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  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. XI ZR 199/00
  5. Verkündet am:
  6. 10. Juli 2001
  7. Weber,
  8. Justizhauptsekretärin
  9. als Urkundsbeamtin
  10. der Geschäftsstelle
  11. in dem Rechtsstreit
  12. -2-
  13. Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche
  14. Verhandlung vom 10. Juli 2001 durch den Vorsitzenden Richter Nobbe
  15. und
  16. die
  17. Richter
  18. Dr. Siol,
  19. Dr. van Gelder,
  20. Dr. Joeres
  21. und
  22. Dr. Wassermann
  23. für Recht erkannt:
  24. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des
  25. 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Bamberg vom
  26. 29. Mai 2000 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten erkannt worden
  27. ist.
  28. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil der
  29. 2. Zivilkammer des Landgerichts Würzburg vom 7. Juli
  30. 1999 wird in vollem Umfang zurückgewiesen.
  31. Der Kläger hat die Kosten der Rechtsmittelverfahren
  32. zu tragen.
  33. Von Rechts wegen
  34. Tatbestand:
  35. Die Parteien streiten in der Revisionsinstanz noch über die Wirksamkeit einer Vollmacht zum Abschluß eines Verbraucherkreditvertrages und über die damit zusammenhängende Pflicht des Klägers, der
  36. -3-
  37. beklagten Bank vertragliche Darlehenszinsen zu zahlen. Dem liegt im
  38. wesentlichen folgender Sachverhalt zugrunde:
  39. Der Kläger, ein damals 58 Jahre alter Chefarchitekt, gab am
  40. 23. September 1992 nach Werbung durch einen Strukturvertrieb ein
  41. notariell beurkundetes Angebot auf Abschluß eines umfassenden Geschäftsbesorgungsvertrages mit der C. mbH (im folgenden: C.) ab. Dieses Angebot enthält u.a. auf mehreren Seiten die unwiderrufliche Vollmacht, für den Kläger eine noch zu errichtende Eigentumswohnung
  42. (Studentenappartement) in S. zu erwerben und alle mit dem Erwerbsvorgang zusammenhängenden Verträge zu schließen. Die C. sollte namentlich die erforderlichen Finanzierungsdarlehen bis zur Höhe des
  43. kalkulierten Gesamtaufwands von 134.020 DM zuzüglich etwaiger Zinsen, Nebenleistungen und Damnen aufnehmen. Detaillierte Angaben
  44. über Inhalt und Modalitäten der abzuschließenden Darlehensverträge
  45. wurden nicht gemacht. Die C. nahm dieses Vertragsangebot an. Sie
  46. erwarb im Namen des Klägers die noch nicht fertiggestellte Eigentumswohnung. Im Dezember 1992 schloß sie für den Kläger mit der Rechtsvorgängerin der beklagten Bank einen Darlehensvertrag über ein durch
  47. Kapitallebensversicherung zu tilgendes Festdarlehen zum Nennbetrag
  48. von 102.324 DM und später einen Vertrag über ein weiteres Darlehen
  49. in Höhe von 31.696 DM. Die Absicherung der Darlehen erfolgte durch
  50. Grundschulden und Abtretung der Kapitallebensversicherung.
  51. Der Kläger, dessen mit dem Erwerb der Eigentumswohnung verbundenen, vom Strukturvertrieb geweckte wirtschaftliche Erwartungen
  52. sich nicht erfüllten, hat in erster Linie Schadensersatzansprüche aus
  53. angeblichem Verschulden der Beklagten bei Vertragsschluß geltend
  54. gemacht und mit seinen Hauptanträgen die Rückzahlung geleisteter
  55. Zinsen sowie die Freistellung von sämtlichen Darlehensverpflichtungen
  56. -4-
  57. - Zug um Zug gegen Übertragung aller Rechte seiner Eigentumswohnung - verlangt. Hilfsweise begehrt er wegen angeblicher Formunwirksamkeit der Kreditvollmacht die Feststellung, daß die Beklagte die von
  58. ihm geleisteten über den gesetzlichen Zinssatz von 4% hinausgehenden Darlehenszinsen zu erstatten habe und künftig lediglich Zinsen in
  59. dieser Höhe verlangen dürfe.
  60. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Beklagte lediglich entsprechend dem Hilfsantrag verurteilt
  61. und die Berufung des Klägers im übrigen zurückgewiesen.
  62. Die Revision des Klägers, mit der er seine Hauptanträge weiter
  63. verfolgt hat, hat der Senat nicht angenommen. Mit der - zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte Klageabweisung in vollem Umfang.
