Monotone Arbeit nervt!
You can not select more than 25 topics Topics must start with a letter or number, can include dashes ('-') and can be up to 35 characters long.

598 lines
30 KiB

1 year ago
  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. XI ZR 125/17
  5. Verkündet am:
  6. 11. September 2018
  7. Herrwerth
  8. Justizangestellte
  9. als Urkundsbeamtin
  10. der Geschäftsstelle
  11. in dem Rechtsstreit
  12. Nachschlagewerk:
  13. ja
  14. BGHZ:
  15. nein
  16. BGHR:
  17. ja
  18. BGB § 495 Abs. 1, § 355 (Fassung bis zum 10. Juni 2010), §§ 398, 413
  19. Zur Übertragung des Rechts auf Widerruf der auf Abschluss eines Verbraucherdarlehensvertrags gerichteten Willenserklärung des Darlehensnehmers.
  20. BGH, Urteil vom 11. September 2018 - XI ZR 125/17 - OLG Stuttgart
  21. LG Stuttgart
  22. ECLI:DE:BGH:2018:110918UXIZR125.17.0
  23. -2-
  24. Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
  25. vom 11. September 2018 durch den Vizepräsidenten Prof. Dr. Ellenberger, die
  26. Richter Dr. Grüneberg und Maihold sowie die Richterinnen Dr. Menges und
  27. Dr. Derstadt
  28. für Recht erkannt:
  29. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 6. Zivilsenats
  30. des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 24. Januar 2017 wird
  31. als unzulässig verworfen, soweit sie sich dagegen wendet,
  32. dass das Berufungsgericht die Berufung der Beklagten gegen
  33. das Urteil der 21. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom
  34. 13. April 2016 betreffend ihre Verurteilung zur Zahlung von
  35. 144.913,16 € nebst Zinsen zurückgewiesen hat.
  36. Im Übrigen wird auf die Revision der Beklagten das Urteil des
  37. 6. Zivilsenats
  38. des
  39. Oberlandesgerichts
  40. Stuttgart
  41. vom
  42. 24. Januar 2017 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als
  43. das Berufungsgericht die Berufung der Beklagten gegen das
  44. Urteil der 21. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom
  45. 13. April 2016 betreffend ihre Verurteilung zur Zahlung von
  46. 16.751,71 € und weiterer 2.800 € - jeweils nebst Zinsen - zurückgewiesen hat.
  47. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
  48. Von Rechts wegen
  49. -3-
  50. Tatbestand:
  51. 1
  52. Die Parteien - die Klägerin aus abgetretenem Recht - streiten um die
  53. Wirksamkeit des Widerrufs verschiedener auf den Abschluss von Verbraucherdarlehensverträgen gerichteter Willenserklärungen.
  54. 2
  55. B.
  56. und die Beklagte schlossen am 16. November 2007 als
  57. Präsenzgeschäfte zwei Darlehensverträge über 175.000 € mit einem bis zum
  58. 30. November 2017 festen Nominalzinssatz in Höhe von 4,7% p.a. und über
  59. 85.000 € mit einem bis zum 30. November 2012 festen Nominalzinssatz in Höhe von 4,8% p.a. Dieses zweite Darlehen sollte am 30. November 2012 mit Mitteln eines von der Beklagten bei der Bausparkasse S.
  60. vermittel-
  61. ten Bausparvertrags getilgt werden. Zur Sicherung der Ansprüche der Beklagten diente ein Grundpfandrecht. B.
  62. leistete bei Abschluss der Darlehens-
  63. verträge laufzeitunabhängige Bearbeitungsentgelte in Höhe von 875 € und
  64. 425 € und eine "Abschlussprovision für Bausparvertrag" in Höhe von 1.500 €.
  65. Bei Abschluss der Darlehensverträge belehrte die Beklagte B.
  66. Widerrufsrecht wie folgt:
  67. über sein
  68. -4-
  69. -5-
  70. -6-
  71. 3
  72. B.
  73. erbrachte Zins- und Tilgungsleistungen. Im Jahr 2012 einigte er
  74. sich mit der Beklagten auf eine vollständige vorzeitige Rückführung der Darlehen, die er im August 2012 vornahm und für die er "Vorfälligkeitsentschädigungen" in Höhe von 15.183,78 € und 1.067,93 € und Bearbeitungsentgelte in Höhe von insgesamt 500 €, mithin insgesamt 16.751,71 €, entrichtete.
  75. 4
  76. Aufgrund seiner Vertragserklärung vom 19. März 2014 schloss er - im
  77. Rechtsstreit vorgelegt worden ist die erste Seite - mit der Klägerin später einen
  78. "Kaufvertrag" folgenden Inhalts:
  79. -7-
  80. -8-
  81. 5
  82. Mit Schreiben vom 22. April 2014 widerrief die Klägerin die auf Abschluss
  83. der Darlehensverträge gerichteten Willenserklärungen B.
  84. 6
  85. s.
  86. Die Beklagte schloss am 19. Juni 2008 vier weitere Darlehensverträge
  87. mit
  88. L.
  89. . Die Beklagte belehrte L.
  90. Widerrufsbelehrung. L.
  91. entsprechend der B.
