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1 year ago
  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. 1 StR 321/01
  3. BESCHLUSS
  4. vom
  5. 26. September 2001
  6. in der Strafsache
  7. gegen
  8. 1.
  9. 2.
  10. wegen Mordes
  11. -2-
  12. Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 26. September 2001 beschlossen:
  13. Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 5. Februar 2001 werden verworfen.
  14. Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels und
  15. die den Nebenklägern im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
  16. Gründe:
  17. Entsprechend dem von beiden Angeklagten auf Initiative der Angeklagten B.
  18. S.
  19. gefaßten Tatplan hat der Angeklagte H.
  20. Si. , eine Arbeitskollegin der Angeklagten B.
  21. S.
  22. S.
  23. C.
  24. , die deren beruflichen
  25. Plänen im Wege stand, am Nachmittag des 9. November 1999 aufgelauert und
  26. erschlagen. Tatort war eine Tiefgarage, die die Angeklagten zusammen zuvor
  27. im Hinblick auf Zugangsmöglichkeiten und Fluchtwege im einzelnen ausgekundschaftet hatten. Der Tatplan sah vor, daß C.
  28. B.
  29. S.
  30. Si.
  31. am Vormittag von
  32. mit der unwahren Behauptung, es sei ein Anruf eingegangen, wo-
  33. nach der PKW von C.
  34. Si.
  35. in der Tiefgarage beschädigt worden sei, zum
  36. Aufsuchen der Tiefgarage veranlaßt werden, wo sie der Angeklagte H.
  37. S.
  38. erschlagen sollte, oder die Tat sollte, wie es dann auch der Fall war, am
  39. Nachmittag geschehen, sobald C.
  40. Si.
  41. nach Dienstende in die Tiefgara-
  42. ge zu ihrem PKW gekommen war. Am Vormittag hatte die Angeklagte B.
  43. S.
  44. C.
  45. Si.
  46. in der geplanten Weise dazu veranlaßt, die Tiefgarage auf-
  47. -3-
  48. zusuchen; es kam jedoch nicht zur Tat, weil sich im letzten Moment das Rolltor
  49. öffnete und der Angeklagte H.
  50. S.
  51. deshalb fürchtete, gestört zu werden.
  52. Auf der Grundlage dieser Feststellungen hat die Strafkammer die Angeklagten wegen gemeinschaftlich begangenen Mordes jeweils zu lebenslanger
  53. Freiheitsstrafe verurteilt.
  54. Die Revisionen der Angeklagten bleiben erfolglos, da die Überprüfung
  55. des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigungen keinen durchgreifenden
  56. Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).
  57. Ergänzend zum Vorbringen des Generalbundesanwalts bemerkt der Senat:
  58. 1. Zur Revision der Angeklagten B.
  59. S.
  60. :
  61. Die Verurteilung der Angeklagten wegen mittäterschaftlich begangenen
  62. Mordes ist rechtlich nicht zu beanstanden, da ihr das Verhalten des Angeklagten H.
  63. S.
  64. als Mittäterin zuzurechnen ist (§ 25 Abs. 2 StGB), so daß die
  65. Ausführungen der Strafkammer zu einer letztlich von ihr verneinten Täterschaft
  66. durch Unterlassen und die hieran anknüpfenden Erwägungen der Revision auf
  67. sich beruhen bleiben können.
  68. 2. Zur Revision des Angeklagten H.
  69. S.
  70. :
  71. -4-
  72. Die Annahme der Strafkammer, der Angeklagte habe aus niedrigen Beweggründen gehandelt, hält rechtlicher Überprüfung nicht stand. Dies gefährdet den Bestand des Urteils jedoch nicht:
  73. a) Die Strafkammer geht davon aus, daß der Angeklagte die Tat nicht
  74. zuletzt deshalb begangen habe, um zu verhindern, daß sich die Angeklagte
  75. B.
  76. S.
  77. "endgültig und in aller Konsequenz von ihm abwenden" werde,
  78. oder sich "tatsächlich was antun könnte", nachdem sie mit Selbstmord gedroht
  79. hatte, wenn C.
  80. Si.
  81. am Leben bliebe. Im "Lebensentwurf des Angeklag-
  82. ten (sei) eine Trennung nicht vorgesehen, zumal es im Gesellschaftsbild des
  83. Angeklagten als Ernährer und Beschützer der Familie keine einigermaßen realistische Alternative gäbe". Eine Trennung von seiner Ehefrau "umschloß" für
  84. ihn die Vorstellung von "einem Leben in Einsamkeit und Verbitterung". All dies
  85. könne die Tötung eines Menschen jedoch "moralisch nicht rechtfertigen". Die
  86. Beweggründe seien vielmehr sittlich verachtenswert und stünden auf tiefster
  87. Stufe, da sie "zutiefst egoistischer Natur und letztlich der Angst vor der Zukunft
  88. geschuldet" seien.
  89. b) Schon der Ansatz, eine Tötung sei im Sinne des § 211 StGB aus
  90. niedrigen Beweggründen begangen, weil sie moralisch nicht gerechtfertigt sei,
  91. geht von einem unzutreffenden Maßstab aus. Unbeschadet der Frage, unter
  92. welchen Umständen die Tötung eines Menschen moralisch gerechtfertigt sein
  93. kann, ergibt sich die Niedrigkeit der Beweggründe jedenfalls nicht schon aus
  94. der fehlenden moralischen Rechtfertigung der Tat.
  95. Im übrigen tragen Motive, denen "jedermann je nach Anlaß mehr oder
  96. weniger stark erliegen kann, nicht von vorneherein den Stempel der Niedrig-
  97. -5-
  98. keit" (BGH NJW 1996, 471, 472 für eine aus "Wut, Enttäuschung und Rachsucht" begangene Tat m. w. Nachw.). Dies gilt auch, wenn die Tat aus Angst
  99. vor der Zukunft begangen wurde. Eine Bewertung derartiger Motive als niedrig
  100. setzt vielmehr eine umfassende Gesamtabwägung aller Umstände voraus
  101. (BGH aaO). Daran fehlt es hier schon deshalb, weil, worauf die Revision zutreffend hinweist, die Strafkammer in diesem Zusammenhang nicht erörtert,
  102. daß es dem Angeklagten auch darum ging, einen Selbstmord der Angeklagten
  103. B.
  104. S.
  105. zu verhindern. Die Annahme, ein solches Motiv sei "zutiefst egoi-
  106. stischer Natur" ist sehr fernliegend; Anhaltspunkte, die hier eine andere Beurteilung rechtfertigen könnten, sind nicht erkennbar.
  107. c) Da die Strafkammer jedoch Heimtücke rechtsfehlerfrei bejaht hat,
  108. bleibt der Schuldspruch von alledem unberührt (vgl. BGH aaO).
  109. Es sind auch weder im Hinblick auf die Beziehungen des Angeklagten
  110. zum Tatopfer noch sonst Anhaltspunkte für derart ungewöhnliche Umstände
  111. erkennbar, die es gebieten würden, zu erörtern, ob eine Strafrahmenmilderung
  112. gemäß § 49 Abs. 1 Nr. 1 StGB für den (nur) heimtückisch begangenen Mord
  113. (vgl. BGHSt 30, 105, 119 ff.) in Betracht kommen könnte.
  114. -6-
  115. Schließlich hat sich der aufgezeigte Mangel auch nicht auf die Entscheidung gemäß § 57a Abs.1 Nr. 2 StGB ausgewirkt, da die Strafkammer eine besondere Schwere der Schuld verneint hat.
  116. Schäfer
  117. Nack
  118. Boetticher
  119. Wahl
  120. Schluckebier