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1 year ago
  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. III ZR 204/13
  5. Verkündet am:
  6. 16. April 2015
  7. Kiefer
  8. Justizangestellter
  9. als Urkundsbeamter
  10. der Geschäftsstelle
  11. in dem Rechtsstreit
  12. Nachschlagewerk:
  13. ja
  14. BGHZ:
  15. nein
  16. BGHR:
  17. ja
  18. GG Art. 34 Satz 1; AEUV Art. 340; BGB § 839 A, Cb; OBG NW § 9 Abs. 2
  19. Buchst. a, § 39 Abs. 1 Buchst. b
  20. a) Weisungen einer übergeordneten Körperschaft, die der nachgeordneten
  21. Verwaltung zur gleichmäßigen Ausführung behördlicher Aufgaben allgemein
  22. eine bestimmte Gesetzesauslegung vorschreiben, führen - anders als die
  23. Weisung in einem konkreten Einzelfall - nicht zu einer Haftungsverlagerung
  24. von der nachgeordneten auf die übergeordnete Behörde. Die übergeordnete
  25. Körperschaft kann sich aber dann nicht auf ihre fehlende Passivlegitimation
  26. berufen, wenn sie auf eine entsprechende Nachfrage des Geschädigten diesem gegenüber den Eindruck erweckt, es sei vom Vorliegen einer haftungsverlagernden Weisung auszugehen.
  27. b) Die verschuldensunabhängige Haftung nach § 39 Abs. 1 Buchst. b OBG NW
  28. erfasst nicht den Fall, dass das von der Ordnungsbehörde zutreffend angewandte Gesetz verfassungswidrig ist (legislatives Unrecht). Dem steht es
  29. gleich, wenn die Ordnungsbehörde nationales Recht für sich genommen korrekt ausführt, das - für die Verwaltung nicht ohne weiteres erkennbar - mit
  30. Unionsrecht nicht vereinbar ist.
  31. BGH, Urteil vom 16. April 2015 - III ZR 204/13 - OLG Hamm
  32. LG Bochum
  33. -2-
  34. Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
  35. vom 16. April 2015 durch den Vizepräsidenten Schlick und die Richter
  36. Dr. Herrmann, Tombrink, Dr. Remmert und Reiter
  37. für Recht erkannt:
  38. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 11. Zivilsenats
  39. des Oberlandesgerichts Hamm vom 3. Mai 2013 wird zurückgewiesen.
  40. Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.
  41. Von Rechts wegen
  42. Tatbestand
  43. 1
  44. Die Klägerin betrieb im Jahr 2006 in B.
  45. ein Wettbüro und leitete auf
  46. Grund eines Geschäftsbesorgungsvertrags von dort aus Sportwettenaufträge
  47. an ein in Gibraltar ansässiges, dort lizenziertes Wettunternehmen weiter. Mit
  48. Datum vom 31. März 2006 gab das Innenministerium des beklagten Landes
  49. unter Bezugnahme auf das zur Verfassungsmäßigkeit des Sportwettenmonopols ergangene Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 28. März 2006 einen Erlass an die Bezirksregierungen heraus. Darin war ausgeführt, die Veranstaltung und Vermittlung privater Sportwetten sei in Nordrhein-Westfalen ebenso wie in anderen Bundesländern verboten und nicht erlaubnisfähig. Wer hiergegen verstoße, müsse mit strafrechtlicher Verfolgung rechnen. Das Ministerium bat, die bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ausgesetzten
  50. -3-
  51. Ordnungsverfügungen zügig zu vollstrecken. Soweit noch keine Unterlassungsverfügungen ergangen seien, werde gebeten, solche unverzüglich zu erlassen
  52. und gegebenenfalls parallel strafprozessuale Maßnahmen zu veranlassen.
  53. 2
  54. Am 12. September 2006 erließ die Stadt B.
  55. eine Ordnungsverfü-
  56. gung, mit der der Klägerin die Vermittlung von Sportwetten untersagt wurde.
  57. Diese stellte daraufhin den Betrieb der Wettannahmestelle ein und schloss die
  58. Betriebsstätte nach erfolgloser Durchführung des Widerspruchsverfahrens.
  59. 3
  60. Eine gleichartige Ordnungsverfügung erging am 18. November 2010 gegen den vormaligen Kläger zu 2.
  61. 4
  62. Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin die Feststellung, dass das beklagte
  63. Land ihr gegenüber wegen der Ordnungsverfügung der Stadt B.
  64. vom
  65. 12. September 2006, die gegen die unionsrechtlich gewährleisteten Grundfreiheiten verstoßen habe, zum Schadensersatz verpflichtet sei. Der frühere Kläger
  66. zu 2 hat das Land und die Stadt ebenfalls auf Feststellung ihrer Schadensersatzverpflichtungen in Anspruch genommen. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung der Kläger ist erfolglos geblieben.
  67. Das Berufungsgericht hat die Revision für die Klägerin zugelassen, mit der sie
  68. ihr Begehren weiter verfolgt. Gegen die Nichtzulassung der Revision zu seinen
  69. Gunsten hat der vormalige Kläger zu 2 Beschwerde eingelegt, die der Senat mit
  70. Beschluss vom 26. Februar 2015 zurückgewiesen hat.
  71. -4-
  72. Entscheidungsgründe
  73. 5
  74. Die zulässige Revision hat in der Sache keinen Erfolg.
  75. I.
  76. 6
  77. Nach Auffassung des Berufungsgerichts kann die Klägerin von dem beklagten Land Ersatz weder nach den Grundsätzen des unionsrechtlichen
  78. Staatshaftungsanspruchs noch aus Amtshaftung gemäß § 839 BGB, Art. 34 GG
  79. oder auf der Grundlage von § 39 Abs. 1 Buchst. b OBG NW verlangen.
  80. 7
  81. Gegen die Passivlegitimation des beklagten Landes in Bezug auf etwaige Schadensersatz- beziehungsweise Entschädigungsansprüche der Klägerin
  82. infolge der Untersagungsverfügung der Stadt B.
  83. vom 12. September 2006
  84. bestünden allerdings keine Bedenken. Bei dem diesem Verwaltungsakt zu
  85. Grunde liegenden Erlass des Innenministeriums des Beklagten vom 31. März
  86. 2006 handele es sich um eine bindende Weisung. Dies habe zur Folge, dass
  87. den Beklagten die haftungsrechtliche Verantwortlichkeit für die Untersagungsverfügung und deren Vollziehung treffe. Dies gelte nicht nur im Bereich der
  88. Amtshaftung, sondern auch im Zusammenhang mit der verschuldensunabhängigen Haftung aus § 39 Abs. 1 Buchst. b OBG NW sowie für den durch den Gerichtshof der Europäischen Union entwickelten unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch.
