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1 year ago
  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. V Z R 176/13
  5. Verkündet am:
  6. 9. Mai 2014
  7. Mayer
  8. Justizangestellte
  9. als Urkundsbeamtin
  10. der Geschäftsstelle
  11. in dem Rechtsstreit
  12. Nachschlagewerk:
  13. ja
  14. BGHZ:
  15. nein
  16. BGHR:
  17. ja
  18. GBBerG § 9 Abs. 4, SachenR-DV § 4 Abs. 3 Satz 2
  19. a) Für die Bemessung der Entschädigung nach § 9 Abs. 3 GBBerG kommt es darauf
  20. an, mit welchem Umfang das Recht nach § 9 Abs. 1 und 9 GBBerG, §§ 4 bis 10
  21. SachenR-DV tatsächlich entstanden ist, nicht darauf, welcher Rechtsumfang in einer Anlagen- und Leitungsbescheinigung nach § 7 SachenR-DV ausgewiesen ist.
  22. Die auf einer solchen Bescheinigung beruhende Eintragung des Rechts in das
  23. Grundbuch muss dazu nicht berichtigt werden.
  24. b) Die Regelung über den Schutzstreifen in § 4 Abs. 3 Satz 2 SachenR-DV gilt nur
  25. für Energieanlagen. Für wasserwirtschaftliche Anlagen nach § 9 Abs. 9 GBBerG, §
  26. 1 SachenR-DV gilt sie nur in dem (seltenen) Ausnahmefall entsprechend, dass der
  27. ordnungsgemäße Betrieb solcher Anlagen das generelle Freihalten eines Grundstücksstreifens neben der eigentlichen Ausübungsstelle erfordert.
  28. BGH, Urteil vom 9. Mai 2014 - V ZR 176/13 - OLG Naumburg
  29. LG Magdeburg
  30. -2-
  31. Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
  32. vom 9. Mai 2014 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, den Richter
  33. Dr. Lemke und die Richterinnen Prof. Dr. Schmidt-Räntsch, Dr. Brückner und
  34. Weinland
  35. für Recht erkannt:
  36. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 12. Zivilsenats
  37. des Oberlandesgerichts Naumburg vom 7. Juni 2013 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als ihre Berufung zurückgewiesen
  38. worden ist.
  39. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung
  40. und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens,
  41. an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
  42. Von Rechts wegen
  43. Tatbestand:
  44. 1
  45. Die Klägerin ist Eigentümerin mehrerer ehemals volkseigener Grundstücke in W.
  46. sorgung von W.
  47. , auf denen sich Leitungen der öffentlichen Abwasserentbefinden, die auch schon vor dem 3. Oktober 1990
  48. dort vorhanden waren. Deren Eigentümer ist der beklagte Verband, zu dessen
  49. Gunsten auf Grund einer Leitungs- und Anlagerechtsbescheinigung des zuständigen Landkreises Leitungs- und Anlagenrechte nach § 9 GBBerG in die
  50. Grundbücher eingetragen wurden. Die Klägerin verlangt von dem Beklagten
  51. -3-
  52. eine Entschädigung nach § 9 Abs. 3 GBBerG. Im Revisionsverfahren streiten
  53. die Parteien im Wesentlichen nur noch darüber, ob für die Bemessung der
  54. Entschädigung der Schutzstreifen zugrunde zu legen ist, den die Leitungsund Anlagenrechtsbescheinigung ausweist, oder ein breiterer.
  55. 2
  56. Das Landgericht hat der Klägerin eine Entschädigung von 19.261,69 €
  57. nebst Zinsen zugesprochen und die weitergehende Klage in Höhe von noch
  58. 74.574,51 € nebst Zinsen abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben. Mit der von dem Oberlandesgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren weitergehenden Zahlungsanspruch weiter. Der Beklagte
  59. beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen.
  60. Entscheidungsgründe:
  61. I.
  62. 3
  63. Das Berufungsgericht meint, die für die Bemessung der Entschädigung
  64. nach § 9 Abs. 3 GBBerG zugrunde zu legende Fläche bestimme sich nach der
  65. Leitungs- und Anlagenrechtsbescheinigung und umfasse (nur) den darin ausgewiesenen Schutzstreifen. Die Bescheinigung lege den Rechtsumfang für die
  66. Parteien verbindlich fest. Solange die Klägerin eine Berichtigung des Grundbuchs hinsichtlich der Breite des Schutzstreifens nicht erreicht habe, bleibe der
  67. in der Bescheinigung ausgewiesenen Streifen auch für die Bemessung der Entschädigung maßgeblich.
