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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 71/01
Verkündet am:
10. November 2004
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
BGB §§ 535 Abs. 1 Satz 2 (= § 536 a.F.), 536 Abs. 1 (= § 537 Abs. 1 a.F.), 538
(= § 548 a.F.), 543 Abs. 1, 2 (= § 542 a.F.)
Der Mieter ist nicht nach § 543 BGB (§ 542 BGB a.F.) zur außerordentlichen fristlosen Kündigung berechtigt, wenn er die Störung des vertragsgemäßen Gebrauchs
(hier durch einen Wasserschaden) selbst zu vertreten hat. Ist die Schadensursache
zwischen den Vertragsparteien streitig, trägt der Vermieter die Beweislast dafür, daß
sie dem Obhutsbereich des Mieters entstammt. Sind sämtliche Ursachen, die in den
Obhuts- und Verantwortungsbereich des Vermieters fallen, ausgeräumt, trägt der
Mieter die Beweislast dafür, daß er den Schadenseintritt nicht zu vertreten hat.
BGH, Urteil vom 10. November 2004 - XII ZR 71/01 - OLG Naumburg
LG Dessau
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Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 10. November 2004 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne, die Richter
Fuchs und Dr. Ahlt, die Richterin Dr. Vézina und den Richter Dose
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des 9. Zivilsenats des
Oberlandesgerichts Naumburg vom 6. Februar 2001 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung,
auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Parteien streiten um rückständigen Mietzins für die Zeit von Juni bis
Juli 1997 sowie von November 1997 bis Dezember 1999 und um die Feststellung, daß ihr Mietverhältnis nicht durch eine fristlose Kündigung der Beklagten
vorzeitig beendet wurde.
Mit Vertrag vom 6. November 1993 mietete die Beklagte von den Klägern
Gewerberäume zum Betrieb einer Arztpraxis für die Dauer von zehn Jahren.
Nachdem schon im Jahre 1995 ein Wasserschaden aufgetreten war, kam es
am 6. Juli 1997 zu einem erneuten Wasserschaden in den Mieträumen der Beklagten und anderen Räumen des Gewerbeobjekts. Dadurch entstanden in den
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Mieträumen erhebliche optische Beeinträchtigungen sowie Schimmelbildungen
mit unangenehmem Geruch.
Die Parteien streiten um die Ursache des Wasserschadens. Während die
Beklagte behauptet, das Wasser sei von außen in ihre Mieträume eingedrungen, behaupten die Kläger, als Schadensursache komme nur ein Wasseraustritt
in den Mieträumen der Beklagten in Betracht. Die Beklagte hat die Miete für die
Zeit ab dem Schadensereignis gemindert und das Mietverhältnis nach erfolgloser Fristsetzung zur Mangelbeseitigung fristlos zum 31. Oktober 1997 gekündigt
sowie die Mietsache geräumt. Das Landgericht hat die auf rückständigen Mietzins und Feststellung des Fortbestehens des Mietverhältnisses gerichtete Klage
abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung der Kläger blieb erfolglos.
Entscheidungsgründe:
Die Revision der Kläger führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und
zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
Das Oberlandesgericht meint, den Klägern stehe kein Anspruch auf
rückständigen Mietzins für die Zeit von Juni bis Juli 1997 sowie ab November
1997 zu. Auch ihr Antrag auf Feststellung des weiter fortbestehenden Mietverhältnisses sei wegen der wirksamen fristlosen Kündigung der Beklagten zum
31. Oktober 1997 unbegründet. Nach dem Inhalt des eingeholten Sachverständigengutachtens lasse sich nicht feststellen, daß die Schadensursache im Be-
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reich der von der Beklagten gemieteten Räumlichkeiten gelegen habe. Vielmehr
habe der Sachverständige ausgeführt, daß die Ursache der Durchfeuchtungen
nicht mehr nachvollziehbar sei. Zwar habe der Sachverständige einen Wasseraustritt am Rohrleitungsschacht nicht bestätigen können. Allerdings seien weitere Schadensursachen außerhalb der Mieträume der Beklagten denkbar, insbesondere Schäden an den am Schadenstag nicht untersuchten Leitungen sowie
Wasserüberläufe in den Räumen anderer Mieter. Einer weiteren Beweiserhebung bedürfe es nicht, weil sich die Beweisaufnahme des Landgerichts durch
Einholung eines Sachverständigengutachtens auf jegliche Ursachen des Wasserschadens bezogen habe.
II.
Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
Das Berufungsgericht hätte ergänzend den von den Klägern angebotenen weiteren Beweis zu den Behauptungen erheben müssen, die Schadensursache
könne nur dem Verantwortungsbereich der Mieterin entstammen.
