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1 year ago
  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. BESCHLUSS
  3. NotZ(Brfg) 6/16
  4. vom
  5. 13. März 2017
  6. in dem Rechtsstreit
  7. Nachschlagewerk:
  8. ja
  9. BGHZ:
  10. nein
  11. BGHR:
  12. ja
  13. BNotO §§ 7a ff.
  14. Zur Rechtmäßigkeit von Bewertungen von schriftlichen Prüfungsleistungen im Rahmen der notariellen Fachprüfung.
  15. BGH, Beschluss vom 13. März 2017 - NotZ(Brfg) 6/16 - KG Berlin
  16. ECLI:DE:BGH:2017:130317BNOTZ.BRFG.6.16.0
  17. - 2 -
  18. Der Senat für Notarsachen des Bundesgerichtshofs hat am 13. März 2017
  19. durch den Vorsitzenden Richter Galke, die Richterin von Pentz, den Richter
  20. Offenloch, den Notar Dr. Strzyz und die Notarin Dr. Brose-Preuß
  21. beschlossen:
  22. Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des
  23. Senats für Notarsachen des Kammergerichts vom 14. Juli
  24. 2016 wird zurückgewiesen.
  25. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
  26. Der Streitwert wird auf 25.000 € festgesetzt.
  27. Gründe:
  28. 1
  29. Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist unbegründet. Ein Zulassungsgrund ist nicht gegeben. Entgegen der Auffassung des Klägers bestehen
  30. keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124
  31. Abs. 2 Nr. 1 VwGO i.V.m. § 111d Satz 2 BNotO). Das Kammergericht hat zu
  32. Recht angenommen, dass die Bewertung der im Zulassungsverfahren alleine
  33. noch relevanten Aufsichtsarbeit F 20-45 gerichtlicher Nachprüfung standhält.
  34. 2
  35. 1. Im Ergebnis zutreffend ist das Kammergericht zunächst davon ausgegangen, dass die Kritik der Korrektoren an der vom Kläger in der Klausur vor-
  36. - 3 -
  37. genommenen Zuordnung des Anteils des M an der M-Grundbesitz GbR zum
  38. Privatvermögen des M nicht zu beanstanden ist.
  39. 3
  40. a) Im Streit um die Rechtmäßigkeit der Bewertung einer einzelnen Teilprüfungsleistung sind Gegenstand der gerichtlichen Kontrolle die angefochtenen Ursprungsbewertungen in der Gestalt, die sie durch die Stellungnahmen
  41. der Prüfer im Überdenkungsverfahren erhalten haben (VGH Mannheim, Urteil
  42. vom 8. März 1994 - 9 S 484/82, Rn. 19, juris; Unger, Möglichkeit und Grenzen
  43. der Anfechtbarkeit juristischer (Staats-) Prüfungen, 2016, S. 563 mwN; vgl.
  44. auch BVerwGE 91, 262, 270 ff.). Im Streitfall ist mithin nicht (nur) darauf abzustellen, dass der Erstprüfer, dessen Ausführungen sich insoweit auch die
  45. Zweitprüferin angeschlossen hat, die Zuordnung des GbR-Anteils zum Privatvermögen des M als "Lapsus" bezeichnet hat, sondern (auch) darauf, dass er
  46. im Überdenkungsverfahren ergänzend ausgeführt hat, "die diesbezüglichen
  47. Ausführungen des Widerspruchsführers [seien] spekulativ", der Sachverhalt
  48. grenze den Bereich der Unternehmen des M und der diesen Unternehmen die
  49. Betriebsgrundstücke verpachtenden Grundbesitz-GbR bewusst von der privaten Vermögenslage des M ab. Auch wenn sich nicht ausschließen lässt, dass
  50. die Annahme der Korrektoren, die Ausführungen des Klägers seien spekulativ,
  51. auch dessen für die Bewertung der Klausur nicht relevanten Begründungsansätze im Widerspruch mit in den Blick nimmt, wurde dem Kläger damit auch im
  52. Hinblick auf die Klausur selbst der Vorwurf gemacht, ohne vertretbare Begründung zu einem in der Sache fernliegenden Ergebnis gekommen zu sein, was
  53. als falsch zu bewerten sei. Diese Bewertung trifft zu.
  54. 4
  55. b) Die Beurteilung eines Prüfers, der Prüfling sei ohne vertretbare Begründung zu einem in der Sache fernliegenden Ergebnis gekommen, weshalb
  56. die Lösung falsch sei, richtet sich nach fachwissenschaftlichen Kriterien und
  57. unterliegt damit im Grundsatz der vollen gerichtlichen Kontrolle (vgl. Nie-
  58. - 4 -
  59. hues/Fischer/Jeremias, Prüfungsrecht, 6. Aufl., Rn. 879). Denn bei berufsbezogenen Prüfungen wie der notariellen Fachprüfung folgt schon aus Art. 12 Abs. 1
  60. GG, dass der Prüfling davor geschützt ist, dass eine vertretbare und von ihm
  61. mit gewichtigen Argumenten folgerichtig begründete Lösung als falsch gewertet
  62. wird (vgl. BVerfGE 84, 34, 55).
