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1 year ago
  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. I ZR 292/00
  5. Verkündet am:
  6. 15. Mai 2003
  7. Führinger
  8. Justizangestellte
  9. als Urkundsbeamtin
  10. der Geschäftsstelle
  11. in dem Rechtsstreit
  12. Nachschlagewerk:
  13. ja
  14. BGHZ:
  15. nein
  16. BGHR:
  17. ja
  18. Ausschreibung von Vermessungsleistungen
  19. UWG § 1; HOAI § 4
  20. Die wettbewerbliche Haftung eines Dritten tritt bei Verstößen gegen Verbotsnormen, denen dieser selbst nicht unterworfen ist, jedenfalls dann nicht
  21. ein, wenn ihm die erforderliche Prüfung des Verhaltens desjenigen, der die
  22. rechtswidrige Beeinträchtigung unmittelbar vorgenommen hat, insbesondere
  23. angesichts dessen Eigenverantwortung, nicht zuzumuten ist.
  24. BGH, Urteil vom 15. Mai 2003 - I ZR 292/00 - LG München I
  25. - 2 -
  26. Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 15. Mai 2003 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann
  27. und die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Prof. Stark, Pokrant und Dr. Büscher
  28. für Recht erkannt:
  29. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts
  30. München I, 7. Kammer für Handelssachen, vom 25. Oktober 2000
  31. aufgehoben.
  32. Die Klage wird abgewiesen.
  33. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
  34. Von Rechts wegen
  35. Tatbestand:
  36. Der Kläger ist ein Fachverband, in dem etwa 70% der selbständigen
  37. Vermessungsingenieure
  38. in
  39. Bayern
  40. organisiert
  41. sind;
  42. zu
  43. seinen
  44. satzungsgemäßen Aufgaben gehören die Wahrnehmung der beruflichen Belange seiner Mitglieder sowie die Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs durch
  45. Mißachtung von Grundsätzen der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) oder durch Unterschreitung der Mindestsätze der HOAI.
  46. - 3 -
  47. Die Beklagte betreibt in München eine Bauunternehmung. Im Jahr 1999
  48. führte sie eine Ausschreibung für Vermessungsleistungen bei einem Bauvorhaben in Unterschleißheim durch. Die angeschriebenen Ingenieurbüros
  49. wurden darin aufgefordert, Angebote mit pauschalen Festpreisen für drei verschiedene Phasen (Leistungsumfang 1 bis 3) zu unterbreiten.
  50. Nachdem der Kläger den Inhaber des Ingenieurbüros N.
  51. in Mün-
  52. chen, das den Auftrag der Beklagten für die Vermessungsleistungen erhalten
  53. hat, darauf hingewiesen hatte, daß er bei dem Bauvorhaben in Unterschleißheim Vermessungsleistungen unter den Mindestsätzen der HOAI angeboten
  54. habe, hat dieser sich gegenüber dem Kläger strafbewehrt verpflichtet, es zu
  55. unterlassen,
  56. Ingenieurleistungen
  57. für
  58. Vermessung
  59. anzubieten
  60. und
  61. abzurechnen, die dem Leistungsbild der §§ 97b, 98b HOAI unterfallen und bei
  62. denen
  63. die Grundlagen des Honorars gemäß § 97 Abs. 1 und § 98 Abs. 1
  64. HOAI nicht beachtet werden,
  65. die Mindestsätze der HOAI, insbesondere der Honorartafel
  66. gemäß § 99 HOAI, unterschritten werden.
  67. Der Kläger hat vorgetragen, durch die fehlende Differenzierung zwischen Entwurfsvermessung und Bauvermessung sowie das Fehlen der für die
  68. Honorarermittlung nach der HOAI erforderlichen Angaben (insbesondere zur
  69. Einordnung der Honorarzone und zu den anrechenbaren Kosten) in den Ausschreibungsunterlagen habe die Beklagte den angeschriebenen Ingenieuren
  70. nahegelegt, Angebote unterhalb der Mindestsätze der HOAI abzugeben. Tat-
  71. - 4 -
  72. sächlich habe das Ingenieurbüro N.