  89. 8
  90. Für einen Amtshaftungsanspruch nach § 839 BGB, Art. 34 GG fehle es
  91. jedoch angesichts der überaus komplizierten europarechtlichen Rechtslage im
  92. maßgeblichen Zeitraum an dem erforderlichen Verschulden der handelnden
  93. Amtsträger. Sowohl der ministerielle Erlass vom 31. März 2006 als auch die
  94. -5-
  95. Untersagungsverfügung vom 12. September 2006 sowie der diesbezüglich ergangene Widerspruchsbescheid vom 5. März 2007 hätten im Einklang mit der
  96. im damaligen Zeitraum einschlägigen höchstrichterlichen Rechtsprechung gestanden.
  97. 9
  98. Auch unter Geltung des ab dem 1. Januar 2008 gültigen Staatsvertrags
  99. zum Glücksspielwesen in Deutschland (GlüStV 2008) in Verbindung mit dem
  100. nordrhein-westfälischen Gesetz zur Ausführung des Staatsvertrages zum
  101. Glücksspielwesen in Deutschland (Glücksspielstaatsvertrag AG NRW) vom
  102. 30. Oktober 2007 (GV. NRW. S 445) fehle es an einem Verschulden auf Seiten
  103. des Beklagten. Dass dem Gesetzgeber die Einhaltung der durch das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 28. März 2006 statuierten Vorgaben mit dem GlüStV 2008 i.V.m. dem Glücksspielstaatsvertrag AG NRW
  104. nicht gelungen gewesen sei, sei jedenfalls nicht derart deutlich gewesen, dass
  105. daraus dem zuständigen Amtswalter des Beklagten ein Verschuldensvorwurf zu
  106. machen sei. Selbst das Bundesverfassungsgericht habe in seinem Beschluss
  107. vom 14. Oktober 2008 den GlüStV 2008 beziehungsweise einzelne Regelungen
  108. hieraus mit höherrangigem Recht für vereinbar gehalten.
  109. 10
  110. Auch ein unionsrechtlicher Staatshaftungsanspruch scheide aus. Unabhängig davon, ob ein Verstoß gegen Gemeinschaftsrecht vorliege, sei ein solcher jedenfalls nicht hinreichend qualifiziert. Bis zu den Entscheidungen des
  111. Europäischen Gerichtshofs vom 8. September 2010, insbesondere in Sachen
  112. "Winner Wetten", sei die Frage, ob das im nordrhein-westfälischen Sportwettengesetz verankerte staatliche Sportwettenmonopol einen Verstoß gegen Gemeinschaftsrecht dargestellt habe und daher bis zu einer nationalen Neuregelung nicht mehr habe angewendet werden dürfen, nicht in dem Maße geklärt
  113. gewesen, dass die dem Rechtsstreit zugrunde liegenden Maßnahmen als of-
  114. -6-
  115. fenkundige Verstöße gegen gemeinschaftsrechtlich gewährleistete Freiheiten
  116. einzustufen gewesen wären.
  117. 11
  118. Schließlich scheide auch ein Entschädigungsanspruch der Klägerin gegen das beklagte Land nach § 39 Abs. 1 Buchst. b OBG NW aus. Der Erlass
  119. der Ordnungsverfügung vom 12. September 2006, der im Außenverhältnis zur
  120. Klägerin haftungsrechtlicher Anknüpfungspunkt sei, beruhe auf legislativem Unrecht, wozu auch der Fall gehöre, dass der Eingriff nicht durch das verfassungswidrige (formelle) Gesetz selbst, sondern durch einen darauf gestützten
  121. Verwaltungsakt erfolge. Die Haftung für legislatives Unrecht sei der deutschen
  122. Rechtsordnung fremd und werde insbesondere auch nicht von § 39 Abs. 1
  123. Buchst. b OBG NW umfasst.
  124. II.
  125. 12
  126. 13
  127. Dies hält der rechtlichen Nachprüfung stand. Die Klage ist unbegründet.
  128. 1.
  129. Im Ergebnis zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, der Be-
  130. klagte sei für einen etwaigen Schadensersatzanspruch passiv legitimiert.
  131. 14
  132. Allerdings teilt der Senat nicht die Auffassung der Vorinstanz, die davon
  133. ausgegangen ist, der Erlass vom 31. März 2006 habe eine Weisung dargestellt,
  134. die eine Haftungsverlagerung von den Kommunen als örtliche Ordnungsbehörden auf das beklagte Land bewirkt habe (vgl. dazu z.B. Senatsurteile vom
  135. 21. Mai 1959 - III ZR 7/58, NJW 1959, 1629, 1630; vom 16. Dezember 1976
  136. - III ZR 3/74, NJW 1977, 713; vom 7. Februar 1985 - III ZR 212/83, NVwZ 1985,
  137. 682, 683 und vom 11. Dezember 2008 - III ZR 216/07, VersR 2009, 930 Rn. 5).
  138. Bei diesem Erlass handelte es sich um eine allgemeine Weisung der obersten
  139. -7-
  140. Aufsichtsbehörde (§ 7 Abs. 3 OGB NW) gemäß § 9 Abs. 2 Buchst. a OGB NW,
  141. die die gleichmäßige Durchführung der ordnungsbehördlichen Aufgaben im Gefolge des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 28. März 2006 (BVerfGE
  142. 115, 276) durch die örtlichen Stellen gewährleisten sollte. Der Erlass, der sich
  143. zudem unmittelbar nur an die Bezirksregierungen als Aufsichtsbehörden (§ 7
  144. Abs. 2 OBG NW) richtete, regelte nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts landesweit das weitere Vorgehen der Ordnungsbehörden im Zusammenhang mit dem Verbot privat veranstalteter Sportwetten aufgrund des seinerzeit
  145. geltenden Lotteriestaatsvertrags. Er bezog sich dabei auf eine unbestimmte
  146. Vielzahl von Einzelfällen, denen zudem unterschiedliche Sachverhalte zugrunde lagen. Der Senat nimmt wegen der Einzelheiten auf seine Ausführungen in
  147. dem in der Parallelsache III ZR 333/13 ergangenen Urteil vom selben Tag Bezug. Eine derartige allgemeine Weisung löst keine Haftungsverlagerung von der
  148. ausführenden auf die anweisende Behörde aus (vgl. Senatsurteile vom 28. Juni
  149. 1971 - III ZR 111/68, NJW 1971, 1699, 1700 und vom 12. Dezember 1974
  150. - III ZR 76/70, BGHZ 63, 319, 324).
