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  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. III ZR 353/04
  5. Verkündet am:
  6. 3. März 2005
  7. Kiefer
  8. Justizangestellter
  9. als Urkundsbeamter
  10. der Geschäftsstelle
  11. in dem Rechtsstreit
  12. Nachschlagewerk:
  13. ja
  14. BGHZ:
  15. nein
  16. BGHR:
  17. ja
  18. BGB § 852 F.: 31. Dezember 2001; BNotO § 19
  19. Zum Beginn der Verjährung eines Schadensersatzanspruchs gegen
  20. den Notar, wenn eine anderweitige Ersatzmöglichkeit in Betracht kommt.
  21. BGH, Urteil vom 3. März 2005 - III ZR 353/04 - OLG Frankfurt am Main
  22. LG Frankfurt am Main
  23. - 2 -
  24. Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
  25. vom 3. März 2005 durch den Vorsitzenden Richter Schlick und die Richter
  26. Dr. Wurm, Dr. Kapsa, Dörr und Galke
  27. für Recht erkannt:
  28. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 4. Zivilsenats
  29. des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 28. Januar 2004
  30. aufgehoben.
  31. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch
  32. über die Kosten des Revisionsrechtszuges, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
  33. Von Rechts wegen
  34. Tatbestand
  35. Der beklagte Notar beurkundete am 8. Dezember 1994 einen Grundstückskaufvertrag zwischen der Klägerin als Käuferin und der Verkäuferin
  36. E.
  37. . Darin verpflichtete sich die Verkäuferin, ein auf dem verkauften
  38. Grundbesitz errichtetes und noch nicht vollendetes Wohn- und Geschäftshaus
  39. nach den anerkannten Regeln der Baukunst fertigzustellen und an die Klägerin
  40. bis zum 31. Januar 1995 zu übergeben. Im einzelnen sollten für die Pflicht der
  41. Verkäuferin zur Fertigstellung des Bauwerks die geänderten Baupläne, die
  42. - 3 -
  43. Baubeschreibung und eine der Urkunde beigefügte Aufstellung der noch zu
  44. erbringenden Restarbeiten gelten (§ 2). Baupläne und Baubeschreibung wurden weder verlesen oder den Beteiligten zur Durchsicht vorgelegt noch der
  45. Vertragsurkunde beigefügt.
  46. Zwischen den Vertragsparteien kam es in der Folgezeit zu einer Reihe
  47. von Rechtsstreitigkeiten. Die Verkäuferin berief sich mit Schreiben ihres anwaltlichen Vertreters vom 21. März 1995 auf Formnichtigkeit des notariellen
  48. Kaufvertrags und machte ihre Bereitschaft zum Neuabschluß von einem Ausschluß der Gewährleistung abhängig. Die Klägerin nahm ihrerseits die Verkäuferin auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung in Anspruch. In diesem Rechtsstreit hielten sowohl das Landgericht Darmstadt (Urteil vom 22. Mai 1996 - 8 O
  49. 630/95) als auch der 24. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main
  50. (Urteil vom 19. Februar 1999 - 24 U 125/95) den notariellen Kaufvertrag vom
  51. 8. Dezember 1994 für wirksam und verurteilten die Verkäuferin zur Schadensersatzleistung. Auf deren Revision hob der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs durch Urteil vom 15. Dezember 2000 (V ZR 241/99 - NJW-RR 2001, 953)
  52. das Berufungsurteil auf und wies unter Änderung der erstinstanzlichen Entscheidung die Klage ab. Nach seiner Rechtsauffassung ergaben sich Art und
  53. Umfang der Bauausführung nicht nur aus der Aufstellung über die Restarbeiten, sondern wesentlich erst aus den der Vertragsurkunde nicht beigefügten
