit einer beglaubigten Abschrift der
  112. Vollmacht der Beklagten zugestellt. Die danach wirksame darlehensvertragliche Verpflichtung der Kläger zur Bestellung einer Grundschuld gemäß Entwurf der Beklagten lasse angesichts der hierzu in der notariellen
  113. Urkunde vom 6. Juni 1991 abgegebenen Erklärung, die persönliche Haftung zu übernehmen und sich der sofortigen Zwangsvollstreckung in ihr
  114. gesamtes Vermögen zu unterwerfen, die Geltendmachung der Unwirksamkeit der Unterwerfungserklärung als widersprüchliches Verhalten erscheinen.
  115. 14
  116. Darüber hinaus sei es den Klägern auch deshalb nach Treu und
  117. Glauben verwehrt, sich auf die Nichtigkeit der Vollstreckungsunterwerfung zu berufen, weil sie sich in den von ihnen selbst unterschriebenen
  118. Verträgen von 1998 zur Übernahme der persönlichen Haftung und Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung in das persönliche
  119. Vermögen verpflichtet hätten.
  120. II.
  121. 15
  122. Diese Beurteilung hält rechtlicher Überprüfung im Ergebnis stand.
  123. 16
  124. 1. Zutreffend hat das Berufungsgericht die im Rahmen der Vollstreckungsgegenklage geltend gemachten Einwendungen gegen die titulierte Forderung nicht für gegeben erachtet.
  125. -7-
  126. 17
  127. a) Die von der Revision nicht angegriffenen Ausführungen des Berufungsgerichts zum Fehlen eines die Vollstreckung hindernden Schadensersatzanspruchs der Kläger sind nicht zu beanstanden.
  128. 18
  129. b) Dies gilt gleichermaßen für die Begründung, mit der das Berufungsgericht einen wirksamen Widerruf der zum Darlehensvertrag von
  130. 1991 führenden Willenserklärung verneint hat. Die Ansicht des Berufungsgerichts, wonach es für das Vorliegen einer Haustürsituation auf
  131. die Situation des Vertreters bei Vertragsschluss ankommt, entspricht der
  132. höchstrichterlichen Rechtsprechung (Senat BGHZ 144, 223, 226 ff.; Senatsurteil vom 14. Oktober 2003 - XI ZR 134/02, WM 2003, 2328, 2330
  133. m.w.Nachw.). Anlass, von dieser Rechtsprechung im Hinblick auf von der
  134. Revision nicht näher ausgeführte europarechtliche Vorgaben abzuweichen, besteht nicht. Die Urteile des Gerichtshofes der Europäischen
  135. Gemeinschaften vom 25. Oktober 2005 (WM 2005, 2086, 2088 f.) sowie
  136. des
  137. Bundesgerichtshofes
  138. vom
  139. 12. Dezember
  140. 2005
  141. (II ZR
  142. 327/04,
  143. WM 2006, 220, 221 f.) und vom 14. Februar 2006 (XI ZR 255/04, Umdruck S. 7 f.) betreffen nicht das Vorliegen, sondern die Zurechnung einer objektiv gegebenen Haustürsituation.
  144. 19
  145. 2. Auch die gegen die Wirksamkeit des Vollstreckungstitels gerichtete prozessuale Gestaltungsklage der Kläger ist unbegründet.
  146. 20
  147. a) Dies gilt - wie die Revisionserwiderung zu Recht geltend macht ohne weiteres für die Zwangsvollstreckung wegen der in der Urkunde
  148. vom 6. Juni 1991 übernommenen dinglichen Haftungsübernahme. Denn
  149. die Unterwerfungserklärung des damaligen Eigentümers und Grund-
  150. -8-
  151. schuldbestellers hinsichtlich der dinglichen Haftung lässt die Vollstreckung gegen den jeweiligen Eigentümer zu. Da die Geschäftsbesorgerin
  152. insoweit für die Kläger keine Erklärung abgegeben hat, die wegen nichtiger Vollmacht unwirksam sein könnte, sind die Kläger als Rechtsnachfolger der Zwangsvollstreckung gemäß § 800 Abs. 1 Satz 1 ZPO unterworfen.
