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1 year ago
  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. BESCHLUSS
  3. I ZB 60/16
  4. vom
  5. 29. Juni 2017
  6. in der Rechtsbeschwerdesache
  7. Nachschlagewerk:
  8. ja
  9. BGHZ:
  10. nein
  11. BGHR:
  12. ja
  13. ZPO § 1040 Abs. 1 Satz 2, § 1062 Abs. 1 Nr. 2; InsO § 116
  14. Die Bestimmung des § 116 InsO steht der Bindung des Insolvenzverwalters an
  15. eine vom Schuldner in einem Geschäftsbesorgungsvertrag vereinbarte
  16. Schiedsklausel nicht entgegen.
  17. BGH, Beschluss vom 29. Juni 2017 - I ZB 60/16 - OLG Hamburg
  18. ECLI:DE:BGH:2017:290617BIZB60.16.0
  19. -2-
  20. Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 29. Juni 2017 durch
  21. den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Büscher, die Richter Prof. Dr. Schaffert,
  22. Dr. Kirchhoff, Dr. Löffler und die Richterin Dr. Schwonke
  23. beschlossen:
  24. Auf die Rechtsbeschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss
  25. des
  26. Hanseatischen
  27. Oberlandesgerichts
  28. Hamburg
  29. - 6. Zivilsenat - vom 20. Juni 2016 aufgehoben.
  30. Der Antrag des Antragstellers, den Zwischenentscheid des
  31. Schiedsgerichts, bestehend aus den Schiedsrichtern
  32. Z. ,
  33. Dr.
  34. H.
  35. und
  36. Prof.
  37. R.
  38. ,
  39. vom
  40. 10. Fe-
  41. bruar 2016 aufzuheben und festzustellen, dass das Schiedsgericht
  42. zur Entscheidung über die in der Schiedsklage vom 7. November
  43. 2014 geltend gemachten Anträge unzuständig ist, wird zurückgewiesen.
  44. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
  45. Wert des Beschwerdegegenstands: 33.878,40 €
  46. -3-
  47. Gründe:
  48. 1
  49. I. Die Antragsgegnerin schloss am 2. Mai 2005 einen Bereederungsvertrag
  50. mit
  51. der
  52. S.
  53. Unternehmensbeteiligungsgesellschaft
  54. "C.
  55. M.
  56. " mbH & Co. KG (im Folgenden: Schuldnerin) als Eignerin des Schiffs C.
  57. M.
  58. . Der Vertrag sollte bei einem Verkauf des Schiffs automatisch en-
  59. den (Ziffer 8.2 des Vertrags). Die Vergütung der Antragsgegnerin war in Ziffer 4
  60. des Vertrags und dessen Anhang 1 geregelt. Nach Ziffer 2 des Anhangs 1 sollte
  61. die Antragsgegnerin unter anderem eine Vergütung für Leistungen im Zusammenhang mit dem Verkauf des Schiffs in Höhe von 1,5% (zuzüglich etwaiger
  62. Mehrwertsteuer) des Kaufpreises erhalten. Ziffer 9.2 des Vertrags enthält eine
  63. Schiedsvereinbarung, die folgenden Wortlaut hat:
  64. All disputes arising out of or in connection with this contract or concerning its
  65. validity shall be finally settled by arbitration in accordance with the arbitration
  66. rules of the German Maritime Arbitration Association. The arbitration proceedings shall be held in Hamburg and in the English language.
  67. 2
  68. Der Antragsteller wurde mit Beschluss des Amtsgerichts Essen vom
  69. 13. Dezember 2013 zum vorläufigen Insolvenzverwalter über das Vermögen
  70. der Schuldnerin bestellt. Mit Beschluss vom 26. März 2014 wurde das Insolvenzverfahren eröffnet und der Antragsteller zum Insolvenzverwalter ernannt.