  54. Bauplänen und der Baubeschreibung. Dieser Formmangel führe zur Unwirksamkeit des gesamten Vertrags.
  55. Im vorliegenden Verfahren nimmt die Klägerin deswegen den Notar auf
  56. Schadensersatz in Anspruch. Dieser hat sich unter anderem auf Verjährung
  57. berufen. Landgericht und Oberlandesgericht haben die Klage abgewiesen. Das
  58. - 4 -
  59. Landgericht hat mit Rücksicht auf die den Rechtsstandpunkt des Beklagten
  60. bestätigenden Urteile der Tatsacheninstanzen im Vorprozeß ein Verschulden
  61. des Beklagten verneint, das Berufungsgericht (4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main) hat die Klageforderung jedenfalls für verjährt gehalten. Mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Ersatzansprüche weiter.
  62. Entscheidungsgründe
  63. Die Revision hat Erfolg.
  64. I.
  65. Das Berufungsgericht läßt es dahinstehen, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Haftung des beklagten Notars gemäß § 19 Abs. 1 BNotO
  66. vorliegen, insbesondere auch, ob dem Beklagten infolge der sogenannten Kollegialgerichtsrichtlinie kein Verschuldensvorwurf zu machen sei. Denn jedenfalls sei ein möglicher Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten gemäß
  67. § 852 BGB a.F. seit Ende März 1998 verjährt.
  68. Die Verjährung habe spätestens mit dem Zugang des Schreibens vom
  69. 21. März 1995 begonnen, in dem der anwaltliche Vertreter der Verkäuferin
  70. ausdrücklich die Formnichtigkeit des Grundstückskaufvertrags gerügt habe.
  71. Bereits zu diesem Zeitpunkt und nicht erst mit der Zustellung des Revisionsurteils vom 15. Dezember 2000 im Vorprozeß habe die Klägerin die für den Ver-
  72. - 5 -
  73. jährungsbeginn notwendige Kenntnis von der notariellen Pflichtverletzung, dem
  74. Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen erlangt. Entscheidend dafür sei
  75. die Kenntnis der Tatsachen, die bei richtiger Verknüpfung und rechtlicher Subsumtion die Feststellung der Ersatzpflicht einer bestimmten Person erlaubten.
  76. Ob der Geschädigte diese Tatsachen zutreffend rechtlich würdige, sei dagegen
  77. unerheblich. Infolgedessen hindere die unzutreffende rechtliche Würdigung der
  78. Klägerin, die den Grundstückskaufvertrag vom 8. Dezember 1994 bis zur Entscheidung des Bundesgerichtshofs für formwirksam erachtet habe, den Beginn
  79. der Verjährungsfrist nicht. Von einer verwickelten oder ganz zweifelhaften
  80. Rechtslage, die bei Rechtsunkenntnis des Geschädigten die für den Verjährungsbeginn erforderliche Kenntnis ausschließe, könne nicht ausgegangen
  81. werden. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs unterlägen
  82. Baupläne und Baubeschreibungen der Beurkundungspflicht, wenn sie über die
  83. gesetzlich vorgeschriebene Ausgestaltung hinaus noch weitergehende Verpflichtungen begründen sollten. Daß sowohl das Landgericht Darmstadt als
  84. auch das Oberlandesgericht Frankfurt am Main im Vorverfahren die Bezugnahme in § 2 des notariellen Vertrags als nicht der Beurkundungspflicht unterliegende "unechte Verweisung" qualifiziert hätten, sei kein zwingendes Indiz für
  85. eine verwickelte und komplizierte Rechtslage, sondern beruhe auf einer unzureichenden Würdigung des Tatsachenstoffes.
