Monotone Arbeit nervt!
You can not select more than 25 topics Topics must start with a letter or number, can include dashes ('-') and can be up to 35 characters long.

164 lines
10 KiB

1 year ago
  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. II ZR 112/03
  5. Verkündet am:
  6. 21. Februar 2005
  7. Vondrasek
  8. Justizangestellte
  9. als Urkundsbeamtin
  10. der Geschäftsstelle
  11. in dem Rechtsstreit
  12. -2-
  13. Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche
  14. Verhandlung
  15. vom
  16. 21. Februar
  17. 2005
  18. durch
  19. den
  20. Vorsitzenden
  21. Richter
  22. Dr. h.c. Röhricht und die Richter Kraemer, Dr. Gehrlein, Dr. Strohn und
  23. Caliebe
  24. für Recht erkannt:
  25. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 3. Zivilsenats des
  26. Oberlandesgerichts Koblenz vom 18. März 2003 aufgehoben.
  27. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch
  28. über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
  29. Von Rechts wegen
  30. Tatbestand:
  31. Die Klägerin verlangt von dem Beklagten, ihrem ehemaligen Geschäftsführer, Schadensersatz.
  32. Der Beklagte unterzeichnete am 24. Januar 1995 im Namen der
  33. H. M. KG (im folgenden: H. M. KG), deren Aktiva und Passiva nach ihrer Auflösung auf die Klägerin übergegangen sind, einen Mietkaufvertrag mit der Firma
  34. G. über Maschinen zur Herstellung kosmetischer Artikel. Die Maschinen befanden sich zu diesem Zeitpunkt bereits in den Betriebsräumen der H. M. KG. Der
  35. -3-
  36. monatliche Mietzins sollte 2.200,00 DM zuzüglich Mehrwertsteuer betragen.
  37. Mietzahlungen wurden von der H. M. KG nicht erbracht. Durch Urteil des Landgerichts M. vom 9. Februar 2001 (9 O 143/00) wurde die Klägerin des hiesigen Verfahrens rechtskräftig zur Mietzinszahlung in Höhe von 52.800,00 DM
  38. zuzüglich Mehrwertsteuer verurteilt.
  39. Die Klägerin behauptet, die Maschinen seien für die H. M. KG unverwendbar gewesen, was der Beklagte gewußt habe.
  40. Die zuletzt auf Zahlung i.H.v. 57.110,48 € (Schadensersatz in Höhe des
  41. Urteilsbetrages sowie Erstattung der in dem Verfahren angefallenen Rechtsanwalts- und Gerichtskosten) gerichtete Klage ist erfolglos geblieben. Mit der vom
  42. Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin den Zahlungsantrag in vollem Umfang weiter.
  43. Entscheidungsgründe:
  44. Die Revision ist begründet und führt unter Aufhebung des angefochtenen
  45. Urteils zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
  46. I. Das Berufungsgericht hat die Zurückweisung der Berufung im wesentlichen damit begründet, daß der Schadensersatzanspruch, soweit er auf § 43
  47. Abs. 2 GmbHG gestützt sei, gemäß § 43 Abs. 4 GmbHG verjährt sei. Ein Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 StGB scheitere daran, daß der erforderliche Vorsatz des Beklagten nicht genügend dargelegt sei.
  48. Das hält revisionsrechtlicher Überprüfung nicht in vollem Umfang stand.
  49. -4-
  50. II. 1. Ohne Erfolg wendet sich die Revision allerdings gegen das Urteil,
  51. soweit das Berufungsgericht die Verjährungseinrede des Beklagten gegen den
  52. auf § 43 Abs. 2 GmbHG gestützten Schadensersatzanspruch der Klägerin hat
  53. durchgreifen lassen.