  151. 15
  152. Jedoch ist es aufgrund der besonderen Umstände dem Beklagten ausnahmsweise versagt, sich auf die fehlende Passivlegitimation zu berufen. Das
  153. Ministerium für Inneres und Kommunales hat auf Anfrage der Bevollmächtigten
  154. der Klägerin mit Schreiben vom 11. November 2010 ausdrücklich bestätigt,
  155. dass der Erlass vom 31. März 2006 Weisungscharakter für die Ordnungsbehörden in Nordrhein-Westfalen gehabt habe. Zwar sagt allein die Tatsache, dass
  156. die Weisung einer höheren Behörde vorliegt, über die Haftungsverlagerung auf
  157. ihren Rechtsträger nichts aus, da eine allgemeine Weisung, wie ausgeführt,
  158. dies nicht bewirkt. Im vorliegenden Sachverhalt ist jedoch der Zusammenhang
  159. zu beachten, in dem das Ministerium seine dem Wortlaut nach mehrdeutige
  160. Erklärung abgegeben hat. Die Anfrage der Bevollmächtigten der Klägerin diente
  161. für den Beklagten ersichtlich dazu, die Frage der Passivlegitimation der Stadt
  162. -8-
  163. und des Landes für die geltend gemachten Schadensersatzansprüche zu klären. Vor diesem Hintergrund mussten die Vertreter der Kläger das Schreiben
  164. vom 11. November 2010 dahin verstehen, dass der Beklagte das Vorliegen einer sich auf einen überschaubaren Kreis bestimmter Personen beziehenden,
  165. die Haftung auf ihn verlagernden Weisung (vgl. hierzu Senatsurteil vom 12. Dezember 1974 - III ZR 76/70, BGHZ 63, 319, 324) bestätigte. Hieran muss sich
  166. der Beklagte festhalten lassen.
  167. 16
  168. 2.
  169. Dessen ungeachtet ist die Klage unbegründet. Die Klägerin hat keinen
  170. Anspruch auf Schadensersatz oder Entschädigung wegen der dem Rechtsstreit
  171. zugrunde liegenden Ordnungsverfügung vom 12. September 2006.
  172. 17
  173. a) Ein Anspruch nach den Grundsätzen des unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs scheidet aus, da die maßgebenden Amtsträger zwar - bei
  174. ex post-Betrachtung - objektiv unionsrechtswidrig handelten, dieser Verstoß
  175. jedoch nicht hinreichend qualifiziert ist. Die dahingehende tatrichterliche Würdigung hält den Angriffen der Revision stand. Dies betrifft sowohl den Erlass als
  176. auch das Aufrechterhalten der Ordnungsverfügung.
  177. 18
  178. aa) Hinsichtlich des Zeitraums bis zum 31. Dezember 2007 nimmt der
  179. Senat auf seine Urteile vom 18. Oktober 2012 Bezug (III ZR 197/11, NJW 2013,
  180. 168 Rn. 23 ff und III ZR 196/11, EuZW 2013, 194 Rn. 23 ff; Verfassungsbeschwerden gegen diese Urteile nicht angenommen durch BVerfG, Beschluss
  181. vom 7. Januar 2014 - 1 BvR 2571/12, juris; siehe auch Senatsbeschluss vom
  182. 28. Februar 2013 - III ZR 87/12, juris, Verfassungsbeschwerde gegen diese
  183. Entscheidung nicht angenommen durch BVerfG, Beschluss vom 7. Januar 2014
  184. - 1 BvR 1318/12; Senatsbeschluss vom 5. November 2014 - III ZR 83/13,
  185. BeckRS 2014, 22063). Nach diesen Urteilen ergab sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union bis zu den Entscheidungen in
  186. -9-
  187. den Sachen Carmen Media (NVwZ 2010, 1422), Stoß u.a. (NVwZ 2010, 1409)
  188. und Winner Wetten (NVwZ 2010, 1419) vom 8. September 2010 nicht mit der
  189. für einen qualifizierten Rechtsverstoß im Sinne des unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs erforderlichen Deutlichkeit, dass das auf den Lotteriestaatsvertrag 2004 (siehe nordrhein-westfälisches Gesetz zu dem Staatsvertrag zum
  190. Lotteriewesen in Deutschland vom 22. Juni 2004 nebst Anlage, GV. NRW.
  191. S. 293) gegründete Glücksspiel- und Sportwettenmonopol mit dem Unionsrecht
  192. nicht vereinbar war. Allerdings folgte aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 28. März 2006 (BVerfGE 115, 276) die Europarechtswidrigkeit des seinerzeitigen Monopols, da das Gericht eine mit dem Grundgesetz
  193. nicht vereinbare Inkohärenz angenommen und zugleich betont hat, die Anforderungen des deutschen Verfassungsrechts liefen parallel zu den vom Gerichtshof der Europäischen Union zum Gemeinschaftsrecht formulierten Vorgaben
  194. (Senatsurteile vom 18. Oktober 2012 aaO jew. Rn. 27). Gleichwohl konnte ein
  195. qualifizierter Verstoß wegen der Aufrechterhaltung des Monopols auch für die
  196. Folgezeit nicht angenommen werden, da das Bundesverfassungsgericht eine
  197. Übergangsfrist zur gesetzlichen Neuregelung bis zum 31. Dezember 2007 eingeräumt hatte, und die in den damaligen Verfahren des Senats betroffenen
  198. bayerischen Behörden die Maßgaben einhielten, die das Gericht zur Beseitigung der von ihm festgestellten Inkohärenz für die Interimszeit aufgestellt hatte
  199. (Senat aaO jew. Rn. 32). Dies traf, wie der Senat bereits in seinem Beschluss
  200. vom 28. Februar 2013 (aaO Rn. 3) ausgeführt hat, auch auf die Stellen des
  201. Landes Nordrhein-Westfalen zu, wie das Bundesverfassungsgericht und die
  202. Verwaltungsgerichte bestätigt haben (z.B BVerfG, WM 2007, 183, 185; OVG
  203. Münster, Beschluss vom 23. Oktober 2006 - 4 B 1060/06, juris Rn. 16 f; VG
  204. Düsseldorf, Urteil vom 6. November 2007 - 3 K 162/07, juris Rn. 29 ff).
  205. 19
  206. Da die verfassungs- und unionsrechtlichen Kriterien für die Kohärenz des
  207. Sportwettenmonopols, wie die Revision nicht in Abrede stellt, identisch waren,
  208. - 10 -
  209. durften die Behörden davon ausgehen, dass mit Einhaltung der vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Maßgaben zur Herstellung der notwendigen
  210. Kohärenz nicht nur die verfassungsrechtlichen, sondern auch die unionsrechtlichen Bedenken behoben waren. Daran ändert nichts, dass das Bundesverfassungsgericht formal grundsätzlich nicht abschließend über das Unionsrecht zu
  211. befinden hat. Dessen ungeachtet durfte sich die Verwaltung der Sache nach auf
  212. die höchstrichterlichen Ausführungen und auf die sich hieraus ohne Weiteres
  213. ergebenden Schlussfolgerungen verlassen.
