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1 year ago
  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. BESCHLUSS
  3. 1 StR 168/06
  4. vom
  5. 3. Juli 2006
  6. in der Strafsache
  7. gegen
  8. wegen gewerbs- und bandenmäßigen Einschleusens von Ausländern
  9. -2-
  10. Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 3. Juli 2006 beschlossen:
  11. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
  12. Baden-Baden vom 9. November 2005 wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten
  13. ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).
  14. Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
  15. Ergänzend bemerkt der Senat:
  16. 1. Dem Angeklagten war bei der Polizei ein Foto vorgelegt worden, das
  17. einen Mann, nach seinem Äußeren wahrscheinlich einen Vietnamesen, zeigte,
  18. der eine auffällige Goldkette trug. Das Foto war im Rahmen verdeckter polizeilicher Ermittlungen zur Aufklärung von Schleusungskriminalität auf einem Parkplatz gemacht worden, wo dieser Mann "als erste Kontaktperson" aufgetaucht
  19. war. Später verschwand er und tauchte nicht wieder auf. Die Angaben des Angeklagten ergaben, dass dieser als "Goldkettchen" bezeichnete Mann im Rahmen der hier abgeurteilten Schleuseraktionen wesentliche Funktionen wahrgenommen hatte und deshalb als "Hintermann" bezeichnet werden konnte. Dies
  20. hat die Strafkammer auf Grund eines auf Vernehmung des Polizeibeamten
  21. S.
  22. gerichteten Hilfsbeweisantrages als wahr unterstellt und auch im Rah-
  23. men der Strafzumessung ("nicht als gering einzuschätzende Aufklärungshilfe")
  24. strafmildernd berücksichtigt.
  25. 2. Die als wahr unterstellten Tatsachen entsprechen Vermutungen des
  26. als Zeugen gehörten Polizeibeamten Z.
  27. . Die Auffassung der Revisi-
  28. -3-
  29. on, daraus, dass die Strafkammer diese Aussage Z.
  30. s in den Urteils-
  31. gründen - in indirekter Rede - referiert, ergebe sich, dass sie entgegen ihrer
  32. ausdrücklichen Feststellung die entsprechende Behauptung des Hilfsbeweisantrags doch nicht uneingeschränkt als wahr unterstellt habe, ist nicht nachvollziehbar.
  33. 3. Im Übrigen trägt die Revision vor, die Strafkammer habe dadurch,
  34. dass sie S.
  35. nicht vernommen habe, auch ihre Aufklärungspflicht verletzt.
  36. Es hätte sich aufgedrängt, dass S.
  37. bekunden würde, es sei ermittelt, wie
  38. "Goldkettchen" heiße. Hieran hätten sich vielfältige erhebliche neue Erkenntnisse, z. B. über eine "neue Bande", angeschlossen. Ebenso dränge sich auf, dass
  39. er bekundet hätte, die Festnahme "Goldkettchens" sei jederzeit möglich, bisher
  40. jedoch aus allein polizeitaktischen Gründen unterblieben.
  41. Hieraus hätte sich - so will die Revision offenbar zum Ausdruck bringen ergeben, dass die Angaben des Angeklagten über den bisher nicht bekannten
  42. Umfang der kriminellen Aktivitäten "Goldkettchens" auch einem konkreten
  43. Strafverfahren zu Grunde gelegt werden könnten, dessen Durchführung jedenfalls nicht daran scheitere, dass die Personalien "Goldkettchens" oder sein Aufenthalt unbekannt seien. Deshalb seien die Angaben des Angeklagten noch
  44. wertvoller als von der Strafkammer angenommen und hätten dementsprechend
  45. mit größerem Gewicht als geschehen bei der Strafzumessung berücksichtigt
  46. werden müssen.
  47. a) Für die Polizei war jedoch offensichtlich auch schon vor den Angaben
  48. des Angeklagten die Identität und der Aufenthaltsort von "Goldkettchen" als der
  49. genannten "ersten Kontaktperson" von Interesse. Es ist nicht erkennbar, dass
  50. die Angaben des Angeklagten zu den - behaupteten - Ermittlungserfolgen beigetragen hätten. Er konnte weder Hinweise auf den wahren Namen "Goldkett-
  51. -4-
  52. chens" geben, noch auf dessen gegenwärtigen Aufenthaltsort. Dass einem Angeklagten aber bei der Gewichtung seines andere Tatbeteiligte belastenden
  53. Geständnisses auch solche Erfolge polizeilicher Ermittlungen zu Gute gehalten
  54. werden müssten, die er durch seine Angaben weder angestoßen noch gefördert
  55. hat, erscheint jedenfalls nicht nahe liegend.
  56. b) Letztlich braucht der Senat dem aber nicht näher nachzugehen, weil
  57. sich der Strafkammer die Notwendigkeit der unterbliebenen Beweiserhebung
  58. jedenfalls nicht aufdrängen musste.
  59. (1) Wird, wie hier, in einem (Hilfs-)Beweisantrag im Einzelnen dargelegt,
  60. welche für den Antragsteller günstigen Tatsachen ein Zeuge bekunden werde,
  61. so braucht sich das Gericht regelmäßig nicht zu der Annahme gedrängt sehen,
  62. von diesem Zeugen seien nicht nur die vom Antragsteller genannten Angaben
  63. zu erwarten, sondern davon unabhängig auch solche, die der Antragsteller in
  64. seinem Antrag nicht einmal andeutet. Gleichwohl mag bei einer ungewöhnlichen Fallgestaltung im Einzelfall anderes gelten. Dies bedarf dann aber regelmäßig eingehender und nachvollziehbarer Darlegung der tatsächlichen Umstände, an die eine solche Bewertung anknüpfen soll (§ 344 Abs. 2 Satz 2
  65. StPO). Unabhängig davon sind die Anforderungen an den Vortrag zum Aufdrängen aber umso höher, je ferner liegend das behauptete Beweisergebnis
  66. erscheint.
  67. (2) Diesen Anforderungen wird der Revisionsvortrag nicht gerecht.
  68. Die Behauptung, inzwischen sei als Folge der behaupteten polizeilichen
  69. Erkenntnisse über "Goldkettchen" eine neue Bande ermittelt, hat keinen erkennbaren realen Anknüpfungspunkt, jedenfalls führt die Revision hierzu überhaupt nichts aus.
  70. -5-
  71. Im Übrigen hat der Polizeibeamte Z.
  72. eingehend geschildert,
  73. dass Name und Aufenthalt von "Goldkettchen" bisher nicht ermittelt werden
  74. konnten. Mit dieser Aussage setzt sich die Revision nicht auseinander. Was zur
  75. Annahme drängt, dass der Polizeibeamte S.
  76. sagen würde, was der Polizeibeamte Z.
  77. das Gegenteil dessen ausausgesagt hat, und was zur
  78. Annahme drängt, dieser habe etwas Unzutreffendes ausgesagt, erschließt sich
  79. nicht.
  80. Die Revision beschränkt sich letztlich auf die Behauptung, das genannte
  81. Ergebnis der vermissten Beweiserhebung hätte sich schon wegen der Existenz
  82. des genannten Fotos aufgedrängt. Die Annahme, ein Foto einer Person führe
  83. ohne weiteres dazu, dass diese Person namentlich identifiziert werden kann,
  84. und die namentliche Identifizierung einer Person ermögliche ohne weiteres die
  85. Feststellung ihres Aufenthaltsorts, ist offensichtlich falsch.
  86. Das Revisionsvorbringen geht daher insgesamt ins Leere.
  87. Nack
  88. Wahl
  89. Elf
  90. Kolz
  91. Graf