  86. Ende März 1995 habe die Klägerin auch Kenntnis vom eingetretenen
  87. Schaden gehabt. Die mit der formunwirksamen Beurkundung vom 8. Dezember
  88. 1994 eingetretene Gefährdung ihrer Vermögenslage habe sich "schadensmäßig" spätestens verwirklicht, als die Verkäuferin mit anwaltlichem Schreiben
  89. vom 21. März 1995 die Durchführung der vertraglich versprochenen Fertigstellungsarbeiten verweigert und sich auf Formnichtigkeit berufen habe. Für den
  90. - 6 -
  91. Beginn der Verjährung sei es nicht erforderlich, daß die Klägerin im März 1995
  92. den Schaden in seinen einzelnen Elementen und Ausprägungen habe voll
  93. überschauen können; ihre Kenntnis des bereits entstandenen Schadens mit
  94. den unnützen Aufwendungen für die notarielle Beurkundung habe genügt.
  95. Die Klägerin habe zu diesem Zeitpunkt auch Kenntnis vom Fehlen einer
  96. anderweitigen Ersatzmöglichkeit gehabt. Der gegen die Verkäuferin eingeleitete Rechtsstreit vor dem Landgericht Darmstadt habe keine andere Möglichkeit
  97. auf Schadloshaltung eröffnet, weil diese Klage wegen der Formnichtigkeit des
  98. notariellen Vertrags keine begründete Aussicht auf Erfolg gehabt habe. Die
  99. gegenteiligen
  100. Entscheidungen
  101. des
  102. Landgerichts
  103. Darmstadt
  104. und
  105. des
  106. 24. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main könnten an dieser
  107. Beurteilung nichts ändern. Die Einschätzung der Erfolgsaussicht eines Klagebegehrens habe sich an der tatsächlichen Rechtslage zu orientieren und nicht
  108. danach, ob der Geschädigte auf den rechtlichen Bestand unzutreffender gerichtlicher Entscheidungen vertrauen dürfe. Andernfalls könnte er Beginn und
  109. Ablauf der Verjährungsfrist mit dem Mittel der anderweitigen Ersatzmöglichkeit
  110. in einer dem Grundgedanken der Verjährungsvorschriften widersprechenden
  111. willkürlichen Weise verändern. Eines besonderen Schutzes bedürfe die Klägerin hier auch deswegen nicht, weil sie durch die Möglichkeit, dem Beklagten
  112. gemäß § 209 Abs. 2 Nr. 4 BGB a.F. in dem Verfahren gegen die Verkäuferin
  113. den Streit zu verkünden, ausreichend geschützt gewesen sei.
  114. II.
  115. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
  116. - 7 -
  117. 1.
  118. Das Berufungsgericht entscheidet nicht, ob der Beklagte sich gemäß
  119. § 19 BNotO der Klägerin gegenüber schadensersatzpflichtig gemacht hat. Das
  120. ist entgegen dem erstinstanzlichen Urteil des Landgerichts zu bejahen. Der
  121. Notar hat bei der Beurkundung vom 8. Dezember 1994 fahrlässig seine Amtspflichten verletzt. Dabei liegt der Schwerpunkt des Vorwurfs nicht - was das
  122. Landgericht allein geprüft hat - darin, daß er die Frage, ob die Baupläne und
  123. die Baubeschreibung im vorliegenden Fall nach den §§ 9 und 13 BeurkG mit
  124. zu beurkunden waren, im Lichte des späteren Revisionsurteils des Bundesgerichtshofs vom 15. Dezember 2000 falsch beantwortet hat. Insofern dürfte es in
  125. der Tat den Beklagten entlasten, daß in dem vorausgegangenen Prozeß gegen
  126. die Verkäuferin zwei Kollegialgerichte den Rechtsstandpunkt des Beklagten
  127. geteilt haben (sogenannte Kollegialgerichtsrichtlinie; vgl. etwa Senatsurteile
  128. BGHZ 117, 240, 250; 150, 172, 184 und vom 11. November 2004 - III ZR
  129. 200/03 - Umdruck S. 13, zur Veröffentlichung bestimmt). Dafür, daß die Gerichte dabei den ihnen unterbreiteten Sachverhalt nicht sorgfältig und erschöpfend
  130. gewürdigt hätten und die Richtlinie deswegen nicht anwendbar wäre (vgl. Senatsurteile vom 24. Januar 2002 - III ZR 103/01 - NJW 2002, 1265, 1266 und
  131. vom 18. November 2004 - III ZR 347/03 - DVBl. 2005, 312, 313), besteht kein
  132. hinreichender Anhalt. Der beklagte Notar war aber jedenfalls gehalten, bei der
  133. hier unklaren Rechtslage den sichersten Weg zu gehend (vgl. BGHZ 70, 374,
  134. 375; BGH, Urteil vom 13. Juni 2002 - IX ZR 196/01 - WM 2003, 88, 89; Zugehör in Zugehör/Ganter/Hertel, Handbuch der Notarhaftung, Rn. 473 m.w.N.).