  68. -4-
  69. II.
  70. 4
  71. Diese Erwägungen halten einer rechtlichen Prüfung nicht in allen Punkten stand.
  72. 5
  73. 1. Zutreffend geht das Berufungsgericht allerdings davon aus, dass die
  74. Klägerin von dem Beklagten nach § 9 Abs. 3 GBBerG eine Entschädigung für
  75. die auf ihren Grundstücken durch § 9 Abs. 1 und 9 GBBerG, § 1 SachenR-DV
  76. kraft Gesetzes begründeten Leitungs- und Anlagenrechte verlangen kann. Richtig ist auch, dass diese Entschädigung inzwischen in voller Höhe fällig ist und
  77. dass sie der Wertminderung entspricht, die die Grundstücke der Klägerin durch
  78. die Rechte erfahren.
  79. 6
  80. 2. Anders als der Beklagte meint, kommt es für die Höhe der Entschädigung nicht auf die Flächen an, die er für die Abwasserleitungen und -anlagen
  81. auf den Grundstücken tatsächlich in Anspruch nimmt, sondern, wovon das Berufungsgericht zutreffend ausgeht, auf die Flächen, die er nach dem Inhalt der
  82. Rechte in Anspruch nehmen darf. Die Entschädigung ist nach § 9 Abs. 3 Satz 1
  83. GBBerG „für das Recht“ und die aus ihm folgenden Nutzungsmöglichkeiten zu
  84. zahlen.
  85. 7
  86. 3. Nicht gefolgt werden kann dem Berufungsgericht aber in der Bestimmung der Fläche, die nach dem Inhalt der Rechte in Anspruch genommen werden kann.
  87. 8
  88. a) Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts wird der Umfang der
  89. Rechte nach § 9 Abs. 1 und 9 GBBerG, § 1 SachenR-DV durch die Anlagen-
  90. -5-
  91. und Leitungsrechtsbescheinigung und deren etwaige Änderungen nicht verbindlich festgelegt.
  92. 9
  93. aa) Die Leitungs- und Anlagenrechte nach § 9 Abs. 1 und 9 GBBerG, § 1
  94. Satz 1 SachenR-DV sind kraft Gesetzes entstanden. Welchen Inhalt sie im Einzelnen haben, insbesondere, ob sie auch einen Schutzstreifen umfassen und
  95. welches Ausmaß er hat, bestimmt sich allein nach der genannten, durch die
  96. Regelungen der §§ 4 bis 10 SachenR-DV konkretisierten Gesetzesvorschrift.
  97. Eine Ermächtigung einer Behörde, den Inhalt des Rechts verbindlich festzulegen oder zu verändern, sieht das Gesetz nicht vor.
  98. 10
  99. bb) Eine solche Befugnis ergibt sich auch nicht aus der Ermächtigung in
  100. § 9 Abs. 4 und 5 GBBerG, § 7 SachenR-DV zur Erteilung einer Anlagen- und
  101. Leitungsrechtsbescheinigung. Mit einer solchen Bescheinigung wird der Inhalt
  102. der Dienstbarkeit nicht konstitutiv festgelegt; er kann durch diese auch nicht
  103. verändert werden. Das folgt aus § 9 Abs. 4 Sätze 1 und 4 GBBerG. Danach
  104. „bescheinigt“ die Behörde dem Berechtigten, welche Rechte er kraft Gesetzes
  105. erworben hat. Wird Widerspruch erhoben und ist dieser nach Ansicht der Behörde unberechtigt oder seine Berechtigung nicht offenkundig, wird darüber
  106. nach § 9 Abs. 4 Satz 5 GBBerG, § 7 Abs. 5 Satz 3 SachenR-DV nicht in der
  107. Sache entschieden, sondern die Bescheinigung mit einem entsprechenden
  108. Vermerk erteilt und nach § 9 Abs. 5 Satz 2 GBBerG, § 8 Abs. 2 SachenR-DV in
  109. das Grundbuch ein Widerspruch gegen dessen Richtigkeit eingetragen. Die
  110. Bescheinigung ist nach § 9 Abs. 5 Satz 3 GBBerG unanfechtbar. Dieses Verfahren ist nur möglich und von dem Gesetzgeber gewählt worden, weil die Bescheinigung weder dem Berechtigten noch dem Grundstückseigentümer die
  111. tatsächlich bestehenden materiellen Rechte abschneidet (Beschlussempfehlung zum Registerverfahrenbeschleunigungsgesetz in BT-Drucks 12/6228
  112. -6-
  113. S. 78). Diese können vielmehr ihre Rechte nach § 9 Abs. 5 Satz 4 GBBerG im
  114. ordentlichen Rechtsweg verfolgen. Auf den ordentlichen Rechtsweg sind die
  115. Parteien auch verwiesen, wenn der Schutzstreifen in der Leitungs- und Anlagenbescheinigung fehlerhaft ausgewiesen und dieser entsprechend fehlerhaft
  116. in das Grundbuch eingetragen worden ist. Sie können dann keine Änderung der
  117. Bescheinigung, sondern nach § 4 Abs. 3 Satz 7 SachenR-DV wechselseitig
  118. eine Anpassung des Schutzstreifens an seinen gesetzlichen Inhalt und Umfang
  119. verlangen. Dieser Anspruch muss notfalls vor dem Prozessgericht geltend gemacht werden.