  73. ein solches Angebot auch abgege-
  74. ben. Für dieses wettbewerbswidrige Verhalten hafte die Beklagte als Störerin.
  75. Der Kläger hat beantragt,
  76. die Beklagte unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verurteilen,
  77. es zu unterlassen, im Gebiet des Freistaats Bayern im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken Vermessungsleistungen
  78. auszuschreiben und dabei Ingenieure zur Abgabe von Angeboten
  79. für Ingenieurleistungen aufzufordern, die den Leistungsbildern der
  80. §§ 97b und 98b der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) unterfallen, und zu denen in den Ausschreibungsunterlagen Angaben zu den Grundlagen des Honorars für diese
  81. vermessungstechnischen Leistungen, insbesondere
  82. - Angaben zur Einordnung der Honorarzone,
  83. - Angabe der anrechenbaren Kosten,
  84. fehlen.
  85. Die Beklagte ist dem entgegengetreten und hat geltend gemacht, kein
  86. an der Ausschreibung beteiligter Ingenieur habe die Mindestsätze der HOAI
  87. unterschritten. Wettbewerbswidrig sei ein solcher Rechtsverstoß zudem erst
  88. dann, wenn sich die angeschriebenen Ingenieure bewußt und planmäßig über
  89. das zwingende Preisrecht der HOAI hinweggesetzt hätten. Dies sei weder vorgetragen noch ersichtlich. Schließlich obliege die Beachtung des zwingenden
  90. Preisrechts der HOAI in erster Linie den Architekten und Ingenieuren, nicht
  91. hingegen ihr als Auftraggeberin, weshalb ihr eine Prüfungspflicht nicht oblegen
  92. habe.
  93. Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt.
  94. - 5 -
  95. Hiergegen richtet sich die (Sprung-)Revision der Beklagten, mit der sie
  96. ihren Klageabweisungsantrag weiterverfolgt. Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.
  97. Entscheidungsgründe:
  98. I. Das Landgericht hat den Kläger für nach § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG
  99. klagebefugt gehalten und angenommen, die Beklagte hafte entsprechend
  100. § 1004 BGB i.V. mit § 1 UWG als Störerin für einen von dem Ingenieurbüro
  101. N.
  102. begangenen Verstoß gegen § 4 Abs. 2, § 97b, § 98b HOAI. Dazu hat es
  103. ausgeführt:
  104. Das Ingenieurbüro N.
  105. habe bei dem Bauvorhaben in Unterschleiß-
  106. heim ein Angebot unterhalb der nach § 4 Abs. 2 HOAI zwingenden Mindestsätze der HOAI abgegeben. Der Kläger habe dies durch die vorgelegte strafbewehrte Unterlassungserklärung des Inhabers des Ingenieurbüros N.
  107. , für
  108. die sonst keine Veranlassung bestanden hätte, ausreichend dargetan und
  109. nachgewiesen. Ein solcher Verstoß sei auch geeignet, den Wettbewerb auf
  110. dem in Rede stehenden Markt erheblich zu beeinträchtigen.
  111. Die Beklagte habe an diesem Wettbewerbsverstoß willentlich und
  112. adäquat kausal mitgewirkt. Sie habe mit der Ausschreibung die angeschriebenen Vermessungsingenieure verleitet, Pauschalpreise unter den zwingenden
  113. Mindestsätzen der HOAI anzubieten. Die Ausschreibung habe Leistungen zum
  114. Gegenstand, die den Leistungsbildern der §§ 97b, 98b HOAI entsprächen.
  115. Dennoch weise sie nicht die erforderliche Differenzierung zwischen dem Lei-
  116. - 6 -
  117. stungsbild Entwurfsvermessung und dem Leistungsbild Bauvermessung auf. Es
  118. werde nicht mitgeteilt, welcher Honorarzone die jeweiligen Ingenieurleistungen
  119. in den jeweiligen Leistungsbildern zuzuordnen seien. Auch enthalte sie keine
  120. Leistungsbeschreibung, die eine Selbstbestimmung der zutreffenden Honorarzone durch die angeschriebenen Vermessungsingenieure ermöglicht hätte.
