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1 year ago
  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. IV ZR 352/13
  5. Verkündet am:
  6. 10. September 2014
  7. Heinekamp
  8. Justizhauptsekretär
  9. als Urkundsbeamter
  10. der Geschäftsstelle
  11. in dem Rechtsstreit
  12. -2-
  13. Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Vorsitzende
  14. Richterin
  15. Mayen,
  16. die
  17. Richterin
  18. Harsdorf-Gebhardt,
  19. die
  20. Richter
  21. Dr. Karczewski, Lehmann und die Richterin Dr. Brockmöller im schriftlichen Verfahren, bei dem Schriftsätze bis zum 15. August 2014 eingereicht werden konnten,
  22. für Recht erkannt:
  23. Auf die Revision des Klägers wird das am 26. September
  24. 2013 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Leipzig aufgehoben, auf die Berufung der Bekla gten das am 28. März 2013 verkündete Urteil des Amtsgerichts Borna unter Zurückweisung des weitergehenden
  25. Rechtsmittels teilweise geändert und insgesamt neu gefasst:
  26. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.171,20 €
  27. nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem
  28. jeweiligen Basiszinssatz seit dem 9. Juni 2012 sowie
  29. außergerichtliche
  30. Rechtsanwaltskosten
  31. in
  32. Höhe
  33. von
  34. 382,59 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten
  35. über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 9. Juni 2012
  36. zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
  37. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger 55%
  38. und die Beklagte 45%.
  39. -3-
  40. Der Streitwert wird für das Revisionsverfahren auf
  41. 4.830,24 € festgesetzt.
  42. Von Rechts wegen
  43. Tatbestand:
  44. 1
  45. Der Kläger nimmt die Beklagte, einen liechtensteinischen Leben sversicherer, auf Rückzahlung einbehaltener Beträge aus einer Koste nausgleichsvereinbarung in Anspruch. Am 2. März 2010 stellte der Kläger
  46. bei der Beklagten einen "Antrag auf Fondsgebundene Rentenversicherung/Antrag auf Kostenausgleichsvereinbarung". Als monatlicher Beitrag
  47. für die Rentenversicherung waren 230 € vorgesehen. In Abschnitt B ist
  48. hierzu unter der Rubrik "Vertragsdaten/Beitrag" geregelt:
  49. "In den ersten 48 Monaten wird der Monatsbeitrag um die
  50. Teilzahlungen für die Kostenausgleichsvereinbarung reduziert. Versicherungsdauer = Zeitraum bis zur ersten Rentenzahlung."
  51. 2
  52. In dem die Kostenausgleichsvereinbarung betreffenden Abschnitt
  53. C findet sich der fettgedruckte Hinweis:
  54. "Die Auflösung des Versicherungsvertrages führt grun dsätzlich nicht zur Beendigung dieser Kostenausgleichsvereinbarung."
  55. 3
  56. Weiter ist bestimmt, dass die Tilgung der Abschluss- und Einrichtungskosten separat vom Versicherungsvertrag und nicht in Form einer
  57. Verrechnung der Kosten mit den Versicherungsbeiträgen erfolgt. Die Ab-
  58. -4-
  59. schluss- und Einrichtungskosten sind mit einem Gesamtpreis von 5.466 €
  60. angegeben, zahlbar in 48 monatlichen Raten von 113,88 €. Als nominaler und effektiver Jahreszins sind 0% angegeben.
  61. 4
  62. In Abschnitt E zur Beratungsdokumentation heißt es unter anderem:
  63. "Ich habe verstanden, dass die Abschluss- und Einrichtungskosten separat vom Versicherungsvertrag getilgt we rden. Diese Kosten sind auch im Falle einer Beitragsfreiste llung oder Kündigung des Versicherungsvertrages zu ti lgen."
  64. 5
  65. Unmittelbar über dem Unterschriftsfeld für die Kostenausgleichsvereinbarung findet sich die vorformulierte Erklärung (der letzte Satz in
  66. Fettdruck):
  67. "Ich beantrage die unkündbare Kostenausgleichsvereinb arung gemäß dieses Antrages. ... Ich habe die Sicherungsabtretung meiner Leistungsansprüche an die P.