  64. Entscheidungsgründe:
  65. Die Revision der Beklagten ist begründet. Sie führt zur Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
  66. I.
  67. Das Berufungsgericht hat zur Begründung - soweit es hinsichtlich
  68. der Hilfsanträge der Klage stattgegeben hat - im wesentlichen ausgeführt:
  69. Die C. habe die Darlehensverträge für den Kläger als Vertreter
  70. ohne Vertretungsmacht abgeschlossen (§ 177 Abs. 1 BGB). Die im no-
  71. -5-
  72. tariellen Geschäftsbesorgungsvertrag vom 16. November 1992 enthaltene unwiderrufliche Vollmacht sei gemäß § 6 Abs. 1 VerbrKrG nichtig,
  73. da die Vollmachtsurkunde - anders als die Darlehensverträge selbst die notwendigen Mindestangaben des § 4 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 VerbrKrG
  74. nicht enthalte. Es fehlten die Angaben über Art und Weise der Rückzahlung des Kredits, den Zinssatz, alle sonstigen Kosten des Kredits
  75. sowie den effektiven Jahreszins. Jedenfalls bei einer unwiderruflichen
  76. Vollmacht müßten die Mindestangaben zum Schutz des Verbrauchers
  77. bereits in der Vollmachtsurkunde enthalten sein. Ein Vergleich mit den
  78. Formerfordernissen bei der Bürgschaft zeige die Richtigkeit dieser
  79. Auffassung. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs müsse
  80. auch die Vollmacht zur Ermächtigung einer gemäß § 766 BGB formbedürftigen Bürgschaft eines Nichtkaufmanns bereits schriftlich Inhalt und
  81. Umfang der einzugehenden Bürgschaft festlegen.
  82. Eine so umfassende Vollmacht ohne Widerrufsmöglichkeit, wie
  83. sie der Kläger der C. erteilt habe, führe de facto zu einer Bindungswirkung wie durch den Kreditvertrag selbst. Der Schutzzweck des § 4
  84. Abs. 1 Satz 4 VerbrKrG werde völlig verfehlt, wenn man es genügen
  85. ließe, die Mindestangaben - wie hier geschehen - nur in den Kreditvertrag aufzunehmen. Das in § 167 Abs. 2 BGB zum Ausdruck kommende
  86. Repräsentationsprinzip stehe dem nicht entgegen. Der Verbraucherschutz aus § 4 Abs. 1 VerbrKrG fordere dessen Einschränkung.
  87. Der Vorrang des Verbraucherschutzes ergebe sich auch aus dem
  88. europäischen Gemeinschaftsrecht. § 4 Abs. 1 VerbrKrG beruhe auf der
  89. Richtlinie des Rates vom 22. Dezember 1986 - 87/102 EWG ABl Nr. L
  90. 42/48 vom 12. Februar 1987 (im folgenden: Verbraucherkreditrichtlinie). Es sei Sache der nationalen Gerichte, das zur Durchführung der
  91. Richtlinie erlassene Gesetz unter voller Ausschöpfung des Beurtei-
  92. -6-
  93. lungsspielraumes, den ihnen das nationale Recht einräume, in Übereinstimmung mit den Anforderungen des Gemeinschaftsrechts auszulegen und anzuwenden. Dies führe zum Vorrang des Verbraucherschutzes vor dem Repräsentationsprinzip in der Stellvertretung, da nur auf
  94. diese Weise dem Willen des Gesetzgebers zum umfassenden Verbraucherschutz in den Fällen der vorliegenden Art Rechnung getragen werden könne.
  95. Eine nachträgliche Genehmigung der schwebend unwirksamen
  96. Darlehensverträge scheitere zumindest am fehlenden Erklärungsbewußtsein des Klägers. Erst durch die nachfolgende Zurverfügungstellung der Darlehensvaluta sei die Unwirksamkeit der Verträge nach § 6
  97. Abs. 2 Satz 1 VerbrKrG geheilt worden. Dadurch ermäßige sich der
  98. vertragliche Zinssatz gemäß § 6 Abs. 2 Satz 2 VerbrKrG auf den gesetzlichen Zinssatz von 4%.