  54. a) Gemäß § 43 Abs. 4 GmbHG verjährt ein Schadensersatzanspruch aus
  55. der Verletzung von Geschäftsführerpflichten gemäß § 43 Abs. 2 GmbHG in fünf
  56. Jahren ab Entstehung des Anspruchs. Der Lauf der Verjährungsfrist beginnt mit
  57. der Entstehung des Anspruchs, d.h. mit Eintritt des Schadens dem Grunde
  58. nach. Der Schaden braucht in dieser Phase noch nicht bezifferbar zu sein; es
  59. genügt, daß der Anspruch im Wege der Feststellungsklage geltend gemacht
  60. werden könnte (Sen.Urt. v. 23. März 1987 - II ZR 190/86, BGHZ 100, 228,
  61. 231 f.; v. 14. November 1994 - II ZR 160/93, ZIP 1995, 738, 746; ebenso BGH,
  62. Urt. v. 17. März 1987 - IV ZR 282/85, BGHZ 100, 191, 199; Urt. v. 15. Oktober
  63. 1992 - XI ZR 43/92, WM 1993, 251, 255). Hieraus folgt, wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, daß die Schadensersatzansprüche der Klägerin im Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages entstanden waren. Es
  64. handelte sich um einen Mietvertrag mit einer festen Laufzeit von drei Jahren
  65. und anschließender Kaufoption. Mit dessen Abschluß stand die damit für die
  66. H. M. KG verbundene Belastung nicht nur dem Grunde nach, sondern sogar
  67. betragsmäßig weitgehend fest - jedenfalls die Erhebung einer Feststellungsklage war der H. M. KG somit möglich. Entgegen der Ansicht der Revision war
  68. auch der Anspruch auf Ersatz der Anwalts- und Prozeßkosten zu diesem Zeitpunkt bereits entstanden. Es handelt sich hierbei um einen (Folge-)Schaden,
  69. mit dessen Entstehung bei verständiger Würdigung gerechnet werden
  70. konnte (BGH, Urt. v. 15. Oktober 1992 - XI ZR 43/92, WM 1993, 251, 255
  71. m.w.Nachw.).
  72. -5-
  73. Auf Kenntnis der Gesellschafter von den anspruchsbegründenden Tatsachen kommt es in keinem Fall an (h.M., Rowedder/Schmidt-Leithoff/
  74. Koppensteiner, GmbHG 4. Aufl. § 43 Rdn. 62; Lutter/Hommelhoff/Kleindieck,
  75. GmbHG 16. Aufl. § 43 Rdn. 44; Hachenburg/Mertens, GmbHG 8. Aufl. § 43
  76. Rdn. 96 unter Verweis auf Sen.Urt. v. 14. November 1994 - II ZR 160/93, BB
  77. 1995, 2180, 2183; ebenso BGHZ 100, 228, 291 zu § 93 Abs. 6 AktG; Scholz/
  78. Uwe H. Schneider, GmbHG 9. Aufl. § 43 Rdn. 205).
  79. Soweit die Revision unter Hinweis auf Mertens in Hachenburg, GmbHG
  80. 8. Aufl. § 43 Rdn. 96 die Ansicht vertritt, da der Beklagte den Gesellschaftern
  81. den Abschluß des Vertrages verheimlicht und dieses Verheimlichen dadurch
  82. fortgesetzt habe, daß er den Mietzins nicht geleistet habe, sei der Verjährungsbeginn nicht mit dem Abschluß des Vertrages, sondern mit der Beendigung des
  83. Verheimlichens anzunehmen, kann dem nicht gefolgt werden. Der Gesetzeszweck, wonach die Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs nach
  84. Ablauf von fünf Jahren abgeschnitten sein soll, würde verfehlt, wenn ein Verheimlichen der schädigenden Handlung der pflichtwidrigen Handlung selbst zugerechnet würde und die Verjährung erst mit dem Ende des Verschweigens
  85. beginnen würde. Es käme dann im Ergebnis entgegen dem Gesetzeswortlaut
  86. für das Entstehen des Anspruchs doch auf die Kenntnis der Gesellschaft/der
  87. Gesellschafter an.
  88. b) Entgegen der Ansicht der Revision zutreffend hat das Berufungsgericht auch eine Rechtsmißbräuchlichkeit des Berufens des Beklagten auf die
  89. Verjährung verneint. Ein Berufen auf die Verjährung wäre dem Beklagten als
  90. rechtsmißbräuchliches Verhalten nur dann versagt, wenn sein Vorgehen in
  91. einem derartigen Maß gegen Treu und Glauben verstieße, daß der Verjährungseinrede unter dem Gesichtspunkt der unzulässigen Rechtsausübung die
  92. -6-
  93. Wirksamkeit abzusprechen wäre. Dafür liegen im konkreten Fall keine Anhaltspunkte vor.
  94. 2. Das Berufungsurteil hat jedoch keinen Bestand, soweit das Berufungsgericht einen Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten aus § 823
  95. Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 StGB verneint hat. Zu Recht rügt die Revision das
  96. Übergehen entscheidungserheblichen Vortrags durch das Berufungsgericht.