  153. 21
  154. b) Hinsichtlich der Vollstreckung in das persönliche Vermögen ist
  155. das Berufungsgericht allerdings rechtsfehlerfrei zu dem Ergebnis gelangt, dass die der Geschäftsbesorgerin im Rahmen des Geschäftsbesorgungsvertrages erteilte Vollmacht unwirksam ist. Nach der neueren
  156. Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bedarf derjenige, der ausschließlich oder hauptsächlich die rechtliche Abwicklung eines Grundstückserwerbs im Rahmen eines Steuersparmodells für den Erwerber
  157. besorgt, der Erlaubnis nach Art. 1 § 1 Abs. 1 Satz 1 RBerG. Ein - wie
  158. hier - ohne diese Erlaubnis abgeschlossener Geschäftsbesorgungsvertrag, der so umfassende Befugnisse enthält, ist nichtig. Die Nichtigkeit
  159. erfasst neben der umfassenden Abschlussvollmacht auch die zur Abgabe
  160. der Vollstreckungsunterwerfungserklärung erteilte Prozessvollmacht, deren Nichtigkeit mit Hilfe der §§ 171, 172 BGB nicht überwunden werden
  161. kann (st.Rspr.; BGHZ 154, 283, 287 f.; Senatsurteile vom 15. März 2005
  162. - XI ZR 135/04, WM 2005, 828, 830 und vom 21. Juni 2005 - XI ZR
  163. 88/04, WM 2005, 1520, 1521, jeweils m.w.Nachw.). Da die Kläger somit
  164. bei Abgabe der Vollstreckungsunterwerfungserklärung in der notariellen
  165. Urkunde vom 6. Juni 1991 von der Geschäftsbesorgerin nicht wirksam
  166. vertreten wurden, ist ein wirksamer Vollstreckungstitel nach § 794 Abs. 1
  167. Nr. 5 ZPO nicht entstanden.
  168. -9-
  169. 22
  170. c) Zutreffend ist das Berufungsgericht jedoch weiterhin davon ausgegangen, dass die Kläger nach dem Grundsatz von Treu und Glauben
  171. (§ 242 BGB) gehindert sind, die Unwirksamkeit des Vollstreckungstitels
  172. geltend zu machen. Ist ein Darlehensnehmer nach dem Inhalt des Darlehensvertrages oder sonst schuldrechtlich verpflichtet, ein selbstständiges
  173. Schuldversprechen mit einer Vollstreckungsunterwerfungserklärung als
  174. die Grundschuld verstärkende Sicherheit abzugeben, verhält er sich
  175. treuwidrig, wenn er versucht, aus der bisherigen Nichterfüllung seiner
  176. Verpflichtungen Vorteil zu ziehen. Den Klägern ist es daher nach dem
  177. Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwehrt, sich gegenüber
  178. der Beklagten auf die Nichtigkeit der Vollstreckungsunterwerfung zu berufen, wenn sie ihr gegenüber schuldrechtlich verpflichtet sind, sich hinsichtlich der Darlehensverbindlichkeit der sofortigen Zwangsvollstreckung zu unterwerfen (st.Rspr.; Senatsurteile vom 15. Februar 2005
  179. - XI ZR 396/03, WM 2005, 1698, 1701, vom 15. März 2005 - XI ZR
  180. 135/04, WM 2005, 828, 830, vom 21. Juni 2005 - XI ZR 88/04, WM 2005,
  181. 1520, 1521 und vom 27. September 2005 - XI ZR 79/04, BKR 2005, 501,
  182. 505, jeweils m.w.Nachw.). Eine solche Verpflichtung hat das Berufungsgericht im Ergebnis zu Recht angenommen.
  183. 23
  184. aa) Anders als das Berufungsgericht meint, sind die Kläger allerdings nicht bereits aufgrund des Darlehensvertrages vom 21./24. Juni
  185. 1991 verpflichtet, sich der sofortigen Zwangsvollstreckung in ihr gesamtes Vermögen zu unterwerfen. Sie hatten nach diesem Vertrag lediglich
  186. eine Grundschuld gemäß Entwurf der Beklagten zu stellen. Damit war
  187. nicht die Verpflichtung verbunden, die persönliche Haftung zu übernehmen und sich der sofortigen Zwangsvollstreckung in das gesamte Vermögen zu unterwerfen. Die Zweckbestimmungserklärung der Grund-
  188. - 10 -
  189. schuld vom 6. Juni 1991 enthält ebenfalls keine Verpflichtung der Kläger
  190. zur Zwangsvollstreckungsunterwerfung. Dasselbe gilt für die notarielle
  191. Urkunde gleichen Datums. Sie umfasst zwar die Übernahme der persönlichen Haftung und Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung. Diesen Erklärungen ist jedoch nicht die Verpflichtung zu entnehmen, sich der sofortigen Zwangsvollstreckung zu unterwerfen. Insoweit
  192. liegt - wie der Senat nach Erlass des Berufungsurteils entschieden hat in der abstrakten Vollstreckungsunterwerfung nicht zugleich eine Kausalvereinbarung, dass der Schuldner sich der sofortigen Zwangsvollstreckung zu unterwerfen habe (Senatsurteil vom 15. März 2005 - XI ZR
  193. 135/04, WM 2005, 828, 831).
