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1 year ago
  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. VERSÄUMNISURTEIL
  4. II ZR 16/04
  5. Verkündet am:
  6. 14. November 2005
  7. Vondrasek
  8. Justizangestellte
  9. als Urkundsbeamtin
  10. der Geschäftsstelle
  11. in dem Rechtsstreit
  12. Nachschlagewerk: ja
  13. BGHZ:
  14. nein
  15. BGHR:
  16. ja
  17. ZPO § 520 Abs. 3
  18. Zu den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Berufungsbegründung.
  19. BGH, Versäumnisurteil vom 14. November 2005 - II ZR 16/04 - KG Berlin
  20. LG Berlin
  21. -2-
  22. Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche
  23. Verhandlung vom 14. November 2005 durch den Vorsitzenden Richter
  24. Prof. Dr. Goette und die Richter Kraemer, Prof. Dr. Gehrlein, Dr. Strohn und
  25. Caliebe
  26. für Recht erkannt:
  27. Auf die Revision des Klägers wird das Teilurteil des 2. Zivilsenats
  28. des Kammergerichts vom 18. Dezember 2003 aufgehoben.
  29. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch
  30. über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
  31. Von Rechts wegen
  32. Tatbestand:
  33. 1
  34. Der Kläger macht in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter über das
  35. Vermögen der S. GmbH (künftig: Gemeinschuldnerin) gegen die Beklagten zu 1
  36. und 2 Erstattungs- bzw. Schadensersatzansprüche geltend, weil sich die Beklagte zu 1 als Gesellschafterin der Gemeinschuldnerin ein in funktionales
  37. Eigenkapital umqualifiziertes Darlehen hat zurückzahlen lassen. Den Beklagten
  38. zu 3 hält er aus dem Gesichtspunkt der Ausfallhaftung nach § 31 Abs. 3
  39. GmbHG für ersatzpflichtig.
  40. -3-
  41. 2
  42. Das Landgericht hat die Klagen sämtlich abgewiesen und hinsichtlich der
  43. Beklagten zu 1 und 2 das Vorliegen einer Krise verneint. Hinsichtlich des Beklagten zu 3 finden sich die maßgeblichen Ausführungen unter einem mit "C"
  44. überschriebenen Teil der Urteilsgründe, die mit den Worten eingeleitet werden:
  45. "… da für den hier als gedacht zu unterstellenden Fall, dass die Beklagten zu 1
  46. und 2 haften …" eine Ausfallhaftung des Beklagten zu 3 nicht greift, weil er zum
  47. Auszahlungszeitpunkt noch nicht Gesellschafter war. Der Kläger hat gegen alle
  48. drei Beklagten Berufung eingelegt. Die gegen den Beklagten zu 3 gerichtete
  49. Berufung hat das Berufungsgericht durch Teilurteil als unzulässig verworfen.
  50. Hiergegen richtet sich die vom Senat zugelassene Revision des Klägers.
  51. Entscheidungsgründe:
  52. 3
  53. I. Über die Revision des Klägers ist, da der Beklagte trotz ordnungsgemäßer Ladung im Revisionsverhandlungstermin nicht vertreten war, durch Versäumnisurteil zu entscheiden, das aber inhaltlich nicht auf der Säumnis, sondern einer sachlichen Prüfung des Antrags beruht (BGHZ 37, 79, 81).
  54. 4
  55. II. Die Revision ist begründet und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
  56. 5
  57. 1. Das Berufungsgericht hat die gegen den Beklagten zu 3 gerichtete Berufung des Klägers mangels ausreichender Berufungsbegründung nach § 520
  58. Abs. 3 Nr. 2 und 3 ZPO für unzulässig gehalten. Die Abweisung der Klage gegen diesen Beklagten sei im landgerichtlichen Urteil auf zwei Gründe gestützt:
  59. die fehlende Gesellschafterstellung und das Fehlen einer Krise im Sinne der
  60. Eigenkapitalersatzregeln. Zu dem zweiten Gesichtspunkt fehle es an Angriffen
  61. in der Berufungsbegründung.
  62. -4-
  63. 6
  64. 2. Diese Begründung begegnet durchgreifenden Bedenken und nötigt zur
  65. Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung an das Berufungsgericht. Das Berufungsgericht hat die Anforderungen an eine ordnungsgemäße
  66. Berufungsbegründung in unzulässiger Weise überspannt.
  67. 7
  68. Die Auffassung des Berufungsgerichts, das Landgericht habe die Abweisung der gegen den Beklagten zu 3 gerichteten Klage auch auf das Fehlen
  69. einer Krise gestützt, findet in den Urteilsgründen keine hinreichende Grundlage.
  70. Das Landgericht hat sich zur Begründung der Klageabweisung gegen diesen
  71. Beklagten auf die Feststellung beschränkt, dieser sei nicht Ausfallhaftender
  72. nach § 31 Abs. 3 GmbHG. Die Frage der Primärhaftung der Beklagten zu 1
  73. und 2 hat es im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung der Feststellungsklage ausdrücklich lediglich "unterstellt".
  74. 8
  75. Die auf die nicht bestehende Ausfallhaftung gestützte Klageabweisung
  76. hat der Kläger nach den insoweit zutreffenden Ausführungen des Berufungsgerichts ausreichend i.S. des § 520 Abs. 3 ZPO angegriffen. Zu einer darüber
  77. hinausgehenden Begründung der Berufung war er mangels Vorliegens einer
  78. weiteren Urteilsbegründung nicht verpflichtet.
  79. 9
  80. § 520 Abs. 3 ZPO erfordert nur, dass der Berufungskläger mit seiner Berufungsbegründung erkennen lässt, aus welchen tatsächlichen und/oder rechtlichen Gründen er das angefochtene Urteil für unrichtig hält. In der Berufungsbegründung sind daher diejenigen Punkte rechtlicher oder tatsächlicher Art darzulegen, die der Berufungskläger als unzutreffend ansieht, und dazu sind die
  81. Gründe anzugeben, aus denen die Fehlerhaftigkeit jener Punkte und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung vom Berufungskläger hergeleitet
  82. werden. Zur Darlegung der Fehlerhaftigkeit ist somit lediglich die Mitteilung der
  83. Umstände erforderlich, die das Urteil aus der Sicht des Berufungsklägers in
  84. -5-
  85. Frage stellen (BGH, Beschl. v. 21. Mai 2003 - VIII ZB 133/02, BGHReport 2003,
  86. 971, 972). Hieraus folgt - selbstverständlich -, dass der Berufungskläger weder
  87. ihm günstige Teile des Urteils noch weitere, die abweisende Entscheidung
  88. möglicherweise auch stützende, zur Begründung der angefochtenen Entscheidung aber nicht angeführte Umstände angreifen muss.
  89. 10
  90. III. Da der Rechtsstreit in der Revisionsinstanz nicht endentscheidungsreif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO), ist die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit es sich nunmehr mit der Begründetheit der Berufung - auch - im
  91. Verhältnis zum Beklagten zu 3 befassen kann.
  92. Goette
  93. Kraemer
  94. Strohn
  95. Gehrlein
  96. Caliebe
  97. Vorinstanzen:
  98. LG Berlin, Entscheidung vom 13.05.2002 - 90 O 117/01 KG Berlin, Entscheidung vom 18.12.2003 - 2 U 135/02 -