  92. erteilten
  93. erbrachte Zins- und Tilgungsleistungen. Mit "Kaufver-
  94. trag" vom 13. März 2014 veräußerte er wie B.
  95. "sämtliche Forderungen und
  96. Rechte (nebst allen etwaigen Nebenrechten, wie Rücktritts-, Widerrufs- und
  97. Kündigungsrechten), soweit gesetzlich zulässig", aus den Darlehensverträgen
  98. an die Klägerin und trat solche Rechte ab. Außerdem ermächtigte er die Klägerin zur Durchsetzung solcher Rechte. Im April und Mai 2014 führte er die Darlehen vorzeitig zurück. Unter dem Vorbehalt der Rückforderung entrichtete er am
  99. 11. April 2014 und 15. Mai 2014 "Vorfälligkeitsentschädigungen" in Höhe von
  100. insgesamt 144.913,16 €, darin eingerechnet Bearbeitungsentgelte in Höhe von
  101. insgesamt 1.000 €. Unter dem 23. Mai 2014 - also weniger als sechs Monate
  102. nach Rückführung der Darlehen - erklärte die Klägerin den Widerruf der auf Abschluss der Darlehensverträge gerichteten Willenserklärungen L.
  103. 7
  104. s.
  105. Der Klage auf Erstattung der "Vorfälligkeitsentschädigungen", der Bearbeitungsentgelte und der Abschlussprovision nebst Zinsen und auf Freistellung
  106. von vorgerichtlich verauslagten Anwaltskosten hat das Landgericht mit Ausnahme der Anwaltskosten entsprochen. Die dagegen gerichtete Berufung (nur)
  107. der Beklagten hat das Berufungsgericht zurückgewiesen. Dagegen richtet sich
  108. die vom Berufungsgericht in der Entscheidungsformel unbeschränkt und in den
  109. Entscheidungsgründen unter Hinweis auf ein "divergierende[s] Urteil" des Oberlandesgerichts Schleswig zugelassene Revision der Beklagten, mit der sie ihren
  110. Antrag auf vollständige Abweisung der Klage weiterverfolgt.
  111. -9-
  112. Entscheidungsgründe:
  113. 8
  114. Die Revision der Beklagten ist teilweise mangels Zulassung unstatthaft.
  115. Insoweit ist sie als unzulässig zu verwerfen. Im Übrigen hat sie in der Sache
  116. Erfolg.
  117. A.
  118. 9
  119. Die Revision der Beklagten ist mangels Zulassung unstatthaft, soweit die
  120. Beklagte sich gegen die Zurückweisung ihrer Berufung betreffend ihre Verurteilung zur Rückgewähr von Leistungen L.
  121. s wendet. Insofern spielte eine Ab-
  122. weichung von der vom Oberlandesgericht Schleswig aufgestellten tatsächlichen
  123. Vermutung einer Verwirkung des Widerrufsrechts sechs Monate nach vollständiger Beendigung des Verbraucherdarlehensvertrags, die für die Zulassungsentscheidung des Berufungsgerichts maßgeblich war, für sein Erkenntnis keine
  124. Rolle.
  125. 10
  126. 1. Das Berufungsgericht hat die Möglichkeit, die Revision nur hinsichtlich
  127. eines tatsächlich und rechtlich selbständigen und abtrennbaren Teils des Gesamtstreitstoffs zuzulassen, auf den auch die Partei selbst die Revision beschränken könnte (st. Rspr.; vgl. nur Senatsurteile vom 27. September 2011
  128. - XI ZR 178/10,
  129. WM 2011,
  130. 2261
  131. Rn. 8,
  132. vom
  133. 16. Oktober
  134. 2012
  135. - XI ZR 368/11, juris Rn. 18, vom 4. März 2014 - XI ZR 178/12, BKR 2014, 245
  136. Rn. 21 und vom 26. April 2016 - XI ZR 114/15, BKR 2016, 341 Rn. 10). Voraussetzung hierfür ist eine Selbständigkeit des von der Zulassungsbeschränkung
  137. erfassten Teils des Streitstoffs in dem Sinne, dass dieser in tatsächlicher und
  138. rechtlicher Hinsicht unabhängig von dem übrigen Prozessstoff beurteilt werden
  139. und auch im Falle einer Zurückverweisung kein Widerspruch zum nicht an-
  140. - 10 -
  141. fechtbaren Teil des Streitstoffs auftreten kann (Senatsurteile vom 16. Oktober
  142. 2012, aaO, und vom 26. April 2016, aaO, Rn. 11). Allerdings muss es sich hierbei weder um einen eigenen Streitgegenstand handeln noch muss der betroffene Teil des Streitstoffs auf der Ebene der Berufungsinstanz teilurteilsfähig sein
  143. (Senatsurteil vom 4. März 2014, aaO, und vom 26. April 2016, aaO). Nach
  144. ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann sich die Beschränkung
  145. der Revisionszulassung auch aus den Entscheidungsgründen des Berufungsurteils ergeben. Hat das Berufungsgericht die Revision wegen einer Rechtsfrage
  146. zugelassen, die nur für einen eindeutig abgrenzbaren Teil des Streitstoffs von
  147. Bedeutung ist, kann die gebotene Auslegung der Entscheidungsgründe ergeben, dass die Zulassung der Revision auf diesen Teil des Streitstoffs beschränkt ist (Senatsurteile vom 20. März 2012 - XI ZR 340/10, juris Rn. 9,
  148. vom 16. Oktober 2012, aaO, Rn. 14, vom 15. Juli 2014 - XI ZR 100/13,
  149. WM 2014, 1624 Rn. 17 und vom 26. April 2016, aaO; Senatsbeschlüsse
  150. vom 13. Dezember 2011 - XI ZR 9/11, juris Rn. 5, vom 15. April 2014
  151. - XI ZR 356/12, juris Rn. 3, vom 5. April 2016 - XI ZR 428/15, juris Rn. 2 und
  152. vom 10. April 2018 - XI ZR 139/16, juris Rn. 3).