  120. 11
  121. cc) Im ordentlichen Rechtsweg sind die Beteiligten an die Anlagen- und
  122. Leitungsrechtsbescheinigung nicht gebunden. Das gilt nicht nur im Streit um
  123. das Entstehen und den Umfang des Rechts, sondern auch, wenn über dessen
  124. Entstehen und Umfang als Voraussetzung der Entschädigung gestritten wird.
  125. Es kommt allein auf die materielle Rechtslage an. Ob das Grundbuch inzwischen berichtigt ist, ist unerheblich. Der Grundstückseigentümer hat die Wahl,
  126. ob er erst die Berichtigung des Grundbuchs nach § 4 Abs. 3 Satz 7
  127. SachenR-DV, § 894 BGB betreibt und danach die höhere Entschädigung verlangt oder ob er sie unmittelbar geltend macht (vgl. Senat, Urteil vom 19. September 2008 - V ZR 164/07, NJW 2008, 3703 Rn. 24 für das Verhältnis von
  128. § 1004 Abs. 1 zu § 745 Abs. 2 BGB und BGH Urteil vom 28. Mai 1979 - III ZR
  129. 76/77, LM Nr. 1 zu § 1024 BGB).
  130. 12
  131. b) Entgegen der Annahme des Beklagten umfassen Dienstbarkeiten
  132. nach § 9 Abs. 1 und 9 GBBerG für Leitungen und Anlagen der Abwasserentsorgung zudem nicht immer einen Schutzstreifen nach § 4 Abs. 3 Sätze 2 bis 7
  133. SachenR-DV. Das ist nur der Fall, wenn der ordnungsgemäße Betrieb solcher
  134. -7-
  135. Leitungen und Anlagen ausnahmsweise das generelle Freihalten eines Grundstücksstreifens neben der eigentlichen Ausübungsstelle erfordert.
  136. 13
  137. aa) Nach § 1 Satz 1 SachenR-DV gelten die Vorschriften der §§ 4 bis 10
  138. SachenR-DV über Energieanlagen für Leitungen und Anlagen nach § 9 Abs. 9
  139. GBBerG, soweit diese Verordnung nichts Abweichendes bestimmt. Eine solche
  140. abweichende Bestimmung enthält § 4 Abs. 3 Satz 2 SachenR-DV. Die in dieser
  141. Vorschrift enthaltene Regelung über den Schutzstreifen gilt nur für die dort angesprochenen Energieanlagen, nicht für Leitungen und Anlagen nach § 9 Abs.
  142. 9 GBBerG. Das ergibt sich aus der Systematik der Verordnung. Der Verordnungsgeber hätte in den §§ 4 bis 10 SachenR-DV nur Regelungen über die
  143. Energieanlagen treffen und diese dann mit § 1 SachenR-DV auf die in § 9
  144. Abs. 9 GBBerG bezeichneten wasserwirtschaftlichen Anlagen für anwendbar
  145. erklären können. So ist der Verordnungsgeber indessen, was dem Berufungsgericht entgangen ist, nicht verfahren. Er hat zwar in § 1 Satz 1 SachenR-DV
  146. die Vorschriften über Energieleitungen in § 9 Abs. 1 bis 8 GBBerG und §§ 4 bis
  147. 10 SachenR-DV auf die wasserwirtschaftlichen Anlagen nach § 9 Abs. 9 Satz 1
  148. GBBerG erstreckt. Die Vorschriften der §§ 4 bis 10 SachenR-DV enthalten aber
  149. nicht nur Bestimmungen für Energieanlagen, sondern, im Interesse einer in sich
  150. geschlossenen Regelung (Begründung der Verordnung in BR-Drucks. 916/94
  151. S. 16), von vornherein auch spezielle Vorschriften für wasserwirtschaftliche Anlagen. Die Verordnung bestimmt etwa den Umfang der Rechte zur Sicherung
  152. der wasserwirtschaftlichen Leitungen und Anlagen in § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2
  153. Buchstaben b bis d SachenR-DV für die einzelnen Arten dieser Anlagen eigenständig. Auch die Einschränkung des Beseitigungsanspruchs nach § 4 Abs. 3
  154. Satz 1 SachenR-DV bei bestehenden baulichen Anlagen in § 4 Abs. 4
  155. SachenR-DV beschränkt sich nicht auf Energieanlagen, sondern bezieht auch
  156. wasserwirtschaftliche Anlagen unter Nennung der für sie jeweils einschlägigen
  157. -8-
  158. Vorschriften ein. Daraus folgt, dass die ausdrücklich nur für Energieanlagen
  159. vorgesehene Regelung über den Schutzstreifen nur für diese und nicht für wasserwirtschaftliche Anlagen gilt (OLG Dresden, ZfIR 2014, 186; J. SchmidtRäntsch, ZfIR 2011, 697, 699).