  214. 20
  215. Soweit die Revision meint, (insbesondere) für die Amtsträger des Beklagten sei gleichwohl erkennbar gewesen, dass das Sportwettenmonopol dem
  216. Unionsrecht widersprochen habe, überzeugt dies angesichts der vorstehend
  217. zitierten Rechtsprechung nicht. Fehl geht auch der Hinweis auf das Urteil des
  218. Bundesverwaltungsgerichts vom 20. Juni 2013 (BVerwGE 147, 47 Rn. 33 ff),
  219. das ausgeführt hat, das in Nordrhein-Westfalen bis zum 30. November 2012
  220. bestehende staatliche Sportwettenmonopol sei wegen einer seinen Zielsetzungen widersprechenden Werbepraxis inkohärent und habe deshalb gegen die
  221. unionsrechtliche Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit verstoßen. Aus
  222. dieser ex post im Jahr 2013 getroffenen Feststellung lässt sich nicht ableiten,
  223. dass für die Amtsträger des Beklagten im maßgeblichen Zeitraum die vom
  224. Bundesverwaltungsgericht beanstandeten Kohärenzmängel entgegen der vorzitierten Rechtsprechung hinreichend deutlich waren. Dessen ungeachtet versucht die Revision ohnehin nur - revisionsrechtlich unbeachtlich - ihre Sachverhaltswürdigung an die Stelle derjenigen des Berufungsgerichts zu setzen.
  225. 21
  226. Unbehelflich für ihren Rechtsstandpunkt ist die von der Revision als nicht
  227. hinreichend gewürdigt gerügte, mit einem Beweisangebot versehene Behauptung der Klägerin, das ausschlaggebende Motiv für die Aufrechterhaltung des
  228. Sportwettenmonopols sei das fiskalische Interesse der Länder gewesen. Ent-
  229. - 11 -
  230. scheidend für den Ersatzanspruch der Klägerin ist, ob die Beteiligten davon
  231. ausgehen durften, dass die Maßgaben des Bundesverfassungsgerichts eingehalten wurden. Eben dies war nach der zitierten Rechtsprechung der Fall, so
  232. dass die handelnden Amtsträger unabhängig von den von der Klägerin behaupteten "wahren" Motiven einzelner (nicht namentlich genannter) "hochrangiger
  233. Vertreter" des beklagten Landes von der weiterhin bestehenden Rechtmäßigkeit des Sportwettenmonopols ausgehen durften.
  234. 22
  235. Soweit sich die Revision schließlich auf eine zuvor ergangene Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Münster vom 28. Juni 2006 bezieht, in der
  236. entgegen der oben zitierten Rechtsprechung noch ausgeführt worden war, dass
  237. die Kohärenzdefizite durch die Anordnungen des Innenministeriums des Beklagten und deren Umsetzung durch die W.
  238. L.
  239. gesellschaft
  240. nicht beseitigt worden seien (NVwZ 2006, 1078, 1080), übergeht sie, dass das
  241. Gericht die Untersagung der Sportwettenvermittlung im Ergebnis gleichwohl für
  242. rechtmäßig gehalten hat (aaO). Die Nichtanwendbarkeit des mit dem EU-Recht
  243. nicht zu vereinbarenden Wettmonopols würde zu einer Gefährdung wichtiger
  244. Allgemeininteressen führen. In derartigen Fällen könne nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union der Anwendungsvorrang zurücktreten (aaO).
  245. 23
  246. bb) Die gleichen Erwägungen gelten, wie sich ohne Weiteres aus der
  247. Begründung der Senatsurteile vom 18. Oktober 2012 (jew. aaO Rn. 23 ff) ableiten lässt, ebenso für die Zeit ab dem 1. Januar 2008 bis zu den Entscheidungen
  248. des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 8. September 2010 (aaO). Ab
  249. dem 1. Januar 2008 galt der neue Glücksspielstaatsvertrag (siehe nordrheinwestfälisches Gesetz zum Staatsvertrag zum Glücksspielwesen in Deutschland
  250. vom 30. Oktober 2007 nebst Anlage, GV. NRW. S. 445), durch den das Sportwettenmonopol unter Beachtung der vom Bundesverfassungsgericht aufgestell-
  251. - 12 -
  252. ten Maßgaben grundsätzlich aufrechterhalten wurde. Davon dass die Maßgaben zur Begrenzung der Gefahren der Glücksspielsucht in dem Vertrag ordnungsgemäß umgesetzt waren, ist auch das Bundesverfassungsgericht ausgegangen (vgl. NVwZ 2008, 1338 Rn. 28 ff). Erst aufgrund der vorgenannten Urteile des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 8. September 2010 wurde
  253. hinreichend deutlich, dass auch der neue Staatsvertrag nicht die Einhaltung der
  254. unionsrechtlichen Vorgaben gewährleistete und das in dem Staatsvertrag geregelte Monopol für Sportwetten mit der durch Art. 56 AEUV garantierten Dienstleistungsfreiheit nicht in Einklang stand.
  255. 24
  256. cc) Für den Zeitraum ab dem 8. September 2010 ist im Ergebnis ebenfalls keine andere Bewertung geboten. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union sind ungeachtet der Unzulässigkeit des in den
  257. bisherigen Staatsverträgen enthaltenen Sportwettenmonopols sowohl Erlaubnisvorbehalte für die Tätigkeit von Wettanbietern (vgl. § 4 Abs. 1 des Glücksspielstaatsvertrags vom 30. Oktober 2007) als auch Beschränkungen auf bestimmte Arten von Wetten möglich (z.B. Urteil vom 8. September 2010
  258. - Carmen Media, NVwZ 2010, 1422 Rn. 84 ff, 102 ff). Die Revision zeigt keinen
  259. Sachvortrag in den Vorinstanzen auf, aus dem sich ergibt, dass die Klägerin
  260. einen Anspruch auf Erteilung einer Erlaubnis für das von ihr zu vermittelnde
  261. Wettangebot haben könnte, so dass die unterbliebene Aufhebung der Untersagungsverfügung oder auch die unterbliebene Aufhebung des Erlasses vom
  262. 31. März 2006 einen hinreichend qualifizierten Rechtsverstoß darstellen würde.
  263. 25
  264. b) Die vorstehenden Erwägungen gelten für eine etwaige Forderung der
  265. Klägerin aus § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB i.V.m. Art. 34 Satz 1 GG entsprechend,
  266. sofern diese Anspruchsgrundlage für Sachverhalte wie den vorliegenden neben
  267. dem unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch zur Anwendung kommen kann.
  268. Es fehlt aus den vorstehenden Gründen an dem notwendigen Verschulden der
  269. - 13 -
  270. handelnden Amtsträger für den Erlass und das Aufrechterhalten der in Rede
  271. stehenden Verfügung.
