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  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. I ZR 89/05
  5. Verkündet am:
  6. 13. Dezember 2007
  7. Führinger
  8. Justizangestellte
  9. als Urkundsbeamtin
  10. der Geschäftsstelle
  11. in dem Rechtsstreit
  12. Nachschlagewerk:
  13. BGHZ
  14. :
  15. BGHR
  16. :
  17. ja
  18. nein
  19. ja
  20. Micardis
  21. MarkenG § 14 Abs. 2, § 24; Gemeinschaftsmarkenverordnung Art. 13 Abs. 1
  22. und 2
  23. Der Parallelimporteur darf, wenn er für den Vertrieb des importierten Arzneimittels zulässigerweise eine neue Verpackung herstellt, sowohl die im Ausfuhrmitgliedstaat benutzte Originalbezeichnung des Arzneimittels wieder anbringen als auch die Ausstattung verwenden, mit der das Arzneimittel im Ausland in den Verkehr gebracht worden ist, ohne dass es darauf ankommt, ob die
  24. Wiederanbringung der geschützten Kennzeichen erforderlich ist, um die Verkehrsfähigkeit des importierten Arzneimittels im Inland herzustellen.
  25. BGH, Urt. v. 13. Dezember 2007 - I ZR 89/05 - OLG Hamburg
  26. LG Hamburg
  27. -2-
  28. Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 13. Dezember 2007 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm
  29. und die Richter Pokrant, Prof. Dr. Büscher, Dr. Bergmann und Dr. Kirchhoff
  30. für Recht erkannt:
  31. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Hanseatischen
  32. Oberlandesgerichts Hamburg, 3. Zivilsenat, vom 21. April 2005
  33. wird zurückgewiesen.
  34. Die Klägerin trägt die Kosten der Revision und der Nichtzulassungsbeschwerde.
  35. Von Rechts wegen
  36. Tatbestand:
  37. 1
  38. Die Klägerin ist Inhaberin der unter anderem für pharmazeutische Erzeugnisse eingetragenen deutschen Wortmarke Nr. 395 14 094 "Micardis".
  39. Ferner ist sie Inhaberin der gleichfalls unter anderem für pharmazeutische Erzeugnisse
  40. eingetragenen
  41. deutschen
  42. (schwarz-weißen)
  43. Wort-/Bildmarke
  44. -3-
  45. Nr. 399 08 347 und der dieser entsprechenden, nachfolgend abgebildeten Gemeinschaftsmarke Nr. 001067669:
  46. 2
  47. Die Klägerin bringt unter der Marke "Micardis" ein Herz-/Kreislaufmittel
  48. mit dem Wirkstoff "Telmisartan" in der durch ihre Wort-/Bildmarke und die Gemeinschaftsmarke geschützten Ausstattung in den Verkehr. Das Arzneimittel ist
  49. für die zum Konzern der Klägerin gehörende Boehringer Ingelheim International
  50. GmbH europaweit durch die Kommission der Europäischen Gemeinschaften
  51. nach Art. 3 der Verordnung (EWG) Nr. 2309/93 des Rates vom 22. Juli 1993
  52. zur Festlegung von Gemeinschaftsverfahren für die Genehmigung und Überwachung von Human- und Tierarzneimitteln und zur Schaffung einer Europäischen Agentur für die Beurteilung von Arzneimitteln (ABl. Nr. L 214 v.
  53. -4-
  54. 24.8.1993, S. 1) zentral zugelassen worden. Die zentrale Zulassung für "Micardis 40 mg" und "Micardis 80 mg" umfasst die Packungsgrößen N1 zu
  55. 28 Tabletten, N2 zu 56 und N3 zu 98 Tabletten. In diesen Größen wird das Arzneimittel von der Klägerin in Deutschland vertrieben. In Italien wird es in den
  56. Wirkstoffstärken 40 mg und 80 mg von einem zum Konzern der Klägerin gehörenden Unternehmen jeweils nur in der N1-Packungsgröße (28 Tabletten) in
  57. den Verkehr gebracht.
