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1 year ago
  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. VII ZR 498/99
  5. Verkündet am:
  6. 5. April 2001
  7. Seelinger-Schardt,
  8. Justizangestellte
  9. als Urkundsbeamter
  10. der Geschäftsstelle
  11. in dem Rechtsstreit
  12. Nachschlagewerk: ja
  13. BGHZ:
  14. nein
  15. BGB §§ 133 A, 157 D
  16. Zur Auslegung eines Vertrages, in dem sich eine den Bauträger finanzierende Bank
  17. verpflichtet, die erbrachte Kaufpreisrate nach Scheitern des Bauträgervertrages an
  18. den Erwerber zu zahlen.
  19. BGH, Urteil vom 5. April 2001 - VII ZR 498/99 - OLG Düsseldorf
  20. LG Düsseldorf
  21. -2-
  22. Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
  23. vom 18. Januar 2001 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und die
  24. Richter Prof. Dr. Thode, Dr. Wiebel, Dr. Kniffka und Wendt
  25. für Recht erkannt:
  26. Die Revision gegen das Urteil des 13. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 2. September 1999 wird auf Kosten
  27. der Beklagten zurückgewiesen.
  28. Von Rechts wegen
  29. Tatbestand:
  30. Die Kläger erwarben durch notariellen Vertrag vom 2. Juni 1992 eine
  31. noch zu errichtende Eigentumswohnung zu einem Preis von 565.000 DM von
  32. der C. GmbH (im folgenden: Bauträger). Der Kaufpreis war ratenweise nach
  33. Baufortschritt zu zahlen. Die Bauarbeiten im Bereich des Sondereigentums
  34. sollten bis zum 30. September 1992 fertiggestellt sein. Die Zahlung des Kaufpreises hatte an die Beklagte, die zwischenfinanzierende, durch Grundschulden gesicherte Bank zu erfolgen. Dieser hatte der Bauträger die Kaufpreisansprüche abgetreten.
  35. Die Beklagte gab am 11. August 1992 gegenüber den Erwerbern die Erklärung ab, unter näher bezeichneten Voraussetzungen die verkaufte Eigentumswohnung aus der Pfandhaftung zu entlassen. Die Freistellungsverpflich-
  36. -3-
  37. tung sollte auch für den Fall gelten, daß der Bauträger seine Verpflichtung zur
  38. Fertigstellung des Bauwerks nach Ablauf von 18 Monaten nach dem im Kaufvertrag angegebenen Zeitpunkt der angestrebten Baufertigstellung noch nicht
  39. erfüllt habe oder bereits vorher endgültig feststehe, daß die Erfüllung dieser
  40. Verpflichtung nicht mehr erfolge. Das Wahlrecht, anstelle dieser Freistellung
  41. bei Nichtvollendung des Bauwerks die geleistete Zahlung zurückzugewähren,
  42. hatte sich die Beklagte nicht vorbehalten.
  43. Das Bauvorhaben ging nur schleppend voran. Die Kläger setzten dem
  44. Bauträger Frist zur Fertigstellung bis zum 5. Januar 1993 und behielten sich für
  45. den Fall des fruchtlosen Fristablaufs vor, die Leistung abzulehnen und Schadensersatz wegen Nichterfüllung zu verlangen. Mit Erklärung vom 10. April
  46. 1993 verlangten sie vom Bauträger Schadensersatz wegen Nichterfüllung. Mit
  47. Schreiben vom gleichen Tag informierten die Kläger die Beklagte über ihr Vorgehen und baten um einen Abwicklungsvorschlag.
  48. Mit Schreiben vom 9. Juni 1993 erklärte sich die Beklagte unter Bezugnahme auf ihre Freistellungserklärung bereit, die geleistete Zahlung in Höhe
  49. von 169.500 DM "gegen Nachweis eines notariellen Rückabwicklungsvertrages
  50. zurückzuüberweisen". Sie teilte dazu ergänzend mit, daß ohne Vorlage eines
  51. Rückabwicklungsvertrags die Zahlung nicht erfolgen könne, da die in der Freistellungsverpflichtungserklärung genannte Frist von 18 Monaten noch nicht
  52. abgelaufen sei.
  53. Mit Schreiben vom 18. Juli 1993 informierten die Kläger die Beklagte
  54. darüber, daß der Bauträger auf ihr Schreiben nicht reagiert habe. Presseinformationen sei zu entnehmen, daß ein Konkursverfahren anhängig sei. Am
  55. 6. Januar 1994 wurde das Konkursverfahren über das Vermögen des Bauträgers eröffnet.
