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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 98/13
Verkündet am:
8. Dezember 2015
Hartmann
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
ja
BGHR:
ja
BGB § 323; AGBGB BW §§ 13, 16
a) Der Übergeber kann von einem Altenteilsvertrag auch dann zurücktreten,
wenn der Vertrag vollzogen worden ist. Ein Recht zum Rücktritt von einem
dauerhaft ins Werk gesetzten Hofübergabevertrag steht ihm jedoch nur dann
zu, wenn die Verletzung der vertraglichen Pflichten des Übernehmers auch in
Ansehung des eigenen Verhaltens des Übergebers ein solches Gewicht hat,
dass diesem das Festhalten am Vertrag nicht mehr zugemutet werden kann.
b) Das Rücktrittsrecht ist in Baden-Württemberg grundsätzlich ausgeschlossen,
wenn der Übernehmer nicht bereits wegen einer Vertragsverletzung rechtskräftig zu einer ihm nach dem Altenteilsvertrag obliegenden Leistung verurteilt worden ist.
c) Dem Übernehmer steht auch bei beiderseitigem das Zusammenleben auf
dem Hof störendem Fehlverhalten ein Kündigungsrecht nach § 16 Abs. 1
AGBGB BW zu, wenn die Störung vorwiegend durch den Übergeber verursacht wird und das weitere Zusammenleben unzumutbar erschwert.
BGH, Urteil vom 8. Dezember 2015 - X ZR 98/13 - LG Ellwangen
AG Ellwangen
ECLI:DE:BGH:2015:081215UXZR98.13.0
-2-
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 8. Dezember 2015 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Meier-Beck,
die Richter Gröning, Dr. Bacher und Dr. Deichfuß sowie die Richterin
Dr. Kober-Dehm
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten und die Anschlussrevision des
Klägers wird das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Ellwangen vom 21. Juni 2013 aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung,
auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
1
Die Parteien nehmen sich gegenseitig aus einer als Hofübergabevertrag
bezeichneten notariellen Vereinbarung vom 23. März 1992 in Anspruch.
2
Mit dieser Vereinbarung übergaben die Beklagten dem Kläger, ihrem
Sohn, im Wege der vorweggenommenen Erbfolge ihren land- und forstwirtschaftlichen Betrieb, den der Beklagte zu 1 seinerseits aufgrund eines Hofübergabevertrags vom 10. April 1964 von seinen Eltern erhalten hatte. Der Kläger
verpflichtete sich, einen Übergabepreis in Höhe von 40.000 DM zu zahlen, Ver-
-3-
bindlichkeiten der Beklagten in Höhe von 73.525 DM zu übernehmen und den
Beklagten ein Leibgeding einzuräumen. Zu dem Leibgeding gehört unter anderem ein Wohnrecht, das das Recht zur ausschließlichen Nutzung der Wohnung
im Erdgeschoss des übergebenen Anwesens und einer näher bezeichneten
Garage sowie das Recht zur Mitbenutzung dem gemeinschaftlichen Gebrauch
dienender Räume, insbesondere des Kellers und der Bühne, und der dem gemeinschaftlichen Gebrauch dienenden Anlagen und Einrichtungen, insbesondere der Zentralheizung, umfasst. An einem Zimmer der Erdgeschosswohnung
hat der Bruder des Beklagten zu 1 ein lebenslanges Wohnrecht, das ihm aufgrund eines Leibgedings in dem Hofübergabevertrag vom 10. April 1964 zwischen dem Beklagten zu 1 und seinen Eltern eingeräumt wurde. In diesem Zusammenhang ist in dem Hofübergabevertrag vom 23. März 1992 geregelt, dass
die Verpflichtungen aus dem für den Bruder des Beklagten zu 1 bestehenden
Leibgeding zu den vom Kläger mit Besitzübergang zu tragenden laufenden
Verbindlichkeiten gehören. An anderer Stelle heißt es, die Befugnisse der Beklagten in Bezug auf ihr Wohnrecht seien eingeschränkt, solange das Wohnrecht des Bruders des Beklagten zu 1 bestehe. Der Kläger bewohnt mit seiner
Familie die in den Stockwerken über der von den Beklagten und dem Bruder
des Beklagten zu 1 genutzten Erdgeschosswohnung gelegene Wohnung.
3
Ab etwa 1998 kam es zwischen den Parteien zu Spannungen, in deren
Verlauf es wiederholt zu Rechtsstreitigkeiten kam und der Kläger mit Urteil des
Landgerichts Ellwangen vom 6. Dezember 2002 - 1 S 155/02 - verurteilt wurde,
den Beklagten auf der Grundlage des Übergabevertrags die Mitbenutzung der
Zentralheizung, der Bühne mit Ausnahme der beiden dort befindlichen Kinderzimmer sowie des Traktors und des auf dem Grundstück vorhandenen Werkzeugs zu gestatten.