  58. 3
  59. Die Beklagte zu 3 importiert "Micardis" aus Italien (N1 zu 28 Tabletten)
  60. und packt die Arzneimittel für den Vertrieb in Deutschland in von ihr hergestellte
  61. Packungen in den Größen N2 (56 Tabletten) und N3 (98 Tabletten) um. Dabei
  62. gibt sie durch einen an der Bezeichnung "Micardis" angebrachten Sternchenhinweis an, dass "Micardis" eine eingetragene Marke der Klägerin sei. Ferner
  63. weist sie darauf hin, dass die Klägerin Herstellerin des Arzneimittels sei, dieses
  64. aber von ihr, der Beklagten zu 3, eingeführt und umgepackt worden sei sowie
  65. von ihr oder der Beklagten zu 1 parallel vertrieben werde. Im Übrigen entspricht
  66. die Gestaltung der von der Beklagten zu 3 hergestellten Umverpackungen, wie
  67. sie beispielhaft aus der nachfolgend abgebildeten Verpackung zu ersehen ist
  68. (Anlage V zur Klageschrift), der Ausstattung der Packungen der Klägerin:
  69. -5-
  70. 4
  71. Die Beklagten zu 1 und 2 sind Vertriebsgesellschaften der Beklagten
  72. zu 3 und vertreiben die von dieser importierten und umgepackten Arzneimittel
  73. gemeinsam mit der Beklagten zu 3 in Deutschland.
  74. -6-
  75. 5
  76. Die Klägerin hat die Verwendung der durch ihre Marken geschützten
  77. Ausstattung für die von der Beklagten zu 3 hergestellten Packungen als Verletzung ihrer Marken beanstandet.
  78. 6
  79. Sie hat - soweit für die Revisionsinstanz noch von Bedeutung - von den
  80. Beklagten verlangt, beim Inverkehrbringen und Anbieten der aus Italien importierten Arzneimittel in Deutschland die Verwendung von fünf bestimmt bezeichneten Verpackungsgestaltungen, unter anderem der oben abgebildeten Gestaltung, zu unterlassen. Ferner hat sie die Beklagten auf Auskunftserteilung und
  81. Feststellung der Schadensersatzpflicht in Anspruch genommen.
  82. 7
  83. Ihre Klage ist insoweit in den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben.
  84. 8
  85. Mit ihrer - vom Senat zugelassenen - Revision, deren Zurückweisung die
  86. Beklagten beantragen, verfolgt sie ihr Klagebegehren weiter.
  87. Entscheidungsgründe:
  88. 9
  89. I. Das Berufungsgericht hat Ansprüche der Klägerin aus § 14 Abs. 2
  90. Nr. 2, Abs. 5 MarkenG und Art. 9 Abs. 1 lit. b, Abs. 2 lit. a GMV verneint. Zur
  91. Begründung hat es ausgeführt:
  92. 10
  93. Zwischen den Parteien sei unstreitig, dass die Beklagten berechtigt seien, neue Umverpackungen zu verwenden statt Bündelpackungen herzustellen.
  94. Entgegen der Ansicht der Klägerin dürften die Beklagten dabei die für die Klägerin geschützte Ausstattung verwenden. Die Markenrechte der Klägerin seien
  95. auch insoweit erschöpft. Sie könne sich dem Umpacken in die so gestalteten
  96. -7-
  97. Verpackungen nicht widersetzen, weil dieses im Sinne der Rechtsprechung des
  98. Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften erforderlich sei, um die parallel
  99. importierten Arzneimittel im Inland vertreiben zu können. Der Parallelimporteur
  100. sei berechtigt, die von ihm zum Vertrieb im Einfuhrland berechtigterweise hergestellte Packung so auszustatten, wie es der Markeninhaber getan hätte,
  101. wenn das Arzneimittel in dieser Packungsgröße von ihm im Ausfuhrland in den
  102. Verkehr gebracht worden wäre. Wenn das Umpacken - wie hier - im Sinne der
  103. Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften notwendig sei, dürften auf der neuen Umverpackung die Marken des Markeninhabers
  104. wieder angebracht werden, und zwar nicht nur Wort-, sondern auch Ausstattungsmarken. Es komme dann nur noch auf die weiteren zur Wahrung der berechtigten Interessen des Markeninhabers in der Rechtsprechung des Gerichtshofs aufgestellten Voraussetzungen an, die hier unstreitig erfüllt seien.
