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1 year ago
  1. 5 StR 204/10
  2. BUNDESGERICHTSHOF
  3. IM NAMEN DES VOLKES
  4. URTEIL
  5. vom 22. Juli 2010
  6. in der Strafsache
  7. gegen
  8. wegen Diebstahls u. a.
  9. -2-
  10. Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Grund der Sitzung vom
  11. 22. Juli 2010, an der teilgenommen haben:
  12. Richter Dr. Brause
  13. als Vorsitzender,
  14. Richter Dr. Raum,
  15. Richterin Dr. Schneider,
  16. Richter Prof. Dr. König,
  17. Richter Bellay
  18. als beisitzende Richter,
  19. Staatsanwalt beim Bundesgerichtshof
  20. als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
  21. Rechtsanwältin
  22. als Verteidigerin,
  23. Justizangestellte
  24. als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
  25. -3-
  26. für Recht erkannt:
  27. Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des
  28. Landgerichts Dresden vom 23. November 2009 wird verworfen.
  29. Die Staatskasse hat die Kosten des Rechtsmittels und die
  30. dem Angeklagten hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
  31. – Von Rechts wegen –
  32. Gründe
  33. 1
  34. Das Landgericht hat den jetzt 27jährigen seit frühester Jugend psychisch kranken und süchtigen Angeklagten, der weite Teile seines bisherigen
  35. Lebens in Heimen und psychiatrischen Kliniken untergebracht war, zu sieben
  36. Monaten Gesamtfreiheitsstrafe mit Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt.
  37. Der Verurteilung lagen fünf Vergehen zugrunde, die der Angeklagte während
  38. mehr als zwei Jahre vor dem angefochtenen Urteil vollstreckter Untersuchungshaft zum Nachteil von Vollzugsbediensteten begangen hatte – versuchte Körperverletzung, Beleidigung, drei Fälle der Bedrohung –, ferner ein
  39. mehr als eineinhalb Jahre vor dem angefochtenen Urteil begangener Diebstahl eines Mopeds. Die auf die Überprüfung der Strafaussetzung beschränkte, mit der Sachrüge begründete Revision der Staatsanwaltschaft bleibt
  40. – gegen den Antrag des Generalbundesanwalts – erfolglos.
  41. 2
  42. Das Tatgericht hat den ihm bei der Prognose nach § 56 Abs. 1 StGB
  43. zustehenden weiten Beurteilungsspielraum (vgl. Fischer, StGB 57. Aufl. § 56
  44. -4-
  45. Rdn. 11 m.w.N.) trotz Vorbelastungen des Angeklagten und wiederholter
  46. Haftverbüßungen aufgrund gegebener Fallbesonderheiten nicht überschritten. Solche durfte das Gericht bei der ihm obliegenden Gesamtwürdigung im
  47. umfassenden Geständnis des Angeklagten – in dessen Motivation keine ausschlaggebende Bedeutung gefunden werden muss – sowie in dem beträchtlichen Zeitablauf seit Tatbegehung sehen. Entscheidend kommt hinzu, dass
  48. der in seiner Steuerungsfähigkeit möglicherweise krankheitsbedingt erheblich
  49. verminderte Angeklagte unter umfassende Betreuung gestellt worden ist und
  50. nunmehr regelmäßig medikamentös behandelt wird, was einen erheblichen
  51. Stabilisierungsfaktor ausmacht.
  52. 3
  53. Das Landgericht hat den Risikofaktor einer für die Behandlung ungünstigen „nicht ganz unerheblichen Alkoholmissbrauchssymptomatik“ (UA
  54. S. 13) beachtet und ihn durch Eingriffsmöglichkeiten im Rahmen der Betreuung – die bei deren vorauszusetzender verantwortungsvoller Wahrnehmung
  55. fraglos ausreichend konkret sind – im Ergebnis ebenso wenig als negativ
  56. ausschlaggebend angesehen wie eine vom Angeklagten eingeräumte Beteiligung am Diebstahl zweier Schnapsflaschen. Diese Beurteilung ist – zumal
  57. angesichts der dem geständigen Angeklagten infolge seiner Verurteilung für
  58. den Fall wiederholter Straffälligkeit nunmehr sofort konkret drohenden erneuten Strafvollstreckung – nicht unvertretbar.
  59. 4
  60. Das angefochtene Urteil lässt keine relevanten Lücken erkennen, die
  61. ein Eingreifen des Revisionsgerichts veranlassen müssten. Dass sich der
  62. psychiatrische Sachverständige konkret gegen die Voraussetzungen einer
  63. Strafaussetzung ausgesprochen hätte, ist dem Urteil, auf das die Überprüfung aufgrund der allein erhobenen Sachrüge beschränkt ist, nicht zu entnehmen. Das Gericht musste für die Aussetzungsentscheidung den Rat des
  64. -5-
  65. Sachverständigen – der gemäß § 246a StPO zu einer Maßregel nach § 63
  66. StGB gehört wurde, deren Voraussetzungen nicht vorlagen – weder einholen
  67. noch dessen etwa gleichwohl erfolgte Einschätzung ausdrücklich referieren.
  68. Brause
  69. Raum
  70. König
  71. Schneider
  72. Bellay