  71. 3
  72. Mit Schreiben vom 31. März 2014 zeigte der Antragsteller der Antragsgegnerin seine Bestellung an und erklärte für alle zwischen der Schuldnerin und
  73. der Antragsgegnerin bestehenden Vertragsverhältnisse die Nichterfüllung gemäß §§ 103 ff. InsO. Mit Kaufvertrag vom 1. April 2014 verkaufte der Antragsteller das Schiff zu einem Preis von 12.500.000 US-Dollar. Nach dem Verkauf
  74. des Schiffs machte die Antragsgegnerin einen Anspruch in Höhe von 1,5% des
  75. erzielten Kaufpreises (187.500 US-Dollar) geltend. Sie leitete wegen dieses
  76. Anspruchs ein Schiedsverfahren ein.
  77. -4-
  78. 4
  79. Durch Zwischenentscheid vom 10. Februar 2016 erklärte sich das
  80. Schiedsgericht für zuständig.
  81. 5
  82. Der Antragsteller hat beantragt, den Zwischenentscheid des Schiedsgerichts aufzuheben und festzustellen, dass das Schiedsgericht zur Entscheidung
  83. über die in der Schiedsklage vom 7. November 2014 geltend gemachten Anträge unzuständig ist.
  84. 6
  85. Das Oberlandesgericht hat dem Antrag stattgegeben. Dagegen richtet
  86. sich die Rechtsbeschwerde der Antragsgegnerin, deren Zurückweisung der Antragsteller beantragt.
  87. 7
  88. II. Das Oberlandesgericht hat die Zuständigkeit des Schiedsgerichts verneint. Dazu hat es ausgeführt:
  89. 8
  90. Der Antragsteller als Insolvenzverwalter sei nicht an die ursprünglich
  91. zwischen der Schuldnerin und der Antragsgegnerin wirksam vereinbarte
  92. Schiedsklausel gebunden.
  93. 9
  94. Soweit die Antragsgegnerin ihren mit der Schiedsklage verfolgten Anspruch darauf stütze, nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens Leistungen für
  95. die Veräußerung des Schiffs aufgrund einer Vereinbarung mit dem Antragsteller
  96. erbracht zu haben, sei nicht ersichtlich, dass dafür eine Schiedsvereinbarung
  97. bestehe. Soweit sich die Antragsgegnerin dagegen als Anspruchsgrundlage auf
  98. den ursprünglichen Bereederungsvertrag berufe, sei nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens zwar der Insolvenzverwalter grundsätzlich weiter an die
  99. Schiedsabrede gebunden. Diese Bindung bestehe aber nicht, soweit es um auf
  100. der Insolvenzordnung beruhende, insolvenzspezifische Rechte des Insolvenzverwalters gehe, die sich nicht unmittelbar aus dem vom Schuldner abgeschlossenen Vertrag ergäben. Dies sei hier unabhängig davon der Fall, ob auf
  101. den Bereederungsvertrag § 103 InsO oder §§ 115, 116 InsO anzuwenden sei.
  102. -5-
  103. Die Fragen, die im Streitfall zu beurteilen seien, beruhten im Wesentlichen nicht
  104. auf dem Inhalt der vertraglichen Vereinbarung und auch nicht auf Erklärungen,
  105. die die Parteien im Hinblick auf den Vertrag abgegeben hätten. Vielmehr bestimmten sich die Rechtsfolgen maßgeblich aus der Insolvenzordnung, die sowohl die Voraussetzungen für das Erlöschen eines Geschäftsbesorgungsvertrags wie auch die Frage regele, ob und in welchem Umfang der Vertrag als
  106. fortbestehend gelte.
  107. 10
  108. III. Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 1065
  109. Abs. 1 Satz 1, § 1062 Abs. 1 Nr. 2, § 1040 Abs. 3 Satz 2 ZPO) und auch sonst
  110. zulässig (§ 574 Abs. 2, § 575 ZPO). In der Sache hat sie ebenfalls Erfolg. Die
  111. Auffassung des Oberlandesgerichts, die Unzuständigkeit des Schiedsgerichts
  112. ergebe sich im Streitfall aus der Entscheidungserheblichkeit insolvenzspezifischer Rechte des Insolvenzverwalters, hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
  113. 11
  114. 1. Der Antragsteller ist als Insolvenzverwalter grundsätzlich an die von
  115. der Schuldnerin mit der Antragsgegnerin in Ziffer 9.2 des Bereederungsvertrags
  116. vereinbarte Schiedsklausel gebunden.