  105. 11
  106. II. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
  107. 12
  108. 1. Der Klägerin stehen die geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung (§ 14 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 5 MarkenG, Art. 9 Abs. 1 lit. a, Abs. 2 lit. a GMV)
  109. nicht zu, weil ihre Markenrechte erschöpft sind (§ 24 Abs. 1 MarkenG, Art. 13
  110. Abs. 1 GMV) und sie sich dem weiteren Vertrieb auch nicht aus berechtigten
  111. Gründen i.S. von § 24 Abs. 2 MarkenG, Art. 13 Abs. 2 GMV widersetzen kann.
  112. 13
  113. a) Das Berufungsgericht ist - von den Parteien unbeanstandet - davon
  114. ausgegangen, dass die Arzneimittel, die die Beklagte zu 3 mit einer Verpackung
  115. versieht, auf der sie die Klagemarken (wieder) anbringt, in Italien unter der Marke "Micardis" in der durch die Ausstattungsmarken der Klägerin geschützten
  116. Gestaltung durch ein Unternehmen des Konzerns der Klägerin in den Verkehr
  117. gebracht worden sind und hinsichtlich der Markenrechte der Klägerin in Bezug
  118. auf diese Waren demzufolge die Voraussetzungen der Erschöpfung nach § 24
  119. -8-
  120. Abs. 1 MarkenG, Art. 13 Abs. 1 GMV gegeben sind. Dies lässt einen Rechtsfehler nicht erkennen (zum Inverkehrbringen durch ein mit dem Markeninhaber
  121. wirtschaftlich verbundenes Unternehmen vgl. EuGH, Urt. v. 22. 6.1994, C-9/93,
  122. Slg. 1994, I-2789 Tz. 34 = GRUR Int. 1994, 614 - Ideal Standard II; BGHZ 173,
  123. 217 Tz. 15 - Aspirin II). Die Erschöpfung erstreckt sich - vorbehaltlich der Anwendung von § 24 Abs. 2 MarkenG, Art. 13 Abs. 2 GMV - auf alle Handlungen,
  124. die nach § 14 Abs. 3 MarkenG, Art. 9 Abs. 2 GMV eine Markenverletzung sein
  125. können. Auch das Recht, die Ware mit der Marke (neu) zu kennzeichnen oder
  126. die Marke auf der Verpackung anzubringen und die Ware mit dieser Verpackung zu vertreiben (§ 14 Abs. 3 Nr. 1 und 2 MarkenG, Art. 9 Abs. 2 lit. a und b
  127. GMV), kann der Erschöpfung unterliegen (vgl. EuGH, Urt. v. 11.7.1996
  128. - C-427/93, C-429/93 und C-436/93, Slg. 1996, I-3457 Tz. 34-37, 49 f. = GRUR
  129. Int. 1996, 1144 = WRP 1996, 880 - Bristol-Myers Squibb u.a./Paranova; BGH,
  130. Urt. v. 10.4.1997 - I ZR 65/92, GRUR 1997, 629, 632 = WRP 1997, 742
  131. - Sermion II).
  132. 14
  133. b) Die Revision wendet sich ohne Erfolg gegen die Ansicht des Berufungsgerichts, die Klägerin könne sich nicht aus berechtigten Gründen i.S. von
  134. § 24 Abs. 2 MarkenG, Art. 13 Abs. 2 GMV dagegen wehren, dass die Beklagte
  135. zu 3 die Marken der Klägerin im Zusammenhang mit dem weiteren Vertrieb der
  136. aus Italien importierten Arzneimittel auf einer von ihr neu geschaffenen Verpackung benutzt und dabei die Ausstattungsmerkmale der in Italien in Verkehr
  137. gebrachten Packung verwendet. Insbesondere kann die Klägerin die Beklagte
  138. zu 3 nicht auf die Möglichkeit verweisen, mehrere Originalpackungen zu einer
  139. neuen Verpackungseinheit zu bündeln.
  140. 15
  141. aa) Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften beeinträchtigt das Umpacken mit einer Marke versehener Arzneimittel zwar als solches den spezifischen Gegenstand der Marke, der darin
  142. -9-
  143. besteht, die Herkunft der mit ihr versehenen Ware zu garantieren. Denn ein
  144. Umpacken der Ware durch einen Dritten ohne Zustimmung des Markeninhabers kann tatsächliche Gefahren für diese Herkunftsgarantie begründen (vgl.
  145. EuGH, Urt. v. 23.4.2002 - C-143/00, Slg. 2002, I-3759 Tz. 29 = GRUR 2002,
  146. 879 - Boehringer Ingelheim u.a.; Urt. v. 26.4.2007 - C-348/04, GRUR 2007, 586
  147. Tz. 15, 30 = WRP 2007, 627 - Boehringer Ingelheim/Swingward II). Der Widerspruch des Markeninhabers gegen den Vertrieb umgepackter Arzneimittel nach
  148. Art. 7 Abs. 2 MarkenRL (§ 24 Abs. 2 MarkenG; Art. 13 Abs. 2 GMV), der zu einer Einschränkung des Grundsatzes des freien Warenverkehrs führt, ist jedoch
  149. nicht zulässig, wenn die Ausübung dieses Rechts durch den Markeninhaber
  150. eine verschleierte Beschränkung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten i.S.
