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1 year ago
  1. 5 StR 87/04
  2. BUNDESGERICHTSHOF
  3. IM NAMEN DES VOLKES
  4. URTEIL
  5. vom 20. April 2004
  6. in der Strafsache
  7. gegen
  8. 1.
  9. 2.
  10. wegen schwerer räuberischer Erpressung u.a.
  11. -2-
  12. Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom
  13. 20. April 2004, an der teilgenommen haben:
  14. Vorsitzende Richterin Harms,
  15. Richter Basdorf,
  16. Richterin Dr. Gerhardt,
  17. Richter Dr. Brause,
  18. Richter Schaal
  19. als beisitzende Richter,
  20. Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
  21. als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
  22. Rechtsanwalt S
  23. als Verteidiger des Angeklagten Y
  24. ,
  25. Rechtsanwalt F
  26. als Verteidiger des Angeklagten K
  27. Justizangestellte
  28. als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
  29. ,
  30. -3-
  31. für Recht erkannt:
  32. Die Revisionen der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des
  33. Landgerichts Berlin vom 1. August 2003 werden verworfen.
  34. Die Kosten der Rechtsmittel und die den Angeklagten hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen fallen
  35. der
  36. Staatskasse zur Last.
  37. – Von Rechts wegen –
  38. Gründe
  39. Das Landgericht hat den Angeklagten Y
  40. wegen räuberischer Er-
  41. pressung (Einzelstrafe: ein Jahr und sechs Monate) und wegen schwerer
  42. räuberischer Erpressung (Einzelstrafe: drei Jahre und drei Monate) zu einer
  43. Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten und den Angeklagten K
  44. wegen schwerer räuberischer Erpressung zu einer Frei-
  45. heitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Mit ihren wirksam auf den jeweiligen
  46. Strafausspruch beschränkten Revisionen wendet sich die Staatsanwaltschaft
  47. allein gegen die Strafzumessung für die von den Angeklagten gemeinsam
  48. begangene schwere räuberische Erpressung (Fall II 2 der Urteilsgründe) und
  49. beanstandet insbesondere die Annahme eines minder schweren Falles. Die
  50. Rechtsmittel, die vom Generalbundesanwalt nicht vertreten werden, haben
  51. keinen Erfolg.
  52. 1. Nach den Feststellungen des Landgerichts betraten die jeweils mit
  53. einem Schal maskierten Angeklagten am Morgen des 22. Januar 2003 eine
  54. Filiale der Firma Sc
  55. und zwangen die Kassiererin unter Vorhalt eines
  56. -4-
  57. großen Küchenmessers und eines Klappmessers, sie in das Büro zu dem
  58. dort befindlichen Tresor zu führen. In dem Büro hielten sich – für die Angeklagten unerwartet – fünf weitere Mitarbeiter der Firma Sc
  59. auf. Wie-
  60. derum unter Vorhalt der Messer zwangen die Angeklagten die Anwesenden,
  61. sich auf den Boden zu legen, während einer der Angestellten den Tresor öff-
  62.          !"
  63. nen mußte. Er entnahm 3.080,-
  64. durchwühlten alsdann die Taschen ihrer Opfer, nahmen noch zwei Mobiltelefone an sich und verließen das Geschäft. Die Kassiererin hatte während
  65. des Überfalls eine leichte, zwei Zentimeter lange Schnittwunde am Arm erlitten, die nach den Urteilsausführungen unabsichtlich zugefügt worden sein
  66. kann. Nach dem Vorfall war sie mehrere Wochen arbeitsunfähig und befand
  67. sich einige Monate in psychologischer Behandlung. Beide Angeklagte standen bei Begehung der Tat unter dem Einfluß von Rauschmitteln, was ihre
  68. Schuldfähigkeit jedoch nicht erheblich einschränkte.
  69. Die Strafkammer ist bei beiden Angeklagten von einem minder schweren Fall der (besonders) schweren räuberischen Erpressung im Sinne von
  70. § 250 Abs. 3 StGB ausgegangen. In diesem Zusammenhang hat sie auf das
  71. jugendliche Alter der Angeklagten, auf ihr von Reue getragenes Geständnis,
  72. ihre Entschuldigung bei den Geschädigten, ihren Verzicht auf Rückgabe der
  73. bei der Tat verwendeten Gegenstände und insbesondere auch darauf abgestellt, daß der Angeklagte Y
  74. erstmalig zu einer freiheitsentziehenden
  75. Rechtsfolge und der Angeklagte K
  76. erstmalig zu einer Freiheits-
  77. strafe verurteilt worden sind. Bei dem Angeklagten K
  78. ist als strafer-
  79. schwerender Gesichtspunkt benannt worden, daß er die Tat während einer
  80. laufenden Bewährungsfrist aus einem Jugendstrafverfahren begangen hat.