  272. 26
  273. c) Schließlich scheidet auch ein Anspruch aus § 39 Abs. 1 Buchst. b
  274. OBG NW aus. Danach kann derjenige, der durch eine rechtswidrige Maßnahme
  275. einer Ordnungsbehörde einen Schaden erlitten hat, diesen ersetzt verlangen,
  276. gleichgültig, ob die Behörde ein Verschulden trifft oder nicht. Diese Vorschrift ist
  277. jedoch auf den den Amtsträgern objektiv unterlaufenen beziehungsweise haftungsrechtlich zuzurechnenden Verstoß gegen das Grundgesetz und das Unionsrecht nicht anwendbar. Gleiches gilt für das Aufrechterhalten der Verfügung
  278. vom 12. September 2006. Entscheidend hierfür ist, dass die Verwaltungsmaßnahmen im Einklang mit den (nationalen) Gesetzen standen. Nach § 5 Abs. 2
  279. und 4 des zum Zeitpunkt des Erlasses der Verfügung maßgeblichen, am 1. Juli
  280. 2004 in Kraft getretenen Staatsvertrags zum Lotteriewesen in Deutschland
  281. (LoStV) bestand für die hier in Rede stehenden Wetten ein staatliches Veranstaltungsmonopol. Nach § 14 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1
  282. LoStV - hier in Verbindung mit § 1 Abs. 1 Satz 2 des nordrhein-westfälischen
  283. Sportwettengesetzes in der Fassung des Änderungsgesetzes vom 14. Dezember 1999 (GV. NRW. S. 687) - durften die Behörden die Vermittlung von gegen
  284. das Sportwettenmonopol verstoßenden Wetten untersagen. Für den ab dem
  285. 1. Januar 2008 geltenden Staatsvertrag zum Glücksspielwesen in Deutschland
  286. (GlüStV 2008) folgte das Monopol aus dessen § 10 Abs. 2 und 5. Die Untersagungsbefugnis der Behörden ergab sich aus § 4 Abs. 1 Satz 2, § 9 Abs. 1
  287. Satz 2 und 3 Nr. 3 GlüStV 2008 (siehe jetzt § 10 Abs. 2, 6, § 4 Abs. 1 Satz 2,
  288. § 9 Abs. 1 Satz 2 und 3 Nr. 3 unter der Maßgabe von § 10a des in NordrheinWestfalen gemäß Art. 2 § 24 Abs. 1 des Gesetzes zum Ersten Staatsvertrag
  289. zur Änderung des Staatsvertrags zum Glücksspielwesen in Deutschland vom
  290. 13. November 2012 mit Anlage, GV. NRW. 524, am 1. Dezember 2012 in Kraft
  291. getretenen geltenden GlüStV).
  292. - 14 -
  293. 27
  294. Entgegen der Ansicht der Revision beruhten der Erlass der Ordnungsverfügung und die Anordnung ihrer sofortigen Vollziehung nicht auf Ermessensfehlern der Stadt. Nach der (nationalen) Rechtslage erfüllte die Vermittlung von
  295. Sportwetten außerhalb des Monopols den Straftatbestand des § 284 Abs. 1
  296. StGB. Vor diesem Hintergrund war das sofortige Einschreiten der Ordnungsbehörden lediglich die Folge einer konsequenten Durchsetzung des nationalen
  297. Rechts und nicht die einer unzureichenden Ermessensausübung. Ob, wie das
  298. Berufungsgericht - naheliegend - gemeint hat, die Revision jedoch in Abrede
  299. stellt, sogar eine Ermessensreduzierung auf null bestanden hat, kann dabei auf
  300. sich beruhen.
  301. 28
  302. Soweit die Revision auch im vorliegenden Zusammenhang weiter geltend macht, die Werbung für die von den Monopolträgern veranstalteten Wetten
  303. habe - entgegen den oben (unter Buchstaben a, aa) zitierten Entscheidungen
  304. der nordrhein-westfälischen Verwaltungsgerichte - nicht den vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Kohärenzanforderungen entsprochen, führt dies
  305. nicht dazu, dass sich die Durchsetzung des Sportwettenmonopols als zum
  306. Schadensersatz nach § 39 Abs. 1 Buchst. b OBG NW verpflichtendes administratives Unrecht darstellt. Vielmehr ist nach dem Maßstab des Verfassungsrechts aus dem auf einer den Kohärenzanforderungen widersprechenden Werbung beruhenden strukturellen Vollzugsdefizit auf die Unverhältnismäßigkeit der
  307. Monopolregelung im engeren Sinne und damit auf einen normativen Mangel zu
  308. schließen (BVerfGE 115, 276, 309, 313 ff; BVerwGE 147, 47 Rn. 50 a.E., vgl.
  309. auch Rn. 20).
  310. 29
  311. Damit beruht die objektive Rechtswidrigkeit der in Rede stehenden Maßnahmen ausschließlich darauf, dass das (nationale) Recht, das die Verwaltung
  312. für sich genommen zutreffend angewandt hat, dem Verfassungs- und dem Uni-
  313. - 15 -
  314. onsrecht widersprach. Diese Fallgestaltung wird von § 39 Abs. 1 Buchst. b OBG
  315. NW nicht erfasst.
  316. 30
  317. aa) Bei dem verschuldensunabhängigen Ersatzanspruch für Schäden
  318. infolge rechtswidriger Maßnahmen der Ordnungsbehörden nach § 39 Abs. 1
  319. Buchst. b OBG NW handelt es sich um eine spezialgesetzliche Konkretisierung
  320. der Haftung aus enteignungsgleichem Eingriff (Senatsurteile vom 16. Oktober
  321. 1978 - III ZR 9/77, BGHZ 72, 273, 276; vom 12. Oktober 1978 - III ZR 162/76,
  322. NJW 1979, 34, 36 jeweils zu § 42 Abs. 1 Buchst. b OBG NW in der ursprünglichen Fassung des Gesetzes; Krohn, Enteignung, Entschädigung, Staatshaftung, 1993, S. 102 Rn. 95; Schönenbroicher/Heusch, Ordnungsbehördengesetz
  323. Nordrhein-Westfalen, § 39 Rn. 24; Denninger/Rachor, Handbuch des Polizeirechts, 5. Aufl., M Rn. 69 f). Aus diesem Grund ist zur Auslegung dieser
  324. Vorschrift die zum enteignungsgleichen Eingriff ergangene Rechtsprechung
  325. heranzuziehen (Drews/Wacke/Vogel/Martens, Gefahrenabwehr, 9. Aufl., § 33
  326. S. 664 f). Im Zusammenhang mit dem richterrechtlich geprägten und ausgestalteten Institut des enteignungsgleichen Eingriffs hat der Senat wiederholt entschieden, dass eine Haftung für legislatives Unrecht in Gestalt eines mit dem
  327. Grundgesetz nicht zu vereinbarenden formellen Gesetzes ausscheidet (Senatsurteile vom 12. März 1987 - III ZR 216/85, BGHZ 100, 136, 145; vom
  328. 10. Dezember 1987 - III ZR 220/86, BGHZ 102, 350, 359 und vom 7. Juli 1988
  329. - III ZR 198/87, VersR 1988, 1046, 1047; siehe auch Krohn, VersR 1991, 1085,
  330. 1087; Papier in Maunz/Dürig, GG, Stand 2014, Art. 34 Rn. 45). Dies beruht
  331. nicht zuletzt auf der Erwägung, die Haushaltsprärogative des Parlaments in
  332. möglichst weitgehendem Umfang zu wahren und die Gewährung von Entschädigungen für legislatives Unrecht angesichts der hiermit verbundenen erheblichen finanziellen Lasten für die öffentliche Hand der Entscheidung des Parlamentsgesetzgebers vorzubehalten (Senatsurteil vom 12. März 1987 aaO,
  333. S. 145 f; Papier in Maunz/Dürig, aaO). Auch für den Vollzug eines verfas-
  334. - 16 -
  335. sungswidrigen Gesetzes haftet die öffentliche Hand nicht unter dem Gesichtspunkt des enteignungsgleichen Eingriffs (Senatsurteile vom 12. März 1987 aaO
  336. S. 145; vom 10. Dezember 1987 aaO; Krohn aaO). Ansonsten würde der Ausschluss der verschuldensunabhängigen Haftung für legislatives Unrecht in weiten Teilen unterlaufen, da Gesetze regelmäßig erst mit der Umsetzung durch
  337. die Verwaltung ihre Wirkung auf das Eigentum des Einzelnen entfalten.