  117. 12
  118. a) Der Bereederungsvertrag ist allerdings mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens gemäß § 116 Satz 1 in Verbindung mit § 115 Abs. 1 InsO ex
  119. nunc erloschen. Der Bereederungsvertrag ist ein Geschäftsbesorgungsvertrag
  120. im Sinne von § 116 Satz 1 InsO. Es handelt sich um einen Dienstvertrag, durch
  121. den sich der Auftragnehmer verpflichtet, entgeltlich ein Geschäft des Auftraggebers zu besorgen. Aufgrund der in § 116 InsO bestimmten entsprechenden
  122. Anwendung von § 115 Abs. 1 InsO erlöschen Geschäftsbesorgungsverträge
  123. durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens.
  124. 13
  125. b) Gemäß § 1040 Abs. 1 Satz 2 ZPO ist eine Schiedsklausel im Streit
  126. über die Zuständigkeit des Schiedsgerichts aber als eine von den übrigen Vertragsbestimmungen unabhängige Vereinbarung zu behandeln. Die Schiedsver-
  127. -6-
  128. einbarung ist weder ein gegenseitiger Vertrag noch ein Auftrag. Der Verwalter
  129. kann daher weder die Erfüllung ablehnen, noch erlischt der Schiedsvertrag
  130. durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens (BGH, Urteil vom 28. Februar
  131. 1957 - VII ZR 204/56, BGHZ 24, 15, 18 (zur Konkursordnung); Beschluss vom
  132. 20. November 2003 - III ZB 24/03, ZInsO 2004, 88; Urteil vom 25. April 2013
  133. - IX ZR 49/12, WM 2013, 1514 Rn. 8).
  134. 14
  135. 2. Der von der Antragsgegnerin vor dem Schiedsgericht geltend gemachte Anspruch wird trotz Eröffnung des Insolvenzverfahrens von der Schiedsvereinbarung erfasst.
  136. 15
  137. a) Die Antragsgegnerin macht vor dem Schiedsgericht einen Anspruch
  138. auf Vergütung aus Notgeschäftsführung nach Beendigung des Bereederungsvertrags gemäß § 115 Abs. 2 InsO geltend. Nach Satz 1 dieser Vorschrift hat
  139. der Beauftragte, wenn mit dem Aufschub Gefahr verbunden ist, die Besorgung
  140. des übertragenen Geschäfts fortzusetzen, bis der Insolvenzverwalter anderweitig Fürsorge treffen kann. § 115 Abs. 2 Satz 2 InsO bestimmt, dass der Auftrag
  141. insoweit als fortbestehend gilt. Das umfasst den Anspruch des Beauftragten auf
  142. die vertraglich vereinbarte Vergütung für die im Rahmen berechtigter Notgeschäftsführung erbrachten Leistungen.
  143. 16
  144. Die Streitigkeit über die von der Antragsgegnerin beanspruchte Vergütung aus Notgeschäftsführung wird von der Schiedsklausel erfasst. Es handelt
  145. sich um einen Anspruch, der im Zusammenhang mit dem Bereederungsvertrag
  146. steht. Der Vergütungsanspruch aus Notgeschäftsführung gemäß § 115 Abs. 2
  147. InsO beruht darauf, dass der Auftrag insoweit als fortbestehend gilt. Der Anspruch knüpft damit an den vorher bestehenden Auftrag, hier den Bereederungsvertrag, an und setzt ihn voraus. Die von der Antragsgegnerin behaupteten vergütungspflichtigen Leistungen im Zusammenhang mit dem Verkauf des
  148. Schiffs stehen im Zusammenhang mit der Beendigung und Abwicklung des Bereederungsvertrags.
  149. -7-
  150. 17
  151. b) Für die Beurteilung des in Rede stehenden Anspruchs aus Notgeschäftsführung kommt es auf kein insolvenzspezifisches Recht des Insolvenzverwalters an, das der Bindung an die Schiedsvereinbarung entgegensteht.