  97. a) Zutreffend ist allerdings der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts,
  98. einen Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 StGB neben dem Anspruch
  99. aus § 43 Abs. 2 GmbHG zu prüfen, da zwischen diesen Ansprüchen keine Gesetzeskonkurrenz besteht (Sen.Urt. v. 10. Februar 1992 - II ZR 23/91, WM
  100. 1992, 691, 692; BGH, Urt. v. 17. März 1987 - IV ZR 282/85, BGHZ 100, 191,
  101. 199 ff.).
  102. b) Revisionsrechtlicher Prüfung nicht stand hält jedoch die Begründung
  103. des Berufungsgerichts zur mangelnden Darlegung der für die Feststellung des
  104. Schädigungsvorsatzes erforderlichen Tatsachen.
  105. Da das Berufungsgericht hierzu keine Feststellungen getroffen hat, ist
  106. revisionsrechtlich zugunsten der Klägerin davon auszugehen, daß der Beklagte
  107. mit dem Abschluß des Mietvertrages objektiv gegen die Vermögensinteressen
  108. der H. M. KG verstoßen hat. (Noch) Zutreffend hat das Berufungsgericht erkannt, daß in subjektiver Hinsicht für die Verwirklichung des Untreuetatbestandes bedingter Vorsatz ausreicht. Dieser ist als gegeben anzusehen, wenn der
  109. Geschäftsführer von der Vermögensgefährdung weiß und sie billigend in Kauf
  110. nimmt (BGHSt 47, 295, 302 m.w.Nachw.). Das Berufungsgericht hat gemeint,
  111. dem Vortrag der Klägerin sei lediglich zu entnehmen, daß der Beklagte bei seinem Vorgehen die für einen Geschäftsführer gebotene Sorgfalt außer acht ge-
  112. -7-
  113. lassen habe, indem er insbesondere die finanzielle Leistungsfähigkeit der
  114. H. M. KG und die Verwendbarkeit der Maschinen für die Produktion der
  115. H. M. KG nicht geprüft habe. Es bestünden jedoch keine Anhaltspunkte dafür,
  116. daß der Beklagte es auf jeden Fall gebilligt hätte, daß die Maschinen nicht zur
  117. Produktion eingesetzt und der Mietzins nicht gezahlt werden konnten. Hierbei
  118. hat das Berufungsgericht - wie die Revision zu Recht rügt - entscheidungserheblichen Vortrag der Klägerin übergangen.
  119. Diese hat nämlich unter Beweisantritt vorgetragen, daß der frühere Geschäftsführer der H. M. KG Mu. dem Beklagten vor Abschluß des Mietvertrages mitgeteilt habe, daß die H. M. KG für die Maschinen keine Verwendung
  120. habe, und ihm deshalb dringend von dem Kauf der Maschinen abgeraten habe.
  121. Wenn der Beklagte trotz dieses Hinweises ohne vorausgehende Überprüfung
  122. der Verwendbarkeit der Maschinen sodann den Mietkaufvertrag abgeschlossen
  123. hat, hat er die Nutzlosigkeit der Maschinen für die H. M. KG und die damit
  124. wegen der Verpflichtung zur Mietzinszahlung verbundene Vermögensgefährdung der KG billigend in Kauf genommen.
  125. III. Das Berufungsurteil war daher aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Das Berufungsgericht hat nunmehr Gelegenheit, die bislang - von seinem Rechtsstandpunkt her folgerichtig - unterbliebenen Feststellungen dazu zu treffen, ob die Anmietung der Maschinen - wie
  126. der Beklagte unter Beweisantritt behauptet - für die Produktion der H. M. KG
  127. benötigt wurde und die Anmietung im Einverständnis der Gesellschafter erfolgte, wobei der Weg über den Mietkaufvertrag gewählt worden sei, um die Liquidität der H. M. KG zu schonen. In diesem Zusammenhang wird das Berufungsgericht das Schreiben des ehemaligen Geschäftsführers Mu. vom 6. Januar
  128. 1995, wonach der Abtransport der Maschinen nicht riskiert werden dürfe, eben-
  129. -8-
  130. so zu bewerten haben, wie den Umstand, daß der Kaufoptionsteil des Mietkaufvertrages vom 24. Januar 1995 nur von dem ehemaligen Geschäftsführer
  131. Mu., nicht jedoch von dem Beklagten unterschrieben worden ist.
  132. Das Berufungsgericht wird bei seiner Entscheidung auch den der Gegenrüge des Beklagten zugrundeliegenden Vortrag zu dem Fehlen eines Beschlusses gemäß § 46 Nr. 8 GmbHG zu berücksichtigen haben.
  133. Röhricht
  134. Kraemer
  135. Strohn
  136. Gehrlein
  137. Caliebe