  68. zur
  69. Kenntnis genommen.
  70. Mir ist ebenfalls bekannt, dass ich die Kostenausgleich svereinbarung nicht kündigen kann."
  71. 6
  72. Ferner heißt es zum "Widerrufsrecht im Rahmen des Versich erungsvertrages":
  73. "Sie können Ihre Vertragserklärung innerhalb von 30 Tagen
  74. ohne Angabe von Gründen in Textform (z.B. Brief, Telefax,
  75. E-Mail) gegenüber der P.
  76. in
  77. R.
  78. , widerrufen. Die Frist beginnt
  79. nach Erhalt der Versicherungspolice, der Vertragsbestimmungen einschließlich der Versicherungsbedingungen, der
  80. weiteren Informationen nach § 7 Abs. 1 und 2 des Versicherungsvertragsgesetzes in Verbindung mit den §§ 1 bis 4
  81. der VVG-Informationspflichtenverordnung und dieser Belehrung jeweils in Textform. Zur Wahrung der Widerrufsfrist
  82. -5-
  83. genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs. Wide rrufsfolgen: Im Falle eines wirksamen Widerrufs endet der
  84. ggf. bereits bestehende Versicherungsschutz, und wir e rstatten Ihnen unverzüglich, spätestens 30 Tage nach Zugang des Widerrufs, den Rückkaufswert nach § 169 Versicherungsvertragsgesetz, mindestens jedoch die bisher gezahlten Beiträge. Die Abschluss- und Einrichtungskosten
  85. des Versicherungsvertrages bezahlen Sie durch die ebe nfalls mit uns geschlossene Kostenausgleichsvereinbarung.
  86. Die beiden Verträge bilden damit eine wirtschaftliche Einheit. Widerrufen Sie den Versicherungsvertrag wirksam,
  87. sind Sie daher auch an die Kostenausgleichsvereinbarung
  88. nicht mehr gebunden, die damit auch endet. Wenn Sie im
  89. Zeitpunkt des Widerrufs die Forderung aus der Kostenau sgleichsvereinbarung bereits ganz oder teilweise beglichen
  90. haben, erstatten wir Ihnen den gezahlten Betrag."
  91. 7
  92. Schließlich ist zum Widerrufsrecht im Rahmen der Kostenau sgleichsvereinbarung bestimmt:
  93. "Sie können Ihre Vertragserklärung innerhalb von 30 Tagen
  94. ohne Angabe von Gründen in Textform (z.B. Brief, Telefax,
  95. E-Mail) gegenüber der P.
  96. in
  97. R.
  98. widerrufen. Die Frist beginnt
  99. nach Erhalt der Vertragsurkunde der Kostenausgleichsve reinbarung, der Durchschrift des Antrages und dieser Bele hrung in Textform. Zur Wahrung der Widerrufsfrist genügt
  100. die rechtzeitige Absendung des Widerrufs. Widerrufsfolgen:
  101. Mit der Kostenausgleichsvereinbarung bezahlen Sie die
  102. Abschluss- und Einrichtungskosten des ebenfalls mit uns
  103. geschlossenen Versicherungsvertrages. Die beiden Verträge bilden damit eine wirtschaftliche Einheit. Daher, und weil
  104. Ihnen in Bezug auf den Versicherungsvertrag ein Wide rrufsrecht zusteht, ist dieser zu widerrufen, wobei ein wir ksamer Widerruf neben dem Versicherungsschutz auch die
  105. Kostenausgleichsvereinbarung beendet. Widerrufen Sie
  106. dennoch die Kostenausgleichsvereinbarung, so gilt dies als
  107. Widerruf des Versicherungsvertrages, wobei ein wirksamer
  108. Widerruf neben dem Versicherungsschutz auch die Koste nausgleichsvereinbarung beendet. Bezüglich der weiteren
  109. Rechtsfolgen verweisen wir auf die oben stehenden Wide rrufsfolgen in der Belehrung zum Widerrufsrecht im Rahmen
  110. -6-
  111. des Versicherungsvertrages, die Sie bitte erneut zur Kenntnis nehmen."