1. Allerdings trägt der Mieter gegenüber dem Anspruch auf Zahlung des
Mietzinses nur dann die Darlegungs- und Beweislast dafür, daß er die Zerstörung der Mietsache nicht zu vertreten hat, wenn die vermieteten Räume unstreitig infolge des Mietgebrauchs zerstört worden sind (BGHZ 66, 349, 351 f.). Ist
hingegen streitig, ob vermietete Räume infolge des Mietgebrauchs beschädigt
worden sind, trägt der Vermieter die Beweislast dafür, daß die Schadensursache dem Obhutsbereich des Mieters entstammt; eine in seinen eigenen Verantwortungsbereich fallende Schadensursache muß der Vermieter ausräumen
(BGHZ 126, 124, 127 f.). Ist also - wie hier - streitig, ob Feuchtigkeitsschäden
ihre Ursache im Verantwortungsbereich des Vermieters oder des Mieters ha-
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ben, muß der Vermieter zunächst sämtliche Ursachen ausräumen, die aus seinem Gefahrenbereich herrühren können. Erst dann, wenn ihm dieser Beweis
gelungen ist, muß der Mieter beweisen, daß die Feuchtigkeitsschäden nicht aus
seinem Verantwortungsbereich stammen (vgl. Senatsurteile vom 26. November
1997 - XII ZR 28/96 - NJW 1998, 595; vom 18. Mai 1994 - XII ZR 188/92 - NJW
1994, 2019, 2020 = BGHZ 126, 124, 127 f. und vom 27. April 1994 - XII ZR
16/93 - NJW 1994, 1880, 1881).
2. Im Ansatz zutreffend ist das Berufungsgericht zunächst davon ausgegangen, daß die Kläger als Vermieter zunächst sämtliche Schadensursachen
aus ihrem Gefahrenbereich ausschließen müssen. Zu Recht hat es insoweit
auch das Ergebnis des gerichtlichen Sachverständigengutachtens für unergiebig beurteilt, weil die Ursache der Durchfeuchtungen im Zeitpunkt der Besichtigung durch den Sachverständigen nicht mehr nachvollziehbar war.
Das Berufungsgericht hat es aber versäumt, die von den Klägern für den
Ausschluß einer Schadensursache aus ihrem Gefahrenbereich angebotenen
weiteren Beweise zu erheben. Insbesondere haben die Kläger vorgetragen,
daß noch am Schadenstag selbst alle Leitungen im Haus durch die fachkundigen Zeugen S., K. und O. untersucht worden seien, wobei keine Schadensursache festgestellt wurde. Wäre dieser Vortrag bewiesen, stünde jedenfalls fest,
daß der Wasserschaden nicht auf einen Wasserrohrbruch zurückzuführen war.
Zusätzlich haben die Kläger auch eine weitere in ihrem Verantwortungsbereich
liegende Schadensursache, nämlich Wasseraustritte bei anderen Mietern im
Haus, ebenfalls unter Beweisantritt geleugnet. Dem steht nicht der unstreitige
Sachverhalt des angefochtenen Urteils entgegen, wonach es auch in anderen
Räumen des Gewerbeobjekts zu Wasserschäden gekommen ist. Denn nach
dem Vortrag der Kläger ist das Wasser aus den Mieträumen der Beklagten
ausgetreten und hat dadurch die anderen Räume in Mitleidenschaft gezogen.
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Weiter hatten die Kläger ihre Behauptung, zwischen dem Schadensereignis und
der späteren Untersuchung am 30. September 1997 seien keinerlei Installationen oder Reparaturen durchgeführt worden, in das Zeugnis des Hausverwalters
gestellt. Auch dieses könnte einer Schadensursache aus dem Verantwortungsbereich des Vermieters entgegenstehen. Letztlich haben die Kläger ebenfalls
unter Beweisantritt behauptet, daß alle Abwasserstränge, die mit der Praxis der
Beklagten in Berührung kommen, am 30. September 1997 eingehend überprüft
wurden und weder daran, noch an der Trockenbauwand, in der sich die Klappe
des Revisionsschachts befinde, Wasseraustrittsspuren feststellbar gewesen
seien. Diese Behauptung ist gerade deswegen von besonderer Bedeutung, weil
die Beklagte ebenfalls unter Beweisantritt behauptet hatte, das Wasser sei über
die Klappe des Revisionsschachts in ihre Mieträume eingedrungen.
Nach den von den Klägern unter Beweis gestellten Behauptungen wäre
jede denkbare Schadensursache aus dem Verantwortungsbereich der Vermieter ausgeschlossen. Wären diese Beweise erbracht, stünde fest, dass die
Schadensursache dem Obhutsbereich der Beklagten als Mieterin entstammt.
Dann würde nach der Rechtsprechung des Senats ihr der Beweis obliegen, daß
die Feuchtigkeitsschäden nicht aus ihrem Verantwortungsbereich stammen.
Nach dem Inhalt des angefochtenen Urteils ist dieser Beweis bislang ebenfalls
noch nicht erbracht. Insbesondere folgt dies auch nicht aus dem Inhalt des vorliegenden Sachverständigengutachtens, weil der gerichtliche Sachverständige
wegen des erheblichen Zeitablaufs keine konkrete Schadensursache mehr feststellen konnte.
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Deswegen ist das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache an das
Oberlandesgericht zurückzuverweisen. Das Berufungsgericht wird auf der
Grundlage der gefestigten Rechtsprechung zur Darlegungs- und Beweislast die
weiteren angebotenen Beweise erheben müssen.
Hahne
Fuchs
Vézina
Ahlt
Dose