  152. 18
  153. aa) Der Insolvenzverwalter ist an eine vom Schuldner abgeschlossene
  154. Schiedsvereinbarung nicht gebunden, soweit im Streit ein selbständiges, der
  155. Verfügungsgewalt des Schuldners entzogenes Recht des Insolvenzverwalters
  156. ist (BGH, Beschluss vom 30. Juni 2011 - III ZB 59/10, SchiedsVZ 2011, 281
  157. Rn. 14). Zu diesen Rechten des Verwalters gehört etwa die Insolvenzanfechtung. Der Rückgewähranspruch aus Insolvenzanfechtung (§ 143 Abs. 1 InsO)
  158. folgt nicht aus dem anfechtbar geschlossenen Vertrag, sondern aus einem
  159. selbständigen, der Verfügungsgewalt des Schuldners entzogenen Recht des
  160. Insolvenzverwalters. Der Schuldner ist an dem materiellen Streitverhältnis der
  161. Insolvenzanfechtungsansprüche nicht beteiligt; er kann nicht über sie disponieren (BGH, WM 2013, 1514 Rn. 9 mwN). Ebenso verhält es sich mit dem Wahlrecht des Insolvenzverwalters nach § 103 InsO. Dabei handelt es sich um keine
  162. Befugnis, die ursprünglich dem Insolvenzschuldner zustand, und die deshalb
  163. Gegenstand von vertraglichen Vereinbarungen einschließlich einer entsprechenden Schiedsabrede hätte sein können, sondern um ein gesetzlich dem Insolvenzverwalter zustehendes Recht (BGH, SchiedsVZ 2011, 281 Rn. 14 aE).
  164. Allgemein entfällt die Bindung des Insolvenzverwalters an eine vom Insolvenzschuldner vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens geschlossene Schiedsabrede,
  165. wenn es um Rechte des Insolvenzverwalters geht, die sich nicht unmittelbar
  166. aus dem vom Insolvenzschuldner abgeschlossenen Vertrag ergeben, sondern
  167. auf der Insolvenzordnung beruhen und daher insolvenzspezifisch sind. Der
  168. Schuldner ist nicht befugt, über sie zu verfügen oder Einfluss darauf zu nehmen, wann, in welcher Weise und bei welcher Stelle sie geltend gemacht werden (BGH, SchiedsVZ 2011, 281 Rn. 14).
  169. -8-
  170. 19
  171. Demgegenüber bleibt es bei einem Streit, ob einem Gläubiger ein Ausoder Absonderungsrecht in der Insolvenz des Schuldners zusteht, bei der Bindung des Insolvenzverwalters an eine Schiedsvereinbarung (BGH, ZInsO 2004,
  172. 88), obwohl diese Gläubigerrechte ihre Grundlage ebenfalls in den Vorschriften
  173. der Insolvenzordnung finden. Ebenso bleibt der Insolvenzverwalter an eine
  174. Schiedsvereinbarung gebunden, wenn er gemäß § 166 Abs. 2 InsO eine Forderung einzieht, die der Schuldner zur Sicherung eines Anspruchs abgetreten hat
  175. (BGH, WM 2013, 1514 Rn. 9). Dieses Einziehungsrecht ist dem Verwalter zwar
  176. von der Insolvenzordnung besonders verliehen. Der Schuldner selbst hätte es
  177. nicht. Auf die einzuziehende Forderung als solche, die der Schiedsabrede unterliegt, wirkt sich das besondere Einziehungsrecht des Verwalters gemäß
  178. § 166 Abs. 2 InsO jedoch nicht aus. Eingezogen wird die vom Schuldner vor der
  179. Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründete und von ihm sicherungshalber
  180. abgetretene Forderung. Ebenso wie der Sicherungsnehmer dann bei einer Zahlungsklage an die Schiedsvereinbarung gebunden gewesen wäre, gilt dies für
  181. den Verwalter, der gemäß § 166 Abs. 2 InsO anstelle des Sicherungsnehmers
  182. die Forderung einzieht. Wie der Sicherungsnehmer hat er die vom Schuldner
  183. vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens wirksam geschaffene Rechtslage
  184. insoweit hinzunehmen (BGH, WM 2013, 1514 Rn. 10).