  121. Der Beklagten als größerer Münchener Hochbaufirma sei es auch zumutbar gewesen, Honoraranfragen an Vermessungsingenieure auf ihre Übereinstimmung mit den Preisbemessungsgrundlagen der HOAI zu überprüfen.
  122. Daher habe sie entsprechende Verstöße auch verhindern können.
  123. II. Diese Beurteilung hält den Angriffen der Revision nicht stand. Sie
  124. führen zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Abweisung der Klage.
  125. 1. Das Landgericht hat die Klagebefugnis des Klägers nach § 13 Abs. 2
  126. Nr. 2 UWG bejaht. Das wird von der Revision nicht beanstandet; Rechtsfehler
  127. sind insoweit auch nicht ersichtlich.
  128. 2. Dem Kläger steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch entsprechend § 1004 BGB i.V. mit § 1 UWG entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht zu. Im Streitfall kommt allein eine Störerhaftung in Betracht, da
  129. ausschließlich ein Verstoß gegen die Verpflichtung zur Einhaltung des zwingenden Preisrechts der HOAI in Rede steht, das nur die Berufsangehörigen
  130. und nicht die Beklagte als Außenstehende bindet (vgl. BGH, Urt. v. 21.2.2002
  131. - I ZR 281/99, GRUR 2002, 902, 904 = WRP 2002, 1050 - Vanity-Nummer).
  132. Hiervon ist auch das Landgericht mit Recht ausgegangen. Die Voraussetzungen einer derartigen Störerhaftung sind im Streitfall aber nicht gegeben.
  133. - 7 -
  134. a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs haftet
  135. derjenige in entsprechender Anwendung von § 1004 BGB als Störer, der auch
  136. ohne Wettbewerbsförderungsabsicht und ohne Verschulden an dem Wettbewerbsverstoß eines Dritten in der Weise beteiligt ist, daß er in irgendeiner
  137. Weise willentlich und adäquat kausal an der Herbeiführung der rechtswidrigen
  138. Beeinträchtigung mitwirkt. Dabei kann als Mitwirkung auch die Unterstützung
  139. oder Ausnutzung der Handlung eines eigenverantwortlich handelnden Dritten
  140. genügen, sofern der in Anspruch Genommene die rechtliche Möglichkeit zur
  141. Verhinderung dieser Handlung hatte (st. Rspr.; BGH, Urt. v. 10.10.1996 - I ZR
  142. 129/94, GRUR 1997, 313, 315 = WRP 1997, 325 - Architektenwettbewerb
  143. m.w.Nachw.; BGH GRUR 2002, 902, 904 - Vanity-Nummer).
  144. b) Mit Recht hat das Landgericht danach angenommen, daß eine wettbewerbsrechtliche Störerhaftung der Beklagten nur dann in Betracht kommt,
  145. wenn der Inhaber des Ingenieurbüros N.
  146. selbst einen Wettbewerbsverstoß
  147. begangen hat, an dem die Beklagte mitgewirkt haben könnte. Fehlt es an einer
  148. solchen rechtswidrigen Beeinträchtigung, scheidet auch eine Störerhaftung aus
  149. (vgl. BGH GRUR 1997, 313, 315 - Architektenwettbewerb, m.w.Nachw.; BGH,
  150. Urt. v. 10.4.1997 - I ZR 3/95, GRUR 1997, 909, 911 - Branchenbuch-Nomenklatur; Urt. v. 10.11.1999 - I ZR 121/97, GRUR 2000, 613, 615 = WRP 2000,
  151. 506 - Klinik Sanssouci).
  152. c) Das Landgericht hat das Akzessorietätserfordernis rechtsfehlerfrei
  153. deshalb als erfüllt angesehen, weil der Inhaber des Ingenieurbüros N.