-4-
4
Die Beklagten widerriefen mit Schreiben vom 28. Juni 2004 den nach ihrer Auffassung als gemischte Schenkung zu qualifizierenden Hofübergabevertrag wegen Nichtvollziehung von Auflagen und wegen groben Undanks und erklärten gleichzeitig den Rücktritt vom Hofübergabevertrag wegen Wegfalls der
Geschäftsgrundlage und wegen Verletzung vertraglicher Pflichten. Zu einer
Rückabwicklung des Hofübergabevertrags aufgrund einer dieser Erklärungen
kam es jedoch nicht.
5
Der Kläger kündigte mit einem an die Beklagte zu 2 gerichteten Schreiben vom 29. Dezember 2005 das den Beklagten nach dem Übergabevertrag
vom 23. März 1992 eingeräumte Wohnrecht. Die Beklagten erklärten daraufhin
mit Schreiben vom 29. Juni 2006 erneut den Widerruf des Hofübergabevertrags
wegen groben Undanks und den Rücktritt vom Hofübergabevertrag wegen
Wegfalls der Geschäftsgrundlage und der Verletzung vertraglicher Pflichten, da
die Kündigung des Wohnrechts eine weitere Vertragsverletzung darstelle.
6
Mit seiner Klage verlangt der Kläger von den Beklagten die Räumung der
Erdgeschosswohnung mit Ausnahme des vom Bruder des Beklagten zu 1 bewohnten Zimmers. Die Beklagten verlangen im Wege der Widerklage die Rückübertragung zu je hälftigem Miteigentum der zum Vollzug des Hofübergabevertrags übertragenen Grundstücke, des Inventars (Gerätschaften und Werkzeuge), der Geschäftsanteile und Geschäftsguthaben bei den H.
eG (Stand 1. Januar 1992) und von 13 Rindern und 45 Schweinen mittlerer Art und Güte sowie die Zahlung von 78.194 € nebst Verzugszinsen für die
vom Kläger gezogenen Nutzungen, für seine Entnahmen und seine Mietersparnis. Hilfsweise beantragen die Beklagten, die im Zuge der Rückabwicklung des
Hofübergabevertrags herausverlangten Grundstücke Zug um Zug gegen Zahlung von 57.775,98 € zu übertragen, und weiter hilfsweise, die Zahlung von
-5-
5.288,88 € nebst Verzugszinsen für die Verpflegung und Unterbringung des
Bruders des Beklagten zu 1.
7
Das Amtsgericht hat Klage und Widerklage abgewiesen. Die dagegen
gerichteten Berufungen des Klägers und der Beklagten sind ohne Erfolg geblieben. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgen die Beklagten das Ziel
ihrer Widerklage weiter. Der Kläger begehrt mit seiner Anschlussrevision weiterhin die Verurteilung der Beklagten entsprechend seinen Schlussanträgen in
der Berufung.
Entscheidungsgründe:
8
Revision und Anschlussrevision haben Erfolg. Sie führen zur Aufhebung
des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
9
I.
Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie
folgt begründet:
10
Nach den im Hinblick auf Richtigkeit und Vollständigkeit nicht zu beanstandenden entscheidungserheblichen Feststellungen des Amtsgerichts habe
der Kläger nicht nachweisen können, dass ein Verhalten der Beklagten für eine
mögliche Erschwerung des Zusammenlebens der Parteien auf dem übergebenen Anwesen ursächlich gewesen und er somit zur Kündigung der von den Beklagten aufgrund ihres Wohnrechts genutzten Wohnung berechtigt gewesen
sei.
-6-
11
Ebenso wenig hätten die Beklagten nachweisen können, dass die Voraussetzungen für eine Rückabwicklung des Hofübergabevertrags vorliegen.
12
Zwar sei im Streitfall die Rückabwicklung des Hofübergabevertrags nach
den Vorschriften des Baden-Württembergischen Ausführungsgesetzes zum
Bürgerlichen Gesetzbuch (AGBGB BW) über Altenteilsverträge nicht grundsätzlich ausgeschlossen, da der Kläger als Schuldner des den Beklagten eingeräumten Leibgedings seine vertraglichen Verpflichtungen bereits einmal verletzt
habe und rechtskräftig zu deren Einhaltung verurteilt worden sei. Jedoch könnten die Beklagten als Gläubiger des Leibgedings auch in diesem Fall die Herausgabe des Grundstücks nicht ohne weiteres schon bei jedweder Vertragsverletzung seitens des Klägers verlangen. Im Hinblick darauf, dass Hofübergabeverträge grundsätzlich als endgültig anzusehen seien, sei auch bei einer vorangegangenen rechtskräftigen Verurteilung wegen einer Vertragsverletzung ohne
erhebliche in der Person des Schuldners oder in seinem Verhalten liegende
Umstände eine Rückabwicklung des Hofübergabevertrags nicht möglich. Derartige Umstände könnten jedoch beim Kläger nicht festgestellt werden.
