Monotone Arbeit nervt!
You can not select more than 25 topics Topics must start with a letter or number, can include dashes ('-') and can be up to 35 characters long.

108 lines
5.7 KiB

1 year ago
  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. BESCHLUSS
  3. AnwZ (B) 27/00
  4. vom
  5. 12. März 2001
  6. in dem Verfahren
  7. wegen Widerrufs der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft
  8. -2-
  9. Der Bundesgerichtshof, Senat für Anwaltssachen, hat durch die Vorsitzende
  10. Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Deppert, die Richter Dr. Fischer und Terno, die Richterin Dr. Otten sowie die Rechtsanwälte Dr. Schott, Dr. Frey und
  11. Dr. Wosgien
  12. am 12. März 2001 nach mündlicher Verhandlung
  13. beschlossen:
  14. Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß
  15. des Ersten Senats des Anwaltsgerichtshofs Baden-Württemberg
  16. vom 13. März 2000 wird zurückgewiesen.
  17. Der Antragsteller hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen und
  18. der Antragsgegnerin die ihr im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen außergerichtlichen Auslagen zu erstatten.
  19. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf
  20. 100.000 DM festgesetzt.
  21. - 3 -
  22. Gründe:
  23. I.
  24. Der Antragsteller wurde im Jahre 1977 zur Rechtsanwaltschaft zugelassen und ist inzwischen Fachanwalt für Steuerrecht. Durch Verfügung vom
  25. 2. September 1999 hat die Antragsgegnerin die Zulassung nach § 14 Abs. 2
  26. Nr. 7 BRAO n.F. wegen Vermögensverfalls widerrufen. Der Anwaltsgerichtshof
  27. hat den Antrag auf gerichtliche Entscheidung zurückgewiesen. Dagegen richtet
  28. sich die sofortige Beschwerde des Rechtsanwalts.
  29. II.
  30. Das nach § 42 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 4 BRAO zulässige Rechtsmittel hat in
  31. der Sache keinen Erfolg.
  32. 1. Gerät der Rechtsanwalt in Vermögensverfall, ist seine Zulassung zur
  33. Rechtsanwaltschaft zu widerrufen, es sei denn, daß dadurch die Interessen der
  34. Rechtsuchenden nicht gefährdet sind (§ 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO n.F.). Ein Vermögensverfall wird nach dieser Vorschrift vermutet, wenn der Rechtsanwalt in
  35. das vom Insolvenzgericht (§ 26 Abs. 2 InsO) oder vom Vollstreckungsgericht
  36. (§ 915 ZPO) zu führende Verzeichnis eingetragen ist.
  37. a) Diese Vermutung kommt hier zur Geltung; denn der Antragsteller ist
  38. in drei Zwangsvollstreckungsverfahren im Schuldnerverzeichnis des Amtsge-
  39. - 4 -
  40. richts eingetragen. Davon abgesehen hatten im Zeitpunkt des Widerrufs Gläubiger Vollstreckungsaufträge wegen Forderungen im Gesamtbetrag von mehr
  41. als 3.250.000 DM erteilt.
  42. b) Der Antragsteller macht geltend, seine aktuelle finanzielle Situation
  43. sei dadurch hervorgerufen worden, daß er im Zusammenhang mit der Finanzierung eines größeren Bauvorhabens, an dem er sich beteiligt habe, von einer
  44. Versicherungsgesellschaft sowie einem Kreditinstitut vorsätzlich geschädigt
  45. worden sei. Der Kläger hat gegen beide Parteien Klagen in Millionenhöhe erhoben, über die noch nicht entschieden ist. Es kommt indessen nicht darauf an,
  46. ob aufgrund dieses Sachverhalts anzunehmen ist, daß der Rechtsanwalt unverschuldet in Vermögensverfall geraten ist. Die Vorschrift des § 14 Abs. 2
  47. Nr. 7 BRAO dient allein dem Schutz des rechtsuchenden Publikums. Die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft ist daher nach dieser Bestimmung auch dann
  48. zu entziehen, wenn der Rechtsanwalt ohne Verschulden in die ihn belastende
  49. Vermögenslage geraten ist (BGH, Beschluß vom 21. Juni 1999 - AnwZ (B)
  50. 88/98, BRAK-Mitt. 1999, 270, 271).
  51. 2. Der Antragsteller hat auch nicht hinreichend dargetan, daß die Interessen der Rechtsuchenden durch den Vermögensverfall nicht gefährdet sind.
  52. Vermögensverfall führt bei einem Rechtsanwalt regelmäßig zu einer
  53. Gefährdung der Interessen seiner Mandanten. Eine solche Gefährdung läßt
  54. sich nur äußerst selten mit hinreichender Sicherheit ausschließen. Der Antragsteller hat vorgetragen, er bearbeite allein steuerrechtliche Mandate und komme bei dieser Tätigkeit mit Mandantengeldern nicht in Berührung. Eine entsprechende Selbstbeschränkung wird indessen nach außen nicht erkennbar;
  55. sie ist zudem nicht überprüfbar und kann von dem Rechtsanwalt jederzeit aufgegeben werden. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats ist allein
  56. - 5 -
  57. deshalb, weil der Rechtsanwalt bisher keine Mandantengelder in Empfang genommen hat, eine Gefährdung der Vermögensinteressen seiner Auftraggeber
  58. nicht auszuschließen (BGH, Beschluß vom 27. Mai 1991 - AnwZ (B) 9/91,
  59. BRAK-Mitt. 1991, 227; vom 7. Oktober 1991 - AnwZ (B) 26/91; vom 14. Februar
  60. 2000 - AnwZ (B) 13/99).
  61. 3. Sind im Laufe des gerichtlichen Verfahrens die Voraussetzungen für
  62. den Widerruf der Zulassung nachträglich zweifelsfrei entfallen, so ist dies nach
  63. der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bei der Entscheidung
  64. noch zu berücksichtigen. Der Rechtsanwalt muß dazu im einzelnen belegen,
  65. daß er die gegen ihn gerichteten Forderungen getilgt hat oder in einer Weise
  66. zu erfüllen vermag, die seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse wieder
  67. als geordnet erscheinen läßt. Entsprechende Voraussetzungen hat der Antragsteller nicht dargetan.
  68. In den Rechtsstreitigkeiten, die er gegen die Bank und die Versicherungsgesellschaft führt, sind bisher keine Urteile ergangen. Der den Prozessen
  69. zugrunde liegende Sachverhalt ist komplex; die im Zusammenhang damit auftretenden Rechtsfragen werden in Rechtsprechung und Schrifttum ersichtlich
  70. nicht einheitlich behandelt. Höchstrichterliche Entscheidungen dazu liegen offenbar nicht vor. Ob und in welchem Umfang Urteile zugunsten des Rechtsanwalts ergehen werden, ist derzeit nicht absehbar. Auch der zuletzt eingereichte
  71. Schriftsatz enthält die notwendigen Angaben nicht. Er belegt lediglich, daß inzwischen einzelne im Verhältnis zum Gesamtbetrag nicht wesentliche Forderungen getilgt worden sind und mit einigen Gläubigern Stillhalteabkommen geschlossen wurden. Danach bleibt es gegenwärtig ungeklärt, ob, wann und auf
  72. welche Weise der Antragsteller in der Lage sein wird, die titulierten Ansprüche
  73. - 6 -
  74. in Zukunft zu befriedigen. In Anbetracht dessen können seine Einkommensund Vermögensverhältnisse derzeit nicht als geordnet angesehen werden.
  75. Deppert
  76. Fischer
  77. Frey
  78. Terno
  79. Wosgien
  80. Otten
  81. Schott