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1 year ago
  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. BESCHLUSS
  3. IX ZB 45/05
  4. vom
  5. 1. Februar 2007
  6. in dem Insolvenzverfahren
  7. über das Vermögen der
  8. Nachschlagewerk:
  9. ja
  10. BGHZ:
  11. nein
  12. BGHR:
  13. ja
  14. InsO §§ 6, 56
  15. Der Insolvenzverwalter kann die Einsetzung eines Sonderverwalters, der Ersatzansprüche der Gläubigergesamtheit gegen den Insolvenzverwalter zu prüfen hat, nicht
  16. mit der sofortigen Beschwerde anfechten.
  17. BGH, Beschluss vom 1. Februar 2007 - IX ZB 45/05 - LG Frankfurt am Main
  18. AG Bad Homburg v.d. Höhe
  19. -2-
  20. Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
  21. Dr. Gero Fischer, die Richter Vill und Cierniak, die Richterin Lohmann und den
  22. Richter Dr. Detlev Fischer
  23. am 1. Februar 2007
  24. beschlossen:
  25. Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 13. Zivilkammer
  26. des Landgerichts Frankfurt am Main vom 17. Januar 2005 wird auf
  27. Kosten des weiteren Beteiligten zu 1 als unzulässig verworfen.
  28. Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf
  29. 100.000 € festgesetzt.
  30. Gründe:
  31. I.
  32. Der weitere Beteiligte zu 1 ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der
  33. 1
  34. A.
  35. KG in Oberursel. Zuvor war er
  36. im Eröffnungsverfahren als vorläufiger Insolvenzverwalter tätig. In dieser Eigenschaft schloss er im Dezember 2003 einen Vergleich mit der B.
  37. , der Mehrheitsgesellschafterin der Schuldnerin. Nach Verfahrenseröffnung am 17. Dezember 2003 wurde dieser Vergleich von der vorläufigen
  38. Gläubigerversammlung genehmigt. Am 17. Mai 2004 haben die weiteren beteiligten Insolvenzgläubiger beantragt, einen Sonderinsolvenzverwalter zu bestel-
  39. - 3 -
  40. len. Dieser solle prüfen, ob Schadensersatzansprüche gegen den Insolvenzverwalter im Zusammenhang mit dem Vergleichsabschluss bestünden. Mit Beschluss vom 3. Dezember 2004 hat der Insolvenzrichter den weiteren Beteiligten zu 3 zum Sonderinsolvenzverwalter bestellt und hierfür folgenden Wirkungskreis bestimmt: Prüfung des Bestehens und gegebenenfalls gerichtliche
  41. Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen infolge des Abschlusses des
  42. Vergleichs mit der B.
  43. vom 4. Dezember 2003. Hierge-
  44. gen hat der Insolvenzverwalter sofortige Beschwerde eingelegt. Das Landgericht hat die sofortige Beschwerde mit Beschluss vom 18. Mai 2004 mangels
  45. Statthaftigkeit als unzulässig verworfen. Mit der Rechtsbeschwerde wendet sich
  46. der Insolvenzverwalter gegen diesen Beschluss.
  47. II.
  48. 2
  49. Die Rechtsbeschwerde ist unzulässig und deshalb zu verwerfen, § 577
  50. Abs. 1 Satz 2 ZPO.
  51. 3
  52. 1. Gemäß § 574 Abs. 1 ZPO ist die Rechtsbeschwerde gegen einen Beschluss statthaft, wenn dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder das Beschwerdegericht sie zugelassen hat. Die Befugnis zur Rechtsbeschwerde setzt
  53. grundsätzlich voraus, dass bereits die sofortige Beschwerde statthaft war
  54. (BGHZ 144, 78, 82 ff; BGH, Beschl. v. 18. September 2003 - IX ZB 75/03, WM
  55. 2003, 2344; v. 16. Oktober 2003 - IX ZB 599/02, WM 2003, 2390, 2391; v.
  56. 7. April 2005 - IX ZB 63/03, WM 2005, 1246; v. 2. März 2006 - IX ZB 225/04,
  57. NZI 2006, 474). Das war hier nicht der Fall.
  58. - 4 -
  59. 4
  60. 2. Der Rechtsbehelf, den der Insolvenzverwalter gegen den Beschluss
  61. des Amtsgerichts eingelegt hat, war als sofortige Beschwerde unstatthaft. Das
  62. Landgericht hat sie daher im angegriffenen Beschluss zutreffend als unzulässig
  63. verworfen. Die Entscheidungen des Insolvenzgerichts unterliegen nur in den
  64. Fällen einem Rechtsmittel, in denen die Insolvenzordnung dies ausdrücklich
  65. vorsieht (§ 6 InsO). Diese Voraussetzung liegt bei der hier angegriffenen Entscheidung nicht vor.
  66. 5
  67. a) Die Bestellung eines Sonderverwalters ist in der Insolvenzordnung
  68. nicht geregelt. Es entspricht jedoch einhelliger Auffassung, dass eine solche
  69. Bestellung möglich ist (vgl. BGHZ 165, 96, 99; BGH, Beschl. v. 2. März 2006
  70. aaO, S. 475; Beschl. v. 25. Januar 2007 - IX ZB 240/05, z.V.b.). Sie setzt voraus, dass der Verwalter tatsächlich oder rechtlich verhindert ist, sein Amt auszuüben (vgl. BGH, Beschl. v. 2. März 2006 aaO; HK-InsO/Eickmann, 4. Aufl.
