Monotone Arbeit nervt!
You can not select more than 25 topics Topics must start with a letter or number, can include dashes ('-') and can be up to 35 characters long.

341 lines
20 KiB

1 year ago
  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. VI ZR 160/08
  5. Verkündet am:
  6. 19. Mai 2009
  7. Böhringer-Mangold,
  8. Justizamtsinspektorin
  9. als Urkundsbeamtin
  10. der Geschäftsstelle
  11. in dem Rechtsstreit
  12. Nachschlagewerk:
  13. ja
  14. BGHZ:
  15. nein
  16. BGHR:
  17. ja
  18. BGB § 823 Ah; GG Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1, 5 Abs. 1
  19. Zur Zulässigkeit der Presseberichterstattung über den Hauskauf eines bekannten Politikers aus aktuellem Anlass.
  20. BGH, Urteil vom 19. Mai 2009 - VI ZR 160/08 - KG Berlin
  21. LG Berlin
  22. -2-
  23. Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 19. Mai 2009 durch die Vizepräsidentin Dr. Müller, den Richter
  24. Zoll, die Richterin Diederichsen, den Richter Pauge und die Richterin von
  25. Pentz
  26. für Recht erkannt:
  27. Die Revision gegen das Urteil des 10. Zivilsenats des Kammergerichts vom 7. Februar 2008 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
  28. Von Rechts wegen
  29. Tatbestand:
  30. 1
  31. Nachdem der Kläger, der von 1998 bis 2005 Außenminister und Vizekanzler der Bundesrepublik Deutschland war, im Juni 2006 letztmals an einer
  32. Sitzung seiner Bundestagsfraktion teilgenommen hatte, veröffentlichte die von
  33. der Beklagten verlegte Zeitschrift "BUNTE" in Heft Nr. 27 vom 29. Juni 2006
  34. einen Artikel, der die Überschrift trug: "Nobel lässt sich der Professor nieder". In
  35. dem Artikel werden Einzelheiten über das vom Kläger erworbene Wohnhaus
  36. mitgeteilt und wird die Frage gestellt, wovon der Kläger dies bezahlt habe; ferner ist ein Foto des Hauses abgedruckt. Der Kläger sieht sich durch die Veröffentlichung in seinem Persönlichkeitsrecht verletzt. Er hat deshalb Klage erho-
  37. -3-
  38. ben mit dem Antrag, der Beklagten die Veröffentlichung und Verbreitung bestimmter Äußerungen und des Fotos des Wohnhauses zu untersagen.
  39. 2
  40. Das Landgericht hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Auf die
  41. Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht die Klage abgewiesen. Mit
  42. der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.
  43. Entscheidungsgründe:
  44. I.
  45. 3
  46. Das Berufungsgericht, dessen Urteil in AfP 2008, 399 veröffentlicht ist,
  47. hat ausgeführt:
  48. 4
  49. Über die Klage sei auf Grund einer Abwägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers mit dem ebenfalls Verfassungsrang genießenden
  50. Recht der Beklagten auf Meinungsäußerungs- und Pressefreiheit zu entscheiden. Die Abwägung ergebe, dass das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers zurücktreten müsse.
  51. 5
  52. Durch die Veröffentlichung der Abbildung des Wohnhauses habe die Beklagte zwar in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers eingegriffen. Ein
  53. Eingriff in das Persönlichkeitsrecht liege auch dann vor, wenn die Anonymität
  54. durch Veröffentlichung einer Aufnahme des Wohnsitzes unter Namensnennung
  55. aufgehoben werde und die Gefahr bestehe, dass das Wohnhaus in seiner Eignung als Rückzugsbereich individueller Lebensgestaltung beeinträchtigt werde.
  56. Die Abwägung der kollidierenden Grundrechte ergebe jedoch, dass das Veröffentlichungsinteresse der Beklagten überwiege.
