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1 year ago
  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. II ZR 216/06
  5. Verkündet am:
  6. 15. Oktober 2007
  7. Boppel
  8. Justizamtsinspektor
  9. als Urkundsbeamter
  10. der Geschäftsstelle
  11. in dem Rechtsstreit
  12. Nachschlagewerk: ja
  13. BGHZ:
  14. nein
  15. BGHR:
  16. ja
  17. GmbHG §§ 3 Abs. 2, 46 Nr. 2, 55; BGB §§ 119, 123
  18. a) Abreden über ein als neben der Einlage zu erbringendes Aufgeld
  19. (Agio) sind bei der GmbH sowohl in statutarischer Form gemäß § 3 Abs. 2
  20. GmbHG bzw. aufgrund formwirksamen Kapitalerhöhungsbeschlusses als auch
  21. ohne statutarische Grundlage durch rein schuldrechtlich wirkende Vereinbarung
  22. zulässig.
  23. b) Ein in den satzungsändernden Kapitalerhöhungsbeschluss und die Übernahmeerklärung aufgenommenes statutarisches Agio wird als korporative Nebenleistungspflicht mit der Eintragung der Kapitalerhöhung in das Handelsregister verbindlich. Danach kann die Übernahmeerklärung auch in Bezug auf das Agio vom
  24. Inferenten nicht mehr wegen Willensmängeln gemäß §§ 119, 123 BGB angefochten werden.
  25. c) Die auf § 46 Nr. 2 GmbHG oder inhaltsgleicher Satzungsregelung beruhende Beschlusskompetenz der Gesellschafter zur Einforderung sowohl der Geldeinlage
  26. selbst als auch eines darüber hinaus aufgrund statutarischer Festlegung zu leistenden Agio entfällt mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der GmbH. In diesem Fall ist der Insolvenzverwalter befugt, auch eine bis
  27. dahin noch nicht fällig gestellte Einlage- oder (Rest-)Agioforderung unmittelbar
  28. zur Masse einzufordern.
  29. BGH, Urteil vom 15. Oktober 2007 - II ZR 216/06 - OLG Köln
  30. LG Köln
  31. -2-
  32. Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
  33. vom
  34. 15. Oktober
  35. 2007
  36. durch
  37. den
  38. Vorsitzenden
  39. Richter
  40. Prof. Dr. Goette und die Richter Dr. Kurzwelly, Dr. Strohn, Dr. Reichart und
  41. Dr. Drescher
  42. für Recht erkannt:
  43. Auf die Rechtsmittel des Klägers werden das Urteil des 18. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 17. August 2006 aufgehoben und das Urteil der 22. Zivilkammer des Landgerichts Köln
  44. vom 28. Juli 2005 abgeändert.
  45. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 53.685,65 € nebst 6 %
  46. Zinsen seit dem 1. Januar 2000 zu zahlen.
  47. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
  48. Von Rechts wegen
  49. Tatbestand:
  50. 1
  51. Der Kläger ist Insolvenzverwalter in dem am 1. August 2002 eröffneten
  52. Insolvenzverfahren über das Vermögen der K.
  53. Verlagsgesellschaft
  54. mbH (nachfolgend: Schuldnerin). Der Beklagte war als leitender Angestellter
  55. (Herstellungsleiter) für die Schuldnerin tätig; deren Gesellschafter waren bis
  56. Dezember 1999 die Eheleute L.
  57. und D.
  58. B.V. (nachfolgend B.
  59. K.
  60. sowie die B.
  61. B.V.). Diese beschlossen
  62. in Teil A der notariellen Urkunde vom 15. Dezember 1999 eine Kapitalerhöhung
  63. um 68.400,00 DM auf 1.402.000,00 DM. Die Inferenten hatten neben den zu
  64. -3-
  65. übernehmenden Stammeinlagen ein Aufgeld von 2.000,00 DM pro 100,00 DM
  66. Nennbetrag - jedoch abzüglich des jeweiligen Nennwerts des Geschäftsanteils zu zahlen. Zur Übernahme wurden mit folgenden Stammeinlagen zugelassen:
  67. die B.
  68. B.V. mit 19.400,00 DM, P.
  69. F.
  70. mit 28.000,00 DM, Lu.
  71. Bi.
  72. mit 14.000,00 DM und der Beklagte mit 7.000,00 DM. Während die
  73. B.
  74. B.V. den Gesamtbetrag von Einlage und Aufgeld von 388.000,00 DM
  75. sofort in voller Höhe zu leisten hatte, mussten die drei neuen Gesellschafter
  76. - jeweils Angestellte der Schuldnerin - außer dem vollen Nennbetrag ihres Anteils nur einen Teilbetrag von circa 21 % des jeweiligen Aufgeldes sofort zahlen.