  99. II.
  100. Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht die Wirksamkeit
  101. der Darlehensverträge daran scheitern lassen, daß die der C. erteilte
  102. Vollmacht die Angaben gemäß § 4 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 VerbrKrG nicht
  103. enthält. Dies ist - wie der Senat mit Urteil vom 24. April 2001 - XI ZR
  104. 40/00, WM 2001, 1024 (zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt) entschieden hat - nicht Wirksamkeitsvoraussetzung für eine Vollmacht zum
  105. Abschluß eines Kreditvertrages zur Finanzierung des Erwerbs einer Eigentumswohnung.
  106. -7-
  107. 1. Es bedarf auch hier keiner Entscheidung, ob und unter welchen Voraussetzungen Vollmachten zum Abschluß von Verbraucherkreditverträgen schriftlich erteilt werden müssen. Die der C. erteilte
  108. Vollmacht wurde notariell beurkundet. Diese Beurkundung ersetzt die
  109. Schriftform (§ 126 Abs. 3 BGB). Aus § 3 Abs. 2 Nr. 3 VerbrKrG, der
  110. unter gewissen Voraussetzungen notariell beurkundete Kreditverträge
  111. in der Weise privilegiert, daß er bestimmte Schutzvorschriften des Verbraucherkreditgesetzes für nicht anwendbar erklärt, ergibt sich nichts
  112. anderes. Auch wenn man die Formbedürftigkeit einer Kreditvollmacht
  113. entsprechend § 4 Abs. 1 Satz 1 VerbrKrG bejaht, folgt daraus noch
  114. nicht ohne weiteres, daß die Vollmachtsurkunde auch die Mindestangaben enthalten muß, die § 4 Abs. 1 Satz 4 VerbrKrG für eine Darlehensvertragserklärung eines Verbrauchers vorschreibt.
  115. 2. Der Senat hat sich bei seiner Entscheidung vom 24. April 2001
  116. aaO im wesentlichen von folgenden Erwägungen leiten lassen:
  117. a) Derjenige, der - wie hier die Beklagte nach § 4 Abs. 1 Satz 4
  118. VerbrKrG - über bestimmte Umstände zu unterrichten hat, genügt dieser Verpflichtung regelmäßig, wenn er die Unterrichtung gegenüber einem Bevollmächtigten seines Vertragspartners vornimmt. Dessen auf
  119. diese Weise erlangte Kenntnis muß der Vertragspartner sich nach
  120. § 166 Abs. 1 BGB zurechnen lassen. Etwas anderes gilt nur, wenn eine
  121. persönliche Unterrichtung gesetzlich vorgegeben ist, wie etwa die Information nach § 53 Abs. 2 BörsG, die dem Vertragspartner bestimmte
  122. Eigenschaften verschafft und damit auf die Veränderung seiner persönlichen Verhältnisse abzielt (vgl. Senatsurteil BGHZ 133, 82, 88 f.). Eine
  123. solche gesetzliche Vorgabe läßt sich § 4 Abs. 1 Satz 4 VerbrKrG nicht
  124. entnehmen.
  125. -8-
  126. Das Verbraucherkreditgesetz schränkt das dem Vertretungsrecht
  127. zugrundeliegende Repräsentationsprinzip nicht entscheidend ein. Die
  128. Formvorschrift des § 4 Abs. 1 Satz 4 VerbrKrG betrifft nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut allein den Kreditvertrag, nicht dagegen eine
  129. vom Kreditnehmer einem Dritten erteilte Vollmacht, aufgrund der dieser
  130. für den Kreditnehmer den Kreditvertrag abschließt. Die erforderlichen
  131. Mindestangaben sollen dem Vertragsschließenden einen Vergleich mit
  132. konkurrierenden Angeboten ermöglichen und ihm ein vollständiges Bild
  133. von den Bedingungen und Kosten des Darlehens verschaffen, damit er
  134. die Risiken überblicken kann. Wenn der Abschluß des Kreditvertrages
  135. einem Vertreter überlassen wird, so muß es entgegen der Ansicht der
  136. Revisionserwiderung auch unter Berücksichtigung des Schutzzweckes
  137. des § 4 Abs. 1 Satz 4 VerbrKrG genügen, wenn diesem die Informationen erteilt werden. Es liegt im Wesen der Stellvertretung, daß der
  138. Stellvertreter vom Vertragsgegner die wesentlichen Informationen über
  139. die einzelnen Vertragsbedingungen erhält und auf dieser Grundlage die
  140. notwendigen Entscheidungen für den Geschäftsherrn treffen darf.