  160. 14
  161. bb) Trotz dieser Beschränkung kann die Regelung über den Schutzstreifen in besonderen Ausnahmefällen analog auch auf wasserwirtschaftlichen Anlagen anzuwenden sein.
  162. 15
  163. (1) Nach § 4 Abs. 3 Satz 2 SachenR-DV umfassen Energieanlagenrechte immer einen Schutzstreifen, weil die Nutzung des Grundstücks durch den
  164. Eigentümer für den ungehinderten und gefahrlosen Betrieb der auf Grund dieser Rechte errichteten Leitungen und Anlagen wegen deren Eigenart stets nicht
  165. nur an der konkreten Ausübungsstelle, sondern auch auf einer diese umgebenden Fläche dauerhaft eingeschränkt sein muss (Entwurfsbegründung in BRDrucks. 916/94 S. 19 f.). Ein Bedürfnis für einen solchen Schutzstreifen hat der
  166. Verordnungsgeber bei den Leitungen und Anlagen nach § 9 Abs. 9 Satz 1
  167. GBBerG nicht gesehen, weil sie das typische Gefährdungspotential von Energieleitungen nicht haben und ihre ordnungsgemäße Nutzung im Normalfall nicht
  168. durch das Freihalten eines Grundstücksstreifens neben der Anlage oder Leitung gesichert werden muss.
  169. 16
  170. (2) Das schließt aber nicht von vornherein aus, dass bei einzelnen Arten
  171. wasserwirtschaftlicher Anlagen typischerweise ein vergleichbares Schutzbedürfnis besteht. In einem solchen besonderen Ausnahmefall würde § 4 Abs. 3
  172. Satz 2 SachenR-DV eine planwidrige Lücke aufweisen. Denn der Verordnungsgeber wollte in solchen Fällen den Berechtigten nicht auf den Unterlassungsanspruch nach § 4 Abs. 3 Satz 1 SachenR-DV und darauf verweisen, die konkrete
  173. -9-
  174. Gefährdung der Leitung oder Anlage und ihres Betriebs durch eine bestimmte
  175. bauliche Anlage, Anhäufung oder ähnliche Störung nachzuweisen. Die Dienstbarkeit soll dann vielmehr von vornherein das Recht umfassen, auf einem
  176. Grundstücksstreifen neben der eigentlichen Ausübungsstelle die Unterlassung
  177. solcher Maßnahmen unabhängig davon zu verlangen, ob sie die Anlage oder
  178. Leitung konkret gefährden oder noch hinnehmbar wären. Die inhaltliche Rechtfertigung hierfür ist, dass solche Maßnahmen in aller Regel die Anlage oder
  179. Leitung gefährden oder ihre ordnungsgemäße Nutzung beeinträchtigen und
  180. deshalb eine abstrakte Gefährdung der Rechtsausübung bedeuten. Soweit eine
  181. solche abstrakte Gefährdung der Rechtsausübung ausnahmsweise auch bei
  182. wasserwirtschaftlichen Anlagen besteht, hätte der Verordnungsgeber dem nach
  183. seinem in § 1 Satz 1 SachenR-DV zum Ausdruck kommenden Gestaltungswillen durch Einräumung eines Schutzstreifens Rechnung getragen und die Regelung in § 4 Abs. 3 Satz 2 SachenR-DV auf sie erstreckt. Ein relevanter Unterschied zu den Energieanlagen bestünde dann nicht. Ob eine vergleichbare Gefährdung besteht, bestimmt sich analog § 4 Abs. 3 Satz 4 GBBerG nach den
  184. einschlägigen technischen Normen, bei Fehlen solcher Normen nach sachverständiger Beurteilung. Feststellungen des Berufungsgerichts dazu fehlen.