  56. -4-
  57. Mit Schreiben vom 31. Oktober 1994 teilte die Beklagte den Klägern den
  58. Bautenstand
  59. (49 %)
  60. mit
  61. und
  62. erklärte,
  63. daß
  64. sie
  65. gegen
  66. Zahlung
  67. von
  68. 131.615,69 DM das Pfandobjekt von den Lasten freistelle. Die Kläger zeigten
  69. sich an einer Freistellung nicht interessiert.
  70. Die Beklagte betrieb die Zwangsvollstreckung und erzielte für die Eigentumswohnung 255.000 DM.
  71. Mit der Klage haben die Kläger die Auszahlung des Betrags von
  72. 255.000 DM verlangt. Das Landgericht hat der Klage nur in Höhe der geleisteten Kaufpreisrate von 169.500 DM nebst Zinsen stattgegeben. Die Berufung
  73. der Beklagten ist erfolglos geblieben. Die Revision verfolgt den Antrag weiter,
  74. die Klage insgesamt abzuweisen.
  75. Entscheidungsgründe:
  76. Die Revision hat keinen Erfolg.
  77. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, den Klägern stehe ein vertraglicher Anspruch auf Zahlung der an die Beklagte erbrachten ersten Kaufpreisrate in Höhe von 169.500 DM zu, ist im Ergebnis aus Rechtsgründen nicht zu
  78. beanstanden.
  79. 1. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts haben die Kläger die
  80. Erklärung der Beklagten gemäß Schreiben vom 9. Juni 1993, gegen den
  81. Nachweis eines notariellen Abwicklungsvertrags mit dem Bauträger die Kaufpreisrate zurückzuzahlen, angenommen. Die Ansicht des Berufungsgerichts,
  82. -5-
  83. die Beklagte sei zur Zahlung der Kaufpreisrate verpflichtet, auch ohne daß die
  84. Kläger einen Rückabwicklungsvertrag mit dem Bauträger vorgelegt haben, ist
  85. revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
  86. 2. Gegen das Zustandekommen einer Abrede der Parteien über die
  87. Zahlung der Kaufpreisrate wendet sich die Revision nicht. Sie meint jedoch, die
  88. Zahlungsverpflichtung der Beklagten sei nicht bedingungslos eingegangen
  89. worden, sondern sei davon abhängig, daß die Kläger einen Vertrag mit dem
  90. Bauträger über die Rückabwicklung des Kaufvertrags vorlegten. Diese Bedingung sei nicht eingetreten. Es sei auch nicht ersichtlich, was die Beklagte hätte
  91. veranlassen können, sich selbst zur Zahlung der Rate zu verpflichten. Sie sei
  92. nicht einmal gehalten gewesen, den Klägern gegenüber ihrer Verpflichtung zur
  93. Freistellung von den Grundpfandrechten nachzukommen, nachdem diese gegenüber dem Bauträger ihr Recht aus § 326 BGB geltend gemacht und damit
  94. ihren Anspruch auf Übertragung von unbelastetem Eigentum verloren hätten.
  95. 3. Die Revision wendet sich gegen die Auslegung der individualvertraglichen Abrede der Parteien durch das Berufungsgericht. Damit kann sie keinen
  96. Erfolg haben.
  97. Nach Auffassung des Berufungsgerichts besteht die Zahlungsverpflichtung nach Sinn und Zweck der Vereinbarung unabhängig von dem geforderten
  98. Nachweis der Rückabwicklung des Kaufvertrags. Das ist nicht nur eine vertretbare, sondern naheliegende Auslegung des Schreibens vom 9. Juni 1993. Das
  99. in der Verpflichtungserklärung zum Ausdruck gekommene Interesse der Beklagten bestand, wie das Berufungsgericht im Ergebnis zu Recht ausführt,
  100. darin, ihre Grundpfandrechte ungehindert von einem Erwerbsinteresse der
  101. Kläger verwerten zu können. Damit sollten die Kläger ersichtlich so gestellt
  102. werden, als hätte die Beklagte ein im Vertrag nicht vorbehaltenes Wahlrecht.
  103. -6-
  104. Die Kläger durften deshalb das Angebot so verstehen, daß der Nachweis der
  105. Rückabwicklung dann entbehrlich wurde, wenn anderweitig feststand, daß der
  106. Vertrag nicht erfüllt war. Das war der Fall, nachdem die C. GmbH in Konkurs
  107. gefallen war und die Kläger ohnehin die Erfüllung des Vertrages abgelehnt
  108. hatten.