  338. 31
  339. Eine Erstreckung der Haftungsregelung des § 39 Abs. 1 Buchst. b OBG
  340. auf die Fälle legislativen Unrechts käme deshalb nur in Betracht, wenn der Gesetzgeber eine entsprechende Haftungsausweitung beabsichtigt hätte. Ein solcher Wille kann vorliegend jedoch nicht angenommen werden (vgl. BVerwGE
  341. 147, 47 Rn. 20). Vielmehr ergibt sich aus den Gesetzesmaterialien, dass der
  342. Gesetzgeber lediglich in Orientierung an dem richterrechtlich entwickelten Institut des enteignungsgleichen Eingriffs die Haftung für den Bereich des Verwaltungshandelns von Ordnungsbehörden gesetzlich regeln wollte. So wurde die
  343. vom Ausschuss für Innere Verwaltung vorgeschlagene Ausweitung der Haftung
  344. auf die Schädigung von Personen, die als Störer in Anspruch genommen wurden (Beschlussvorschlag des Ausschusses vom 11. Oktober 1955, LT-Drucks.
  345. 3/243 S. 19 zu § 48), im Landtagsplenum dahin erläutert, dass in Anlehnung an
  346. das in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entwickelte Institut des
  347. enteignungsgleichen Eingriffs eine Haftung auch für rechtswidrig-schuldlose
  348. Verwaltungsmaßnahmen eingeführt werden solle (vgl. das Protokoll der 2. Lesung des Entwurfs des Ordnungsbehördengesetzes, LT-Protokolle 3. Wahlperiode Bd. 1 S. 827 f, 837). Auch die Ablehnung eines Antrags der Fraktion des
  349. Zentrums, den Haftungsumfang auf entgangenen Gewinn zu erstrecken (LTDrucks. 3/273 S. 3 zu § 48), und die Ablehnung einer Haftung für immaterielle
  350. Schäden wurden auf die richterrechtlich konkretisierten Anforderungen aus
  351. Art. 14 GG zurückgeführt (LT-Protokolle aaO).
  352. - 17 -
  353. 32
  354. Der Umstand, dass die Rechtsprechung zum Ausschluss der Haftung für
  355. legislatives Unrecht im Zusammenhang mit dem Anspruch aus enteignungsgleichem Eingriff zeitlich nach Schaffung des Ordnungsbehördengesetzes ergangen ist, führt nicht zu einem anderen Ergebnis. Die entsprechende Haftungsbegrenzung wurde durch die Rechtsprechung des Senats nicht neu geschaffen, diese ist vielmehr dem Rechtsinstitut des enteignungsgleichen Eingriffs immanent (BVerwG aaO). Zwar hat der Senat, worauf die Revision hingewiesen hat, in seinem Urteil vom 29. März 1971 (III ZR 110/68, BGHZ 56, 40)
  356. in einem obiter dictum eine Haftung auf dieser Grundlage auch für einen unmittelbaren Eingriff in das Eigentum durch ein Gesetz für denkbar gehalten. Im
  357. Urteil vom 12. März 1987 hat er jedoch klargestellt, dass sich die Haftung für
  358. legislatives Unrecht nicht im Rahmen dieses richterrechtlich geprägten und
  359. ausgestalteten Haftungsinstitut hält (III ZR 216/85, BGHZ 100, 136, 145), mithin
  360. mit ihm konzeptionell nicht vereinbar ist.
  361. 33
  362. Mangels ausdrücklicher Regelung im Gesetz und ohne Anhaltspunkte für
  363. einen entsprechenden Willen des Gesetzgebers kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Gesetzgeber mit der Entschädigungshaftung nach dem
  364. Ordnungsbehördengesetz auch die Fälle erfassen wollte, in denen Nachteile
  365. durch - von der Haftung aus enteignungsgleichem Eingriff nicht umfasstes - legislatives Unrecht entstanden sind (so auch OLG Köln, ZfWG 2012, 287, 29;
  366. OLG Hamburg, Urteil vom 30. November 2012 - 1 U 74/11, juris Rn. 69 f; Dietlein/Burgi/Hellermann, Öffentliches Recht Nordrhein-Westfalen, 5. Aufl., S. 441
  367. f. Rn. 281a; a. A. Schönenbroicher/Heusch aaO § 39 Rn. 30).
  368. 34
  369. bb) (1) Ist hiernach die Haftung für legislatives Unrecht und seinen verwaltungsmäßigen Vollzug von § 39 Abs. 1 Buchst. b OBG NW nicht erfasst, gilt
  370. dies nicht nur für die Fälle des Verstoßes eines Gesetzes gegen nationales Verfassungsrecht, sondern gleichermaßen, wenn, wie hier, ein innerstaatliches
  371. - 18 -
  372. Gesetz gegen Recht der Europäischen Union verstößt (so auch OLG Köln
  373. aaO). Der Senat hat nach seinem Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union in der Sache "Brasserie du Pêcheur" (Senatsbeschluss vom 28. Januar 1993 - III ZR 127/91, ZIP 1993, 345) auf der
  374. Grundlage der Antworten des Gerichtshofs auf die Vorlagefragen (Urteil vom
  375. 5. März 1996 - C-46/93 - Brasserie du Pêcheur und Factortame, NJW 1996,
  376. 1267) bereits entschieden, dass eine Haftung des Gesetzgebers nach den
  377. Grundsätzen des enteignungsgleichen Eingriffs auch für Nachteile ausscheidet,
  378. die durch ein gegen das europäische Unionsrecht verstoßendes formelles Gesetz verursacht werden (Senatsurteil vom 24. Oktober 1996 - III ZR 127/91,
  379. BGHZ 134, 30, 33 ff). Der Gerichtshof hat auf die Frage des Senats, ob die
  380. Entschädigung für die Nichtanpassung des nationalen Rechts an das europäische Recht davon abhängig gemacht werden kann, dass den verantwortlichen
  381. staatlichen Amtsträgern ein Verschulden zur Last fällt, ausgeführt, dass die Haftung nicht von einem Verschulden abhängig gemacht werden dürfe, das über
  382. den hinreichend qualifizierten Verstoß gegen das Unionsrecht hinausgehe (aaO
  383. Rn. 78 ff). Dem ist im Umkehrschluss zu entnehmen, dass es bei Verstößen
  384. des Gesetzgebers gegen Unionsrecht einer vom Verschuldenserfordernis beziehungsweise von den Voraussetzungen eines hinreichend qualifizierten EURechtsverstoßes losgelösten (auf nationalem Recht beruhenden) Haftung nicht
  385. bedarf. Es reicht vielmehr aus, wenn das nationale Gericht in solchen Fällen
  386. eine Haftung (nur) unmittelbar aus dem europäischen Gemeinschaftsrecht herleitet (Senatsurteil vom 24. Oktober 1996 aaO).