Ein Widerruf des Hofübergabevertrags wegen groben Undanks scheide
13
aus. Es sei bereits zweifelhaft, ob die Hofübergabe als eine gemischte Schenkung an den Kläger anzusehen sei. Ein Anspruch auf Rückgabe des übergebenen Anwesens nach schenkungsrechtlichen Vorschriften komme nur in Betracht, wenn unter Berücksichtigung des von den Parteien gewollten Vertragszwecks bei einem Vergleich des Wertes des übergebenen Anwesens mit dem
Wert der Gegenleistungen das Merkmal der Unentgeltlichkeit überwiege. Dies
könne im Streitfall angesichts der Gegenleistungen, die der Kläger habe erbringen müssen, nicht festgestellt werden. Jedoch seien die Beklagten selbst dann,
wenn der Hofübergabevertrag eine gemischte Schenkung darstellte, nicht zum
-7-
Widerruf berechtigt, da - wie das Amtsgericht rechtsfehlerfrei festgestellt habe auf Seiten des Klägers kein grober Undank vorliege. Die Würdigung der Beweise könne in der Berufungsinstanz nur darauf überprüft werden, ob das Gericht
alle Umstände vollständig berücksichtigt und nicht gegen Denk- oder Naturgesetze, Erfahrungssätze oder gesetzliche Beweisregeln verstoßen habe. Derartige Verstöße zeige die Berufung der Beklagten nicht auf. Das Amtsgericht habe
die Aussagen der Zeugen nachvollziehbar gegeneinander abgewogen und gewürdigt. Das Urteil lasse erkennen, dass es alle Umstände einschließlich der
zwischen den Parteien geführten Vorprozesse berücksichtigt habe, auch wenn
nicht das gesamte Vorbringen der Parteien im Einzelnen dargestellt worden sei.
Das Berufungsgericht könne die aufgrund der Gesamtumstände vom Amtsgericht getroffenen Feststellungen gut nachvollziehen und teile sie auch aufgrund
des Eindrucks, den es in der mündlichen Verhandlung von den Parteien gewonnen habe.
Auch der Umstand, dass die Beklagten weiterhin die Pflege des Bruders
14
des Beklagten zu 1 im Wesentlichen alleine übernähmen, führe zu keiner anderen Beurteilung. Auch wenn - wie die Beklagten meinten - der Kläger die Verpflichtungen aus dem für den Bruder des Beklagten zu 1 eingetragenen
Leibgeding aus dem Hofübergabevertrag vom 10. April 1964 erfüllen müsste,
da er diese in dem mit den Beklagten geschlossenen Hofübergabevertrag
übernommen habe, sei die derzeitige Pflegesituation beim Bruder des Beklagten zu 1 angesichts der Gesamtumstände kein Grund, der einen Widerruf des
Übergabevertrags durch die Beklagten rechtfertigte. Zum einen sei dem Kläger
im Jahr 1991 vom Landratsamt Ostalbkreis schriftlich zugesichert worden, dass
er auch im Fall einer Hofübernahme nicht mehr als jährlich 1.000 DM zahlen
müsse, falls der Bruder des Beklagten zu 1 in einem Heim untergebracht werden müsse. Zum anderen seien die Beklagten auch nach der Hofübergabe weiter zur Versorgung des Bruders bereit gewesen und hätten diese auch fortge-
-8-
setzt, solange zwischen den Parteien noch ein einvernehmliches Zusammenleben möglich gewesen sei. Ein Vertragsverstoß des Klägers wäre deshalb nicht
so gravierend, dass dieser die Beklagten zur Rückgängigmachung des Hofübergabevertrags berechtigte.
15
Den Hilfswiderklageantrag auf Zahlung von 5.288,88 € habe das Amtsgericht mangels schlüssigen Vorbringens der Beklagten ebenfalls rechtsfehlerfrei abgewiesen. Der Vortrag der Beklagten in der Berufung führe insoweit zu
keiner anderen rechtlichen Beurteilung.
16
II. Dies hält den Angriffen der beiderseitigen Rechtsmittel in entscheidenden Punkten nicht stand.
17
1. Zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, dass es sich bei
dem notariellen Hofübergabevertrag vom 23. März 1992 um einen Altenteilsvertrag im Sinne von Art. 96 EGBGB handelt, für den die danach weiterhin gültigen
landesgesetzlichen Vorschriften über einen mit der Überlassung eines Grundstücks in Verbindung stehenden Leibgedings-, Leibzuchts-, Altenteils- oder
Auszugsvertrag gelten, soweit die Parteien nichts anderes vereinbart haben.
