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1 year ago
  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. BESCHLUSS
  3. X ZR 194/04
  4. vom
  5. 25. Oktober 2005
  6. in dem Rechtsstreit
  7. -2-
  8. Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 25. Oktober 2005 durch
  9. den Richter Scharen, die Richterinnen Ambrosius und Mühlens und die Richter
  10. Prof. Dr. Meier-Beck und Dr. Kirchhoff
  11. beschlossen:
  12. 1. Die Verfahren X ZR 194/04 und X ZR 89/05 werden unter dem
  13. Aktenzeichen X ZR 194/04 zur gemeinsamen Verhandlung und
  14. Entscheidung verbunden.
  15. 2. Auf die Nichtzulassungsbeschwerden der Klägerin wird die Revision gegen das Teilurteil des 16. Zivilsenats des Kammergerichts vom 18. November 2004 zugelassen, soweit die Klage in
  16. Höhe von 49.809,44 € nebst Zinsen abgewiesen worden ist,
  17. und
  18. wird
  19. die
  20. Revision
  21. gegen
  22. das
  23. Schlussurteil
  24. des
  25. 16. Zivilsenats des Kammergerichts vom 9. Mai 2005 zugelassen, soweit darin über die Kosten des Rechtsstreits entschieden worden ist.
  26. Auf die Revision der Klägerin werden die angefochtenen Urteile
  27. im Umfang der Zulassung der Revision aufgehoben. Die Sache
  28. wird insoweit zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch
  29. über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
  30. 3. Der Streitwert für die verbundenen Revisionsverfahren wird auf
  31. 49.809,44 €
  32. festgesetzt.
  33. -3-
  34. Gründe:
  35. 1
  36. I. Im Jahre 1998 beauftragte die Beklagte die Klägerin mit der Beräumung und Entwässerung der Dünnschlammbecken des Klärwerks W.
  37. . Die Schlämme wurden gemäß Vereinbarung der Parteien zunächst in ein
  38. von der Beklagten zur Verfügung gestelltes Zwischenlager verbracht. Mit
  39. Schreiben vom 4. November 1998 teilte die Klägerin der Beklagten mit, dass
  40. das Zwischenlager nicht ausreichend dimensioniert sei. Sie transportiere täglich
  41. 500 t Schlamm in dieses Zwischenlager. Aufgrund ihres hohen Personal- und
  42. Maschineneinsatzes sei sie gezwungen, Stillstandzeiten für ihre Fahrzeuge, die
  43. durch die nicht ausreichende Lagerkapazität in dem Zwischenlager der Beklagten entstünden, mit 500,-- DM pro Stunde in Rechnung zu stellen. Sie bat mit
  44. Schreiben vom 10. November 1998 die Beklagte nochmals, die Inrechnungstellung von Stillstandzeiten zu bestätigen. Hierauf erwiderte die Beklagte mit
  45. Schreiben vom 13. November 1998, in dem es heißt: "Hinsichtlich der Stillstandzeiten wird vereinbart, dass täglich 400 t Schlamm durch die B. abzunehmen sind. Stillstandzeiten aufgrund darüber hinausgehender Schlammmengen können den B. nicht in Rechnung gestellt werden."
  46. 2
  47. Die Klägerin stellte der Beklagten für Stillstandzeiten im Zeitraum vom
  48. 27. Januar 1999 bis 26. Februar 1999 insgesamt 102.080,-- DM (22 Tage x 8
  49. Stunden x 500 DM) in Rechnung. Die Beklagte zahlte darauf 4.661,20 DM. Die
  50. Differenz verlangt die Klägerin mit ihrer Klage.
  51. 3
  52. Das Berufungsgericht hat in dem angefochtenen Teilurteil insoweit die
  53. Klage abgewiesen; es hat die Revision nicht zugelassen. Hiergegen richtet sich
  54. die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin. Durch Schlussurteil vom 9. Mai
  55. -4-
  56. 2005 hat das Berufungsgericht u.a. über die Kosten des Rechtsstreits entschieden und diese zu 12 % der Klägerin auferlegt. Auch diese Kostenentscheidung
  57. greift die Klägerin an, soweit die Kostenentscheidung auf der angegriffenen
  58. Klageabweisung im Teilurteil vom 18. November 2004 beruht.
  59. 4
  60. II. Die Nichtzulassungsbeschwerden sind statthaft und zulässig. Dies gilt
  61. auch für die Nichtzulassungsbeschwerde X ZR 89/05, die sich gegen das
  62. Schlussurteil des Berufungsgerichts richtet, soweit darin über die Kosten hinsichtlich der abgewiesenen Klageforderung in Höhe von 49.809,44 € entschieden worden ist. Insofern enthält das Schlussurteil nur eine Ergänzung des vorausgegangenen, eine Kostenentscheidung nicht enthaltenden Teilurteils und
  63. bildet in diesem Umfang mit dem Teilurteil ein einheitliches, untrennbares Ganzes, denn die Kostenentscheidung ist eine notwendige Folge der Entscheidung
  64. in der Hauptsache (BGHZ 29, 126, 127).
  65. 5
  66. III. Die Beschwerden sind begründet. Das Berufungsgericht hat bei seiner Entscheidung das Recht der Klägerin auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1
  67. GG) verletzt, weshalb nach der am 1. Januar 2005 in Kraft getretenen Vorschrift
  68. des § 544 Abs. 7 ZPO in dem der Nichtzulassungsbeschwerde stattgebenden
  69. Beschluss unter Aufhebung des angefochtenen Urteils der Rechtsstreit an das
  70. Berufungsgericht zurückverwiesen werden kann. Von dieser Möglichkeit macht
  71. der Senat Gebrauch.