  112. 8
  113. Die Beklagte nahm den Antrag an, wobei für die Kostenau sgleichsvereinbarung nur noch ein Gesamtpreis von 4.830 ,24 € bei 48
  114. monatlichen Teilzahlungen von 100,63 € ohne Verzinsung vereinbart
  115. wurde. Der Kläger leistete seit Vertragsschluss ab dem 1. April 2010 zunächst die Prämien für den Versicherungsvertrag und die Kostenau sgleichsvereinbarung. Mit Schreiben vom 15. März 2012 focht er den gesamten Vertrag einschließlich der Kostenpauschale an, erklärte hilfsweise die Kündigung mit sofortiger Wirkung und forderte Rückzahlung der
  116. gezahlten Beiträge. Die Beklagte bestätigte mit Schreiben vom 4. April
  117. 2012 die Wirksamkeit der Kündigung und teilte dem Kläger den Rüc kkaufswert der gekündigten Versicherung mit 2.913,53 € mit. Ferner wies
  118. sie darauf hin, dass dieser mit der offenen Kostenausgleichsvereinb arung verrechnet werde, woraus sich ein Auszahlungsbetrag für den Kl äger von 742,33 € ergab. Mit anwaltlichem Schreiben vom 17. Mai 2012
  119. forderten die Prozessbevollmächtigten des Klägers die Beklagte auf, die
  120. auf die Kostenausgleichsvereinbarung erfolgten Zahlungen zurückzuzahlen, und widerriefen vorsorglich die Vertragserklärung des Klägers .
  121. 9
  122. Das Amtsgericht hat der auf Zahlung von 4.830,24 € nebst Zinsen
  123. und Rechtsanwaltskosten gerichteten Klage stattgegeben. Auf das
  124. Rechtsmittel der Beklagten hat das Landgericht das amtsgerichtliche Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen. Hiergegen richtet sich die
  125. Revision des Klägers, der eine Wiederherstellung des amtsgerichtlichen
  126. Urteils begehrt.
  127. -7-
  128. Entscheidungsgründe:
  129. 10
  130. Die Revision ist teilweise begründet.
  131. 11
  132. I. Nach Auffassung des Berufungsgerichts ist eine gesonderte Ko stenausgleichsvereinbarung zulässig und wirksam. Insbesondere verstoße
  133. sie nicht gegen § 169 Abs. 5 VVG und stelle keine unzulässige Umgehung dar. Eine unangemessene Benachteiligung des Versicherungsne hmers liege ebenfalls nicht vor. Auch das Transparenzgebot sei ge wahrt.
  134. Einen Widerruf des Versicherungsvertrages oder der Kostenausgleichsvereinbarung habe der Kläger nicht erklärt. Es liege ohnehin kein entgeltlicher Zahlungsaufschub i.S. von § 506 BGB vor. § 8 VVG finde auf
  135. Kostenausgleichsvereinbarungen ferner keine Anwendung. Von eine r
  136. Aufklärungspflichtverletzung der Beklagten sei ebenfalls nicht auszugehen. Auch eine unzulässige Verflechtung der Beklagten mit dem Versicherungsvermittler, der A.
  137. 12
  138. AG, liege nicht vor.
  139. II. Das hält rechtlicher Nachprüfung in einem wesentlichen Punkt
  140. nicht stand.
  141. 13
  142. 1. Wie der Senat bereits in seinen - vergleichbare Sachverhalte
  143. betreffenden - Urteilen vom 12. März 2014 entschieden und im Einzelnen
  144. begründet hat, verstößt die Kostenausgleichsvereinbarung nicht gegen
  145. § 169 Abs. 5 Satz 2, § 171 Satz 1 VVG (IV ZR 295/13, VersR 2014, 567
  146. Rn. 14-22; IV ZR 255/13 juris Rn. 12-20). Auch eine Unwirksamkeit wegen fehlender Transparenz gemäß § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB kommt nicht
  147. in Betracht. Dem Versicherungsnehmer wird unmissverständlich vor A u-
  148. -8-
  149. gen geführt, dass er die Kostenausgleichsvereinbarung nicht kü ndigen
  150. kann und nur der Widerruf seiner Vertragserklärung zu deren Beend igung führt, nicht dagegen eine Kündigung des Versicherungsvertrages
  151. oder der Kostenausgleichsvereinbarung selbst (vgl. Senatsurteil vom
  152. 12. März 2014 - IV ZR 295/13, aaO Rn. 23-25).