  63. 5
  64. Im Streitfall erweist sich die dargestellte Bewertung aber als zutreffend.
  65. Nach der Aufgabenstellung berichtet M dem Notar bezüglich seiner unternehmerischen Tätigkeit von seinem einzelkaufmännischen Unternehmen "Getränke-Service M", seiner Mehrheitsbeteiligung an der "M Mineralbrunnen GmbH"
  66. und seiner Beteiligung an der "M-Grundbesitz GbR", die Grundbesitz, nämlich
  67. das Betriebsgelände, an den "Getränke-Service M" und die "Mineralbrunnen
  68. GmbH" verpachte. In Bezug auf sein Privatvermögen berichtet er dem Notar
  69. von seinem Kommanditanteil an der "ImmoInvest GmbH & Co. KG", seinem
  70. früheren Elternhaus sowie dem im gemeinsamen Eigentum von ihm und F stehenden Mehrfamilienhaus. F führt unter anderem aus, auch sie halte eine Teilhabe "z.B. an der Steigerung des Unternehmenswertes" im Falle der Scheidung
  71. für nicht gerechtfertigt. Bereits dies legt nahe, dass der Anteil an der GbR, als
  72. deren Vermögen nur das Grundstück bekannt ist, das als Betriebsgrundstück
  73. unmittelbar M's unternehmerischen Zwecken dient, nach dem Willen von M und
  74. F dem Teil des Vermögens von M zugeordnet werden soll, dessen Zuwachs im
  75. Falle der Scheidung nicht zugewinnausgleichserhöhend wirken soll. Gewichtige
  76. Gründe, warum die Zuordnung des GbR-Anteils zum ggf. zugewinnausgleichsrelevanten (Privat-)Vermögen dennoch den Interessen von M und F besser entsprechen soll, finden sich in der insoweit allein maßgeblichen Klausurlösung
  77. des Klägers nicht. Warum der Umstand, dass die GbR Pachteinnahmen erzielt,
  78. für die Frage relevant sein soll, ob M und F den GbR-Anteil dem zugewinnausgleichsrelevanten Vermögen entziehen wollen oder nicht, erschließt sich nicht.
  79. Warum der vom Kläger herangezogenen Tatsache, dass es sich bei der
  80. - 5 -
  81. Grundeigentümergesellschaft um eine GbR handelt, insoweit Bedeutung zukommen soll, lässt sich den Ausführungen des Klägers in der Klausur nicht
  82. nachvollziehbar entnehmen, noch versteht es sich von selbst. Über die vom
  83. Kläger schließlich bemühte Verwendung der Pachteinnahmen sagt der Sachverhalt schon überhaupt nichts aus; die diesbezüglichen Annahmen sind - wie
  84. die Korrektoren zutreffend angenommen haben - damit spekulativ.
  85. 6
  86. 2. Ebenfalls nicht zu beanstanden ist die Annahme der Korrektoren, es
  87. fehlten Ausführungen zum Ausschluss der Abänderbarkeit der gewünschten
  88. Unterhaltsvereinbarung.
  89. 7
  90. a) Gegenstand des Vorwurfs der Korrektoren ist das (gänzliche) Fehlen
  91. von gutachterlichen Ausführungen zum Ausschluss der Abänderbarkeit der gewünschten Unterhaltsvereinbarung. Zwar haben sie das im Überdenkungsverfahren mit der vom Kläger für unzutreffend erachteten Erwägung begründet, bei
  92. Zugrundelegung von § 239 FamFG sei die Vereinbarung insbesondere dann
  93. abänderbar, wenn sich die Vermögensverhältnisse des M erheblich verschlechterten. Entgegen der Auffassung des Klägers änderte sich dadurch aber der
  94. Inhalt des an ihn gerichteten Vorwurfs nicht dahingehend, er habe § 239
  95. FamFG nicht erwähnt; Inhalt der Rüge blieb auch im Überdenkungsverfahren,
  96. der Kläger habe sich im Gutachten mit der Frage nach der Erforderlichkeit einer
  97. Vereinbarung zum Ausschluss der Abänderbarkeit überhaupt nicht befasst.
  98. Dieser Vorwurf ist nicht zu beanstanden.
  99. 8
  100. b) Nach der Aufgabenstellung war zu den für die Eheleute in Betracht
  101. kommenden vertraglichen Gestaltungen und - unter anderem - ihren Vor- und
  102. Nachteilen gutachterlich Stellung zu nehmen. Bestehen, was der Kläger nicht in
  103. Abrede stellt, hinsichtlich der Abänderbarkeit/Unabänderbarkeit der Unterhaltsvereinbarung unterschiedliche Gestaltungsmöglichkeiten, so liegt es auf der
  104. - 6 -
  105. Hand, dass sich die Kandidaten auch mit diesem Gesichtspunkt gutachterlich
  106. zu befassen hatten; denn die Frage, ob und wie die Abänderbarkeit/Unabänderbarkeit der Unterhaltsvereinbarung im konkreten Fall in sinnvoller Weise zu regeln ist, betrifft unmittelbar den Inhalt der zu entwerfenden Vereinbarung.
  107. Galke
  108. von Pentz
  109. Strzyz
  110. Vorinstanz:
  111. KG Berlin, Entscheidung vom 14.07.2016 - Not 22/15 -
  112. Offenloch
  113. Brose-Preuß