  151. des Art. 30 Satz 2 EG darstellt (vgl. EuGH GRUR 2002, 879 Tz. 18, 31
  152. - Boehringer Ingelheim u.a.; GRUR 2007, 586 Tz. 16 - Boehringer Ingelheim/
  153. Swingward II). Eine solche verschleierte Beschränkung liegt vor, wenn der Markeninhaber durch die Ausübung seines Rechts, sich dem Umpacken zu widersetzen, zur künstlichen Abschottung der Märkte zwischen den Mitgliedstaaten
  154. beiträgt und wenn der Parallelimporteur das Umpacken unter Beachtung der
  155. berechtigten Interessen des Markeninhabers vornimmt. Der Markeninhaber
  156. kann danach die Veränderung, die mit jedem Umpacken eines mit seiner Marke
  157. versehenen Arzneimittels verbunden ist und die ihrem Wesen nach die Gefahr
  158. einer Beeinträchtigung des Originalzustands des Arzneimittels schafft, verbieten, es sei denn, das Umpacken ist erforderlich, um die Vermarktung der parallel importierten Ware zu ermöglichen, und die berechtigten Interessen des Markeninhabers sind gewahrt (EuGH GRUR 2007, 586 Tz. 19 - Boehringer Ingelheim/Swingward II; BGH, Urt. v. 14.6.2007 - I ZR 173/04, GRUR 2007, 1075
  159. Tz. 16 = WRP 2007, 1472 - STILNOX, jeweils m.w.N.).
  160. 16
  161. bb) Das Berufungsgericht hat angenommen, dass das Umpacken der
  162. aus Italien in der Packungsgröße N1 zu 28 Tabletten importierten Arzneimittel
  163. - 10 -
  164. als solches für den Vertrieb in Deutschland in den Packungsgrößen N2 zu
  165. 56 Tabletten und N3 zu 98 Tabletten notwendig im Sinne der Rechtsprechung
  166. des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften ist, weil der Vertrieb des
  167. nach der Verordnung (EWG) Nr. 2309/93 zugelassenen Arzneimittels in Bündelpackungen nicht zulässig ist. Diese Auffassung entspricht der Rechtsprechung des Gerichtshofs und wird von der Klägerin auch nicht mehr beanstandet. Ausweislich der Genehmigung der Kommission vom 16. Dezember 1998
  168. (Anlage K 21) ist das Arzneimittel in der Weise in das Arzneimittelregister eingetragen worden, dass jeder Einheit mit der jeweiligen Wirkstoffstärke und Packungsgröße eine eigene Nummer zugeteilt worden ist (Anlage K 21, S. 3), die
  169. auf der Verpackung angegeben werden muss (Art. 12 Abs. 1 Unterabs. 2 der
  170. Verordnung). In einem solchen Fall steht die Verordnung (EWG) Nr. 2309/93
  171. einer Praxis oder Handhabung entgegen, bei der das Arzneimittel in einer Bündelpackung vertrieben wird, die aus mehreren Packungen der kleineren Einheit
  172. gebildet wird (EuGH, Urt. v. 19.9.2002 - C-433/00, Slg. 2002, I-7761 Tz. 27 =