  141. Wenn der Vertreter dabei die Interessen des vertretenen Kreditnehmers
  142. nicht ausreichend wahrnimmt, indem er es etwa schuldhaft unterläßt,
  143. Angebote konkurrierender Kreditinstitute einzuholen, miteinander zu
  144. vergleichen und das für den Kreditnehmer günstigste Angebot auszuwählen, macht er sich gewöhnlich wegen positiver Verletzung des mit
  145. dem
  146. Kreditnehmer
  147. geschlossenen
  148. Geschäftsbesorgungsvertrages
  149. schadensersatzpflichtig. Das Verbraucherkreditgesetz ändert daran
  150. nichts, insbesondere begrenzt es das Risiko, das mit der Bestellung eines Vertreters einhergeht, nicht (a.A. Derleder VuR 2000, 155, 158).
  151. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats zum Haustürwiderrufsgesetz ist regelmäßig darauf abzustellen, ob der Bevollmächtigte bei Abgabe der Willenserklärung in einer Haustürsituation
  152. -9-
  153. gehandelt hat, während es grundsätzlich unerheblich ist, ob die Vollmacht in einer solchen Situation erteilt worden ist (vgl. Urteile vom
  154. 2. Mai 2000 - XI ZR 150/99, WM 2000, 1250, 1251 f., zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt, und XI ZR 108/99, WM 2000, 1247, 1249).
  155. Entsprechend ist im Anwendungsbereich des Verbraucherkreditgesetzes bei der Frage, wer vom Kreditgeber zu informieren ist, die Repräsentantenstellung des
  156. Vertreters entscheidend (OLG Köln WM 2000,
  157. 127, 130; OLG Frankfurt OLGR 2000, 191, 192; OLG Frankfurt
  158. WM 2001, 353, 355; OLG Stuttgart WM 2000, 292, 301; OLG Karlsruhe
  159. WM 2001, 356, 359; Horn/Balzer WM 2000, 333, 341; Kessal-Wulf
  160. EWiR 1999, 1025, 1026; van Look WuB I E 2. § 4 VerbrKrG 4.00; Peters in Schimansky/Bunte/Lwowski Bankrechts-Handbuch 2. Aufl. § 81
  161. Rdn. 94 e; Rösler VuR 2000, 191, 193; Ulmer/Timmann FS Rowedder
  162. S. 503, 522 f.; a.A. OLG München WM 1999, 1456, 1457; Derleder
  163. VuR 2000, 155, 159). Es reicht grundsätzlich aus, daß die Mindestangaben bei Abgabe der Vertragserklärung durch den Bevollmächtigten
  164. vorliegen. Dessen Kenntnis ist dem Vertretenen nach § 166 Abs. 1 BGB
  165. zuzurechnen.
  166. b) Eine rechtsgeschäftliche Stellvertretung bei Verbraucherkreditverträgen wäre weitgehend unmöglich, müßten die nach § 4 Abs. 1
  167. Satz 4 Nr. 1 VerbrKrG geforderten Angaben bereits in die Vollmachtsurkunde aufgenommen werden. Bevollmächtigt ein Verbraucher einen
  168. Geschäftsbesorger nicht mit dem Abschluß eines konkret bestimmten
  169. Darlehensvertrages, sondern mit dem Aushandeln und Abschluß eines
  170. der Höhe nach begrenzten Kreditvertrages zu marktüblichen Konditionen, so ist es ihm bei Vollmachtserteilung noch nicht möglich, die Mindestangaben zu machen. Wollte man eine Pflicht zur Aufnahme dieser
  171. Angaben in die Vollmachtsurkunde statuieren, so liefe das auf einen
  172. Ausschluß der Stellvertretung im Bereich der Verbraucherkredite hin-
  173. - 10 -
  174. aus. Den Vorschriften des Verbraucherkreditgesetzes kann nicht entnommen werden, daß die in seinen Anwendungsbereich fallenden Verträge nur höchstpersönlich abgeschlossen werden könnten (Senatsurteil vom 24. April 2001 - XI ZR 40/00, WM 2001, 1024, 1025 f. mit zahlreichen weiteren Nachweisen).
  175. c) Bei Beantwortung der Frage nach dem notwendigen Inhalt der
  176. Vollmacht ist auch entscheidend zu berücksichtigen, daß Normadressat
  177. des § 4 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 VerbrKrG der Kreditgeber ist. Dieser hat
  178. dafür Sorge zu tragen, daß die vom Verbraucher zu unterzeichnende
  179. Erklärung alle für die Wirksamkeit erforderlichen Angaben enthält.
  180. Kommt er dieser Verpflichtung nicht oder nur unzureichend nach, treffen ihn die von § 6 Abs. 2 VerbrKrG angeordneten Sanktionen. Der
  181. Kreditgeber ist aber an einer Vollmachtserteilung, die sich allein im
  182. Verhältnis zwischen Verbraucher als Vollmachtgeber und Bevollmächtigtem abspielt, regelmäßig nicht beteiligt. Müßte schon die Kreditvollmacht die Mindestangaben enthalten, hätte der Kreditgeber letztendlich
  183. für Versäumnisse einzustehen, auf deren Vermeidung er im Normalfall
  184. keinen Einfluß hat (vgl. Peters WM 2000, 554, 560).