  185. 20
  186. bb) Das Oberlandesgericht hat angenommen, die Ausführungen des
  187. Bundesgerichtshofs im Zusammenhang mit § 103 InsO seien auf die §§ 115,
  188. 116 InsO übertragbar. Die sich aus diesen Vorschriften ergebenden Rechtsfolgen seien abschließend im Gesetz geregelt und insoweit "insolvenzspezifisch".
  189. In der Art wie § 103 InsO regelten die §§ 115, 116 InsO die Frage, wie sich das
  190. Insolvenzverfahren auf die "Erfüllung der Rechtsgeschäfte" auswirke. Für eine
  191. übereinstimmende Beurteilung der Fälle des § 103 InsO und der §§ 115, 116
  192. InsO spreche ferner, dass die Regelungen in den §§ 103 bis 118 InsO insgesamt nach § 119 InsO der Verfügungsbefugnis des Schuldners entzogen seien.
  193. Die dem insolvenzrechtlichen "Kernbereich" zuzurechnenden Vorschriften der
  194. -9-
  195. §§ 115, 116 InsO ließen sich von der Ausnahmevorschrift des § 115 Abs. 2
  196. InsO nicht trennen. Für die Annahme eines insolvenzspezifischen Rechts reiche
  197. es aus, dass §§ 115, 116 InsO bestimmte Rechtsfolgen regelten, auf die sich
  198. der Insolvenzverwalter berufen könne, wenn er Ansprüchen ausgesetzt sei, die
  199. auf Verträge gestützt seien, die nach diesen Normen erlöschten. Für die Frage,
  200. ob Ansprüche aus einem Geschäftsbesorgungsvertrag bestünden, müssten die
  201. Vorfragen geklärt werden, ob der Vertrag nach §§ 115, 116 InsO erloschen sei
  202. sowie ob und gegebenenfalls in welchem Umfang eine Notgeschäftsführung zu
  203. bejahen sei, die zu einem fingierten Fortbestehen des Vertrags führe. Dabei
  204. handele es sich um Fragen, die in der Insolvenzordnung geregelt seien und
  205. nicht im Vertrag.
  206. 21
  207. cc) Diese Erwägungen halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Soweit § 116 InsO auf § 115 Abs. 2 und 3 InsO verweist, werden die Vertragsinteressen des Geschäftsbesorgers geschützt (vgl. MünchKomm.InsO/Ott/Vuia,
  208. 3. Aufl., § 116 Rn. 1) und keine insolvenzspezifischen Rechte des Insolvenzverwalters begründet.
  209. 22
  210. (1) Insoweit kommt es nicht darauf an, dass die Rechte des Beauftragten
  211. gemäß § 115 Abs. 2 und 3 InsO an den Tatbestand des gesetzlichen Erlöschens von Aufträgen und Geschäftsbesorgungsverträgen infolge der Eröffnung
  212. des Insolvenzverfahrens gemäß § 115 Abs. 1 und § 116 InsO anknüpfen. Diese
  213. kraft Gesetzes eintretende Rechtsfolge stellt weder ein Gestaltungsrecht des