  109. a) Ob die Beklagte im Zeitpunkt der Abgabe ihrer Erklärung vom 9. Juni
  110. 1993 an der Verwertung ihrer Grundpfandrechte durch die Kläger rechtlich
  111. hätte gehindert werden können, ist dabei ebenso ohne Belang wie die Frage,
  112. ob die Makler- und Bauträgerverordnung nur ein bedingungsloses Wahlrecht
  113. der Erklärung zur Zahlung des Kaufpreises als Alternative zur Freigabe des
  114. Eigentums von den Grundpfandrechten gemäß § 3 Abs. 1 Satz 3 MaBV zuläßt.
  115. Ersteres war nicht der Fall (aa), letzteres ist für die Entscheidung ohne Bedeutung (bb).
  116. aa) Die Kläger hatten mit der Ausübung ihrer Rechte aus § 326 BGB ihren Anspruch auf Übertragung des Eigentums und die Rechte aus der hiervon
  117. abhängigen Vormerkung verloren. Eine Verpflichtung der Beklagten, zugunsten
  118. der Kläger die Freistellung des Grundstücks von der Haftung zu erklären, bestand damit nicht mehr.
  119. bb) Die Zulässigkeit des Inhalts der Zahlungsverpflichtung der Beklagten
  120. bemißt sich nicht nach den Vorgaben der Makler- und Bauträgerverordnung.
  121. Die Beklagte hatte sich nicht im Rahmen ihrer Freistellungsverpflichtungserklärung gemäß § 3 Abs. 1 Satz 3 MaBV ein entsprechendes Wahlrecht vorbehalten. Sie hat mit ihrer von den Klägern angenommenen Erklärung vom 9. Juni
  122. 1993 eine eigenständige Zahlungsverpflichtung begründet.
  123. -7-
  124. Die nachträgliche Vereinbarung einer Zahlungsverpflichtung ist nicht an
  125. § 3 Abs. 1 MaBV zu messen. Die Übernahme der Verpflichtung zur Zahlung
  126. war nicht als Alternative zur Freistellungsverpflichtung vorbehalten. Sie kann
  127. entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts von Bedingungen abhängig gemacht werden, die nach § 3 MaBV nicht vorgesehen sind.
  128. b) Entgegen der Ansicht der Revision ist zur Begründung einer solchen
  129. Zahlungsverpflichtung des Globalsicherers nicht erforderlich, daß der Erwerber
  130. gegenüber dem Bauträger noch einen Erfüllungsanspruch hat.
  131. Der sichernden Bank ist es vielmehr unbenommen, in individueller vertraglicher Absprache den Erwerber einer Immobilie vom Bauträger so zu stellen, als bestünde diesem gegenüber noch ihre Verpflichtung zur Freistellung
  132. von den Grundpfandrechten. Dahingehend mußte die Verpflichtungserklärung
  133. der Beklagten vom 9. Juni 1993 von den Klägern verstanden werden.
  134. Für dieses Verständnis spricht nicht nur, daß die Beklagte in Kenntnis
  135. der Tatsache, daß die Kläger das Vertragsverhältnis mit dem Bauträger in ein
  136. Abwicklungsverhältnis umgewandelt hatten, in ihrer Erklärung vom 9. Juni 1993
  137. ausdrücklich auf ihre Freistellungsverpflichtungserklärung Bezug nahm, sondern auch die Erklärung des Sachbearbeiters der Beklagten, der die Vorlage
  138. einer Vereinbarung der Kläger mit dem Bauträger über die Rückabwicklung des
  139. Vertrags damit begründete, daß die Frist von 18 Monaten noch nicht abgelaufen sei, welche zur Fälligkeit der Freistellungsverpflichtung der Beklagten bei
  140. unvollständiger Erstellung des Werks verstrichen sein mußte. Auch die weitere
  141. Erklärung der Beklagten vom 31. Oktober 1994 zeigt, daß sie sich weiterhin als
  142. verpflichtet ansehen wollte, die Kläger von den Grundpfandrechten freizustellen, falls diese, wie es § 3 Abs. 1 Satz 2 MaBV vorsieht, entsprechend dem
  143. Bautenstand weitere Zahlungen leistete.
  144. -8-
  145. 4. Es ist sonach aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, daß das Berufungsgericht der auf der Erklärung der Beklagten vom 9. Juni 1993 basierenden Absprache der Parteien eine selbständige Verpflichtung der Beklagten zur
  146. Zahlung der ersten Kaufpreisrate entnommen und in Anbetracht der Tatsache,
  147. daß die Kläger auf der Erfüllung des Vertrags mit dem Bauträger nicht bestanden haben, dem Erfordernis des Nachweises eines notariellen Rückabwicklungsvertrags keine vertragswesentliche Bedeutung beigemessen hat.
  148. Ullmann
  149. Thode
  150. Kniffka
  151. Wiebel
  152. Wendt