  77. Dementsprechend hatte der Beklagte auf den von ihm zu leistenden Gesamtbetrag von 140.000,00 DM den Nennbetrag seines Anteils von 7.000,00 DM und
  78. einen Teil des Aufgeldes von 28.000,00 DM sofort zu zahlen.
  79. 2
  80. Hinsichtlich des restlichen Aufgeldes war für die drei neuen Gesellschafter jeweils Folgendes bestimmt:
  81. "Der restliche für das Aufgeld zu zahlende Betrag von … DM ist zu
  82. zahlen, sobald die Geschäftsführung der "K.
  83. Verlagsgesellschaft mbH" nach einem entsprechenden Gesellschafterbeschluss dieser GmbH die Zahlung dieses Betrages anfordert, sei
  84. es, dass der Betrag in voller Höhe, sei es dass dieser in Höhe von
  85. Teilbeträgen eingefordert wird.
  86. Der jeweils offene Betrag ist vom 1. Januar 2000 bis zum Tage
  87. der Zahlung mit 6 % jährlich zu verzinsen; die Zinsen sind jeweils
  88. am Ende eines jeden Jahres zu zahlen, spätestens aber zum Zeitpunkt der Fälligkeit des von der Gesellschaft jeweils eingeforderten Betrages."
  89. 3
  90. Sodann schloss die Gesellschaft in Teil B derselben Urkunde mit den zur
  91. Übernahme der neuen Stammeinlagen zugelassenen Gesellschaftern entsprechende Übernahmeverträge; hinsichtlich des Beklagten heißt es:
  92. -4-
  93. "Die Gesellschaft lässt zu
  94. 4. Herrn D.
  95. S.
  96. zur Übernahme einer neuen Stammeinlage von 7.000,-- DM; Herr D.
  97. S.
  98. übernimmt diese
  99. Stammeinlage hiermit und verpflichtet sich zur Zahlung der Beträge, die gemäß den Bestimmungen zu A dieser Urkunde von
  100. ihm zu entrichten sind."
  101. 4
  102. Der
  103. Beklagte
  104. leistete
  105. den
  106. vertragsgemäß
  107. fälligen
  108. Betrag
  109. von
  110. 35.000,00 DM. Die Kapitalerhöhung wurde - einschließlich der in der notariellen
  111. Urkunde vom 15. Dezember 1999 außerdem vereinbarten Änderungen des Gesellschaftsvertrages - am 8. Februar 2000 in das Handelsregister eingetragen.
  112. 5
  113. Der Kläger nimmt den Beklagten nach einer vergeblichen Zahlungsaufforderung vom 10. Dezember 2004 mit der Klage auf Leistung des restlichen
  114. Aufgeldes in Höhe von 53.685,65 € (= 105.000,00 DM) in Anspruch. Nach den
  115. Besprechungen der an der notariellen Vereinbarung beteiligten Personen sollten - unstreitig - die von den Inferenten anlässlich der Kapitalerhöhung jeweils
  116. geschuldeten Gesamtbeträge dem Wert der von ihnen übernommenen Geschäftsanteile entsprechen; von Seiten des Geschäftsführers K.
  117. war
  118. ihnen zudem ein Börsengang der Schuldnerin für das Jahr 2000 in Aussicht
  119. gestellt worden. Der Beklagte hat nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens das
  120. Gesellschaftsverhältnis gekündigt und im Prozess die Anfechtung der Anteilsübernahme mit der Behauptung erklärt, die Geschäftsanteile hätten schon zum
  121. Zeitpunkt des Vertragsabschlusses einen weitaus geringeren als den dort
  122. zugrunde gelegten Wert gehabt; auch seien die der Vereinbarung zugrunde
  123. gelegten Jahresabschlüsse unrichtig gewesen.
  124. 6
  125. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Oberlandesgericht hat
  126. die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der - von dem Senat zugelassenen - Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.