  194. 24
  195. bb) Die Kläger haben sich aber durch die von ihnen persönlich abgeschlossenen Verträge vom 31. März/4. Oktober 1998 zur Übernahme
  196. der persönlichen Haftung und Zwangsvollstreckungsunterwerfung verpflichtet. Das Berufungsgericht hat diese Verträge rechtsfehlerfrei nicht
  197. als neue, selbstständige Darlehensverträge, die eine eigenständige
  198. schuldrechtliche Verpflichtung der Kläger begründen, sondern als Änderungsvereinbarungen unter Fortführung des Darlehensverhältnisses vom
  199. 21./24. Juni 1991 angesehen. An die darin zusätzlich übernommenen
  200. Verpflichtungen sind die Kläger gebunden, weil der Darlehensvertrag
  201. vom 21./24. Juni 1991 ungeachtet der Nichtigkeit der umfassenden Abschlussvollmacht vom 22. Mai 1991 wirksam zustande gekommen ist.
  202. 25
  203. (1) Auf die Vollmacht zum Abschluss des Darlehensvertrages sind
  204. die §§ 171, 172 BGB anders als auf die Prozessvollmacht nach der
  205. Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ungeachtet dessen anwendbar,
  206. dass die umfassende Bevollmächtigung des Geschäftsbesorgers gegen
  207. - 11 -
  208. Art. 1 § 1 RBerG verstößt und nach § 134 BGB nichtig ist (BGH, Urteile
  209. vom 22. Oktober 2003 - IV ZR 33/03, WM 2003, 2375, 2379, vom
  210. 10. März 2004 - IV ZR 143/03, WM 2004, 922, 924, vom 8. Oktober 2004
  211. - V ZR 18/04, WM 2004, 2349, 2352 und vom 17. Juni 2005 - V ZR
  212. 220/04, WM 2005, 1598, 1599; Senat BGHZ 161, 15, 24; Senatsurteile
  213. vom 11. Januar 2005 - XI ZR 272/03, WM 2005, 327, 328, vom 15. März
  214. 2005 - XI ZR 135/04, WM 2005, 828, 831 und vom 21. Juni 2005 - XI ZR
  215. 88/04, WM 2005, 1520, 1522). An dieser Rechtsprechung hält der Senat
  216. - wie er mit Urteilen vom 26. Oktober 2004 (BGHZ 161, 15, 24 ff.) und
  217. vom 9. November 2004 (XI ZR 315/03, WM 2005, 72, 73 ff.) im Einzelnen
  218. ausgeführt hat - auch unter Berücksichtigung der Entscheidungen des
  219. II. Zivilsenates vom 14. Juni 2004 (II ZR 393/02, WM 2004, 1529, 1531
  220. und II ZR 407/02, WM 2004, 1536, 1538) - fest (vgl. auch BGH, Urteil
  221. vom 17. Juni 2005 - V ZR 78/04, WM 2005, 1764, 1766; Senatsurteil vom
  222. 15. März 2005 - XI ZR 135/04, WM 2005, 828, 831).
  223. 26
  224. (2) § 172 Abs. 1 BGB setzt voraus, dass der Beklagten spätestens
  225. bei Abschluss des Darlehensvertrages eine Ausfertigung der die Geschäftsbesorgerin als Vertreterin der Kläger ausweisenden notariellen
  226. Vollmachtsurkunde vorlag (st.Rspr.; vgl. BGHZ 102, 60, 63; Senat
  227. BGHZ 161, 15, 29; Senatsurteile vom 9. November 2004 - XI ZR 315/03,
  228. WM 2005, 72, 75 und vom 15. November 2005 - XI ZR 376/04, Umdruck
  229. S. 11 f.) oder dass die Vollmacht dem Notar bei der notariellen Beurkundung der Grundschuldbestellung am 6. Juni 1991 vorlag, dieser das Vorliegen der Vollmacht ausdrücklich in seine Verhandlungsniederschrift
  230. aufgenommen und deren Ausfertigung zusammen mit einer Abschrift der
  231. Vollmacht dem Geschäftsgegner zugestellt hat (siehe BGHZ 102, 60, 65;
  232. - 12 -
  233. BGH, Urteil vom 12. November 2003 - IV ZR 43/03, Umdruck S. 10/11;
  234. Senat, Urteil vom 15. November 2005 - XI ZR 376/04, Umdruck S. 12).
  235. 27
  236. (3) Das Berufungsgericht hat nicht festgestellt, dass der Beklagten
  237. bei Abschluss des Darlehensvertrages vom 21./24. Juni 1991 eine Ausfertigung der Vollmachtsurkunde vorlag. Nach seinen Feststellungen lag
  238. ihr aber jedenfalls eine Ausfertigung der notariellen Urkunde vom 6. Juni
  239. 1991, in der vermerkt war, dass die Vollmacht vom 22. Mai 1991 in Ausfertigung vorlag, sowie eine beglaubigte Abschrift dieser Vollmacht vor.