  135. Demgemäß hätte er die Baupläne und die Baubeschreibung dem Vertrag beifügen und mit beurkunden müssen.
  136. - 8 -
  137. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs unterliegen Baubeschreibungen und Baupläne, auf die der Kaufvertrag Bezug nimmt, der Beurkundungspflicht nach § 313 BGB a.F. (jetzt § 311b Abs. 1 BGB), §§ 9, 13
  138. BeurkG, wenn sie über die gesetzlich vorgeschriebene Ausgestaltung der
  139. Rechtsbeziehungen hinaus noch weitergehende Verpflichtungen begründen
  140. sollen (BGHZ 69, 266, 268 f.; 74, 346, 349 ff.; BGH, Urteil vom 22. Juni 1979
  141. - V ZR 21/78 - NJW 1979, 1984; Urteil vom 12. Juli 1996 - V ZR 202/95 - NJW
  142. 1996, 2792, 2793). Eine Ausnahme von der Beurkundungspflicht nach §§ 13,
  143. 13a BeurkG gilt zwar für eine Bezugnahme als bloßen Identifizierungsbehelf
  144. (sogenannte unechte Verweisung), sofern sie lediglich einen Hinweis auf Erklärungen, Rechtsverhältnisse oder tatsächliche Umstände darstellt, die nicht zum
  145. beurkundungsbedürftigen Inhalt des Rechtsgeschäfts gehören (BGH, Urteil
  146. vom 27. April 1979 - V ZR 175/77 - NJW 1979, 1498; Urteil vom 17. Juli 1998
  147. - V ZR 191/97 - NJW 1998, 3197; Senatsurteil vom 23. Juni 1988 - III ZR
  148. 84/87 - NJW 1989, 164, 165). Ob ein solcher Ausnahmefall hier vorlag, weil
  149. bereits die der Urkunde beigefügte "Aufstellung der Restarbeiten" eine vollständige Aufzählung der von der Verkäuferin übernommenen Bauverpflichtungen enthielt und die Bezugnahme auf die Baupläne nur der erläuternden Beschreibung dieser Bauarbeiten diente (so das Landgericht Darmstadt und das
  150. Oberlandesgericht Frankfurt am Main in dem Vorverfahren), war jedoch zumindest zweifelhaft. Unter diesen Umständen durfte der Notar es nicht darauf ankommen lassen, daß die Rechtsfrage in einem späteren Rechtsstreit von den
  151. Gerichten in seinem Sinne beantwortet werden würde, wenn er der entstehenden Rechtsunsicherheit ohne weiteres durch Mitbeurkundung der Baubeschreibung und der Baupläne begegnen konnte.
  152. - 9 -
  153. Auf diese Amtspflichtverletzung ist der der Klägerin durch den Prozeßverlust entstandene Schaden zurückzuführen. Daß sie insoweit zum Kreis der
  154. geschützten Dritten gehört, steht außer Frage.
  155. Eine anderweitige Ersatzmöglichkeit (§ 19 Abs. 1 Satz 2 BNotO) besteht
  156. auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts nicht.