  127. -5-
  128. Entscheidungsgründe:
  129. 7
  130. Die Revision des Klägers ist begründet und führt unter Aufhebung bzw.
  131. Abänderung der vorinstanzlichen Entscheidungen zur antragsgemäßen Verurteilung des Beklagten.
  132. 8
  133. Der Kläger hat gegen den Beklagten aus dem im Zuge der Kapitalerhöhung vom 15. Dezember 1999 vereinbarten Übernahmevertrag einen fälligen
  134. Anspruch auf Zahlung des restlichen Aufgeldes in Höhe von 53.685,65 € nebst
  135. Zinsen.
  136. 9
  137. I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner gegenteiligen Auffassung ausgeführt:
  138. 10
  139. Der Anspruch auf Leistung des restlichen Aufgeldes sei nicht fällig, weil
  140. der nach der notariellen Vereinbarung für die Einforderung notwendige Gesellschafterbeschluss nicht vorliege und vom Kläger als Insolvenzverwalter auch
  141. nicht ersetzt werden könne. Von dem vertraglich vorgesehenen Beschlusserfordernis gemäß § 46 Abs. 2 GmbHG könne während des Insolvenzverfahrens
  142. nur bezüglich der - hier allerdings bereits erfüllten - Stammeinlageforderungen
  143. selbst, nicht jedoch hinsichtlich des lediglich als schuldrechtliche, nicht statutarische Nebenleistung gemäß § 3 Abs. 2 GmbHG vereinbarten Agio abgesehen
  144. werden. Die Weigerung der betroffenen Gesellschafter zur Herbeiführung eines
  145. entsprechenden Beschlusses sei auch nicht treuwidrig, zumal der erworbene
  146. Geschäftsanteil entgegen der übereinstimmenden Annahme der Gesellschafter
  147. bereits bei Abschluss des Übernahmevertrages tatsächlich nicht werthaltig gewesen sei.
  148. 11
  149. II. Diese Beurteilung hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.
  150. -6-
  151. 12
  152. Der Kläger hat gegen den Beklagten aus der in der notariellen Urkunde
  153. vom 15. Dezember 1999 getroffenen Aufgeldvereinbarung, die als Nebenleistungsabrede im Sinne von § 3 Abs. 2 GmbHG durch Aufnahme in den satzungsändernden Kapitalerhöhungsbeschluss und die Übernahmeerklärung mit
  154. der Eintragung im Handelsregister statutarisch verbindlich geworden ist, einen
  155. Anspruch auf Zahlung des restlichen Aufgeldes von 53.685,65 €, der aufgrund
  156. der Anforderung des Klägers nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens auch
  157. ohne vorherigen Gesellschafterbeschluss fällig geworden ist.
  158. 13
  159. 1. a) Das Aufgeld (Agio), das der Beklagte hier als Erwerber von GmbHAnteilen über deren Nennwert hinaus an die Schuldnerin zu erbringen hatte,
  160. war zwar - wovon das Berufungsgericht im Ansatz zutreffend ausgeht - anders
  161. als im Aktienrecht (vgl. dort § 54 Abs. 1 AktG) nicht Teil der gläubigerschützenden Einlagenaufbringungspflicht (vgl. dazu eingehend: Priester, FS Marcus
  162. Lutter, 617, 632 ff.). Gleichwohl sind derartige Abreden über ein als Nebenleistung zu erbringendes Agio sowohl in statutarischer Form gemäß § 3 Abs. 2
  163. GmbHG bzw. aufgrund formwirksamen Kapitalerhöhungsbeschlusses als auch
  164. ohne statutarische Grundlage durch rein schuldrechtlich wirkende Vereinbarung
  165. zulässig (vgl. BayObLG, ZIP 2002, 1484; dazu Hermanns, ZIP 2003, 788 ff.;
  166. Wagner, DB 2004, 293) und dann auch rechtlich verbindlich. Eine derartige
  167. noch ausstehende Restaufgeldverbindlichkeit kann in beiden Gestaltungsformen in der Insolvenz der Gesellschaft als zur Insolvenzmasse der GmbH im
  168. Sinne des § 35 InsO zählendes Vermögen, sofern es - wie hier - zur Befriedigung der Gläubiger benötigt wird, vom Insolvenzverwalter eingefordert werden.
  169. 14
  170. b) Entgegen der Ansicht der Vorinstanzen hat sich hier der Beklagte
  171. - wie auch die anderen zur Übernahme der neuen Stammeinlagen zugelassenen Mitgesellschafter - anlässlich der Kapitalerhöhung vom 15. Dezember 1999
  172. statutarisch bindend gegenüber der Schuldnerin zur Leistung eines Aufgeldes
  173. -7-
  174. verpflichtet. Die gegenteilige Annahme der Vorinstanzen, die Agioabrede sei
  175. von den Beteiligten "nicht in der Satzung der Insolvenzschuldnerin verankert"
  176. worden, ist offensichtlich rechtsirrig.
