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1 year ago
  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. V ZR 250/15
  5. Verkündet am:
  6. 21. Juli 2017
  7. Weschenfelder
  8. Amtsinspektorin
  9. als Urkundsbeamtin
  10. der Geschäftsstelle
  11. in dem Rechtsstreit
  12. Nachschlagewerk:
  13. ja
  14. BGHZ:
  15. nein
  16. BGHR:
  17. ja
  18. BGB § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2
  19. Begründet die frühere Nutzung eines Grundstücks einen Altlastenverdacht,
  20. weist dieses einen Sachmangel i.S.v. § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB auf,
  21. ohne dass weitere Umstände hinzutreten müssen. Insbesondere bedarf es
  22. für die Annahme eines Sachmangels keiner zusätzlichen Tatsachen, die auf
  23. das Vorhandensein von Altlasten hindeuten.
  24. BGB § 444
  25. a) Verschweigt der Verkäufer eine ihm bekannte frühere Nutzung des
  26. Grundstücks, die einen Altlastenverdacht begründet, so handelt er objektiv
  27. arglistig i.S.v. § 444 BGB.
  28. b) Bezogen auf den subjektiven Tatbestand der Arglist hält der Verkäufer
  29. einen Sachmangel mindestens für möglich, wenn er die frühere Nutzung
  30. des Grundstücks kannte und es zumindest für möglich hielt, dass diese
  31. einen Altlastenverdacht begründet. Auch insoweit müssen keine konkreten
  32. - dem Verkäufer bekannten - Tatsachen hinzutreten, die den Altlastenverdacht erhärten.
  33. Macht der Verkäufer, der aus der ihm bekannten früheren gefahrenträchtigen
  34. Nutzung des Grundstücks den Schluss auf einen möglichen Altlastenverdacht gezogen hat, geltend, er habe bei Vertragsschluss angenommen, der
  35. Altlastenverdacht sei ausgeräumt gewesen, muss er dies anhand objektiver
  36. ECLI:DE:BGH:2017:210717UVZR250.15.0
  37. -2-
  38. Umstände plausibel machen. Für entsprechende Umstände trifft ihn eine sekundäre Darlegungslast.
  39. BGH, Urteil vom 21. Juli 2017 - V ZR 250/15 - OLG Saarbrücken
  40. LG Saarbrücken
  41. -3-
  42. Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
  43. vom 21. Juli 2017 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, die
  44. Richterinnen Dr. Brückner und Weinland und die Richter Dr. Kazele und
  45. Dr. Hamdorf
  46. für Recht erkannt:
  47. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 4. Zivilsenats des
  48. Saarländischen Oberlandesgerichts vom 29. Oktober 2015 im
  49. Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die auf das arglistige
  50. Verschweigen
  51. W.
  52. der
  53. früheren
  54. Nutzung
  55. des
  56. Grundstücks
  57. gestützte, gegen die Beklagten zu 1 und 3 als Ge-
  58. samtschuldner gerichtete Klage hinsichtlich des Zahlungsantrags
  59. in Höhe von (weiteren) 884.000 € nebst Zinsen und hinsichtlich
  60. des Antrags auf Feststellung der Pflicht zum Ersatz weiterer
  61. Schäden abgewiesen und die Berufung des Klägers insoweit zurückgewiesen worden ist.
  62. Im Umfang der Aufhebung wird der Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
  63. Von Rechts wegen
  64. -4-
  65. Tatbestand:
  66. 1
  67. Der Kläger erwarb von der Beklagten zu 1 durch notariellen Kaufvertrag
  68. vom 30. September 2003 mehrere mit einem Gewerbepark bebaute Grundstücke in W.