  214. Insolvenzverwalters dar, noch verleiht sie ihm einen schuldrechtlichen Anspruch.
  215. 23
  216. Entgegen der Ansicht des Oberlandesgerichts ist für die Frage, ob insolvenzspezifische Rechte des Insolvenzverwalters in Rede stehen, nicht maßgeblich, dass sich die Rechtsfolgen der §§ 115, 116 InsO nicht aus den vertraglichen Vereinbarungen im Geschäftsbesorgungsvertrag und dem Verhalten der
  217. Vertragsparteien ergeben, sondern abschließend im Gesetz geregelt sind. Das
  218. - 10 -
  219. ist auch in den Fällen der Aus- oder Absonderungsrechte von Gläubigern oder
  220. der Einziehung zur Sicherheit abgetretener Forderungen durch den Verwalter
  221. gemäß § 166 Abs. 2 InsO so, in denen nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs keine insolvenzspezifischen Rechte des Insolvenzverwalters betroffen sind (vgl. BGH, ZInsO 2004, 88; WM 2013, 1514 Rn. 9). Zwar haben
  222. sowohl das Wahlrecht des Insolvenzverwalters nach § 103 InsO als auch die
  223. Vorschriften der §§ 115, 116 InsO die Frage zum Gegenstand, wie sich das
  224. Insolvenzverfahren auf die Erfüllung der vom Schuldner begründeten Rechtsgeschäfte auswirkt. Anders als § 103 InsO verleihen die §§ 115, 116 InsO dem
  225. Insolvenzverwalter jedoch kein Recht. Vielmehr handelt es sich bei Vergütungsansprüchen nach § 115 Abs. 2 oder 3 InsO um vertragliche Ansprüche
  226. des Auftragnehmers.
  227. 24
  228. (2) Nach § 115 Abs. 3 InsO gilt der Auftrag zugunsten des Beauftragten
  229. als fortbestehend, solange er die Eröffnung des Verfahrens ohne Verschulden
  230. nicht kennt. Für bis zur Kenntniserlangung erbrachte vertragsgemäße Leistungen steht dem Beauftragten die vertragliche Vergütung zu. Sein Anspruch richtet sich allein nach dem mit dem Schuldner geschlossenen Geschäftsbesorgungsvertrag. Insolvenzspezifische Rechte des Verwalters sind nicht betroffen.
  231. Insolvenzrechtlich ist allein die Regelung des § 115 Abs. 3 Satz 2 InsO, wonach
  232. der Beauftragte mit den Ersatzansprüchen aus der Fortsetzung des Auftrags
  233. lediglich Insolvenzgläubiger wird.
  234. 25
  235. Liegen dagegen die Voraussetzungen einer Notgeschäftsführung gemäß
  236. § 115 Abs. 2 InsO vor, ist der Beauftragte mit seinen Ersatzansprüchen Massegläubiger. Gemäß § 115 Abs. 2 Satz 2 InsO gilt der Auftrag "insoweit", das
  237. heißt in dem für die Notgeschäftsführung erforderlichen Umfang, als fortbestehend. Grundlage der Erbringung von Leistungen im Wege der Notgeschäftsführung und daraus erwachsenden Vergütungsansprüchen des Beauftragten sind
  238. danach Leistungsumfang und Vergütungsregelung des vor Eröffnung des Insol-
  239. - 11 -
  240. venzverfahrens mit dem Schuldner abgeschlossenen Vertrags. Zur Notgeschäftsführung ist der Beauftragte nur innerhalb der Besorgung des übertragenen Geschäfts berechtigt, soweit mit einem Aufschub Gefahr verbunden ist und
  241. der Insolvenzverwalter nicht anderweitig Fürsorge treffen kann. Der Beauftragte
  242. ist trotz des an sich eingetretenen Erlöschens des Auftragsverhältnisses im
  243. Sinne einer nachwirkenden Treue- und Fürsorgepflicht gehalten, die erforderlichen Maßnahmen zur Abwehr einer drohenden Gefahr für die Masse zu treffen
  244. (vgl. MünchKomm.InsO/Ott/Vuia aaO § 115 Rn. 16).
  245. 26
  246. c) Die Antragsgegnerin stützt ihren Anspruch in der Schiedsklage allein
  247. auf eine Notgeschäftsführung nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Sie
  248. macht einen Vergütungsanspruch gemäß Ziffer 4 in Verbindung mit Anhang 1
  249. Ziffer 2 des Bereederungsvertrags für im Zusammenhang mit dem Verkauf des
  250. Schiffs erbrachte Leistungen geltend. Auf den dieser vertraglichen Absprache
  251. unterliegenden Vergütungsanspruch für im Rahmen der Notgeschäftsführung
  252. erbrachte Leistungen wirken sich Bestimmungen des Insolvenzrechts nicht aus
  253. (vgl. BGH, WM 2013, 1514 Rn. 10).