  185. d) Dieser Auslegung von § 4 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 VerbrKrG steht
  186. die neuere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu § 766 Satz 1
  187. BGB (BGHZ 132, 119, 122) nicht entgegen, nach der eine Blankounterschrift nicht durch eine aufgrund mündlicher Ermächtigung vorgenommene Ergänzung der Urkunde zu einer formwirksamen Bürgschaft wird.
  188. Diese Entscheidung betrifft nur die für das Bürgschaftsrecht relevante
  189. Frage der Auslegung der Formvorschrift von § 766 Satz 1 BGB und
  190. präjudiziert nicht die Auslegung der Formvorschriften des Verbraucherkreditgesetzes. Die Schutzbedürftigkeit von Bürge und Verbraucher ist
  191. unterschiedlich. § 766 Satz 1 BGB bezweckt, dem Bürgen Inhalt und
  192. - 11 -
  193. Umfang seiner Haftung deutlich vor Augen zu führen, weil dessen Verpflichtung in aller Regel nur anderen, dem Gläubiger und dem Hauptschuldner, zugute kommt (BGHZ 132, 119, 125). Mit dem Abschluß eines Kreditvertrages geht ein Verbraucher kein fremdnütziges Risiko
  194. ein. Die Pflichtangaben der Kreditkonditionen sollen ihm lediglich vor
  195. Augen führen, worauf er sich einläßt und ihm den Vergleich mit den
  196. Konditionen anderer Kreditgeber ermöglichen (vgl. Senatsurteil vom
  197. 27. Juni 2000 - XI ZR 322/98, WM 2000, 1799, 1800).
  198. e) Auch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Notwendigkeit der notariellen Beurkundung unwiderruflicher Vollmachten
  199. für Grundstücksgeschäfte (vgl. dazu BGH, Urteil vom 22. April 1967
  200. - V ZR 164/63, WM 1967, 1039, 1040 f.) gebietet keine andere Auslegung des § 4 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 VerbrKrG. Im Anwendungsbereich des
  201. § 313 BGB reicht das § 167 Abs. 2 BGB derogierende Formerfordernis
  202. nicht so weit, daß bereits in die Vollmachtsurkunde alle wesentlichen
  203. Regelungen des Grundgeschäfts aufgenommen werden müßten. Es genügt vielmehr, wenn der Vollmachtsgeber den Vertreter zum Abschluß
  204. eines Grundstücksgeschäfts bevollmächtigt, ohne daß der Inhalt des
  205. möglicherweise noch auszuhandelnden Vertrages bereits in der Vollmachtsurkunde niedergelegt wird.
  206. 3. Die Revisionserwiderung und inzwischen veröffentlichte Anmerkungen zu seinem Urteil
  207. vom 24. April
  208. 2001
  209. (XI ZR 40/00,
  210. WM 2001, 1024) geben dem Senat zu einer Änderung seiner Rechtsprechung keinen Anlaß.
  211. a) Saenger (EWiR 2001, 563, 564) und Graf von Westphalen
  212. (BGH Report 2001, 464 f.) haben dem Senatsurteil im Ergebnis und in
  213. wesentlichen Teilen der Begründung zugestimmt. Feststellungen zu
  214. - 12 -
  215. den von ihnen angesprochenen Ausnahmefällen enthält das Berufungsurteil nicht.