  185. 17
  186. 4. Die Entscheidung des Berufungsgerichts erweist sich auch nicht aus
  187. einem anderen Grund als zutreffend.
  188. 18
  189. a) Der Beklagte macht zwar geltend, er nehme den von der Klägerin angenommenen erweiterten Schutzstreifen nicht in Anspruch. Er könnte diesen
  190. Teil seines Rechts zudem nach § 9 Abs. 6 Satz 2 GBBerG, § 875 BGB aufgeben, darauf nach Maßgabe von § 9 Abs. 6 Satz 1 GBBerG verzichten oder insoweit eine (Teil-) Erlöschensbescheinigung nach § 9 Abs. 7 GBBerG erwirken.
  191. Jedenfalls nach der Eintragung einer solchen Verfügung in das Grundbuch wä-
  192. - 10 -
  193. re der Grundstückseigentümer nicht mehr durch einen weitergehenden Schutzstreifen beeinträchtigt.
  194. 19
  195. b) An der Entgeltpflicht änderte sich dadurch aber nichts. Sie entfällt
  196. nach § 9 Abs. 3 Satz 4 GBBerG nicht schon durch ein Absehen von der Nutzung des Rechts, sondern nur durch dessen förmliche Reduzierung nach einer
  197. der genannten Vorschriften. Selbst diese befreit den Berechtigten von der Entgeltpflicht nur, soweit sie vor Eintritt der jeweiligen Teilfälligkeit erfolgt. Das ist
  198. hier nicht geschehen und jetzt nicht mehr zu erreichen.
  199. III.
  200. 20
  201. Das Berufungsurteil ist aufzuheben. Eine Endentscheidung ist dem Senat nicht möglich, weil die Sache mangels der dafür erforderlichen Feststellungen nicht entscheidungsreif ist. Die Sache ist an das Berufungsgericht zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen. Für die neue Verhandlung weist der Senat vorsorglich auf Folgendes hin:
  202. 21
  203. 1. Zunächst hat die Klägerin darzulegen, ob und aus welchen Gründen
  204. die Rechte des Beklagten unter Zugrundelegung der Verhältnisse im Beitrittsgebiet am 2. Oktober 1990 ausnahmsweise überhaupt einen Schutzstreifen
  205. erfordern. Dabei trifft den Beklagten eine sekundäre Darlegungslast.
  206. 22
  207. 2. Sollte danach ein solcher besonderer Ausnahmefall vorliegen, sind
  208. anhand der gemäß § 4 Abs. 3 Satz 4 SachenR-DV dafür maßgeblichen damaligen technischen Normen, bei Fehlen solcher Normen nach sachverständiger
  209. Beurteilung, Breite und Anordnung des Schutzstreifens festzustellen. Dabei
  210. kommt es nach § 4 Abs. 3 Satz 5 SachenR-DV auf den Mindestumfang an. Zu
  211. - 11 -
  212. prüfen wäre nach § 4 Abs. 3 Satz 6 SachenR-DV auch, ob der Schutzstreifen
  213. heute schmaler sein könnte. Denn dann wäre das Recht von vornherein in kleinerem Umfang entstanden, die Entgeltpflicht geringer.
  214. 23
  215. 3. Für die Erforderlichkeit und den Umfang eines Schutzstreifens ist ohne
  216. Bedeutung, welche Fläche für Wartungs- und Reparaturarbeiten benötigt wird.
  217. Das Betreten und Benutzen des Grundstücks zu Wartungs- und Reparaturzwecken ist Gegenstand der Betretensbefugnis nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1
  218. SachenR-DV, nicht des Schutzstreifens nach § 4 Abs. 3 Satz 2 SachenR-DV.
  219. Dieser ist kein „Servicestreifen“ und dient nicht dazu, solche Arbeiten zu ermöglichen, sondern dazu, den ungehinderten und gefahrlosen Betrieb zu gewährleisten. Daran ist die Beurteilung von Notwendigkeit und Umfang des Schutzstreifens auszurichten.
  220. Stresemann
  221. Lemke
  222. Brückner
  223. Schmidt-Räntsch
  224. Weinland
  225. Vorinstanzen:
  226. LG Magdeburg, Entscheidung vom 06.11.2012 - 9 O 593/10 OLG Naumburg, Entscheidung vom 07.06.2013 - 12 U 180/12 -