  57. -4-
  58. 6
  59. Das Haus sei für Ortsfremde nicht ohne Weiteres zu lokalisieren. Von einer erheblichen Anlock- und Anreizwirkung für Neugierige mit der Folge der Gefahr einer weiteren Beeinträchtigung von Persönlichkeitsrechten könne daher
  60. nicht ausgegangen werden. Die Veröffentlichung berühre nicht den Kernbereich
  61. der Privatsphäre. Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Klägers wiege
  62. daher nicht schwer. Demgegenüber habe die Beklagte ein berechtigtes und überwiegendes Interesse an der Veröffentlichung. Sie habe aus aktuellem Anlass, nämlich des "Abschieds von der Grünen-Bundestagsfraktion" und des
  63. Ausscheidens aus dem Bundestag darüber berichtet, in welchem Anwesen der
  64. Kläger seine "Freiheit genießt". An der Frage, wie der Kläger nach seinem Ausscheiden aus der Politik sein Leben gestalte, bestehe ein berechtigtes Informationsinteresse.
  65. 7
  66. Der Rückzug aus der Politik stelle eine weitere Zäsur im Leben des Klägers dar. Die Frage, wie ein hochrangiger Politiker sein Leben nach seinem
  67. "Abschied" von der Politik gestalte, sei von zeitgeschichtlicher Bedeutung. Dazu
  68. zählten auch die Wohnverhältnisse. Es komme hinzu, dass in dem Artikel die
  69. Wandlung angesprochen werde, die der Kläger seit Beginn der 1970er Jahre
  70. durchlebt habe ("Von der linken Frankfurter WG in diese edle Villa - wenn das
  71. kein Märchen ist?"). Daran bestehe ein öffentliches Interesse. Schließlich habe
  72. die Beklagte mitgeteilt, welche Pension der Kläger beziehe und die Frage aufgeworfen, wovon der Kläger den Kaufpreis bezahlt habe. Damit behandele der
  73. Beitrag auch die Frage, ob die von den Steuerzahlern aufgebrachten Diäten
  74. und Pensionen von Politikern den Erwerb entsprechender Immobilien ermöglichten. An der Frage, welchen Lebensstil die Einkünfte von Politikern erlaubten,
  75. bestehe ein starkes Informationsinteresse der Öffentlichkeit.
  76. 8
  77. Nach Abwägung der betroffenen Grundrechte müsse der Kläger auch die
  78. Wortberichterstattung hinnehmen. Diese enthalte gegenüber dem Foto zum
  79. -5-
  80. Grundstück keine zusätzlichen Informationen abgesehen von der Mitteilung des
  81. Vorhandenseins eines Untergeschosses und der Angabe der Grundstücksgröße. Die Äußerung "Ein Nachbargrundstück steht gerade für 1,5 Mio. Euro zum
  82. Verkauf" beeinträchtige zwar das Persönlichkeitsrecht des Klägers, da dem Leser eine Vorstellung davon vermittelt werde, in welcher Größenordnung der
  83. vom Kläger aufzubringende Kaufpreis gelegen haben möge, wobei die Vorstellung vermittelt werde, dass der Kläger ein "Millionenobjekt" erworben habe. Aus
  84. den genannten Gründen bestehe daran aber ein überwiegendes Informationsinteresse der Öffentlichkeit. Die Äußerung "Wovon hat Joschka Fischer das bezahlt? Teilweise mit Kredit?" knüpfe an die Mitteilung an, über welche Einkommensquellen der Kläger - u.a. als ehemaliger Bundes- und Landespolitiker verfüge, womit ein innerer Zusammenhang mit dem Thema der Vergütung von
  85. Politikern bestehe.
  86. II.
  87. 9
  88. Die dagegen gerichtete Revision hat keinen Erfolg. Ohne Rechtsfehler
  89. nimmt das Berufungsgericht an, dass dem Kläger kein Unterlassungsanspruch
  90. zusteht.
  91. 10
  92. 1. Zutreffend ist der rechtliche Ausgangspunkt des Berufungsgerichts,
  93. wonach ein Eingriff in die Privatsphäre auch dann vorliegen kann, wenn Fotos
  94. von der Außenansicht des Wohnhauses einer Person gegen deren Willen unter
  95. Namensnennung veröffentlicht und verbreitet werden, sofern dadurch in die
  96. durch die Umfriedung des Grundstücks geschaffene Privatsphäre eingedrungen
  97. und das Recht der betroffenen Person auf Selbstbestimmung bei der Offenbarung ihrer persönlichen Lebensumstände beeinträchtigt wird (vgl. Senatsurteile
  98. vom 9. Dezember 2003 - VI ZR 404/02 - VersR 2004, 525, 526 und - VI ZR
  99. -6-
  100. 373/02 - VersR 2004, 522, 523; BVerfG, NJW 2006, 2836, 2837). Zwar liegt die
  101. Annahme einer Persönlichkeitsrechtsverletzung regelmäßig eher fern, wenn
  102. lediglich das Fotografieren der Außenansicht eines Grundstücks von einer allgemein zugänglichen Stelle aus und die Verbreitung solcher Fotos in Frage
  103. stehen, weil die Aufnahmen nur den ohnehin nach außen gewandten Bereich
  104. betreffen. Anderes kann jedoch gelten, wenn durch die Beiordnung des Namens der Bewohner die Anonymität eines Grundstücks aufgehoben wird, so
  105. dass die Abbildungen einer Person zugeordnet werden können und dadurch
  106. einen zusätzlichen Informationsgehalt gewinnen (vgl. Senatsurteile, aaO).