  216. b) Das Argument der Revisionserwiderung, eine unwiderrufliche
  217. Vollmacht zur Kreditaufnahme führe zur faktischen Bindung des Verbrauchers und damit zu einer Umgehung des § 4 Abs. 1 Satz 4
  218. VerbrKrG greift nicht durch. Es geht von der nicht belegten Annahme
  219. aus, diese Vorschrift wolle den Kreditnehmer vor dem Risiko schützen,
  220. das mit der Erteilung einer Vollmacht stets verbunden ist. Dieses Risiko
  221. ist der Kläger nicht nur in Bezug auf den Kreditvertrag, sondern auch in
  222. Bezug auf den Kaufvertrag über die Eigentumswohnung mehr oder weniger bewußt eingegangen. Nach seinem eigenen Vorbringen wurde er
  223. für die kreditfinanzierte Immobilienanlage unter anderem damit geworben, er müsse sich um nichts kümmern, ein seriöser Steuerberater regele alles für ihn. Es entsprach danach dem Willen des Klägers, nach
  224. Erteilung der notariellen Vollmacht alle weiteren Geschäfte, insbesondere den Erwerb der Eigentumswohnung und den Abschluß der erforderlichen Kreditverträge vertrauensvoll in die Hände des Vertreters zu
  225. legen. Ob dieses Vertrauen berechtigt war oder nicht, kann für die
  226. analoge Anwendung des § 4 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 VerbrKrG keine Rolle
  227. spielen. Von dessen Umgehung durch Normvermeidung kann danach
  228. nicht ausgegangen werden.
  229. Wollte man dies mit der Revisionserwiderung anders sehen,
  230. könnten aufgrund einer notariell beurkundeten Vollmacht zwar weiterhin umfangreiche und sehr belastende Grundstücksgeschäfte für den
  231. Vertretenen wirksam abgeschlossen werden, ohne daß alle wesentlichen Punkte des möglicherweise noch auszuhandelnden Vertrages bereits in die Vollmachtsurkunde aufgenommen werden müßten, nicht
  232. aber Verbraucherkreditverträge, selbst wenn sie nur über sehr geringe
  233. - 13 -
  234. Beträge abgeschlossen werden. Überzeugende Argumente für ein solches bedenkliches, praktischen Erfordernissen nicht Rechnung tragendes Ergebnis sind nicht ersichtlich.
  235. c) Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung und des Berufungsgerichts erfordert auch das Gebot einer wirksamen Umsetzung
  236. von Gemeinschaftsrecht nicht, § 4 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 VerbrKrG in der
  237. Weise auf Vollmachtserklärungen zu erstrecken, daß diese zu ihrer
  238. Wirksamkeit der dort genannten Mindestangaben bedürfen. Das gilt für
  239. Kredite, die - wie hier - dem Erwerb von Eigentumsrechten an einem
  240. Grundstück oder an einem vorhandenen oder noch zu errichtenden Gebäude dienen, schon deshalb, weil die Verbraucherkreditrichtlinie nach
  241. der ausdrücklichen Regelung des Art. 2 Abs. 1 lit. a) auf solche Verträge keine Anwendung findet.
  242. Abgesehen davon ist der Verbraucherkreditrichtlinie an keiner
  243. Stelle zu entnehmen, daß Verbraucherkreditverträge höchstpersönlich
  244. abgeschlossen werden oder Vollmachten bereits alle wesentlichen
  245. Vertragsbestimmungen enthalten müßten. Die Verbraucherkreditrichtlinie enthält zum Recht der Stellvertretung keine Aussagen und Vorgaben, sondern beschränkt sich darauf, die Schriftform für Verbraucherkreditverträge festzulegen (Art. 4 Abs. 1) und die Aushändigung einer
  246. Ausfertigung des schriftlichen Vertrages an den Verbraucher vorzuschreiben (Art. 4 Abs. 1 Satz 2). Diesen Erfordernissen ist auch bei einem Vertretergeschäft genügt, wenn der Kreditvertrag - wie hier - die
  247. Mindestangaben des § 4 Abs. 1 Satz 4 VerbrKrG enthält und der Kreditnehmer nach Vertragsschluß eine Ausfertigung der Vertragsurkunde
  248. erhält.
  249. - 14 -
  250. d) Die von der Revisionserwiderung angeregte Vorlage der Sache an den Europäischen Gerichtshof nach Art. 234 EV ist schon deshalb nicht veranlaßt, weil die Verbraucherkreditrichtlinie für Kreditverträge zur Finanzierung des Erwerbs von Immobilien keine Anwendung
  251. findet (Art. 2 Abs. 1 Verbraucherkreditrichtlinie). Um solche Kreditverträge handelt es sich hier.
  252. - 15 -
  253. III.
  254. Das Berufungsurteil war daher, soweit zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist, aufzuheben (§ 564 Abs. 1 ZPO). Da weitere
  255. Feststellungen nicht zu treffen waren, konnte der Senat in der Sache
  256. selbst entscheiden (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO) und die Berufung des Klägers zurückweisen.
  257. Nobbe
  258. Siol
  259. Joeres
  260. van Gelder
  261. Wassermann