  154. ge-
  155. genüber der Beklagten für das Bauvorhaben in Unterschleißheim ein Angebot
  156. unter den nach § 4 Abs. 2 HOAI zwingenden Mindestsätzen der Honorartafel
  157. - 8 -
  158. gemäß § 99 für die in §§ 97b, 98b dieser Verordnung angeführten Leistungsbilder der Entwurfsvermessung und der Bauvermessung abgegeben habe und
  159. darin zugleich ein Wettbewerbsverstoß liege.
  160. aa) Die Revision beanstandet in diesem Zusammenhang ohne Erfolg die
  161. Feststellung des Landgerichts, der Inhaber des Ingenieurbüros N.
  162. habe
  163. tatsächlich ein Angebot unter den Mindestsätzen der HOAI abgegeben, mit der
  164. Rüge, das beruhe auf einem Verstoß gegen die allgemeinen Regeln über die
  165. Darlegungs- und Beweislast; die Beklagte habe unter Beweisantritt vorgetragen, keiner der angeschriebenen Architekten bzw. Ingenieure habe für das in
  166. Frage stehende Bauvorhaben die Mindestsätze der HOAI unterschritten. Mit
  167. dieser Rüge ist die Beklagte im Verfahren der Sprungrevision ausgeschlossen
  168. (§ 566a Abs. 3 Satz 2 ZPO a.F.).
  169. bb) Soweit die Revision die in Rede stehende Feststellung des Landgerichts als erfahrungswidrig rügt, weil die Abgabe der strafbewehrten Unterlassungserklärung durch den Inhaber des Ingenieurbüros N.
  170. keine ver-
  171. läßliche Grundlage für die Annahme biete, der vorausgegangenen Abmahnung
  172. des Klägers habe tatsächlich ein entsprechender Wettbewerbsverstoß zugrunde gelegen, hält sich diese Beanstandung zwar im Rahmen der durch die
  173. Sprungrevision eröffneten revisionsrechtlichen Nachprüfung (BGH, Urt. v.
  174. 18.9.1997 - I ZR 119/95, GRUR 1998, 475, 476 = WRP 1998, 162
  175. - Erstcoloration, m.w.Nachw.).
  176. Es erscheint nach der allgemeinen Lebenserfahrung auch ohne weiteres
  177. möglich, daß eine Unterlassungserklärung abgegeben wurde, ohne daß ein
  178. Verstoß überhaupt begangen worden ist, etwa weil ohnehin beabsichtigt war,
  179. - 9 -
  180. die Preisvorschriften der HOAI stets einzuhalten, zumal auch die Abmahnung
  181. im Fall der Abgabe einer Unterlassungserklärung kostenlos sein sollte. Für die
  182. rechtliche Beurteilung des Streitfalls kann diese Frage unbeantwortet bleiben.
  183. Auch bei einem unterstellten Verstoß des Inhabers des Büros N.
  184. kommt
  185. eine Haftung der Beklagten nicht in Betracht.
  186. cc) Für die rechtliche Beurteilung ist weiter davon auszugehen, daß der
  187. Inhaber des Ingenieurbüros N.
  188. durch die unterstellte unzulässige Unter-
  189. schreitung der Mindestsätze der HOAI auch zugleich wettbewerbswidrig im Sinne des § 1 UWG gehandelt hat.
  190. Allerdings ist nach der neueren Rechtsprechung des Senats § 1 UWG
  191. gemäß seiner beschränkten Zielsetzung in Fällen, in denen ein beanstandetes
  192. Verhalten gegen ein Gesetz verstößt, nur dann anwendbar, wenn von dem Gesetzesverstoß zugleich eine unlautere Störung des Wettbewerbs auf dem
  193. Markt ausgeht. Es muß daher anhand einer am Schutzzweck des § 1 UWG
  194. auszurichtenden Würdigung geprüft werden, ob das beanstandete Verhalten
  195. durch den Gesetzesverstoß das Gepräge eines wettbewerbsrechtlich unlauteren Verhaltens erhält. Der Gesetzesverstoß als solcher kann dazu allein nicht
  196. ausreichen, wenn die verletzte Norm nicht zumindest auch eine wettbewerbsbezogene, d.h. - entsprechend dem Normzweck des § 1 UWG - eine auf
  197. die Lauterkeit des Wettbewerbs bezogene Schutzfunktion hat (vgl. BGHZ 144,
  198. 255, 266 f. - Abgasemissionen; 150, 343, 347 f. - Elektroarbeiten; BGH, Urt. v.