  240. Der dadurch begründete Rechtsschein bezieht sich entgegen der Auffassung der Revision nicht allein auf die Wirksamkeit der Erklärungen in der
  241. notariellen Urkunde vom 6. Juni 1991, sondern auch auf den Darlehensvertrag. Der für die Rechtsscheinhaftung maßgebende Anknüpfungspunkt besteht in der beurkundeten Erklärung des Notars, dass ihm die
  242. Vollmacht bei der Beurkundung in Ausfertigung vorgelegen habe. Darin
  243. liegt die Beurkundung sonstiger Tatsachen und Vorgänge im Sinne des
  244. § 36 BeurkG, die auf die unwirksame Vollmacht zurückzuführen ist und
  245. auf deren Richtigkeit die Beklagte vertrauen durfte (BGHZ 102, 60, 65).
  246. Beruht das Vertrauen der Beklagten in den Bestand der Vollmacht auf
  247. der notariellen Beurkundung, erstreckt sich deren Richtigkeitsgewähr
  248. nicht nur auf das beurkundete Rechtsgeschäft, sondern auch auf weitere,
  249. von der Vollmacht erfasste Geschäfte. Dem entsprechend ist der Senat
  250. in seinem Urteil vom 15. November 2005 (XI ZR 376/04, Umdruck S. 12)
  251. davon ausgegangen, dass die Wirksamkeit eines den Erwerb finanzierenden Darlehensvertrages nach Rechtsscheingrundsätzen herbeigeführt
  252. werden kann, wenn die nichtige Vollmacht dem Notar bei der Beurkundung des notariellen Kauf- und Werklieferungsvertrages vorlag, dieser
  253. das Vorliegen der Vollmacht ausdrücklich in die Verhandlungsnieder-
  254. - 13 -
  255. schrift aufgenommen und deren Ausfertigung zusammen mit einer Abschrift der Vollmacht dem Darlehensgeber übermittelt hat. Nichts anderes kann gelten, wenn - wie hier - die notarielle Urkunde der Bestellung
  256. einer Grundschuld dient, die von den Darlehensnehmern nach dem Kreditvertrag als Sicherheit zu stellen ist.
  257. 28
  258. Dagegen lässt sich entgegen der Auffassung der Revision nicht
  259. einwenden, dass bei zwischenzeitlich widerrufener Vollmacht bloße Abschriften als Rechtsscheingrundlage herangezogen würden. Die Rechtsscheinhaftung setzt in diesen Fällen nämlich zusätzlich voraus, dass
  260. - wie hier geschehen - die Ausfertigung der notariellen Urkunde mit einer
  261. Abschrift der Vollmacht dem Geschäftsgegner zugestellt wird. Sie bleibt
  262. damit insofern hinter der Regelung der §§ 171, 172 BGB zurück, als der
  263. Geschäftsgegner nicht vor Veränderungen im Bestand oder Inhalt der
  264. Vollmacht geschützt wird, die erst nach dem für die Entstehung des
  265. Rechtsscheins maßgebenden Zeitpunkt, nämlich zwischen dem Beurkundungstermin und dem Zugang der beurkundeten Erklärungen beim
  266. Geschäftsgegner eintreten. Der Geschäftsgegner trägt also in der Zwischenzeit das Risiko eines Widerrufs der Vollmacht (BGHZ 102, 60,
  267. 65 f.). Nach Erhalt der notariellen Ausfertigung darf er sich dagegen
  268. - nicht anders als bei Vorlage des Originals oder einer Ausfertigung der
  269. Vollmacht - auf den Bestand der Vollmacht so lange verlassen, bis diese
  270. ihm gegenüber widerrufen wird. Dies ist bis zum Abschluss des Darlehensvertrages nicht geschehen.
  271. - 14 -
  272. III.
  273. 29
  274. Die Revision war somit als unbegründet zurückzuweisen.
  275. Joeres
  276. Müller
  277. Ellenberger
  278. Mayen
  279. Schmitt
  280. Vorinstanzen:
  281. LG Aachen, Entscheidung vom 25.09.2003 - 1 O 193/03 OLG Köln, Entscheidung vom 16.06.2004 - 13 U 208/03 -