  153. 14
  154. 2. Dem Kläger stand allerdings das Recht zu, die Kostenausgleichsvereinbarung zu kündigen, da die vertraglich festgelegte Una bhängigkeit der Kostenausgleichsvereinbarung von einer Auflösung oder
  155. Aufhebung des Versicherungsvertrages sowie der ausdrückli che Ausschluss des Kündigungsrechts in der vorgedruckten Formulierung im A ntragsformular wegen unangemessener Benachteiligung des Versich erungsnehmers gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB unwirksam sind (Senatsurteile vom 12. März 2014 - IV ZR 295/13, VersR 2014, 567 Rn. 26-35;
  156. IV ZR 255/13 juris Rn. 21-30). Hieran hält der Senat auch in Anbetracht
  157. des weiteren Vorbringens der Beklagten fest. Wie im Fall desjenigen
  158. Versicherungsnehmers zu entscheiden wäre, der die Abschluss- und Einrichtungskosten - anders als in sämtlichen bisher dem Senat vorliegenden Fallgestaltungen - nicht ratierlich, sondern in einem Betrag sofort bei
  159. Vertragsschluss zahlt, muss hier nicht entschieden werden. Es besteht
  160. ferner keine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung von durch
  161. den Versicherungsnehmer widerrufenen oder gekündigten Versich erungsverträgen. Im Falle eines wirksamen Widerrufs seitens des Vers icherungsnehmers ist der Vertrag von Anfang an unwirksam. Soweit die
  162. vertraglichen und gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen, kann in di esen Fällen ein Anspruch auf Wertersatz in Betracht kommen. Die Künd igung führt demgegenüber nur zu einer Beendigung des Vertrages ex
  163. nunc, so dass der Versicherer bis zu diesem Zeitpunkt geleistete Zah-
  164. -9-
  165. lungen des Versicherungsnehmers auf die Kostenausgleichsvereinb arung ohnehin behalten darf.
  166. 15
  167. Hieraus folgt, dass der Kläger die Kostenausgleichsvereinbarung
  168. mit seinem Schreiben vom 15. März 2012 wirksam gekündigt hat. Die
  169. Beklagte kann für die Zeit danach aus ihr keine Zahlungsansprüche mehr
  170. geltend machen. Ausweislich ihres Abrechnungsschreibens vom 4. April
  171. 2012 bemisst die Beklagte ihre restliche Forderung aus der Kostenausgleichsvereinbarung mit 2.171,20 € (Rückkaufswert von 2.913,53 € abzüglich Auszahlung von 742,33 €). In dieser Höhe kann der Kläger mithin
  172. Zahlung von der Beklagten verlangen.
  173. 16
  174. 3. Ein weitergehender Anspruch des Klägers wegen des Widerrufs
  175. seiner auf den Abschluss des Versicherungsvertrages und der Kos tenausgleichsvereinbarung gerichteten Willenserklärung auf Rückzahlung
  176. der auf die Kostenausgleichsvereinbarung geleisteten Beträge kommt
  177. dagegen nicht in Betracht. Unzutreffend nimmt das Berufungsgericht
  178. zwar an, dass ein derartiger Widerruf des Klägers nicht vorliegt. Diesen
  179. Widerruf hat der Kläger nicht nur mit dem anwaltlichen Schreiben vom
  180. 17. Mai 2012 erklärt, sondern diesen nochmals in der Klageschrift vom
  181. 9. August 2012 wiederholt. Entgegen der Auffassung des Klägers sind
  182. die Widerrufsbelehrungen sowohl zum Versicherungsvertrag als auch zur
  183. Kostenausgleichsvereinbarung aber weder inhaltlich noch formal zu b eanstanden. Die Widerrufsbelehrungen im hier zu beurteilenden Fall en tsprechen denjenigen, die der Senatsentscheidung vom 14. Mai 2014
  184. (IV ZA 5/14, VersR 2014, 824) zugrunde lagen. Insoweit wird auf die dortigen Ausführungen verwiesen (Rn. 12-19).
  185. - 10 -
  186. 17
  187. Der Anspruch des Klägers auf teilweisen Ersatz der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten ergibt sich auf der Grundlage eines Gege nstandswerts von 2.171,20 € aus dem Gesichtspunkt des Verzuges gemäß § 280 Abs. 2, § 286 Abs. 1 Satz 1 BGB.
  188. 18
  189. Die Kostenentscheidung richtet sich nach § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO.
  190. Mayen
  191. Harsdorf-Gebhardt
  192. Lehmann
  193. Dr. Brockmöller
  194. Vorinstanzen:
  195. AG Borna, Entscheidung vom 28.03.2013 - 9 C 876/12 LG Leipzig, Entscheidung vom 26.09.2013 - 3 S 204/13 -
  196. Dr. Karczewski