  254. 27
  255. aa) Zwar wird der Umfang der berechtigten Notgeschäftsführung durch
  256. die Möglichkeit des Insolvenzverwalters begrenzt, anderweitig Fürsorge zu treffen. Dabei handelt es sich aber um keine insolvenzspezifische Beschränkung.
  257. Die Regelung der Notgeschäftsführung in § 115 Abs. 2 Satz 1 und 2 InsO entspricht der allgemein für das Auftragsrecht geltenden Bestimmung des § 672
  258. Satz 2 BGB. Diese Vorschrift galt gemäß § 23 Abs. 1 Satz 2 KO bis zum Inkrafttreten der Insolvenzordnung im Konkursrecht entsprechend. Vergleichbare Regelungen zur Notgeschäftsführung finden sich in § 1472 Abs. 4 und § 1698b
  259. BGB, auf die wiederum in den Fällen des § 1497 Abs. 2 und § 1893 Abs. 1 BGB
  260. verwiesen wird. Derselbe Rechtsgedanke liegt der Bestimmung des § 727
  261. Abs. 2 BGB zugrunde. Handelt es sich bei der Regelung zur Notgeschäftsfüh-
  262. - 12 -
  263. rung um einen allgemeinen Rechtsgedanken, so liegt es fern, von einer insolvenzspezifischen Regelung auszugehen.
  264. 28
  265. bb) Dem vertraglichen und nicht insolvenzspezifischen Charakter des
  266. Vergütungsanspruchs der Antragsgegnerin steht nicht entgegen, dass sich der
  267. Insolvenzverwalter zur Abwehr von Ansprüchen grundsätzlich auf das Erlöschen des Bereederungsvertrags gemäß § 116 in Verbindung mit § 115 Abs. 1
  268. InsO berufen kann. Das führt zu keiner stärkeren insolvenzrechtlichen Prägung
  269. des Sachverhalts als die Abwehr von Ansprüchen aus Ab- oder Aussonderungsrechten durch den Insolvenzverwalter, bei der eine Bindung an eine vom
  270. Schuldner vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens geschlossene Schiedsvereinbarung besteht (vgl. BGH, ZInsO 2004, 88). Eine Klage des Insolvenzverwalters
  271. auf Feststellung des Erlöschens des Bereederungsvertrags gemäß § 116 in
  272. Verbindung mit § 115 Abs. 1 InsO müsste ebenfalls vor dem Schiedsgericht
  273. erhoben werden, so dass die vom Oberlandesgericht angenommene Gefahr
  274. einer unterschiedlichen Zuständigkeit für die Zahlungsklage des Beauftragten
  275. und einer negativen Feststellungsklage des Insolvenzverwalters nicht besteht.
  276. 29
  277. Für die Annahme eines von der Bindung an die Schiedsvereinbarung befreienden insolvenzspezifischen Rechts reicht es nicht aus, dass sich der Insolvenzverwalter auf bestimmte in der Insolvenzordnung geregelte Rechtsfolgen
  278. berufen kann, wenn er Ansprüchen ausgesetzt ist, die ihre Grundlage in nach
  279. der Insolvenzordnung erloschenen Verträgen finden.
  280. 30
  281. 3. Weitere Feststellungen sind nicht mehr erforderlich, so dass der Senat
  282. in der Sache selbst entscheiden kann (§ 577 Abs. 5 ZPO). Der Rechtsbeschwerde ist stattzugeben. Das Schiedsgericht hat seine Zuständigkeit zu
  283. Recht festgestellt.
  284. - 13 -
  285. 31
  286. 4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.
  287. Büscher
  288. Schaffert
  289. Löffler
  290. Kirchhoff
  291. Schwonke
  292. Vorinstanz:
  293. OLG Hamburg, Entscheidung vom 20.06.2016 - 6 SchH 2/16 -