  72. 6
  73. Die Klägerin rügt zu Recht, dass das Berufungsgericht bei seiner Entscheidung über die Vergütung für Stillstandzeiten im Zeitraum vom 27. Januar
  74. 1999 bis 26. Februar 1999 Vortrag der Klägerin übergangen und damit deren
  75. Verfahrensgrundrecht auf rechtliches Gehör verletzt hat.
  76. -5-
  77. 7
  78. Das Berufungsgericht hat die Klageabweisung insoweit damit begründet,
  79. dass die Beklagte sich dazu verpflichtet habe, täglich 400 t Schlamm in das
  80. Zwischenlager zu übernehmen. Darüber hinausgehende Forderungen der Klägerin habe die Beklagte in ihrem Schreiben vom 13. November 1998 zurückgewiesen. Stillstandzeiten aufgrund von Schlammmengen, die über 400 t täglich
  81. hinausgingen, könne die Klägerin der Beklagten mithin nicht in Rechnung stellen. Dem entspreche die Rechnung der Klägerin nicht. Dort werde die Stillstandsvergütung nach einem Einheitspreis von 500,-- DM pro Stunde und nicht
  82. nach Tonnen berechnet. Die Klägerin lege zudem nicht dar, welcher Zeitraum
  83. erforderlich sei, um 400 t Schlamm aufzukonditionieren und mit Raupe und
  84. Bagger aus dem Becken zu schaffen. Die Rechnung der Klägerin könne daher
  85. nicht daraufhin überprüft werden, ob die Abnahmebegrenzung auf 400 t täglich
  86. eingehalten worden sei. Auf die Unschlüssigkeit der Klage sei bereits im Termin
  87. vom 18. Januar 2001 hingewiesen worden.
  88. 8
  89. Das Berufungsgericht hat bei seiner Würdigung übersehen, dass die Beklagte in ihrem Schreiben vom 13. November 1998 die Vergütung der Stillstandzeiten mit 500,-- DM pro Stunde akzeptiert und lediglich eine Einschränkung hinsichtlich der täglich abzunehmenden Schlammmenge (nicht 500, sondern 400 t) gemacht hat. Einwände gegen die von der Klägerin geforderte Vergütung von 500,-- DM pro Stunde hat die Beklagte nicht erhoben. Das Berufungsgericht hat weiter den im Tatbestand seiner Entscheidung wiedergegebenen Vortrag der Klägerin übergangen, sie habe in der Zeit vom 27. Januar bis
  90. 26. Februar 1999 auf Anweisung der Beklagten Personal und im Einzelnen aufgeführte Geräte vorrätig gehalten. Diese hätten jedoch stillgestanden, denn in
  91. dem genannten Zeitraum seien keine Schlämme entwässert oder aufbereitet
  92. worden. Ferner hat die Klägerin in der Nichtzulassungsbeschwerde dargelegt,
  93. dass sie im Schriftsatz vom 22. Dezember 2000 vorgetragen hatte, dass sich
  94. -6-
  95. die im Schreiben vom 13. November 1998 vorgegebene Menge von 400 t
  96. Schlamm pro Tag in den Grenzen ihrer normalen Tagesproduktion gehalten
  97. habe. Das Berufungsgericht hätte bei Berücksichtigung dieses Vortrags nicht zu
  98. der Annahme gelangen können, die Forderung der Klägerin sei nicht schlüssig
  99. dargelegt. Geht man von einer Abrechnung nach Stunden aus, so wären die
  100. Arbeitsstunden eines Tages abzurechnen, da in dem hier interessierenden Zeitraum nach dem Klägervortrag überhaupt kein Schlamm abgenommen worden
  101. ist. Auch wenn man es für entscheidend hält, in welcher Zeit 400 t Schlamm
  102. hätten verladen und ins Zwischenlager geschafft werden können, hätte das Berufungsgericht dazu den Vortrag der Klägerin berücksichtigen müssen, die vereinbarte Grenze von 400 t Schlamm habe sich im Bereich einer normalen Tagesproduktion der Klägerin gehalten. Dies könnte mangels anderer Anhaltspunkte so zu verstehen sein, dass die Klägerin an einem normalen achtstündigen Arbeitstag 400 t Schlamm aufkonditionieren und ins Zwischenlager habe
  103. schaffen können. Sollte das Berufungsgericht Zweifel daran gehabt haben,
  104. dass dieser Vortrag so zu verstehen war, hätte es Anlass gehabt, nachzufragen
  105. und der Klägerin Gelegenheit zu geben, ihren Vortrag noch zu präzisieren. Ein
  106. allgemeiner Hinweis auf die Unschlüssigkeit der Klage genügte hierzu nicht. Im
  107. Sitzungsprotokoll über den Termin vom 18. Januar 2001 gibt es zu dem Hinweis indessen keine Angaben; es wird dort lediglich ausgeführt, die Sach- und
  108. Rechtslage sei eingehend erörtert worden; das reicht nicht aus (BGH, Urt. v.
  109. 22.9.2005 - VII ZR 34/04, für BGHZ vorgesehen).
  110. -7-
  111. 9
  112. Das Schlussurteil des Berufungsgerichts war hinsichtlich der Kostenentscheidung insgesamt aufzuheben. Nach neuer Verhandlung und Entscheidung
  113. über die Klageforderung in Höhe von 49.809,44 € nebst Zinsen wird das Berufungsgericht insoweit neu über die Kosten zu entscheiden und deshalb insgesamt eine neue Kostenentscheidung zu treffen haben.
  114. Scharen
  115. Ambrosius
  116. Meier-Beck
  117. Mühlens
  118. Kirchhoff
  119. Vorinstanzen:
  120. LG Berlin, Entscheidung vom 30.03.2000 - 13 O 376/99 KG Berlin, Entscheidung vom 18.11.2004 - 16 U 4214/00 -