  69. Die Haftung der Beklagten zu 1 für Sachmängel
  70. wurde ausgeschlossen, mit Ausnahme der Haftung für Vorsatz und Arglist. Der
  71. Beklagte zu 3, von Beruf Bauingenieur und Geschäftsführer der Komplementärin der Beklagten zu 1, hatte die Grundstücke im Jahre 1989 von einem Hochund Tiefbauunternehmen erworben. Ihm war bekannt, dass auf den Grundstücken in den 1960er bis 80er Jahren eine Asphaltmischanlage für den regionalen
  72. Straßenbau sowie ein Klärschlammrückhaltebecken betrieben worden waren.
  73. Die damalige Verkäuferin hatte in dem mit dem Beklagten zu 3 geschlossenen
  74. Vertrag versichert, dass ihr Bodenverunreinigungen nicht bekannt seien.
  75. 2
  76. Der Kläger verlangt - soweit hier noch von Interesse - von den Beklagten
  77. zu 1 und 3 als Gesamtschuldner wegen eines aufgrund der früheren Nutzung
  78. der Grundstücke nach seiner Behauptung bestehenden Altlastenverdachts
  79. Schadensersatz in Höhe der Wertdifferenz zwischen dem Kaufobjekt in mangelfreiem und in mangelbehaftetem Zustand (884.000 €) nebst Zinsen sowie die
  80. Feststellung, dass die Beklagten zu 1 und 3 als Gesamtschuldner verpflichtet
  81. sind, ihm weitere, aus dem Erwerb der Grundstücke in diesem Zusammenhang
  82. entstehende Schäden zu ersetzen. Das Oberlandesgericht hat diese erstmals in
  83. der Berufungsinstanz gestellten Anträge abgewiesen. Mit der von dem Senat
  84. zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagten beantragen, verfolgt der Kläger die Anträge weiter.
  85. -5-
  86. Entscheidungsgründe:
  87. I.
  88. 3
  89. Das Berufungsgericht lässt offen, ob hinsichtlich der streitgegenständlichen Grundstücke ein Altlastenverdacht besteht. Dieser fiele jedenfalls unter
  90. den vertraglich vereinbarten Haftungsausschluss. Der Berufung der Beklagten
  91. auf den Haftungsausschluss stehe § 444 BGB nicht entgegen. Hinsichtlich des
  92. Altlastenverdachts sei weder eine vertragliche Beschaffenheitsvereinbarung
  93. vorgetragen noch habe der Kläger bewiesen, dass die Beklagte zu 1 den Altlastenverdacht arglistig verschwiegen habe. Allein aus der Kenntnis von dem vormaligen Betrieb einer Asphaltmischanlage und eines Klärschlammrückhaltebeckens könne nicht auf ein arglistiges, der Beklagten zu 1 zuzurechnendes Verhalten des Beklagten zu 3 bezüglich des Bestehens eines Altlastenverdachts
  94. geschlossen werden. Zwar sei schon der Verdacht der Belastung eines Grundstücks mit Altlasten ein Fehler der Kaufsache, dies jedoch nur bei einem konkreten Verdacht, wenn also konkrete und gewichtige Tatsachen das Vorhandensein von Altlasten nahelegten. Es bestehe aber die vom Kläger nicht widerlegte Möglichkeit, dass der Beklagte zu 3 angesichts der ihm von seiner Verkäuferin gegebenen Zusicherung davon ausgegangen sei, dass keine Altlasten
  95. vorhanden seien und kein Altlastenverdacht bestehe. Zudem habe die Beweisaufnahme ergeben, dass bei einer Demontage vergleichbarer Anlagen üblicherweise auch die Fundamente herausgerissen und eventuelle Verunreinigungen ausgebaggert worden seien. Der Kläger habe auch nicht bewiesen, dass
  96. der Beklagte zu 3 von einer konkreten Kontamination der Grundstücke Kenntnis
  97. gehabt habe.
  98. -6-
  99. II.
  100. 4
  101. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Auf der Grundlage der
  102. Feststellungen des Berufungsgerichts kann ein Anspruch des Klägers gegen
  103. die Beklagte zu 1 aus § 437 Nr. 3, §§ 280, 281 BGB auf Ersatz sachmangelbedingter Schäden hinsichtlich der erworbenen Grundstücke nicht verneint werden.
  104. 5
  105. 1. Zugunsten der Revision ist davon auszugehen, dass die frühere Nutzung der streitgegenständlichen Grundstücke objektiv einen Altlastenverdacht
  106. und damit einen Sachmangel begründet.