  71. § 56 Rn. 35; Kübler/Prütting/Lüke, InsO § 56 Rn. 32; MünchKomm-InsO/
  72. Graeber, § 56 Rn. 114; Uhlenbruck, InsO 12. Aufl. § 56 Rn. 31). Eine rechtliche
  73. Verhinderung ist insbesondere gegeben, wenn Schadensersatzansprüche für
  74. die Masse gegen den Insolvenzverwalter, wie vorliegend, in Betracht kommen.
  75. 6
  76. b) Zur Frage, ob gegen die Bestellung eines Sonderverwalters für den
  77. Insolvenzverwalter die sofortige Beschwerde statthaft ist, werden im Schrifttum
  78. unterschiedliche Ansichten vertreten. So soll der reguläre Insolvenzverwalter
  79. beschwerdebefugt sein, wenn entgegen seiner Stellungnahme ein Sonderinsolvenzverwalter ernannt wird, weil er hierdurch in seiner Verwaltung materiell beschwert sei (Lüke ZIP 2004, 1693, 1698). Demgegenüber wird eine Beschwerdebefugnis des Insolvenzverwalters unter Hinweis auf die gleichfalls fehlende
  80. Beschwerdemöglichkeit im Falle der Bestellung eines Insolvenzverwalters bei
  81. - 5 -
  82. Eröffnung des Insolvenzverfahrens verneint (Breutigam/Blersch/Goetsch, InsO,
  83. § 56 Rn. 14; Hess/Weis/Wienberg, InsO, 2. Aufl. § 56 Rn. 30).
  84. 7
  85. c) Die letztgenannte Ansicht ist zutreffend.
  86. 8
  87. Auch für die Bestellung des Sonderverwalters gilt § 56 InsO als abschließende Sonderregelung. Dies bedeutet, dass auch er von Gläubiger und
  88. Schuldner, aber auch vom Insolvenzverwalter unabhängig sein muss, wenn er
  89. dessen Amtsführung überprüfen soll (BGH, Beschl. v. 25. Januar 2007 aaO).
  90. 9
  91. Im Gesetzgebungsverfahren für die Insolvenzordnung war zunächst vorgesehen, eine gesonderte Bestimmung hinsichtlich der Bestellung eines Sonderverwalters zu schaffen. Danach war ein Sonderinsolvenzverwalter zu bestellen, soweit der Insolvenzverwalter aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen
  92. seine Aufgaben nicht wahrnehmen kann (amtliche Begründung der Bundesregierung zum Entwurf einer Insolvenzordnung, BT-Drucks. 12/2443, S. 131 zu
  93. § 77). Eine Beschwerdebefugnis gegen die Bestellung eines Sonderverwalters
  94. wurde hierbei nicht vorgesehen. Der Rechtsausschuss (BT-Drucks. 12/7302,
  95. S. 162) hat die vorgesehene Regelung als überflüssig gestrichen, weil bereits
  96. nach der bisherigen Praxis auch ohne gesetzliche Regelung das Rechtsinstitut
  97. eines Sonderverwalters allgemein anerkannt war. Das Gesetzgebungsverfahren zeigt aber, dass jedenfalls auch bei einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung der Sonderverwaltung ein eigenständiges Beschwerderecht des Insolvenzverwalters gegen die Bestellung eines Sonderverwalters für nicht notwendig angesehen wurde.
  98. 10
  99. Auch die von der Rechtsbeschwerde angeführten Gesichtspunkte rechtfertigen keine Statthaftigkeit der sofortigen Beschwerde. Nach dem vom Insol-
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  101. venzgericht angeordneten Wirkungskreis hat der Sonderverwalter zu prüfen, ob
  102. gegen den Insolvenzverwalter im Zusammenhang mit dem von ihm vorgenommenen Vergleichsabschluss Schadensersatzansprüche bestehen. Hierdurch
  103. wird die Verwaltungstätigkeit des Insolvenzverwalters nicht eingeschränkt; die
  104. Frage von etwaigen Ersatzansprüchen der Gläubigergesamtheit gegen den Insolvenzverwalter persönlich kann schon deshalb nicht als eine (Teil-)Entlassung
  105. gewertet werden, weil diese Aufgabe einen Sonderbereich betrifft, der, solange
  106. das Insolvenzverfahren läuft, ausschließlich durch einen Sonderverwalter wahrgenommen werden kann. Das Interesse der Verfahrensbeteiligten an einer alsbaldigen Klärung der gegen den Insolvenzverwalter erhobenen Vorwürfe sowie
  107. an
  108. einer
  109. zügigen
  110. Abwicklung
  111. des
  112. Insolvenzverfahrens
  113. (vgl. BGH, Beschl. v. 16. Oktober 2003 - IX ZB 599/02, ZVI 2004, 15, 17) gebietet es von der Einräumung eines gesonderten Beschwerderechts abzusehen.
  114. Dr. Gero Fischer
  115. Vill
  116. Lohmann
  117. Cierniak
  118. Dr. Detlev Fischer
  119. Vorinstanzen:
  120. AG Bad Homburg v.d.H. , Entscheidung vom 03.12.2004 - 61 IN 207/03 LG Frankfurt/Main, Entscheidung vom 17.01.2005 - 2/13 T 4/05 -