  153. 11
  154. 2. So liegt der Fall hier. Ausweislich der Entscheidungsgründe hat das
  155. Berufungsgericht die im Tenor nicht eingeschränkte Zulassungsentscheidung
  156. damit begründet, die Revision werde "im Hinblick auf das divergierende Urteil
  157. des OLG Schleswig vom 6. Oktober 2016 - 5 U 72/16 - [WM 2016, 2350 ff.] zur
  158. Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung zugelassen". Von diesem
  159. Urteil hat sich das Berufungsgericht ausdrücklich insoweit distanziert, als es - in
  160. Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Senats (Senatsurteil vom
  161. 11. Oktober 2016 - XI ZR 482/15, BGHZ 212, 207 Rn. 30) - der Auffassung eine
  162. Absage erteilt hat, "das Umstandsmoment" sei "im Sinne einer tatsächlichen
  163. Vermutung regelmäßig zu bejahen […], wenn der Verbraucher das Darlehen
  164. unter Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung vorzeitig ablöse und nach der
  165. - 11 -
  166. Ablösung eine gewisse Zeit - etwa sechs Monate - verstreiche". Diese Divergenz spielte indessen nur bei der Entscheidung über die Verwirkung des Widerrufsrechts B.
  167. s, nicht auch L.
  168. s eine Rolle, weil zwischen der vollständi-
  169. gen Beendigung der Darlehensverträge der Beklagten mit L.
  170. und dem Wider-
  171. ruf seiner auf Abschluss der Darlehensverträge gerichteten Willenserklärungen
  172. lediglich knapp ein Monat lag und deshalb eine Vermutung wie vom Oberlandesgericht Schleswig formuliert in diesem Verhältnis keine Rolle spielen konnte.
  173. Die - ursprünglich sogar in getrennten Prozessen und nunmehr im Wege der
  174. subjektiven Klagenhäufung geltend gemachten - Rückgewähransprüche betreffend die Darlehensverträge B.
  175. und L.
  176. bilden jeweils eindeutig abgrenz-
  177. bare Teile des Streitstoffs, auf die auch die Beklagte selbst ihr Rechtsmittel hätte beschränken können.
  178. B.
  179. 12
  180. Im Übrigen ist die Revision der Beklagten zulässig und begründet.
  181. I.
  182. 13
  183. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung - soweit
  184. im Revisionsverfahren noch von Interesse - ausgeführt:
  185. 14
  186. Die Beklagte habe B.
  187. fehlerhaft über das ihm zustehende Wider-
  188. rufsrecht belehrt, so dass das Widerrufsrecht - auch noch über die einvernehmliche vorzeitige Beendigung der Darlehensverträge hinaus - fortbestanden habe.
  189. - 12 -
  190. 15
  191. Die Klägerin habe den Widerruf "nach erfolgter Abtretung unbeschadet
  192. der ihr fehlenden Verbrauchereigenschaft erklären" können. Schon "beim
  193. Schicksal von Verbraucherrechten im Zug einer Vertragsübernahme" stelle die
  194. höchstrichterliche Rechtsprechung "nicht auf die Person des Übernehmers,
  195. sondern auf die Verbrauchereigenschaft des Übertragenden ab". Erst recht
  196. wahre die Abtretung die Identität des abgetretenen Rechts und verändere den
  197. Inhalt der Forderung nicht. Auch nach dem Wortlaut des § 13 BGB (hier in der
  198. bis zum 12. Juni 2014 geltenden Fassung) genüge es, wenn der Zedent im
  199. Zeitpunkt des Abschlusses des Darlehensvertrags Verbraucher gewesen sei.
  200. § 399 BGB stehe nicht entgegen, weil mit der Abtretung keine Inhaltsänderung
  201. des Widerrufsrechts einhergehe. Könne das Widerrufsrecht nach Abtretung
  202. vom Zessionar als Unternehmer entgegen der vom Berufungsgericht vertretenen Auffassung nicht ausgeübt werden, bleibe das Widerrufsrecht dem Zedenten als Verbraucher erhalten. Da die Klägerin mit den Zedenten vereinbart habe, die Klägerin werde ermächtigt, im Namen der Zedenten zu widerrufen,
  203. "müsste sich die Beklagte mithin daran festhalten lassen, dass der von der Klägerin ausgeübte Widerruf mittelbar auch für und im Namen des jeweiligen Zedenten […] ausgeübt" worden sei.