  107. 6
  108. a) Besteht aufgrund der früheren Nutzung eines Grundstücks ein Altlastenverdacht, stellt bereits dies - was das Berufungsgericht offenbar nicht in voller Tragweite erkannt hat - regelmäßig einen offenbarungspflichtigen Sachmangel dar. Ein altlastenverdächtiges Grundstück weist unabhängig von dem mit
  109. dem Kauf verfolgten Zweck in aller Regel schon wegen des Risikos der öffentlich-rechtlichen Inanspruchnahme und wegen der mit einem Altlastenverdacht
  110. verbundenen Wertminderung nicht die übliche Beschaffenheit i.S.v. § 434
  111. Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB auf (vgl. Senat, Urteil vom 8. Juli 2016 - V ZR 35/15,
  112. ZfIR 2016, 783 Rn. 11).
  113. 7
  114. Zwar ist nicht jedes Grundstück, dessen Nutzung als Industriegelände
  115. schon Jahrzehnte zurückliegt, von vornherein als altlastenverdächtig einzustufen (vgl. BGH, Urteil vom 14. Oktober 1993 - III ZR 156/92, DNotZ 1994, 452,
  116. 453, insoweit in BGHZ 123, 363 nicht abgedruckt; Senat, Urteil vom
  117. 8. Juli 2016, V ZR 35/15, aaO, Rn. 8). Anders liegt es aber, wenn die frühere
  118. Nutzung die Gefahr von erheblichen Schadstoffbelastungen begründet, wie et-
  119. -7-
  120. wa bei einer ehemaligen „wilden Müllkippe“ (Senat, Urteil vom 12. Juli 1991
  121. - V ZR 121/90, NJW 1991, 2900, 2901) oder einer Tankstelle (Senat, Urteil vom
  122. 1. Oktober 1999 - V ZR 218/98, NJW 1999, 3777, 3778 unter II. 1.). Auch die
  123. Nutzung eines Grundstücks als Werksdeponie in den sechziger und siebziger
  124. Jahren des letzten Jahrhunderts ohne anschließend durchgeführte Entsorgung
  125. stellt nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung einen offenbarungspflichtigen Sachmangel dar, weil bei einer Deponie immer die Möglichkeit in Rechnung gestellt werden muss, dass auf ihr auch Abfälle gelagert wurden, die wegen ihrer chemischen Zusammensetzung eine besondere Gefahr darstellen
  126. (Senat, Urteil vom 3. März 1995 - V ZR 43/94, NJW 1995, 1549, 1550; BGH,
  127. Urteil vom 19. März 1992 - III ZR 16/90, BGHZ 117, 363, 369).
  128. 8
  129. b) Anders als das Berufungsgericht offenbar meint, muss der aus der
  130. früheren Nutzung des Grundstücks abgeleitete Altlastenverdacht nicht durch
  131. „konkrete und gewichtige Tatsachen“ untermauert werden, die das Vorhandensein von Altlasten nahelegen. Er muss auch nicht „konkret und naheliegend“
  132. sein. Begründet die frühere Nutzung eines Grundstücks objektiv einen Altlastenverdacht, weist dieses vielmehr einen Sachmangel i.S.v. § 434 Abs. 1 Satz 2
  133. Nr. 2 BGB auf, ohne dass weitere Umstände hinzutreten müssen. Insbesondere
  134. bedarf es für die Annahme eines Sachmangels keiner zusätzlichen Tatsachen,
  135. die auf das Vorhandensein von Altlasten hindeuten.
  136. 9
  137. 2. a) Zutreffend geht das Berufungsgericht im rechtlichen Ausgangspunkt
  138. davon aus, dass die Beklagte zu 1 sich hinsichtlich dieses Mangels auf den vertraglich vereinbarten Ausschluss der Sachmängelhaftung berufen kann, wenn
  139. nicht der Kläger beweist, dass sie den von ihm behaupteten Mangel arglistig
  140. verschwiegen hat (§ 444 BGB).
  141. -8-
  142. 10
  143. b) Von Rechtsfehlern beeinflusst ist jedoch seine Auffassung, das arglistige Verschweigen des sich aus einem Altlastenverdacht ergebenden Sachmangels setze voraus, dass der Verkäufer aufgrund „konkreter und gewichtiger
  144. Tatsachen“ einen „konkreten und naheliegenden Verdacht“ hinsichtlich des tatsächlichen Vorhandenseins von Altlasten gehabt habe.