  177. 15
  178. Ausweislich der notariellen Urkunde vom 15. Dezember 1999 wurde das
  179. von dem Beklagten und den anderen Inferenten neben der Einlage zu erbringende Aufgeld als sog. korporatives Agio in den satzungsändernden (vgl. § 3
  180. Abs. 1 Nr. 3 GmbHG) Kapitalerhöhungsbeschluss und daneben auch in die
  181. Übernahmeerklärung aufgenommen (vgl. §§ 55, 53, 54 GmbHG); auf der
  182. Grundlage dieser notariellen Urkunde, die darüber hinaus auch weitergehende
  183. Satzungsänderungen enthielt, wurde die Kapitalerhöhung im Februar 2000 in
  184. das Handelsregister eingetragen und damit - auch in Bezug auf die korporativen
  185. Nebenleistungspflichten - verbindlich (vgl. Priester aaO S. 633; ders. in Scholz,
  186. GmbHG 9. Aufl. § 55 Rdn. 27, 83; Zöllner in Baumbach/Hueck, GmbHG
  187. 18. Aufl. § 55 Rdn. 10, 13, 33). Soweit es um die der Anmeldung der Kapitalerhöhung beizufügende vollständige Neufassung des Satzungswortlauts (§ 54
  188. Abs. 1 Satz 2 GmbHG) geht, war neben dem eigentlichen Kapitalerhöhungsbeschluss ein zusätzlicher Beschluss über die redaktionelle Anpassung des Gesellschaftsvertrages an die beschlossene Erhöhung nicht erforderlich (vgl. dazu
  189. Priester in Scholz aaO § 55 Rdn. 36 m.w.Nachw.); etwaige Mängel in Bezug auf
  190. diese der Anmeldung beizufügenden Urkunden nach § 55 Abs. 1 Satz 2
  191. GmbHG hätten auf die Wirksamkeit der Eintragung keinen Einfluss (Zöllner in
  192. Baumbach/Hueck aaO § 55 Rdn. 43; § 57 Rdn. 7).
  193. 16
  194. 2. Die statutarisch verbindliche Resteinlageschuld des Beklagten gegenüber der Schuldnerin wurde - entgegen der Ansicht der vorinstanzlichen Gerichte - mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens aufgrund der Anforderung durch den
  195. Kläger als Insolvenzverwalter fällig, ohne dass es zuvor noch eines entspre-
  196. -8-
  197. chenden Gesellschafterbeschlusses - wie in der notariellen Vereinbarung vom
  198. 15. Dezember 1999 an sich vorgesehen - bedurft hätte.
  199. 17
  200. a) Allerdings entscheidet die Gesellschafterversammlung - auch ohne
  201. dahingehende vertragliche Vereinbarung - grundsätzlich nach § 46 Nr. 2
  202. GmbHG über die Einforderung von Geldeinlagen; nach zutreffender Ansicht gilt
  203. dies nicht nur für die Stammeinlage selbst, sondern auch für ein darüber hinaus
  204. zu leistendes Aufgeld (Scholz/K. Schmidt, GmbHG 9. Aufl. § 46 Rdn. 51; Hüffer
  205. in Großkomm.z.GmbHG § 46 Rdn. 30).
  206. 18
  207. b) Mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens entfällt jedoch für den Insolvenzverwalter bei der Einforderung ausstehender Einlageforderungen die
  208. Notwendigkeit der Einholung eines Gesellschafterbeschlusses gemäß § 46
  209. Nr. 2 GmbHG (RGZ 76, 434, 438 f.; Scholz/K. Schmidt aaO § 46 Rdn. 53;
  210. Hüffer aaO § 46 Rdn. 30; Hachenburg/Ulmer, GmbHG 8. Aufl. § 63 Rdn. 85).
  211. Denn mit der Verfahrenseröffnung geht das Recht, die zur Insolvenzmasse der
  212. GmbH im Sinne des § 35 InsO zählende Forderung geltend zu machen, auf den
  213. Insolvenzverwalter über; mit dem Wegfall der bisherigen Rechtszuständigkeit
  214. entfällt auch die Kompetenz der Gesellschafterversammlung. Sobald die Liquidität für die Gläubigerbefriedigung im Rahmen des Insolvenzverfahrens zur Verfügung stehen muss, ist der Zufluss des Eigenkapitals nicht mehr Gegenstand
  215. des unternehmerischen Ermessens. Dementsprechend ist der Insolvenzverwalter an gesetzliche oder satzungsrechtliche Einschränkungen, die Art oder Zeitpunkt der Geltendmachung der Ansprüche betreffen und ihre Durchsetzung
  216. erschweren, nicht gebunden.