  387. 35
  388. Da § 39 Abs. 1 Buchst. b OBG NW aus den vorgenannten Gründen eine
  389. Konkretisierung des Grundsatzes der Haftung für enteignungsgleiche Eingriffe
  390. darstellt, sind die vorstehenden Erwägungen auf diese Bestimmung übertragbar.
  391. - 19 -
  392. 36
  393. (2) Soweit der Ersatzanspruch, wie im vorliegend zu beurteilenden Sachverhalt, nicht unmittelbar auf das gegen höherrangiges Recht verstoßende Gesetz selbst gestützt wird, sondern auf dessen Vollzug, ist allerdings der folgende - im Ergebnis jedoch nicht entscheidende - Gesichtspunkt zu beachten. Widerspricht die betreffende Norm nationalem Verfassungsrecht, hat die Verwaltung sie gleichwohl anzuwenden, da sie keine Verwerfungskompetenz hat. Diese ist gemäß Art. 100 Abs. 1 GG dem Bundesverfassungsgericht vorbehalten.
  394. Demgegenüber sind aufgrund des unionsrechtlichen Anwendungsvorrangs
  395. auch die Behörden verpflichtet, dem Unionsrecht widersprechende mitgliedstaatliche Normen von sich aus unangewendet zu lassen (z.B. EuGH, Urteil
  396. vom 22. Juni 1989 - C-103/88 - Costanzo, juris Rn. 31; Streinz, EUV/AEUV,
  397. 2. Aufl., EUV Art. 4 Rn. 37, 39; siehe auch EuGH NJW 1978, 1741 f zur Verwerfungskompetenz der Gerichte). Wendet die Verwaltung das nationale Recht
  398. gleichwohl an, könnte dieses Vorgehen bei einer rein begrifflichen Betrachtung
  399. deshalb eher dem administrativen als dem legislativen Unrecht zuzuordnen
  400. sein, so dass ein Anspruch aus § 39 Abs. 1 Buchst. b OBG NW im Ausgangspunkt in Betracht zu ziehen sein könnte. Diese Erwägung greift jedoch in der
  401. vorliegenden Fallgestaltung bei der gebotenen wertenden Betrachtung nicht
  402. durch.
  403. 37
  404. Der mit dem Ausschluss legislativen Unrechts vom Anwendungsbereich
  405. des § 39 Abs. 1 Buchst. b OBG NW verfolgte Zweck trifft auf die vorliegende
  406. Fallgestaltung ebenfalls zu. Würde man auch dann, wenn es nicht um Vollzugsdefizite der Verwaltung im Einzelfall geht, sondern um den für sich genommen korrekten Gesetzesvollzug in einer Vielzahl von Fällen, die verschuldensunabhängige Haftung nach dem Ordnungsbehördengesetz durchgreifen
  407. lassen, würde der Ausschluss der Haftung der öffentlichen Hand wegen legislativen Unrechts weitgehend leerlaufen. Darüber hinaus wäre eine Erstreckung
  408. der "reinen Erfolgshaftung" der Ordnungsbehörden auf den Vollzug eines ge-
  409. - 20 -
  410. gen Unionsrecht verstoßenden Gesetzes mit so weit reichenden finanziellen
  411. Folgen für die öffentlichen Haushalte verbunden, dass sich ohne einen eindeutig feststellbaren gesetzgeberischen Willen eine derartige Ausweitung der Haftung verbietet.
  412. 38
  413. Damit ist das "administrative" Unrecht in der vorliegenden Fallgestaltung
  414. der Vollziehung von dem Unionsrecht widersprechenden nationalen Recht dem
  415. legislativen Unrecht im Sinne des enteignungsgleichen Eingriffs und des § 39
  416. Abs. 1 Buchst. b OBG NW gleichzusetzen. Denn die Ursache für die Rechtswidrigkeit der Verwaltungsmaßnahme liegt ihrem Schwerpunkt nach in der
  417. Sphäre der Legislative, wenn, wie hier, die Verwaltung ein nationales Gesetz
  418. vollzieht, das - für sie nicht ohne weiteres erkennbar - mit dem Unionsrecht unvereinbar ist.
  419. 39
  420. (3) Der Ausschluss der verschuldensunabhängigen Haftung nach § 39
  421. Abs. 1 Buchst. b OBG NW für die Vollziehung von dem Unionsrecht widersprechenden nationalen Recht ist seinerseits mit dem Recht der Europäischen Union vereinbar, so dass auch die unionsrechtskonforme Auslegung von § 39
  422. Abs. 1 Buchst. b OBG NW zu keinem anderen Ergebnis führt. Wie bereits erwähnt, hat der Gerichtshof der Europäischen Union in seinem Urteil vom
  423. 5. März 1996 (NJW 1996, 1267) auf die entsprechende Frage des Senats ausgeführt, dass die Haftung für ein dem europäischen Recht widersprechendes
  424. Gesetz (nur) nicht von einem Verschulden abhängig gemacht werden dürfe,
  425. das über den hinreichend qualifizierten Verstoß gegen das Unionsrecht hinausgehe (aaO Rn. 78 f). Dem ist im Umkehrschluss zu entnehmen, dass bei Verstößen des Gesetzgebers gegen Unionsrecht eine hiervon unabhängige Haftung, nicht anders als in Fällen verfassungswidrigen nationalen Rechts, nicht
  426. geboten ist. Dafür, dass dies nur für die Haftung des Gesetzgebers gelten soll,
  427. nicht aber für die Exekutive, die das EU-rechtswidrige nationale Gesetz anwen-
  428. - 21 -
  429. det, gibt es keinen Anhaltspunkt. Eine solche Einschränkung ist dem Urteil des
  430. Gerichtshofs nicht zu entnehmen. Sie wäre auch mit der Erwägung nicht in Einklang zu bringen, dass den Erfordernissen der vollen Wirksamkeit des Unionsrecht und des effektiven Schutzes der aus ihm folgenden Rechte mit einer
  431. Staatshaftung unter den genannten einschränkenden Voraussetzungen genüge
  432. getan ist. Hinzu tritt auch in diesem Zusammenhang, dass die nach der Entscheidung des Gerichtshofs jedenfalls für die Legislative zulässige Beschränkung der Haftung auf Sachverhalte, in denen ein hinreichend qualifizierter und