  145. 11
  146. aa) Arglistig i.S.v. § 444 BGB handelt bei einer Täuschung durch Verschweigen eines offenbarungspflichtigen Mangels, wer einen Sachmangel mindestens für möglich hält und gleichzeitig weiß oder damit rechnet und billigend
  147. in Kauf nimmt, dass der Vertragsgegner den Sachmangel nicht kennt und bei
  148. Offenbarung den Vertrag nicht oder nicht mit dem vereinbarten Inhalt geschlossen hätte (vgl. nur Senat, Urteil vom 3. März 1995 - V ZR 43/94, NJW 1995,
  149. 1549, 1550).
  150. 12
  151. bb) Verschweigt der Verkäufer eine ihm bekannte frühere Nutzung des
  152. Grundstücks, die einen Altlastenverdacht begründet, so handelt er objektiv arglistig i.S.v. § 444 BGB. Bezogen auf den subjektiven Tatbestand der Arglist hält
  153. der Verkäufer einen Sachmangel mindestens für möglich, wenn er die frühere
  154. Nutzung des Grundstücks kannte und es zumindest für möglich hielt, dass diese einen Altlastenverdacht begründet. Auch insoweit müssen keine konkreten
  155. - dem Verkäufer bekannten - Tatsachen hinzutreten, die den Altlastenverdacht
  156. erhärten. So kommt es etwa bei einer früheren Nutzung als Deponie oder wilde
  157. Müllkippe nicht darauf an, ob der Verkäufer Kenntnis von den konkret dort hingelangten Materialien und Schadstoffen hatte (vgl. Senat, Urteil vom
  158. 3. März 1995 - V ZR 43/94, NJW 1995, 1549, 1550; BGH, Urteil vom
  159. 19. März 1992 - III ZR 16/90, BGHZ 117, 363, 369; Senat, Urteil vom
  160. 12. Juli 1991 - V ZR 121/90, NJW 1991, 2900, 2901). Dem Käufer soll durch die
  161. Offenbarung der früheren Nutzung gerade die Möglichkeit zur Untersuchung
  162. -9-
  163. des Baugrundes und zur Abschätzung etwaiger Mehrkosten im Falle der Übernahme des mangelhaften Grundstücks gegeben werden. Dieser Zielrichtung
  164. der Aufklärungspflicht liefe es zuwider, wenn den Verkäufer eine Offenbarungspflicht erst dann träfe, wenn er konkrete, über das Wissen um die frühere Nutzung hinausgehende Anhaltspunkte dafür hat, dass das Grundstück tatsächlich
  165. kontaminiert ist.
  166. 13
  167. 3. Die Entscheidung erweist sich nicht aus anderen Gründen als richtig
  168. (§ 561 ZPO). Insbesondere kann die Abweisung der Klage nicht aufgrund der
  169. Erwägung des Berufungsgerichts bestehen bleiben, ein arglistiges Handeln des
  170. Beklagten zu 3 sei (auch deshalb) nicht dargelegt und bewiesen, weil ihm bei
  171. dem Erwerb der Grundstücke von der damaligen Verkäuferin vertraglich versichert worden sei, dass dieser keine Bodenverunreinigungen bekannt seien, und
  172. weil es nach den Angaben eines Zeugen üblich gewesen sei, bei der - hier vor
  173. dem Erwerb der Grundstücke durch den Beklagten zu 3 erfolgten - Demontage
  174. von entsprechenden Anlagen auch die Fundamente herauszureißen und eventuelle Verunreinigungen auszubaggern.
  175. 14
  176. a) Zwar kann ein arglistiges Handeln zu verneinen sein, wenn Umstände
  177. vorliegen, aufgrund derer der Verkäufer davon ausgehen darf, eine Schadstoffbelastung bestehe trotz einer gefahrenträchtigen Nutzung nicht (vgl. Senat,
  178. Urteil vom 8. Juli 2016 - V ZR 35/15, ZfIR 2016, 783 Rn. 19 mwN). So kann es
  179. beispielsweise liegen, wenn der Verkäufer oder ein Dritter - etwa ein vormaliger
  180. Eigentümer - das Grundstück mit negativem Ergebnis auf Altlasten hat untersuchen oder tatsächlich vorhandene Schadstoffe durch eine Spezialfirma hat beseitigen lassen (vgl. Senat, Urteil vom 19. Februar 2016 - V ZR 216/14, NJW
  181. 2016, 2315 Rn. 17 ff. für die Beseitigung von Hausbock in einem Holzhaus).