  107. 11
  108. 2. Das Berufungsgericht geht davon aus, dass ein Eingriff in das Persönlichkeitsrecht auch dann vorliege, wenn die Anonymität durch Veröffentlichung
  109. einer Aufnahme des Wohnsitzes unter Namensnennung aufgehoben wird und
  110. die Gefahr besteht, dass das Wohnhaus in seiner Eignung als Rückzugsbereich
  111. individueller Lebensgestaltung beeinträchtigt wird, etwa wenn die Veröffentlichung geeignet ist, eine erhöhte Beobachtung des Anwesens durch Dritte hervorzurufen oder Schaulustige anzuziehen. Das Berufungsgericht bejaht demgemäß einen Eingriff im vorliegenden Fall, weil zumindest anderen Bewohnern
  112. oder Besuchern des Stadtteils, die das Haus kennen, die Identität des Klägers
  113. zur Kenntnis gebracht werde, weil das Foto das Haus von der Straße aus zeige
  114. und Passanten den Blickwinkel, den die Aufnahme zeigt, verifizieren könnten
  115. und weil die Leser des Artikels, die das Haus kennen, erführen, dass der Kläger
  116. hier einziehen werde.
  117. 12
  118. Ausgehend davon hat es das Berufungsgericht zutreffend für geboten
  119. erachtet, über den geltend gemachten Anspruch aufgrund einer Abwägung des
  120. nach Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich geschützten allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers mit dem gemäß Art. 5
  121. Abs. 1 GG ebenfalls Verfassungsrang genießenden Recht der Beklagten auf
  122. -7-
  123. Äußerungs- und Pressefreiheit zu entscheiden (vgl. Senatsurteile, aaO). Dass
  124. das Berufungsgericht bei dieser Abwägung im vorliegenden Fall zu dem Ergebnis gelangt, das Recht der Beklagten auf Veröffentlichung überwiege das Interesse des Klägers, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
  125. 13
  126. a) Ohne Rechtsfehler bejaht das Berufungsgericht ein Informationsinteresse der Öffentlichkeit.
  127. 14
  128. Es stellt - entgegen der Ansicht der Revision - zutreffend darauf ab, dass
  129. die Beklagte aus aktuellem Anlass, nämlich des Abschieds des Klägers "von
  130. der Grünen-Bundestagsfraktion", darüber berichtete, in welchem Anwesen der
  131. Kläger nunmehr seine "Freiheit genießt", und dass an der Frage, wie der Kläger
  132. nach seinem Ausscheiden aus der Politik sein Leben gestaltete, ein berechtigtes Informationsinteresse bestand. Gegen die Annahme des Berufungsgerichts,
  133. der Kläger habe als langjähriger Bundesaußenminister und Vizekanzler, als
  134. Mitglied des Bundestages, als Fraktionsvorsitzender der Grünen sowie als Mitglied des Parteirates der Grünen eine herausragende Stellung im politischen
  135. Leben der Bundesrepublik Deutschland eingenommen, ihm sei - vor allem als
  136. über Jahre hinweg beliebtester Politiker - eine Leitbildfunktion zugekommen und
  137. diese Stellung habe der Kläger nicht bereits mit dem Ende seiner Amtszeit als
  138. Außenminister und Vizekanzler im Jahr 2005 verloren, bringt die Revision nichts
  139. Durchgreifendes vor. Dass der Rückzug aus der Politik eine Zäsur im Leben
  140. des Klägers darstellte und die Frage, wie ein hochrangiger Politiker sein Leben
  141. nach seinem "Abschied" von der Politik gestaltet, von zeitgeschichtlicher Bedeutung ist, kann nicht zweifelhaft sein.