  204. 16
  205. Die Ausübung des Widerrufsrechts sei nicht an § 242 BGB gescheitert.
  206. "Eine missbräuchliche, vom Schutzzweck ‚Übereilungsschutz‘ losgelöste sachfremde Instrumentalisierung des Widerrufsrechts, um ,Kasse zu machen‘", könne der Klägerin nicht mit Erfolg entgegen gehalten werden. Das Widerrufsrecht
  207. unterliege keiner Ausübungskontrolle in dem Sinne, dass nur redliche, am gesetzlichen Schutzzweck orientierte Widerrufserklärungen zum Ziel führen könnten. Das Motiv für die Ausübung des Widerrufsrechts sei bedeutungslos. Daran
  208. ändere "auch die Abtretungskonstellation nichts".
  209. - 13 -
  210. 17
  211. "Unter den gegebenen Umständen des hier zu entscheidenden Einzelfalls" könnten "auch die Voraussetzungen einer Verwirkung des Widerrufsrechts
  212. nicht festgestellt werden". Betreffend B.
  213. sei das Umstandsmoment nicht
  214. gegeben: Das vertragstreue Verhalten während der Vertragslaufzeit sei nicht
  215. geeignet gewesen, ein Vertrauen der Beklagten darauf zu begründen, dass der
  216. Widerruf künftig unterbleiben werde. Ein anderes Ergebnis ergebe sich nicht
  217. aus dem Umstand, dass die Darlehensverträge auf Wunsch B.
  218. vorzeitig
  219. beendet worden seien. Zwar stehe einer Verwirkung nicht entgegen, dass es
  220. die Beklagte unterlassen habe, nach der vorzeitigen Beendigung der Darlehensverträge noch eine - sinnvoll nicht mehr mögliche - Nachbelehrung zu erteilen. Auch sei der Einwand der Verwirkung nicht generell ausgeschlossen,
  221. wenn dem Berechtigten sein Recht nicht bekannt sei. Es spreche aber gegen
  222. die Annahme, der Verpflichtete habe aus dem Verhalten des Berechtigten das
  223. Vertrauen geschöpft, der Berechtigte werde sein Recht nicht mehr ausüben,
  224. wenn der Verpflichtete davon ausgehen müsse, der Berechtigte wisse nichts
  225. von den ihm zustehenden Ansprüchen. Da aus Sicht der Beklagten zu unterstellen gewesen sei, B.
  226. habe die Aufhebungsvereinbarung geschlossen
  227. und erfüllt, ohne einen Widerruf überhaupt in Erwägung gezogen zu haben, habe es keinen Grund für die Annahme gegeben, B.
  228. übe sein Widerrufsrecht
  229. bewusst nicht aus. Es müssten daher weitere Umstände hinzutreten, "um aus
  230. der Ablösung des Kredits" durch B.
  231. , der sich "in Unkenntnis seines Wider-
  232. rufsrechts vertragstreu verhalten" habe, "einen Verstoß gegen Treu und Glauben herleiten zu können". Da es danach von den konkreten Umständen des
  233. Einzelfalls abhänge, welche Bedeutung der vorzeitigen Vertragsbeendigung in
  234. Bezug auf den notwendigen Vertrauenstatbestand beigemessen werden könne,
  235. teile das Berufungsgericht nicht die Auffassung, dass das Umstandsmoment im
  236. Sinne einer tatsächlichen Vermutung regelmäßig zu bejahen sei, "wenn der
  237. Verbraucher das Darlehen unter Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung vor-
  238. - 14 -
  239. zeitig ablöse und nach der Ablösung eine gewisse Zeit - etwa sechs Monate verstreiche".
  240. 18
  241. Der Einwand der Verwirkung lasse sich nicht damit begründen, der Beklagten entstehe aufgrund der späten Ausübung des Widerrufsrechts ein unzumutbarer Nachteil. Dass der Darlehensgeber die Ansprüche des Darlehensnehmers aus dem Rückgewährschuldverhältnis erfüllen müsse, sei die regelmäßige gesetzliche Konsequenz des Widerrufs und stelle deshalb keinen unzumutbaren Nachteil dar. Ein solcher Nachteil könne sich auch nicht aus der
  242. Freigabe der für die Darlehen bestellten Sicherheiten ergeben. Die Beklagte
  243. könne unschwer die Aufrechnung mit ihren Rückabwicklungsansprüchen erklären mit der Folge, dass sie die Sicherheiten nicht mehr weiter benötige. Auch im
  244. Übrigen sei ein unzumutbarer Nachteil nicht dargetan. Es könne deshalb offen
  245. bleiben, ob der Einwand der Verwirkung ohne Rücksicht auf einen konkreten
  246. Vertrauenstatbestand berechtigt sein könne, wenn dem Verpflichteten während
  247. der Zeit der Untätigkeit des Berechtigten und als deren Folge ein unzumutbarer
  248. Nachteil entstanden sei. Da hier weder festzustellen sei, dass die Beklagte
  249. schutzwürdiges Vertrauen in das Unterbleiben des Widerrufs habe bilden dürfen, noch ein unzumutbarer Nachteil dargetan sei, könne auch die Frage auf
  250. sich beruhen, ob ein solcher Nachteil ein notwendiges Merkmal des Verwirkungstatbestands sei.