  182. - 10 -
  183. 15
  184. b) Vergleichbare Umstände hat das Berufungsgericht aber nicht festgestellt.
  185. 16
  186. aa) Die von ihm angeführten Umstände lassen nämlich objektiv nicht den
  187. Schluss zu, dass ein durch die frühere Nutzung begründeter Altlastenverdacht
  188. ausgeräumt war. Dass der Verkäuferin keine Bodenverunreinigungen bekannt
  189. waren, besagt für sich genommen nichts über das Bestehen eines - von der
  190. tatsächlichen Kontamination eines Grundstücks zu trennenden - Altlastenverdachts. Ob die nach Aussage eines Zeugen übliche Vorgehensweise bei der
  191. Demontage anderer Altanlagen im Fall der an den Kläger verkauften Grundstücke angewendet wurde, ist offen; auch fehlen Feststellungen dazu, ob hierdurch ein Altlastenverdacht vollständig und nicht nur in der unmittelbaren Umgebung der Anlagen beseitigt worden wäre.
  192. 17
  193. bb) Zwar lässt sich nicht ausschließen, dass der Beklagte zu 3 aufgrund
  194. dieser Gegebenheiten gleichwohl davon überzeugt war, dass kein Altlastenverdacht mehr bestand. Dann fehlte es an dem subjektiven Tatbestand der Arglist,
  195. weil diese nicht vom Vorsatz abgekoppelt und der Sache nach durch leichtfertige oder grob fahrlässige Unkenntnis ersetzt werden darf (Senat, Urteil vom
  196. 22. April 2016 - V ZR 23/15, NJW 2017, 150 Rn. 21).
  197. 18
  198. Dass es sich so verhalten hat, kann dem angefochtenen Urteil aber nicht
  199. entnommen werden. Denn das Berufungsgericht hat die genannten Umstände
  200. unter Zugrundelegung eines unzutreffenden rechtlichen Ausgangspunkts, nämlich in der Annahme berücksichtigt, der Kläger habe (über die frühere Nutzung
  201. des Grundstücks hinaus) konkrete Tatsachen darzulegen, aus denen der Beklagte zu 3 auf einen Altlastenverdacht schließen musste. Sie dienten damit nur
  202. zum Beleg, dass die Darlegungen des Klägers nicht ausreichten; zu einer Wür-
  203. - 11 -
  204. digung der subjektiven Seite der Arglist hatte das Berufungsgerichts von seinem Standpunkt aus keinen Anlass.
  205. III.
  206. 19
  207. Das Berufungsurteil kann daher bezogen auf die hier interessierenden
  208. Anträge keinen Bestand haben. Es ist aufzuheben und der Rechtsstreit an das
  209. Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
  210. 20
  211. 1. a) Der Rechtsstreit ist nicht zur Entscheidung reif (§ 563 Abs. 3 ZPO),
  212. da das Berufungsgericht - aus seiner Sicht folgerichtig - keine Feststellungen zu
  213. der unter Sachverständigenbeweis gestellten Behauptung des Klägers getroffen
  214. hat, die frühere Nutzung der streitgegenständlichen Grundstücke begründe
  215. (typischerweise) einen Altlastenverdacht.
  216. 21
  217. b) Zudem wird das Berufungsgericht unter Berücksichtigung der dargestellten Maßstäbe neu zu beurteilen haben, ob die Voraussetzungen des subjektiven Tatbestands der arglistigen Täuschung hinsichtlich der den Altlastenverdacht begründenden früheren Nutzung der Grundstücke vorliegen. Dabei