  199. 26.9.2002 - I ZR 293/99, GRUR 2003, 164, 165 = WRP 2003, 262 - Altautoverwertung).
  200. - 10 -
  201. Die hier in Rede stehende Vorschrift des § 4 Abs. 2 HOAI, nach der die
  202. Mindestsätze der §§ 97b, 98b, 99 HOAI durch schriftliche Vereinbarung (nur) in
  203. Ausnahmefällen unterschritten werden dürfen, weist eine solche wettbewerbsbezogene Schutzfunktion auf. Sie soll einen ruinösen Preiswettbewerb zwischen Architekten und Ingenieuren verhindern und gleiche rechtliche Voraussetzungen für die auf dem fraglichen Markt tätigen Wettbewerber schaffen.
  204. d) Mit Erfolg wendet sich die Revision aber gegen die Annahme des
  205. Landgerichts, die Beklagte hafte als Störerin für einen von dem Inhaber des
  206. Ingenieurbüros N.
  207. begangenen Wettbewerbsverstoß.
  208. Dabei kann offenbleiben, ob die Haftung des Dritten, der die wettbewerbswidrige Handlung nicht selbst vornimmt, auf den Fall der bewußten Mitwirkung
  209. i.S. der deliktischen Teilnahmeregeln zu beschränken ist (vgl. Köhler, WRP
  210. 1997, 897 ff.; ders. in Köhler/Piper, UWG, 3. Aufl., Vor § 13 Rdn. 68 f.; Schünemann, WRP 1998, 120 ff.; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und
  211. Verfahren, 8. Aufl., Kap. 14 Rdn. 10b f. m.w.N.; vgl. auch BGH, Urt. v. 8.6.2000
  212. - I ZR 269/97, GRUR 2001, 181, 184 = WRP 2001, 28 - dentalästhetika; Urt.
  213. v. 30.1.2003 - I ZR 142/00, WRP 2003, 886, 888 - Kleidersack; s. auch BGH,
  214. Urt. v. 24.6.2003 - KZR 32/02, Umdr. S. 9 f. - Buchpreisbindung). Im Streitfall
  215. kommt eine Haftung der Beklagten auch unter Anwendung der Grundsätze der
  216. jüngeren Rechtsprechung des Senats zur Störerhaftung im Wettbewerbsrecht
  217. nicht in Betracht.
  218. aa) Nach der Rechtsprechung des Senats darf die wettbewerbsrechtliche Störerhaftung nicht über Gebühr auf Dritte, die als solche einem Verbot
  219. nicht unterworfen sind, erstreckt werden. Die Bejahung der Störerhaftung setzt
  220. - 11 -
  221. in einem derartigen Fall deshalb stets die Verletzung zumutbarer Verhaltenspflichten, insbesondere von Prüfungspflichten voraus. Ob und inwieweit dem
  222. als Störer in Anspruch Genommenen eine Prüfung zuzumuten ist, richtet sich
  223. nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung der
  224. Funktion und Aufgabenstellung des als Störer in Anspruch Genommenen sowie
  225. mit Blick auf die Eigenverantwortung desjenigen, der die rechtswidrige Beeinträchtigung selbst unmittelbar vorgenommen hat (vgl. BGH GRUR 1997, 313,
  226. 316 - Architektenwettbewerb; GRUR 1997, 909, 911 - Branchenbuch-Nomenklatur; BGHZ 148, 13, 17 f. - ambiente.de; BGH GRUR 2002, 902, 904 - VanityNummer).