  251. II.
  252. 19
  253. Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht
  254. in allen Punkten stand.
  255. - 15 -
  256. 20
  257. 1. Rechtsfehlerfrei ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen, die Beklagte habe B.
  258. nach § 355 BGB in der nach Art. 229 § 9 Abs. 1
  259. Satz 1 Nr. 2, § 22 Abs. 2, § 32 Abs. 1, § 38 Abs. 1 EGBGB maßgeblichen, bis
  260. zum 10. Juni 2010 geltenden Fassung unzureichend deutlich über das ihm gemäß § 495 Abs. 1 BGB zustehende Widerrufsrecht belehrt. Der Senat hat bereits wiederholt für - soweit hier relevant - inhaltsgleiche Widerrufsbelehrungen
  261. auf deren Unwirksamkeit erkannt. Auf die konkreten, aber nicht in der Widerrufsbelehrung selbst in Textform dokumentierten Umstände ihrer Erteilung
  262. kommt es - wie vom Berufungsgericht zutreffend ausgeführt - entgegen der
  263. Rechtsmeinung der Revision nicht an (st. Rspr., vgl. zuletzt Senatsurteile vom
  264. 10. Juli 2018 - XI ZR 500/16, juris Rn. 10 und vom 24. Juli 2018 - XI ZR 305/16,
  265. juris Rn. 16 mwN).
  266. 21
  267. 2. Auf der Grundlage der zu den Akten gereichten ersten Seite des
  268. "Kaufvertrags" - unter dem Vorbehalt, dass weitere Seiten und Anlagen dem
  269. nicht entgegenstehen - hat das Berufungsgericht im Ergebnis zutreffend weiter
  270. angenommen, mittels der im Frühjahr 2014 getroffenen Vereinbarung habe
  271. B.
  272. der Klägerin sämtliche unter der aufschiebenden Bedingung einer wirk-
  273. samen Ausübung des Widerrufsrechts nach § 495 Abs. 1 BGB stehenden (vgl.
  274. BGH, Urteil vom 3. März 2016 - IX ZR 132/15, BGHZ 209, 179 Rn. 16, 21 und
  275. 25) Ansprüche aus § 357 Abs. 1 Satz 1 BGB in der bis zum 12. Juni 2014 geltenden Fassung (künftig: aF) in Verbindung mit §§ 346 ff. BGB abgetreten.
  276. 22
  277. 3. Rechtsfehlerfrei ist überdies die Annahme des Berufungsgerichts,
  278. B.
  279. habe der Klägerin zugleich mit den aufschiebend bedingten Ansprüchen
  280. aus einem Rückgewährschuldverhältnis nach § 357 Abs. 1 Satz 1 BGB aF in
  281. Verbindung mit §§ 346 ff. BGB das ihm zustehende Widerrufsrecht nach § 495
  282. Abs. 1 BGB übertragen.
  283. - 16 -
  284. 23
  285. a) Ob das Widerrufsrecht überhaupt und - falls ja - in welcher Form es
  286. übertragen werden kann, ist umstritten.
  287. 24
  288. Schon für die Übertragung vertragsbezogener Gestaltungsrechte im allgemeinen ist das Meinungsbild gespalten. Teilweise wird angenommen, solche
  289. Gestaltungsrechte könnten isoliert übertragen werden (Klimke, Die Vertragsübernahme, 2010, S. 24 f., 274; Schürnbrand, AcP 204 [2004], 177, 203 ff.;
  290. Staudinger/Busche, BGB, Neubearb. 2017, § 413 Rn. 13; Steinbeck, Die Übertragbarkeit von Gestaltungsrechten, 1994, S. 95 ff.; für das Rücktrittsrecht bei
  291. - wie hier - vollständig erfüllten zweiseitigen Verträgen schon Seckel, Festgabe
  292. R. Koch, 1903, S. 205, 223; offen BGH, Urteile vom 10. Dezember 1997
  293. - XII ZR 119/96, WM 1998, 461 f. und vom 13. Februar 2008 - VIII ZR 105/07,
  294. NJW 2008, 1218 Rn. 28). Vertreten wird aber auch, vertragsbezogene Gestaltungsrechte seien lediglich zusammen mit der Abtretung eines Forderungsrechts übertragbar (Palandt/Grüneberg, BGB, 77. Aufl., § 413 Rn. 5; Nobbe/Maihold, Kommentar zum Kreditrecht, 3. Aufl., § 355 BGB Rn. 21; MünchKommBGB/Fritsche, 7. Aufl., § 355 Rn. 28; offen Dörner, Dynamische Relativität, 1985, S. 298). Zu dieser Position tendiert - teilweise unter Einschränkungen
  295. - auch, sofern sie die Übertragung vertragsbezogener Gestaltungsrechte überhaupt zulässt (explizit gegen die isolierte Übertragung des Kündigungsrechts
  296. bei Lebensversicherungsverträgen BGH, Urteil vom 2. Dezember 2009
  297. - IV ZR 65/09, NJW-RR 2010, 544 Rn. 13), die höchstrichterliche Rechtsprechung (vgl. zum Rücktrittsrecht BGH, Urteile vom 1. Juni 1973 - V ZR 134/72,
  298. WM 1973, 1270, 1271 f. und vom 21. Juni 1985 - V ZR 134/84, WM 1985,
  299. 1106, 1107 f.).