  218. wird den Beklagten Gelegenheit zu geben sein, im Rahmen ihrer sekundären
  219. Darlegungslast zu etwaigen entlastenden Umständen ergänzend vorzutragen.
  220. Dabei ist Folgendes zu berücksichtigen:
  221. 22
  222. Macht der Verkäufer, der aus der ihm bekannten früheren gefahrenträchtigen Nutzung des Grundstücks den Schluss auf einen möglichen Altlastenverdacht gezogen hat, geltend, er habe bei Vertragsschluss angenommen, der
  223. Altlastenverdacht sei ausgeräumt gewesen, muss er dies anhand objektiver
  224. Umstände plausibel machen. Für entsprechende Umstände trifft ihn eine se-
  225. - 12 -
  226. kundäre Darlegungslast. Zwar hat der Käufer grundsätzlich nicht nur den objektiven, sondern auch den subjektiven Tatbestand der Arglist darzulegen und zu
  227. beweisen. Ihm kommen insoweit aber Beweiserleichterungen zugute. Der Senat hat bereits entschieden, dass der für die negative Tatsache der unterbliebenen Offenbarung beweispflichtige Käufer nach den Grundsätzen der sekundären Darlegungslast lediglich die von dem Verkäufer in räumlicher, zeitlicher und
  228. inhaltlicher Weise zu spezifizierende Aufklärung ausräumen muss (Senat, Urteil
  229. vom 12. November 2010 - V ZR 181/09, BGHZ 188, 43 Rn. 12). Ebenso ist es
  230. in Bezug auf den subjektiven Tatbestand der Arglist Sache des Verkäufers, diejenigen Umstände in räumlicher, zeitlicher und inhaltlicher Weise zu konkretisieren, aufgrund derer er trotz unterbliebener eigener Aufklärung davon ausgegangen sein will, der Käufer habe Kenntnis von dem Mangel gehabt (Senat,
  231. Urteil vom 12. November 2010 - V ZR 181/09, aaO, Rn. 15). Nichts anderes gilt,
  232. wenn der Verkäufer, der von einer früheren gefahrenträchtigen Nutzung des
  233. Grundstücks Kenntnis und einen daraus resultierenden Altlastenverdacht für
  234. möglich gehalten hatte, behauptet, er sei davon ausgegangen, dieser Verdacht
  235. sei ausgeräumt. In diesem Fall obliegt es ihm, diejenigen objektiven Umstände
  236. zu konkretisieren, auf denen diese Annahme beruhte.
  237. 23
  238. 2. Das Berufungsurteil unterliegt auch insoweit der Aufhebung und Zurückverweisung, als das Berufungsgericht die Klage hinsichtlich der Schadensersatzansprüche gegenüber dem Beklagten zu 3 abgewiesen hat. Es kann nicht
  239. ausgeschlossen werden, dass das Berufungsgericht eine persönliche Haftung
  240. des Beklagten zu 3 bejaht hätte, wenn es die Voraussetzungen des objektiven
  241. und des subjektiven Tatbestands der arglistigen Täuschung zutreffend erkannt
  242. hätte.
  243. - 13 -
  244. 24
  245. 3. Für den Fall, dass dem Kläger dem Grunde nach ein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagten aus § 437 Nr. 3, §§ 280, 281 BGB zustehen sollte, ist zur Schadenshöhe auf Folgendes hinzuweisen:
  246. 25
  247. Der Käufer kann im Rahmen des sog. kleinen Schadensersatzes Ausgleich des mangelbedingten Minderwerts oder Ersatz der Mängelbeseitigungskosten verlangen (Senat, Urteil vom 4. April 2014 - V ZR 275/12, BGHZ 200,
  248. 350 Rn. 31, 33). Verlangt er, wie hier der Kläger, Ausgleich des merkantilen
  249. Minderwerts der erworbenen Grundstücke, so erschöpft sich dieser nicht zwingend in dem Betrag, um den der Wert der Grundstücke wegen des bestehenden Altlastenverdachts gemindert ist. Beweist der Käufer, dass die Grundstücke
  250. tatsächlich kontaminiert sind, so ist vielmehr diese Kontamination in die Be-
  251. - 14 -
  252. rechnung des Minderwerts einzustellen. Die Haftung des Verkäufers für den
  253. Sachmangel, der sich aus einer früheren gefahrenträchtigen Nutzung eines
  254. Grundstücks ergibt, die einen Altlastenverdacht begründet, erfasst auch die
  255. Folgen des Verdachts, der sich realisiert.
  256. Stresemann
  257. Brückner
  258. Kazele
  259. Weinland
  260. Hamdorf
  261. Vorinstanzen:
  262. LG Saarbrücken, Entscheidung vom 20.04.2010 - 9 O 192/04 OLG Saarbrücken, Entscheidung vom 29.10.2015 - 4 U 266/10 - 77 -