  142. 15
  143. Ohne Erfolg stellt die Revision deshalb darauf ab, der Kläger habe im
  144. Zeitpunkt der Berichterstattung bereits seit fast einem Jahr das Amt des Außenministers nicht mehr innegehabt. Das gerechtfertigte Interesse der Öffent-
  145. -8-
  146. lichkeit am Leben bedeutender Politiker endet nicht ohne Weiteres mit der Aufgabe bestimmter Ämter und Funktionen (vgl. Senatsurteil vom 24. Juni 2008
  147. - VI ZR 156/06 - VersR 2008, 1268, zur Veröffentlichung in BGHZ 177, 119 vorgesehen). Auch wenn der Kläger - wie die Revision geltend macht - zum Ausdruck gebracht haben sollte, dass er zukünftig in Privatheit leben wolle, und
  148. dies im Zeitpunkt der Berichterstattung auch bereits so praktizierte, könnte ein
  149. an die bisherige politische Tätigkeit anknüpfendes Informationsinteresse an seiner Lebensgestaltung jedenfalls nicht für den Zeitpunkt der beanstandeten Veröffentlichung verneint werden, in dem der Kläger aus den dargelegten Gründen
  150. Gegenstand besonderen öffentlichen Interesses war.
  151. 16
  152. Nicht zu beanstanden ist, dass das Berufungsgericht auch die Wohnverhältnisse des Klägers als von diesem Informationsinteresse umfasst ansieht.
  153. Wenn es ausführt, es komme hinzu, dass in dem Artikel die Wandlung angesprochen werde, die der Kläger seit Beginn der 1970er Jahre durchlebt hat
  154. ("Von der linken Frankfurter WG in diese edle Villa - wenn das kein Märchen
  155. ist?"), und dass mitgeteilt werde, welche Pension der Kläger bezieht, und die
  156. Frage aufgeworfen werde, wovon er den Kaufpreis bezahlt hat, stellt es darauf
  157. ab, dass der Artikel geeignet ist, gesellschafts- und sozialkritische Überlegungen der Leser anzuregen (vgl. dazu BVerfGE 120, 180, 221; Senatsurteil vom
  158. 1. Juli 2008 - VI ZR 67/08 - VersR 2008, 1411, 1414). Die im Rahmen einer Berichterstattung aufgeworfene Frage, welchen Lebensstil die Einkünfte von Politikern erlauben und ob die von den Steuerzahlern aufgebrachten Diäten und
  159. Pensionen der Politiker den Erwerb entsprechender Immobilien ermöglichen, ist
  160. in der Tat durch ein starkes Informationsinteresse der Öffentlichkeit legitimiert.
  161. 17
  162. b) Nicht zu beanstanden ist auch, dass das Berufungsgericht bei der
  163. Abwägung dem Informationsinteresse überwiegende Bedeutung zumisst.
  164. -9-
  165. 18
  166. aa) Das Berufungsgericht stellt ohne Rechtsfehler fest, dass es für einen
  167. Ortsfremden nicht einfach sei, anhand des Bildes das Haus zu lokalisieren. Die
  168. beanstandete Aufnahme zeige nur einen begrenzten Ausschnitt. Die Fassade
  169. sei durch ein Gerüst verdeckt. Der Eingangsbereich sei nicht abgebildet. Die
  170. beschreibenden Angaben in der Wortberichterstattung wie "zwei Etagen plus
  171. Souterrain und ausgebautem Dachgeschoss", "Efeu umrankt", "Schornstein"
  172. und "Mosaikfenster" seien allgemein gehalten. Sie träfen auf viele Villen zu.
  173. Durch den Hinweis auf den vornehmen "Berliner Villen-Stadtteil" würden die
  174. Leser nicht unmittelbar auf die Lage des Hauses hingewiesen. Zwar möge es
  175. nahe liegen, dass Dahlem oder Grunewald gemeint seien. Letztlich bleibe jedoch offen, ob nicht auch andere Quartiere wie Lichterfelde, Hermsdorf oder
  176. Wilhelmsruh als Standort in Frage kämen. Danach sei die Gefahr, dass Leser
  177. zum Aufsuchen des Hauses ermuntert würden, eher gering, zumal der Kläger
  178. - was der Artikel deutlich mache - zum Berichtszeitpunkt dort nicht gewohnt habe. Es hätte allenfalls eine Baustelle besichtigt werden können.