  173. GRUR 2002, 1054 - Aventis Pharma/Kohlpharma).
  174. 17
  175. cc) Kann sich die Klägerin aber der im Umpacken der Arzneimittel liegenden Veränderung nicht widersetzen (§ 24 Abs. 2 MarkenG, Art. 13 Abs. 2
  176. GMV), ist die Beklagte zu 3 nicht nur berechtigt, auf der neuen Umverpackung
  177. die Marke "Micardis" (wieder) anzubringen; vielmehr darf sie auch die durch die
  178. Ausstattungsmarken der Klägerin geschützte Gestaltung übernehmen. Denn
  179. insoweit sind die Markenrechte der Klägerin durch das Inverkehrbringen der
  180. Arzneimittel in Italien gleichfalls erschöpft (§ 24 Abs. 1 MarkenG, Art. 13 Abs. 1
  181. GMV). Der in Art. 7 Abs. 1 MarkenRL, § 24 Abs. 1 MarkenG, Art. 13 Abs. 1
  182. GMV niedergelegte Grundsatz der Erschöpfung eröffnet dem Parallelimporteur
  183. nicht lediglich das Recht, die Arzneimittel in der Form, in der sie vom Markeninhaber in einem anderen Mitgliedstaat in den Verkehr gebracht worden sind, unverändert weiterzuvertreiben. Der Grundsatz gilt vielmehr auch dann, wenn der
  184. - 11 -
  185. Parallelimporteur die Ware (zulässigerweise) umgepackt und die Marke wieder
  186. darauf angebracht hat (EuGH GRUR Int. 1996, 1144 Tz. 35 f. - Bristol-Myers
  187. Squibb u.a./Paranova). Wegen der Erschöpfung der Rechte aus den Ausstattungsmarken nach § 24 Abs. 1 MarkenG, Art. 13 Abs. 1 GMV kommt es folglich
  188. entgegen der Ansicht der Klägerin insoweit nicht darauf an, ob die Verwendung
  189. der durch die Marken der Klägerin geschützten Gestaltung erforderlich ist, um
  190. die Arzneimittel im Inland vertreiben zu können. Die Voraussetzung der Erforderlichkeit im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen
  191. Gemeinschaften, deren Fehlen dazu führt, dass sich der Markeninhaber dem
  192. Vertrieb der parallel importierten Arzneimittel im Inland aus berechtigten Gründen i.S. von § 24 Abs. 2 MarkenG, Art. 13 Abs. 2 GMV widersetzen kann, betrifft nur das Umpacken der Ware als solches sowie die Wahl, ob die Wiederanbringung der Marke durch Neuverpackung oder durch Aufkleben eines Etiketts
  193. auf die Verpackung der Ware erfolgt, nicht dagegen die Art und Weise, in der
  194. das Umpacken durchgeführt wird (EuGH GRUR 2007, 586 Tz. 38 - Boehringer
  195. Ingelheim/Swingward II; vgl. auch EFTA-Gerichtshof, Urt. v. 8.7.2003 - E-3/02,
  196. GRUR Int. 2003, 936 Tz. 41-45 - Paranova/Merck).
  197. 18
  198. Auch nach der Rechtsprechung des Senats darf der Parallelimporteur,
  199. wenn er für den Vertrieb des importierten Arzneimittels zulässigerweise eine
  200. neue Verpackung herstellt, die im Ausfuhrmitgliedstaat verwendeten Kennzeichnungen wieder anbringen, und zwar darf er sowohl die Originalbezeichnung des Arzneimittels als auch die Ausstattung verwenden, mit der das Arzneimittel im Ausland in den Verkehr gebracht worden ist (BGH, Urt. v.
  201. 11.7.2002 - I ZR 35/00, GRUR 2002, 1063, 1066 = WRP 2002, 1273 - Aspirin I,
  202. unter II A 3). Allerdings hat der Senat in der Aspirin-I-Entscheidung in diesem
  203. Zusammenhang auch darauf abgestellt, dass es die Absatzchancen des importierten Arzneimittels deutlich beeinträchtigen und daher zu einer unzumutbaren
  204. Behinderung des Parallelimporteurs führen würde, wenn er die neue Umverpa-
  205. - 12 -
  206. ckung nur mit den Bezeichnungen, jedoch ohne die Verkehrsgeltung genießenden Ausstattungsmerkmale der im Ausland bezogenen Verpackungen im Inland
  207. vertreiben dürfe. Einem solchen Erzeugnis, das zwar die Originalbezeichnung,
  208. nicht aber die bekannten Ausstattungsmerkmale aufweise, würden die Abnehmer mit einem gewissen Misstrauen begegnen. Die Vorbehalte des Verkehrs
  209. gegenüber einer "neutralen" Verpackung könnten sich auch nachteilig auf den
  210. Ruf des Originalherstellers auswirken. Deshalb müsse in den Fällen einer zulässigen Neuverpackung die Wiederanbringung der bisherigen Kennzeichnungen einschließlich der Ausstattungsmarke gegenüber den sich sonst bietenden
  211. Alternativen ("neutrale" Verpackung oder Anbringung eigener Ausstattungsmerkmale) als der schonendste Weg eines im Interesse des freien Warenverkehrs grundsätzlich zulässigen Umverpackens durch den Importeur angesehen
  212. werden (BGH GRUR 2002, 1063, 1066 - Aspirin I). Soweit diesen Ausführungen entnommen werden kann, dass es auch für die Frage der Wiederanbringung der geschützten Kennzeichen darauf ankomme, ob dies erforderlich sei,
  213. um die Verkehrsfähigkeit des importierten Arzneimittels im Inland herzustellen,
  214. wird daran nicht festgehalten.