  81. Innerhalb des so gefundenen Strafrahmens sind die bei der Kassiererin infolge der Tat eingetretenen physischen und psychischen Beeinträchtigungen, die erzielte hohe Beute und bei dem Angeklagten K
  82. die
  83. strafrechtlichen Vorbelastungen strafschärfend berücksichtigt worden. Zu
  84. Gunsten des Angeklagten Y
  85. hat die Strafkammer die erlittene sechswö-
  86. -5-
  87. chige Untersuchungshaft, die begonnene Schadenswiedergutmachung und
  88. den Umstand gewertet, daß er noch nicht erheblich strafrechtlich in Erscheinung getreten ist. Bei dem Angeklagten K
  89. hat sich strafmildernd
  90. ausgewirkt, daß er infolge der neuerlichen Tatbegehung mit dem Widerruf
  91. eines nicht unerheblichen Strafrestes einer Jugendstrafe zu rechnen hat.
  92. Schließlich hat die Strafkammer bei Festsetzung der Strafen zu Gunsten beider Angeklagten die drohenden ausländerrechtlichen Maßnahmen bedacht.
  93. 2. Die Strafzumessung des Landgerichts ist rechtsfehlerfrei. Insbesondere hält die Anwendung des nach § 250 Abs. 3 StGB für minder schwere Fälle vorgesehenen Strafrahmens rechtlicher Nachprüfung stand.
  94. Die Strafzumessung, zu der auch die Frage gehört, ob ein minder
  95. schwerer Fall vorliegt, ist grundsätzlich Sache des Tatrichters. Es ist seine
  96. Aufgabe, auf der Grundlage des umfassenden Eindrucks, den er in der
  97. Hauptverhandlung von der Tat und der Persönlichkeit des Täters gewonnen
  98. hat, die wesentlichen entlastenden und belastenden Umstände festzustellen
  99. und gegeneinander abzuwägen. Welchen Umständen er bestimmendes Gewicht beimißt, ist im wesentlichen seiner Beurteilung überlassen (st. Rspr.;
  100. vgl. nur BGHSt 3, 179; 24, 268; BGHR StGB § 177 Abs. 5 Strafrahmenwahl 2 m.w.N.). Das Revisionsgericht darf die Gesamtwürdigung nicht selbst
  101. vornehmen, sondern nur nachprüfen, ob dem Tatrichter bei seiner Entscheidung ein Rechtsfehler unterlaufen ist (vgl. BGHSt 29, 319, 320; BGH StV
  102. 2002, 20; BGH, Urt. vom 26. Juni 2001 – 5 StR 151/01). Das ist hier nicht der
  103. Fall.
  104. Allerdings hat das Landgericht bei der Wahl des Strafrahmens in erster Linie auf die strafmildernden Umstände abgestellt und die früheren strafrechtlichen Verfehlungen des Angeklagten Y
  105. Angeklagten K
  106. und die Jugendstrafen des
  107. im einzelnen nicht erörtert. Angesichts der ausführ-
  108. lichen Darstellung der früheren Straftaten bei den Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen der Angeklagten und deren Würdigung innerhalb der
  109. -6-
  110. konkreten Strafzumessung ist jedoch nicht zu besorgen, der Tatrichter
  111. könnte das Gewicht der Vortaten bei der Strafrahmenwahl nicht bedacht haben (vgl. BGHSt 34, 355, 359; BGH StV 1995, 24). Daß die Strafkammer das
  112. maskierte Vorgehen der Angeklagten in diesem Fall nicht ausdrücklich berücksichtigt hat, ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Denn der Tatrichter ist
  113. nicht gehalten, sämtliche Strafzumessungsgesichtspunkte im Einzelnen auszuführen (vgl. BGHR StPO § 267 Abs. 3 Satz 1 Strafzumessung 2; BGH StV
  114. 1996, 662). Auch spricht der genannte Umstand im Rahmen der erforderlichen und vom Landgericht vorgenommenen Gesamtbewertung nicht ohne
  115. weiteres gegen die Annahme eines minder schweren Falles.
  116. Soweit die Beschwerdeführerin weiter geltend macht, die Strafkammer
  117. habe bei der Wahl des Strafrahmens den Milderungsgründen ein zu großes
  118. Gewicht beigemessen, erschöpfen sich ihre Ausführungen letztlich in dem im
  119. Revisionsverfahren unbeachtlichen Versuch, die Wertung des Tatrichters
  120. durch eine eigene zu ersetzen und die festgestellten für und gegen die Angeklagten sprechenden Umstände anders zu gewichten.
  121. Zutreffend hat der Generalbundesanwalt darauf hingewiesen, daß die
  122. Strafkammer die nach § 267 Abs. 3 Satz 1 StPO bestimmenden Strafzumessungsgesichtspunkte bezeichnet und rechtsfehlerfrei gegeneinander abge-
  123. -7-
  124. wogen hat. Die so gefundenen sehr maßvollen Strafen lösen sich noch nicht
  125. von ihrer Bestimmung, gerechter Schuldausgleich zu sein.
  126. Harms
  127. Basdorf
  128. Brause
  129. Gerhardt
  130. Schaal