  227. bb) Schon nach diesen Grundsätzen reicht die von der Beklagten
  228. durchgeführte Ausschreibung für Vermessungsleistungen nicht aus, um ihre
  229. Haftung zu begründen.
  230. Die in Rede stehende Honorarordnung regelt den Wettbewerb der Architekten und Ingenieure. Die Einhaltung der entsprechenden Bestimmungen obliegt den Architekten und Ingenieuren, die selbständig und in eigener Verantwortung die Rechnung für ihre Leistungen zu erstellen haben, und nicht ihren
  231. jeweiligen Auftraggebern.
  232. Die Honorartafel zu § 99 Abs. 1 HOAI enthält für die Grundleistungen
  233. einen Gebührenrahmen durch die Angabe von Gebührenzonen, die der Ingenieur selbst zu ermitteln und in seine Rechnung einzustellen hat. Die Beklagte
  234. war nicht verpflichtet, ihre Ausschreibung derart vorzunehmen, daß sie bereits
  235. alle für die Ermittlung der Sätze nach der Honorarordnung erforderlichen Angaben enthielt. Sie konnte vielmehr darauf vertrauen, daß die von ihr
  236. - 12 -
  237. angeschriebenen Vermessungsingenieure die für die Ermittlung ihres nach der
  238. HOAI zulässigen Honorars erforderlichen Grundlagen in eigener Verantwortung prüfen und die Beklagte gegebenenfalls um die ergänzende Mitteilung
  239. solcher in der Ausschreibung fehlenden Angaben bitten würden, die sie für die
  240. ordnungsgemäße Berechnung ihres Honorars nach der HOAI etwa noch
  241. benötigten. Eine weitergehende generelle Prüfungspflicht trifft die Beklagte
  242. hingegen nicht.
  243. cc) Zwar wäre die Beklagte nicht berechtigt, die angeschriebenen Ingenieure durch gezielte, von dem zwingenden Preisrecht der HOAI abweichende
  244. oder unvollständige Vorgaben zur Preisermittlung, die diese nicht mehr als ein
  245. Versehen ansehen könnten, zu einer Unterschreitung der Mindestsätze der
  246. Honorarordnung aufzufordern (vgl. BGH, Urt. v. 2.5.1991 - I ZR 227/89, GRUR
  247. 1991, 769, 770 f. - Honoraranfrage). Denn in einem solchen Fall wäre es für
  248. die Beklagte nicht nur offensichtlich, daß diejenigen Ingenieure, die sich an
  249. ihre Vorgaben halten, gegen nicht abdingbares Preisrecht der Honorarordnung
  250. verstoßen würden, vielmehr würde sie durch eine solche Form der
  251. Ausschreibung zu erkennen geben, daß sie gerade auf einen derartigen Verstoß abzielt (vgl. auch BGH WRP 2003, 886, 888 - Kleidersack). Eine solche
  252. Fallgestaltung ist jedoch - worauf die Revision mit Recht hinweist - im Streitfall
  253. schon deshalb nicht gegeben, weil die Beklagte den angeschriebenen Ingenieuren in ihrer Ausschreibung keinerlei konkrete Vorgaben für die Preisermittlung gemacht hat, so daß die Annahme des Landgerichts, die Beklagte
  254. habe den angeschriebenen Vermessungsingenieuren nahegelegt, eine Honorarforderung unterhalb der Mindestsätze der Honorarordnung anzugeben und
  255. damit verdeckte Honorarnachlässe provoziert, mit der allgemeinen Lebenserfahrung nicht in Einklang steht. Das Landgericht hat bei seiner Beurteilung der
  256. - 13 -
  257. Tatsache zu wenig Bedeutung beigemessen, daß die Vermessungsingenieure
  258. ihre Honorarforderung eigenverantwortlich stellen und sich dabei in einem
  259. Rahmen unterschiedlicher Honorarzonen bewegen und nicht einem festen
  260. Honorarsatz unterliegen.
  261. - 14 -
  262. III. Danach war auf die Revision der Beklagten das Urteil des Landgerichts aufzuheben und die Klage abzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht
  263. auf § 91 Abs. 1 ZPO.
  264. Ullmann
  265. v. Ungern-Sternberg
  266. Pokrant
  267. Starck
  268. Büscher