  157. Ersatzansprüche gegen die Verkäuferin scheiden nach dem Ergebnis des Vorprozesses aus. Die Revisionserwiderung verweist zwar auf einen denkbaren
  158. Regreßanspruch der Klägerin gegen ihren damaligen anwaltlichen Berater
  159. Rechtsanwalt P.
  160. . Hierzu fehlt es jedoch an jeglichen tatrichterlichen Fest-
  161. stellungen. Für die Revisionsinstanz ist deswegen zugunsten der Klägerin zu
  162. unterstellen, daß auch eine Haftung ihres bevollmächtigten Anwalts als anderweitige Ersatzmöglichkeit nicht in Betracht kommt.
  163. 2.
  164. Von Rechtsirrtum beeinflußt ist sodann die Auffassung des Berufungs-
  165. gerichts, der Ersatzanspruch der Klägerin gegen den beklagten Notar sei bereits im März 1998 und damit lange vor Zustellung der Amtshaftungsklage im
  166. Januar 2002 verjährt.
  167. a) Schadensersatzansprüche wegen notarieller Amtspflichtverletzungen
  168. verjähren nach § 19 Abs. 1 Satz 3 BNotO in Verbindung mit dem im Streitfall
  169. noch anwendbaren § 852 Abs. 1 BGB a.F. in drei Jahren. Die Frist beginnt mit
  170. dem Zeitpunkt, in dem der Verletzte von dem Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen Kenntnis erlangt.
  171. b) Das setzt zunächst voraus, daß ein Schaden zumindest dem Grunde
  172. nach entstanden ist, sich also die Vermögenslage des Betroffenen objektiv ver-
  173. - 10 -
  174. schlechtert hat, ohne daß bereits feststehen muß, ob dieser Nachteil bestehenbleibt und der Schaden damit endgültig wird (BGHZ 114, 150, 152 f.; Senatsurteil vom 22. Januar 2004 - III ZR 99/03 - NJW-RR 2004, 1069, 1070 =
  175. ZIP 2004, 763, 764 m.w.N.). Bei der Beurkundung eines nichtigen Vertrags, wie
  176. hier, sind diese Voraussetzungen spätestens dann gegeben, wenn eine Partei
  177. zur Erfüllung ihrer vermeintlichen Vertragspflichten Leistungen an die andere
  178. Vertragspartei erbracht hat (vgl. BGH, Urteil vom 2. Juni 2000 - IX ZR 434/98 WM 2000, 1600, 1604). Ein Schaden der Klägerin ist daher jedenfalls mit der
  179. unstreitigen Zahlung eines Teilbetrags des Kaufpreises von 406.700,61 DM am
  180. 6. Februar 1995 zur Ablösung der Grundpfandrechte eingetreten.
  181. c) Hinreichende Kenntnis vom Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen hat der Verletzte dann, wenn er aufgrund der ihm bekannten Tatsachen gegen eine bestimmte Person eine Schadensersatzklage, sei es auch nur
  182. eine Feststellungsklage, erheben kann, die bei verständiger Würdigung so viel
  183. Erfolgsaussicht hat, daß sie ihm zuzumuten ist (st. Rspr.; vgl. nur Senatsurteile
  184. BGHZ 138, 247, 252; vom 6. Februar 2003 - III ZR 223/02 - VersR 2003, 873,
  185. 874 und vom 22. Januar 2004 aaO m.w.N.). Erforderlich und genügend ist im
  186. allgemeinen die Kenntnis der tatsächlichen Umstände; nicht vorausgesetzt wird
  187. die zutreffende rechtliche Würdigung des bekannten Sachverhalts. Daher
  188. kommt es grundsätzlich nicht darauf an, ob der Kläger die Rechtswidrigkeit des
  189. Geschehens, das Verschulden des Schädigers und den in Betracht kommenden Kausalverlauf richtig einschätzt (BGHZ 138 aaO; 150, 172, 186; BGH, Urteil vom 25. Februar 1999 - IX ZR 30/98 - NJW 1999, 2041, 2042 m.w.N.).