  300. 25
  301. Für das Widerrufsrecht bei Verbraucherdarlehensverträgen als besonderem vertragsbezogenem Gestaltungsrecht wird noch weitergehend die Übertragbarkeit mit dem Argument bestritten, als "rechtsverwirklichendes Schutz-
  302. - 17 -
  303. recht" könne es nicht von der "geschützten Rechtsposition losgelöst" und damit
  304. nicht von der Person des vertragschließenden Verbrauchers getrennt werden
  305. (so J.F. Hoffmann, Zession und Rechtszuweisung, 2012, S. 226 f.; in diese
  306. Richtung auch Bülow/Artz, Verbraucherkreditrecht, 9. Aufl., § 491 BGB Rn. 70).
  307. Teilweise wird jedenfalls die Übertragbarkeit des Widerrufsrechts auf einen Unternehmer in Abrede gestellt (Ulmer/Masuch, JZ 1997, 654, 660; Erman/Nietsch, BGB, 15. Aufl., § 491 Rn. 52; MünchKommBGB/Fritsche, 7. Aufl.,
  308. § 355 Rn. 28 a.E.).
  309. 26
  310. b) Für das Widerrufsrecht bei Verbraucherdarlehensverträgen nach
  311. § 495 Abs. 1 BGB entscheidet der Senat dahin, dass es zwar grundsätzlich,
  312. wirksam aber nur zugleich mit einem aufschiebend bedingten Anspruch aus
  313. § 357 Abs. 1 Satz 1 BGB aF in Verbindung mit §§ 346 ff. BGB übertragen werden kann.
  314. 27
  315. Das Widerrufsrecht nach § 495 Abs. 1 BGB ist als vertragsbezogenes
  316. Gestaltungsrecht grundsätzlich nach §§ 398, 413 BGB übertragbar. Der Übertragung des Widerrufsrechts steht § 399 Fall 1 BGB nicht entgegen. Insbesondere scheitert sie nicht daran, dass das Widerrufsrecht nicht vom Darlehensnehmer als Verbraucher getrennt werden kann. Die vertypte Schutzbedürftigkeit
  317. des Verbrauchers bei Vertragsschluss ist zwar Voraussetzung für das Entstehen des Widerrufsrechts. Dessen weiterer Bestand ist aber nicht von einem
  318. Fortbestand der Verbrauchereigenschaft abhängig (Nobbe/Maihold, Kommentar
  319. zum Kreditrecht, 3. Aufl., § 355 BGB Rn. 20). Das Widerrufsrecht erlischt nicht
  320. bloß deshalb, weil der Verbraucher nach Vertragsschluss Unternehmer wird
  321. (BGH, Urteile vom 10. Mai 1995 - VIII ZR 264/94, BGHZ 129, 371, 376 und vom
  322. 17. April 1996 - VIII ZR 44/95, WM 1996, 1546, 1547). Lässt aber ein nachträglicher Wechsel des Status des Widerrufsberechtigten vom Verbraucher zum
  323. Unternehmer das vorher begründete Widerrufsrecht unberührt, hindert der
  324. - 18 -
  325. Schutzzweck des Widerrufsrechts auch seine Übertragung nicht, ohne dass es
  326. - wie vom Berufungsgericht richtig gesehen - darauf ankäme, ob der Übernehmer Verbraucher oder Unternehmer ist (vgl. auch Staub/Renner, HGB,
  327. Bd. 10/2, 5. Aufl., BankvertragsR Rn. 561; Tiedemann/Neumann, NJ 2013, 17,
  328. 19 f.).
  329. 28
  330. Die Übertragung des Widerrufsrechts nach §§ 398, 413 BGB setzt
  331. voraus, dass zugleich - wie hier nach der vorgelegten ersten Seite des "Kaufvertrags" geschehen - ein aufschiebend bedingter Anspruch aus dem Rückgewährschuldverhältnis abgetreten wird. Die Abtretung von - im konkreten Fall
  332. eines vorzeitig beendeten Darlehensvertrags ohnehin durch Erfüllung erloschenen - Ansprüchen des Darlehensnehmers aus § 488 BGB genügt nicht (Nobbe/
  333. Maihold, Kommentar zum Kreditrecht, 3. Aufl., § 355 BGB Rn. 21). Die Übertragung des Widerrufsrechts wäre mit der Abtretung einer Forderung unvereinbar,
  334. die die Ausübung des Widerrufsrechts gerade entfallen ließe. Die Entstehung
  335. eines Anspruchs aus § 357 Abs. 1 Satz 1 BGB aF in Verbindung mit §§ 346 ff.