  215. 19
  216. Sofern das Umpacken - wie hier - als solches erforderlich ist, ist vielmehr
  217. nur zu prüfen, ob die neue Umverpackung, mit der der Parallelimporteur die
  218. importierte Ware versieht, berechtigte Interessen des Markeninhabers beeinträchtigt (vgl. BGH GRUR 2007, 1075 Tz. 24 - STILNOX). Dies ist insbesondere
  219. dann der Fall, wenn das Umpacken den Originalzustand des Arzneimittels oder
  220. den Ruf der Marke schädigt (EuGH GRUR 2007, 586 Tz. 17 - Boehringer Ingelheim/Swingward II). Die Frage, ob ein solcher Umstand und damit ein berechtigter Grund i.S. von Art. 7 Abs. 2 MarkenRL, § 24 Abs. 2 MarkenG, Art. 13
  221. Abs. 2 GMV vorliegt, hat das nationale Gericht nach dem jeweiligen Sachverhalt zu entscheiden (vgl. EuGH GRUR 2007, 586 Tz. 46 - Boehringer Ingelheim/Swingward II). Das Berufungsgericht hat insoweit festgestellt, das umge-
  222. - 13 -
  223. packte Arzneimittel sei unstreitig nicht so aufgemacht, dass der Ruf der Marken
  224. der Klägerin geschädigt werde. Auch seien die weiteren Voraussetzungen, die
  225. nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften
  226. beim Vertrieb parallel importierter Arzneimittel zu beachten seien (keine Veränderung des Originalzustands der Arzneimittel, Angabe des Herstellers und des
  227. Parallelimporteurs, Vorabunterrichtung des Markeninhabers; vgl. EuGH GRUR
  228. Int. 1996, 1144 Tz. 79 - Bristol-Myers Squibb u.a./Paranova), unstreitig erfüllt.
  229. Soweit die Revision nunmehr geltend macht, die Beklagten erweckten durch die
  230. Verwendung der Ausstattung der Klägerin den Eindruck, sie gehörten dem Vertriebsnetz der Klägerin an oder zwischen den Unternehmen bestehe eine besondere Beziehung, kann dem - unabhängig davon, dass die Revision einen
  231. entsprechenden Vortrag in den Tatsacheninstanzen nicht aufzeigt - nicht gefolgt
  232. werden. Die Beklagten weisen auf der Verpackung deutlich darauf hin, dass
  233. das Arzneimittel von ihnen eingeführt, umgepackt und parallel vertrieben werde
  234. und die Klägerin die Herstellerin des Arzneimittels sei. Diese Angaben stehen
  235. der Annahme entgegen, für die angesprochenen Verkehrskreise entstehe der
  236. Eindruck, die Beklagten stünden in einer geschäftlichen Beziehung zu der Klägerin und seien von dieser zur Verwendung der Ausstattungsmerkmale der Packung ausdrücklich ermächtigt. Dem Interesse des Markeninhabers, für den
  237. Verkehr deutlich zu machen, dass für die Herstellung der Ware und für deren
  238. Vertrieb nach dem Umpacken unterschiedliche Unternehmen verantwortlich
  239. sind, ist mit diesen Angaben hinreichend genügt. Der Parallelimporteur ist dagegen nicht verpflichtet, auf der Verpackung ausdrücklich anzugeben, dass das
  240. Umpacken der Ware ohne Zustimmung des Markeninhabers erfolgt ist (vgl.
  241. EuGH GRUR Int. 1996, 1144 Tz. 72 - Bristol-Myers Squibb u.a./Paranova).
  242. 20
  243. 2. Aus den dargelegten Gründen stehen der Klägerin auch die auf Auskunftserteilung und Schadensersatz gerichteten Ansprüche nicht zu.
  244. - 14 -
  245. 21
  246. III. Danach ist die Revision der Klägerin mit der Kostenfolge aus § 97
  247. Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
  248. Bornkamm
  249. Pokrant
  250. Bergmann
  251. Büscher
  252. Kirchhoff
  253. Vorinstanzen:
  254. LG Hamburg, Entscheidung vom 10.02.2004 - 312 O 323/03 OLG Hamburg, Entscheidung vom 21.04.2005 - 3 U 48/04 -