  190. Rechtlich fehlerhafte Vorstellungen des Geschädigten beeinflussen den Beginn
  191. der Verjährung in der Regel nicht. Ist die Rechtslage dagegen unübersichtlich
  192. oder zweifelhaft, so daß sie selbst ein rechtskundiger Dritter nicht zuverlässig
  193. - 11 -
  194. einzuschätzen vermag, kann der Verjährungsbeginn auch wegen Rechtsunkenntnis hinausgeschoben sein (Senatsurteile BGHZ 6, 195, 202; 138 aaO;
  195. BGH, Urteil vom 25. Februar 1999 - IX ZR 30/98 - aaO; Senatsurteil vom
  196. 16. September 2004 - III ZR 346/03 - NJW 2005, 429, 433, für BGHZ bestimmt).
  197. Wurde die Amtspflichtverletzung zudem lediglich fahrlässig begangen,
  198. stellt auch das Fehlen einer anderweitigen Ersatzmöglichkeit eine zur Klagebegründung gehörende Voraussetzung dar. Deshalb muß sich die gemäß §
  199. 852 Abs. 1 BGB a.F. erforderliche Kenntnis weiter darauf erstrecken, daß der
  200. Schaden jedenfalls nicht vollständig auf andere Weise gedeckt werden kann
  201. (BGHZ 102, 246, 248 f.; 121, 65, 71; BGH, Urteil vom 18. April 2002 - IX ZR
  202. 72/99 - NJW 2002, 2787, 2788, insoweit in BGHZ 150, 319 nicht abgedruckt).
  203. Hierzu können auch Ansprüche gegen den anderen Vertragspartner gehören
  204. (BGH, Urteil vom 25. Februar 1999 - IX ZR 240/98 - NJW 1999, 2038, 2039;
  205. Urteil vom 17. Februar 2000 - IX ZR 436/98 - NJW 2000, 1498, 1500). Ob der
  206. Geschädigte mit Erfolg einen Dritten auf Leistung in Anspruch zu nehmen
  207. vermag, kann von tatsächlichen und rechtlichen Fragen abhängen. Der Kläger
  208. muß fähig sein, schlüssig darzulegen, daß die Haftung Dritter ausscheidet. Erst
  209. dann ist ihm die Erhebung einer Amtshaftungsklage zuzumuten. Bei
  210. zweifelhafter oder unübersichtlicher Rechtslage beginnt die Verjährung daher
  211. auch unter diesem Gesichtspunkt erst dann, wenn hinreichend gesichert ist,
  212. daß der Schaden nur durch Inanspruchnahme des Amtsträgers ausgeglichen
  213. werden kann (BGH, Urteil vom 25. Februar 1999 - IX ZR 30/98 - aaO S. 2042 f.
  214. m.w.N.). Dabei ist nicht zuletzt zu berücksichtigen, daß die Inanspruchnahme
  215. des Dritten selbst dann, wenn der Erfolg nicht sicher ist, gerade dem Interesse
  216. des Amtsträgers dient.
  217. - 12 -
  218. Ein Ausnahmefall dieser Art ist im Gegensatz zur Ansicht des Berufungsgerichts vorliegend gegeben. Wie insbesondere der Verlauf des von den
  219. Instanzgerichten zugunsten der Klägerin entschiedenen Vorprozesses belegt,
  220. kamen Schadensersatzansprüche wegen Nichterfüllung gegen die Verkäuferin
  221. als vorrangige Ersatzmöglichkeit ernsthaft in Betracht. Eine Klageerhebung
  222. gegen den Beklagten war der Klägerin infolgedessen erst zumutbar, als diese
  223. Rechtsfrage durch das Revisionsurteil im Vorprozeß endgültig zu ihren Lasten
  224. geklärt war. Die vom Berufungsgericht in diesem Zusammenhang gesehene
  225. Gefahr einer Manipulation des Verjährungsbeginns infolge Untätigkeit des Geschädigten ist gering. Im Streitfall ist die Klägerin denn auch nicht etwa untätig
  226. geblieben, sondern hat alsbald gegen die Verkäuferin Klage erhoben.