  336. BGB ist dagegen gesetzliche Konsequenz der Ausübung des Widerrufsrechts.
  337. Ein solcher Anspruch bildet die Leistungsbeziehungen aus dem Rückgewährschuldverhältnis ab (vgl. schon Senatsbeschluss vom 12. Januar 2016
  338. - XI ZR 366/15, WM 2016, 434 Rn. 7), so dass die Abhängigkeit der Übertragung des Widerrufsrechts von der Abtretung der Forderungen aus dem Rückgewährschuldverhältnis nicht dem Einwand begegnet, es fehle der dogmatische
  339. Ansatzpunkt dafür, das Schicksal eines vertragsbezogenen Gestaltungsrechts
  340. an das Schicksal einer einzelnen Forderung aus dem Schuldverhältnis im weiteren Sinne zu binden (so aber Steinbeck, Die Übertragbarkeit von Gestaltungsrechten, 1994, S. 98).
  341. 29
  342. Alles dies gilt in Bezug auf die dingliche Wirkung der Übertragung unbeschadet des Umstands, dass - weil Ansprüche aus dem Rückgewährschuldver-
  343. - 19 -
  344. hältnis nicht automatisch saldiert werden (Senatsbeschluss vom 12. Januar
  345. 2016 - XI ZR 366/15, WM 2016, 454 Rn. 16) und eine Aufrechnungslage erst ex
  346. nunc mit dem Wirksamwerden des Widerrufs entsteht - der Verbraucher sich
  347. nach Ausübung des Widerrufsrechts durch den Übernehmer Rückgewähransprüchen des Darlehensgebers nach § 357 Abs. 1 Satz 1 BGB aF in Verbindung mit §§ 346 ff. BGB ausgesetzt sehen kann, die er mangels Gegenseitigkeit nicht mehr durch Aufrechnung mit Ansprüchen aus § 357 Abs. 1 Satz 1
  348. BGB aF in Verbindung mit §§ 346 ff. BGB zum Erlöschen bringen kann. Der
  349. zum Widerruf berechtigte Verbraucher ist in diesem Fall auf etwaige Freistellungsansprüche gegen den Zessionar angewiesen und trägt damit das Risiko
  350. einer möglichen Insolvenz des Zessionars. Einen Ausschluss der Übertragung
  351. aus diesem Grund, in dem eine Beschränkung der Vertragsfreiheit des übertragenden Verbrauchers läge, müsste der Gesetzgeber ausdrücklich regeln. An
  352. einer solchen Regelung fehlt es. Der jetzt in § 361 Abs. 2 BGB normierte
  353. Grundsatz, dass von den Vorschriften zum Widerrufsrecht bei Verbraucherverträgen, soweit nicht ein anderes bestimmt ist, nicht zum Nachteil des Verbrauchers abgewichen werden darf, ist im Verhältnis von Zedent und Zessionar
  354. nicht anwendbar.
  355. 30
  356. c) Den genannten Anforderungen an eine Übertragung des Widerrufsrechts nach §§ 398, 413 BGB sind B.
  357. und die Klägerin auf der Grundlage
  358. der ersten Seite des "Kaufvertrags" gerecht geworden. Wie unter 2. ausgeführt,
  359. haben sie im Frühjahr 2014 die Abtretung aller Ansprüche aus dem Darlehensvertrag und damit auch von Ansprüchen nach § 357 Abs. 1 Satz 1 BGB aF in
  360. Verbindung mit §§ 346 ff. BGB vereinbart. Zugleich haben sie ausdrücklich das
  361. Widerrufsrecht auf die Klägerin übertragen.
  362. - 20 -
  363. 31
  364. 4. Einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand halten indessen die
  365. Erwägungen, mit denen das Berufungsgericht eine Verwirkung des Widerrufsrechts im Zeitpunkt seiner Ausübung im Jahr 2014 ausgeschlossen hat.
  366. 32
  367. a) Von seinem Standpunkt aus richtig hat das Berufungsgericht allerdings angenommen, bei der Frage, ob das Widerrufsrecht verwirkt sei, sei nach
  368. §§ 398, 413, 404 BGB (jedenfalls auch) auf das Verhalten B.
  369. s abzustellen.
  370. Ein Wechsel auf Seiten des Berechtigten oder Verpflichteten ist für das Zeitmoment grundsätzlich ohne Bedeutung (BGH, Urteil vom 19. Oktober 2005
  371. - XII ZR 224/03, WM 2006, 977 Rn. 29). Umstände im Verhältnis des Verpflichteten zum Zedenten können im Rahmen des Umstandsmoments nach § 404
  372. BGB ohne Rücksicht darauf Beachtung finden, ob sie vor oder nach der Abtretung eingetreten sind (RGZ 72, 213, 215; Palandt/Grüneberg, BGB, 77. Aufl.,
  373. § 242 Rn. 93).