  433. unmittelbar schadenskausaler Verstoß gegen Unionsrecht vorliegt, weitgehend
  434. leerliefe, wenn die Exekutive für den Vollzug des entsprechenden nationalen
  435. Gesetzes unabhängig von diesen Voraussetzungen haften müsste.
  436. 40
  437. Weiterhin ist das Erfordernis erfüllt, dass die Voraussetzungen für eine
  438. Haftung wegen eines Unionsrechtsverstoßes nicht ungünstiger sein dürfen als
  439. bei entsprechenden Ansprüchen wegen Verletzung innerstaatlichen Rechts
  440. (vgl. hierzu EuGH aaO Rn. 67, 70). § 39 Abs. 1 Buchst. b OBG NW ist im Fall
  441. eines gegen nationales Verfassungsrecht verstoßenden Gesetzes ebenso wenig anwendbar wie bei einem dem Unionsrecht widersprechenden Gesetz.
  442. Schließlich wird durch den Ausschluss der von einem hinreichend qualifizierten
  443. Unionsrechtsverstoß unabhängigen Haftung in diesen Fällen auch nicht die Erlangung einer Entschädigung praktisch unmöglich gemacht oder übermäßig
  444. erschwert (vgl. hierzu EuGH aaO), da der Geschädigte unter den Voraussetzungen des unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs Ersatz für seine Schäden erlangen kann.
  445. 41
  446. 3.
  447. Eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union gemäß
  448. Art. 267 Abs. 2, 3 AEUV ist entbehrlich.
  449. - 22 -
  450. 42
  451. Die Würdigung, ob ein Verstoß des Beklagten gegen das Unionsrecht im
  452. konkreten Einzelfall hinreichend qualifiziert ist, obliegt nach den vom Gerichtshof der Europäischen Union hierfür entwickelten Leitlinien den nationalen Gerichten (vgl. Senatsurteile vom 18. Oktober 2012 - III ZR 197/11, NJW 2013,
  453. 168 Rn. 38 und III ZR 196/11, EuZW 2013, 194 Rn. 38 jew. mwN). Unionsrechtliche Fragen im Zusammenhang mit der Frage des hinreichend qualifizierten
  454. Charakters des EU-Rechtsverstoßes des Beklagten, die über die bloße Anwendung der Grundsätze des unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs auf den
  455. vorliegenden konkreten Sachverhalt hinausgehen, wirft der Fall nicht auf.
  456. 43
  457. Soweit die Anwendbarkeit von § 39 Abs. 1 Buchst. b OBG NW auf die
  458. vorliegende Fallgestaltung betroffen ist, steht aufgrund der Entscheidung des
  459. Gerichtshofs der Europäischen Union vom 5. März 1996 (NJW 1996, 1267) mit
  460. der nach der "acte-clair-" beziehungsweise "acte-éclairé-Doktrin" erforderlichen
  461. Gewissheit (siehe hierzu z.B. EuGH, Urteil vom 15. September 2005
  462. - C-495/03 - Intermodal Transports, Slg. 2005, I-8191 Rn. 33) fest, dass die Erwägungen des Senats zur Vereinbarkeit seiner Auslegung der Vorschrift mit
  463. dem Unionsrecht zutreffen. Den Ausführungen des Gerichtshofs im Urteil vom
  464. 5. März 1996 ist - wie erwähnt - unzweifelhaft zu entnehmen, dass das Unionsrecht keine verschuldensunabhängige, von einem hinreichend qualifizierten
  465. Rechtsverstoß losgelöste Haftung gebietet, wenn das nationale Recht im Widerspruch zum Unionsrecht steht. Dass dies nicht nur für die Haftung der gesetzgebenden Körperschaft gilt, sondern auch für die Behörde, die ein solchermaßen rechtswidriges nationales Gesetz anwendet, folgt ebenfalls mit der erforderlichen Gewissheit aus der genannten Entscheidung. Auch wenn Gegenstand des Urteils - bezogen auf die vom Senat und dem Londoner High Court
  466. unterbreiteten Sachverhalte - unmittelbar lediglich die Haftung der Legislative
  467. war, enthält es keinerlei Einschränkung, dass die Zulässigkeit des Ausschlusses einer vom Verschulden und einem qualifizierten Verstoß unabhängigen
  468. - 23 -
  469. Haftung nur für die gesetzgebende Körperschaft gelten soll. Die hierzu angestellte ergänzende Erwägung des Senats, dass anderenfalls die Beschränkung
  470. der Haftung wegen "legislativen" Unrechts auf qualifizierte Verstöße de facto
  471. weitgehend leerliefe, wenn für den Vollzug unionsrechtswidriger nationaler Gesetze verschuldensunabhängig gehaftet werden müsste, ist in dem Urteil des
  472. Gerichtshofs - den zugrunde liegenden Sachverhalten entsprechend - zwar
  473. nicht enthalten. Sie liegt aber so klar auf der Hand, dass ernsthafte Zweifel
  474. ebenfalls nicht bestehen.
  475. 44
  476. Die vorstehende Würdigung wird bestätigt durch die Begründung der
  477. Schlussanträge des Generalanwalts in jener Sache. Dieser hat seine Erörterung der Haftung auf der Grundlage des unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs und ihrer Grenzen auch auf die Schäden bezogen, die durch die Anwendung eines nationalen Gesetzes entstanden sind, das im Widerspruch zum
  478. Gemeinschaftsrecht steht (Schlussanträge vom 28. November 1995 zu
  479. C-46/93, juris Rn. 3, 10). Zu einer Differenzierung danach, ob der Schaden unmittelbar durch das Gesetz verursacht wurde oder erst infolge seines verwaltungsmäßigen Vollzugs, hat er offensichtlich keinen Anlass gesehen.
  480. 45
  481. Gleichfalls auf der Hand liegen die Würdigungen, dass mit der Nichtanwendbarkeit von § 39 Abs. 1 Buchst. b OBG auf die vorliegende Fallgestaltung
  482. die Haftung für einen Unionsrechtsverstoß nicht ungünstiger ausgestaltet ist als
  483. für einen Anspruch wegen eines gleichartigen Verstoßes gegen höherrangiges
  484. - 24 -
  485. nationales Recht und dass die Erlangung einer Entschädigung nicht praktisch
  486. unmöglich gemacht oder übermäßig erschwert wird.
  487. Schlick
  488. Herrmann
  489. Remmert
  490. Tombrink
  491. Reiter
  492. Vorinstanzen:
  493. LG Bochum, Entscheidung vom 09.09.2011 - 5 O 5/11 OLG Hamm, Entscheidung vom 03.05.2013 - I-11 U 88/11 -