  217. 19
  218. Diese Grundsätze sind im Stadium des eröffneten Insolvenzverfahrens
  219. auf das Agio in der vorliegenden Ausgestaltung als statutarische Nebenleistungspflicht auch dann übertragbar, wenn - wie das Oberlandesgericht gemeint
  220. -9-
  221. hat - das Agio zumindest im Grundsatz nicht in erster Linie dem alleinigen
  222. Gläubigerschutz dient, sondern im Interesse der Gesellschaft liegt. Denn das
  223. Agio verliert seine primäre Funktion als in die freie Kapitalrücklage einstellbares, nicht gebundenes Eigenkapital jedenfalls dann, wenn die Gesellschaft - wie
  224. hier - in die Insolvenz geraten ist. Dementsprechend entfällt in dieser Situation
  225. auch hinsichtlich des Agio die Notwendigkeit eines Einforderungsbeschlusses
  226. der Gesellschafterversammlung aufgrund des § 46 Nr. 2 GmbHG oder - wie
  227. hier - einer entsprechenden statutarischen Vereinbarung.
  228. Danach war die zunächst vertraglich gestundete Restagioforderung der
  229. 20
  230. Gesellschaft aufgrund der durch den Kläger als Insolvenzverwalter ausgesprochenen Anforderung fällig.
  231. 3. Die Verpflichtung des Beklagten zur Zahlung des Aufgeldes ist nicht
  232. 21
  233. durch die Anfechtung der Übernahmeerklärung vom 15. Dezember 1999 oder
  234. aufgrund der vom Beklagten nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens ausgesprochenen Kündigung des Gesellschaftsverhältnisses entfallen.
  235. a) Die statutarische Vereinbarung des Agio ist zumindest nach ihrem
  236. 22
  237. Verbindlichwerden durch Eintragung der Kapitalerhöhung - wie hier - nicht mehr
  238. nach den Regeln des BGB in Bezug auf etwaige Mängel der Übernahmeerklärung mit Erfolg zu beseitigen. Das gilt aus Gründen des Gläubigerschutzes sowohl für die Anfechtbarkeit der Übernahmeerklärung wegen Irrtums oder arglistiger Täuschung (§§ 119, 123 BGB) als auch für andere Willensmängel, wie
  239. etwa
  240. Scheinerklärungen
  241. (vgl.
  242. insbesondere
  243. RGZ 82,
  244. 376,
  245. 377 ff.;
  246. Scholz/Priester aaO § 57 Rdn. 50; Hachenburg/Ulmer aaO § 57 Rdn. 48 - jew.
  247. m.w.Nachw.).
  248. 23
  249. b) Auch durch Kündigung des Gesellschaftsverhältnisses oder Austritt
  250. aus wichtigem Grund kann sich der Beklagte jedenfalls nach Eröffnung des In-
  251. - 10 -
  252. solvenzverfahrens nicht mehr einseitig von der wirksam vereinbarten gesellschaftsvertraglichen Nebenpflicht zur Leistung des Restaufgeldes lösen.
  253. 24
  254. c) Daher kommt es auf die diesbezüglichen Beweisantritte des Beklagten
  255. (Vernehmung seiner Mitinferenten) zu den Besprechungen bzw. Zusagen des
  256. Geschäftsführers der Beklagten im Zusammenhang mit dem Kapitalerhöhungsbeschluss - die im Übrigen von dem Mitinferenten Bi.
  257. im Parallelverfahren
  258. (II ZR 217/06) teilweise erheblich abweichend von dem Beklagtenvorbringen
  259. vorgetragen worden sind - aus Rechtsgründen nicht an.
  260. 25
  261. 4. Der Zinsanspruch ergibt sich aus der vertraglichen Abmachung in der
  262. notariellen Urkunde vom 15. Dezember 1999 (A. 4 c Abs. 4), wonach der jeweils offene Betrag bereits ab 1. Januar 2000 bis zum Tage der Zahlung mit
  263. 6 % jährlich zu verzinsen ist.
  264. - 11 -
  265. 26
  266. III. Da die Sache auf der Grundlage des festgestellten Sachverhältnisses
  267. zur Endentscheidung reif ist, hatte der Senat unter Aufhebung des angefochtenen Urteils in der Sache selbst durch antragsgemäße Verurteilung des Beklagten zu entscheiden (§§ 562, 563 Abs. 3 ZPO).
  268. Goette
  269. Kurzwelly
  270. Reichart
  271. Strohn
  272. Drescher
  273. Vorinstanzen:
  274. LG Köln, Entscheidung vom 28.07.2005 - 22 O 47/05 OLG Köln, Entscheidung vom 17.08.2006 - 18 U 174/05 -