  374. 33
  375. b) Das Berufungsgericht hat aber bei der Prüfung des Umstandsmoments die höchstrichterliche Rechtsprechung, der zufolge die Unkenntnis des
  376. Darlehensnehmers vom Fortbestand des Widerrufsrechts eine Verwirkung nicht
  377. hindert, verkannt. Es hat unterstellt, solange der Darlehensgeber davon ausgehen müsse, der Darlehensnehmer habe vom Fortbestehen des Widerrufsrechts
  378. keine Kenntnis, könne der Darlehensgeber schutzwürdiges Vertrauen im Sinne
  379. des Umstandsmoments nicht bilden. Damit hat das Berufungsgericht einen
  380. Rechtssatz formuliert, der zu der höchstrichterlichen Rechtsprechung in Widerspruch steht. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs
  381. kommt es für das Umstandsmoment der Verwirkung weder auf die Kenntnis des
  382. Darlehensnehmers vom Fortbestand seines Widerrufsrechts noch auf das Vertrauen des Darlehensgebers an, der Darlehensnehmer habe in sonstiger Weise
  383. Kenntnis vom Fortbestand seines Widerrufsrechts erlangt. Dass der Darlehensgeber davon ausgeht oder ausgehen muss, der Darlehensnehmer habe von
  384. - 21 -
  385. seinem Widerrufsrecht keine Kenntnis, schließt vielmehr eine Verwirkung nicht
  386. aus (st. Rspr., vgl. Senatsbeschluss vom 23. Januar 2018 - XI ZR 298/17,
  387. WM 2018, 614 Rn. 17 mwN).
  388. 34
  389. c) Außerdem hat das Berufungsgericht verkannt, dass der Umstand,
  390. dass der Darlehensgeber Sicherheiten freigegeben hat, ein Aspekt ist, den der
  391. Tatrichter bei der Prüfung des Umstandsmoments berücksichtigen kann. Dem
  392. steht nicht entgegen, dass der Darlehensgeber nach Beendigung des Darlehensvertrags und vollständiger Erfüllung der aus dem unwiderrufenen Darlehensvertrag resultierenden Pflichten des Darlehensnehmers die Sicherheiten
  393. ohnehin freizugeben hätte. Vom Darlehensgeber bestellte Sicherheiten sichern
  394. regelmäßig auch Ansprüche aus einem Rückgewährschuldverhältnis nach
  395. § 357 Abs. 1 Satz 1 BGB aF in Verbindung mit §§ 346 ff. BGB. Dem Rückgewähranspruch des Darlehensnehmers aus der Sicherungsabrede haftet die für
  396. den Fall des Widerrufs auflösende Rechtsbedingung einer Revalutierung an.
  397. Beendet der Darlehensgeber trotz der Möglichkeit der Revalutierung durch
  398. Rückgewähr der Sicherheit den Sicherungsvertrag, kann darin die Ausübung
  399. beachtlichen Vertrauens im Sinne des § 242 BGB liegen (Senatsbeschluss vom
  400. 23. Januar 2018 - XI ZR 298/17, WM 2018, 614 Rn. 20 mwN). Indem das Berufungsgericht einen unzumutbaren Nachteil - richtig verstanden: im Sinne der
  401. relevanten Ausübung von Vertrauen durch die Beklagte - kategorisch ausgeschlossen hat ("kann sich auch nicht aus der Freigabe der für die Darlehen bestellten Sicherheiten ergeben"), hat es sich in Widerspruch zur höchstrichterlichen Rechtsprechung gesetzt.
  402. III.
  403. 35
  404. Das Berufungsurteil unterliegt - soweit die aus den Rechtsbeziehungen
  405. des B.
  406. zur Beklagten resultierenden Ansprüche betreffend - der Aufhebung
  407. - 22 -
  408. (§ 562 ZPO), weil es sich nicht aus anderen Gründen als richtig darstellt (§ 561
  409. ZPO). Insbesondere kann der Senat der dem Tatrichter obliegenden Würdigung
  410. der konkreten Umstände nach § 242 BGB nicht vorgreifen (st. Rspr., vgl. zuletzt
  411. nur Senatsurteile vom 10. Oktober 2017 - XI ZR 393/16, WM 2017, 2247
  412. Rn. 11, vom 3. Juli 2018 - XI ZR 702/16, WM 2018, 1601 Rn. 16 und vom
  413. 24. Juli 2018 - XI ZR 305/16, juris Rn. 19 mwN).
  414. 36
  415. Der Senat verweist die Sache daher in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang an das Berufungsgericht zurück (§ 563 Abs. 1 Satz 1
  416. ZPO), das die im Frühjahr 2014 getroffene Vereinbarung zwischen B.
  417. und
  418. der Klägerin nach deren vollständiger Vorlage objektiv auszulegen und der von
  419. der Beklagten im Revisionsverfahren aufgeworfenen Frage nach einem möglichen Verstoß gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz nachzugehen haben wird
  420. (vgl. BGH, Urteile vom 21. Oktober 2014 - VI ZR 507/13, WM 2014, 2335
  421. Rn. 12 und vom 21. März 2018 - VIII ZR 17/17, WM 2018, 974 Rn. 38).
  422. Ellenberger
  423. Grüneberg
  424. Menges
  425. Maihold
  426. Derstadt
  427. Vorinstanzen:
  428. LG Stuttgart, Entscheidung vom 13.04.2016 - 21 O 374/14 OLG Stuttgart, Entscheidung vom 24.01.2017 - 6 U 121/16 -