  179. 19
  180. Die Folgerung des Berufungsgerichts, dass in Anbetracht dieser Umstände von einer erheblichen Anlock- und Anreizwirkung für Neugierige mit der
  181. Folge der Gefahr einer weiteren Beeinträchtigung von Persönlichkeitsrechten
  182. nicht ausgegangen werden könne und die Veröffentlichung nicht den Kernbereich der Privatsphäre des Klägers berühre, so dass der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Klägers nicht schwer wiege, ist - entgegen der Ansicht der
  183. Revision - nicht zu beanstanden.
  184. 20
  185. bb) Die Revision beruft sich auch ohne Erfolg darauf, das Berufungsgericht habe bei der Abwägung dem Schutz der minderjährigen Tochter der Ehefrau des Klägers nicht ausreichend Rechnung getragen. Vorliegend geht es um
  186. keinen Unterlassungsanspruch des Kindes, sondern ausschließlich um einen
  187. solchen des Klägers. Zwar erfährt der Schutzgehalt des allgemeinen Persön-
  188. - 10 -
  189. lichkeitsrechts von Eltern oder Elternteilen eine Verstärkung durch Art. 6 Abs. 1
  190. und 2 GG, soweit es um die Veröffentlichung von Abbildungen geht, die die
  191. spezifisch elterliche Hinwendung zu den Kindern zum Gegenstand haben, wobei als Hintergrund zu beachten ist, dass der Bereich, in dem Kinder sich frei
  192. von öffentlicher Beobachtung fühlen und entfalten dürfen, umfassender geschützt sein muss als derjenige erwachsener Personen (BVerfGE 101, 361,
  193. 385). Im vorliegenden Fall geht es aber weder um eine Abbildung oder genauere Beschreibung des Kindes noch ist vorgetragen oder ersichtlich, dass seine
  194. Entwicklung oder die Erziehungs- und Fürsorgefunktion des Klägers und der
  195. Mutter durch die kurze Nennung im Zusammenhang des Artikels ("Die Freiheit
  196. genießt er künftig im neuen Anwesen mit Frau Minu Barati-Fischer, 30, und ihrer Tochter") in irgendeiner Weise beeinträchtigt sein könnten.
  197. 21
  198. cc) Die Argumentation der Revision überzeugt auch nicht, soweit sie
  199. darauf abstellt, die Beklagte habe durch die beanstandete Bildveröffentlichung
  200. und die Beiordnung des Namens des Klägers die Anonymität seines (künftigen)
  201. Eigenheimes gegenüber einer unbestimmten Vielzahl von Personen aufgehoben, weil unstreitig jedenfalls Nachbarn und Anwohner sowie deren Besucher
  202. durch die Veröffentlichung der Beklagten in die Lage versetzt würden, das Haus
  203. des Klägers unschwer zu identifizieren. Dem genannten Personenkreis wird,
  204. soweit er überhaupt daran interessiert ist, die Anwesenheit des Klägers und
  205. seiner Familie in dem - in einer überschaubaren Villengegend gelegenen - Objekt nach dem Einzug ohnehin nicht verborgen bleiben. Woraus sich bei der
  206. gegebenen Sachlage ein schwerwiegender Eingriff in das Persönlichkeitsrecht
  207. des Klägers ergeben soll, ist nicht konkret vorgetragen und auch nicht nachvollziehbar.
  208. 22
  209. 3. Ohne Erfolg bleibt die Revision auch, soweit sie sich gegen die Wortberichterstattung wendet.
  210. - 11 -
  211. 23
  212. a) Die Passage in dem Artikel "zwei Etagen plus Souterrain und ausgebautem Dachgeschoss in einem vornehmen Berliner Villen-Stadtteil ( ... ) Efeu
  213. umrankt das 80 Jahre alte, denkmalgeschützte Haus mit Schornstein und Mosaikfenstern, das gerade renoviert wird ( ... ) inkl. 1034 Quadratmeter Grundstück" hält die Revision allein deshalb für unzulässig, weil die Veröffentlichung
  214. des Fotos nicht zulässig sei, zumal diese Wortberichterstattung zusätzlich zur
  215. Lokalisierbarkeit des Anwesens beitrage. Da indes die Veröffentlichung des Fotos, wie oben ausgeführt, nicht zu beanstanden ist, muss der Kläger auch eine
  216. Beschreibung des Abgebildeten hinnehmen, zumal nach den rechtsfehlerfrei
  217. getroffenen Feststellungen des Berufungsgerichts eine Lokalisierung des Anwesens allein auf Grundlage dieser Beschreibung nicht möglich ist.