  227. d) Eine andere Frage ist, ob in Abweichung von der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in derartigen Fallgestaltungen statt auf die
  228. Zumutbarkeit einer Klageerhebung auf die dem Verletzten alternativ zur Verfügung stehende Möglichkeit einer Streitverkündung gegenüber dem Urkundsnotar (§ 209 Abs. 2 Nr. 4 BGB a.F.) abzustellen wäre. Diese weitere Gelegenheit
  229. zur Verjährungsunterbrechung hat der Gesetzgeber insbesondere deswegen
  230. geschaffen, weil der Prozeß, durch den die Voraussetzungen einer Regreßpflicht ganz oder zum Teil festgestellt werden, über den Ablauf der für den
  231. Rückgriffsanspruch geltenden Verjährungsfrist andauern kann (BGH, Urteil
  232. vom 2. Juli 1992 - IX ZR 174/91 - NJW 1992, 3034, 3035; Urteil vom
  233. 17. Februar 2000 - IX ZR 436/98 - NJW 2000, 1498, 1500; Senatsurteil vom
  234. 22. Januar 2004 - III ZR 99/03 - NJW-RR 2004, 1069, 1071 = ZIP 2004, 763,
  235. 765). Hierauf hat der Bundesgerichtshof bisher allerdings nur unterstützend
  236. verwiesen. Der Senat sieht für eine Abkehr von dem rechtlichen Ansatz, daß es
  237. - 13 -
  238. in erster Linie auf die Zumutbarkeit einer Klageerhebung ankommt, keinen hinreichenden Grund. Nach der gesetzlichen Bestimmung des § 852 Abs. 1 BGB
  239. a.F. hängt der Verjährungsbeginn von der Kenntnis des Verletzten ab; die Frage, inwieweit ihm danach eine Klageerhebung gegen den Schädiger zugemutet
  240. werden kann, ist nur ein Hilfskriterium dafür, ob dieser Kenntnisstand ausreichend erscheint. Ist darum - wie hier - die erforderliche Kenntnis des Verletzten
  241. vom Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen schon wegen der zweifelhaften Rechtslage zu verneinen, so ergibt sich auch aus dem Umstand, daß es
  242. dem Geschädigten unschwer möglich gewesen wäre, vorsorglich eine verjährungsunterbrechende Rechtshandlung wie die Streitverkündung vorzunehmen,
  243. nichts anderes. In einem anhängigen Prozeß ist die Streitverkündung schon
  244. dann zulässig und zur Vermeidung rechtlicher Nachteile in Betracht zu ziehen,
  245. wenn die Haftung eines Dritten im Falle eines Unterliegens möglich erscheint
  246. (vgl. MünchKomm/Schilken, ZPO, 2. Aufl., § 72 Rn. 5, 7; s. auch BGH, Urteil
  247. vom 29. April 1993 - IX ZR 101/92 - NJW 1993, 2045). Würde man daher die
  248. Zumutbarkeit nicht auf die Klageerhebung, sondern auf die Möglichkeit einer
  249. Streitverkündung im Vorprozeß beziehen, liefe dies im Ergebnis darauf hinaus,
  250. die Anforderungen an die Kenntnis des Verletzten vom Fehlen einer anderweitigen Ersatzmöglichkeit zu dessen Nachteil herabzusetzen.
  251. 3.
  252. Auf dieser Grundlage kann das angefochtene Urteil nicht bestehenblei-
  253. ben; es ist aufzuheben. Die Zurückverweisung gibt dem Berufungsgericht Gelegenheit, die weiter erforderlichen Feststellungen zu treffen.
  254. Schlick
  255. Wurm
  256. Dörr
  257. Kapsa
  258. Galke
  259. - 14 -