  218. 24
  219. b) Zu der Äußerung "Ein Nachbargrundstück steht gerade für 1,5 Mio.
  220. Euro zum Verkauf" macht die Revision zwar mit Recht geltend, in welchem Umfang und zu welchem Zweck der Kläger in völlig legaler und legitimer Weise
  221. Vermögensinvestitionen getätigt habe, sei ein Umstand, der seiner Privatsphäre
  222. zuzuordnen sei. Ohne durchgreifenden Rechtsfehler führt das Berufungsgericht
  223. hierzu indes aus, zwar liege ein Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Klägers
  224. vor, da dem Leser eine Vorstellung davon vermittelt werde, in welcher Größenordnung der vom Kläger aufzubringende Kaufpreis gelegen haben möge; dem
  225. Leser werde ein Indiz genannt, das einen groben Rückschluss auf den Wert der
  226. Immobilie zulasse sowie die Vorstellung vermittle, dass der Kläger ein "Millionenobjekt" erworben habe. Aus den genannten Gründen bestehe daran aber
  227. ein überwiegendes Informationsinteresse der Öffentlichkeit. Bereits das Foto
  228. lege nahe, dass der Erwerb eine erhebliche Investition erfordere. Einen detaillierten Bericht über die privaten Vermögensverhältnisse enthalte der Artikel
  229. nicht. Diese Abwägung ist nicht zu beanstanden, so dass offen bleiben kann, ob
  230. die Ansicht des Berufungsgerichts, eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts
  231. des Klägers sei zu bejahen, richtig ist.
  232. - 12 -
  233. 25
  234. c) Hinsichtlich der Äußerung "Wovon hat Joschka Fischer das bezahlt?
  235. Etwa mit Kredit?" macht die Revision geltend, es gehe der Beklagten nicht allgemein um das Thema der Vergütung von Politikern, sondern nur um Spekulationen über einen in die Privatsphäre des Klägers fallenden Umstand. Da es
  236. hier unstreitig nicht um die Aufdeckung von undurchsichtigen oder angreifbaren
  237. Geschäften gehe, müsse der Kläger im Zusammenhang mit der rechtswidrigen
  238. Veröffentlichung eines Fotos seines Privathauses auch keine Spekulationen
  239. darüber hinnehmen, wie er dieses Haus finanziert habe.
  240. 26
  241. Dem kann nicht gefolgt werden. Es ist bereits zweifelhaft, aus welchem
  242. Grund eine Wortberichterstattung über den Vorgang überhaupt unzulässig sein
  243. sollte. Jedenfalls aber stellt die Revision nicht in Abrede, dass es sich, wie das
  244. Berufungsgericht ausführt, um "echte" Fragen handelt, die Meinungsäußerungen gleichstehen und deshalb den Schutz des Art. 5 Abs. 1 GG genießen (vgl.
  245. dazu BVerfGE 85, 23 ff.; BVerfG, NJW 2003, 660, 661). Entgegen der Ansicht
  246. der Revision ist die Auffassung des Berufungsgerichts, diese Fragen knüpften
  247. an die Mitteilung an, über welche Einkommensquellen der Kläger - u.a. als
  248. ehemaliger Bundes- und Landespolitiker - verfüge, so dass ein innerer Zusammenhang mit dem Thema der Vergütung von Politikern bestehe, nicht zu beanstanden.
  249. - 13 -
  250. III.
  251. Danach ist die Revision mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zu-
  252. 27
  253. rückzuweisen.
  254. Müller
  255. Zoll
  256. Pauge
  257. Diederichsen
  258. von Pentz
  259. Vorinstanzen:
  260. LG Berlin, Entscheidung vom 06.03.2007 - 27 O 1262/06 KG Berlin, Entscheidung vom 07.02.2008 - 10 U 108/07 -