18
Der Begriff des Altenteils- oder Leibgedingsvertrags ist gesetzlich nicht
definiert. Ein derartiger Vertrag hat in der Regel die Gewährung von Unterhalt
zum Inhalt, wobei dem Übergeber ein Wohnrecht an einem bestimmten Teil
eines überlassenen Grundstücks gewährt wird. Dem Übernehmer soll ein Gut
oder ein Grundstück überlassen werden, kraft dessen Nutzung er sich eine eigene Lebensgrundlage schaffen und gleichzeitig den dem Altenteiler geschuldeten Unterhalt gewinnen kann. Der wesentliche Grundzug eines Altenteils besteht somit in einem Nachrücken der folgenden Generation in eine wenigstens
teilweise existenzbegründende Wirtschaftseinheit. Erforderlich ist, dass ein Beteiligter dem anderen seine wirtschaftliche Lebensgrundlage überträgt, um dafür
-9-
in die persönliche Gebundenheit eines abhängigen Versorgungsverhältnisses
einzutreten, während der Übernehmer eine wirtschaftlich selbständige Stellung
erlangt. Es genügt mithin nicht, dass der Übernehmer das erlangte Grundstück
zur Schaffung seiner wirtschaftlichen Lebensgrundlage nutzt. Erforderlich ist
vielmehr zusätzlich, dass die Existenzgrundlage vom Übergeber bereits geschaffen war und der Übernehmer in diese eintritt (BGH, Beschluss vom
4. Juli 2007 - VII ZB 86/06, NJW-RR 2007, 1390 Rn. 8; Beschluss vom
25. Oktober 2002 - V ZR 293/01, NJW 2003, 1325, 1326; Palandt/Weidlich,
BGB, 75. Aufl., Art. 96 EGBGB Rn. 2; Staudinger/Albrecht, BGB, Neubearb.
2012, Art. 96 EGBGB Rn. 6; MünchKommBGB/Habersack, 6. Aufl., Art. 96
EGBGB Rn. 5). So liegt der Fall hier. Nach Art. 96 EGBGB sind demnach die
Vorschriften der §§ 6 bis 17 AGBGB BW maßgeblich, soweit die Parteien keine
besonderen Vereinbarungen getroffen haben.
19
2. Die Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagten könnten sich im
Hinblick auf § 13 Abs. 1 AGBGB BW nicht von dem mit dem Kläger geschlossenen Hofübergabevertrag lösen, hält der revisionsrechtlichen Überprüfung
nicht stand.
20
a) Allerdings ist das Berufungsgericht im Ansatz zutreffend davon ausgegangen, dass Hofübergabeverträge grundsätzlich als endgültig anzusehen
sind. Der Übernehmer, der sich auf die Übergabe eingestellt hat, soll durch eine
Rückabwicklung des Vertrags nicht in seinen wirtschaftlichen Dispositionen beeinträchtigt oder möglicherweise sogar existenzlos gestellt werden (BayObLG,
Urteil vom 26. April 1993 - 1Z RR 397/92, BayObLGZ 1993, 192, 197 [juris
Rn. 25]; Urteil vom 22. Mai 1995 - 1Z RR 62/94, BayObLGZ 1995, 186 [juris
Rn. 43]; MünchKommBGB/Habersack, aaO, Rn. 29). Dementsprechend bestimmt § 13 Abs. 1 AGBGB BW - wie auch einige andere landesrechtliche Regelungen - dass der Übergeber nicht berechtigt ist, die Herausgabe des Grund-
- 10 -
stücks wegen Nichtvollziehung einer Auflage (§ 527 BGB) zu verlangen oder
vom Vertrag zurückzutreten.
21
b) Indessen findet § 13 Abs. 1 AGBGB BW nach Absatz 2 dieser Vorschrift keine Anwendung, wenn der Schuldner wegen einer Vertragsverletzung
zu einer ihm obliegenden Leistung rechtskräftig verurteilt wurde und danach die
Pflichten aus dem Vertrag erneut schuldhaft verletzt. Die erste Voraussetzung
ergibt sich, wie das Berufungsgericht an sich nicht verkennt, aus seinem
rechtskräftigen Urteil vom 6. Dezember 2002, zu der zweiten hat es keine Feststellungen getroffen. Solche Feststellungen waren nicht deshalb entbehrlich,
weil, wie das Berufungsgericht gemeint hat, ein Rücktritt vom Hofübergabevertrag vor dem Hintergrund, dass Hofübergabeverträge grundsätzlich als endgültig anzusehen sind, auch unter den tatbestandlichen Voraussetzungen des § 13
Abs. 2 AGBGB BW nicht ohne weiteres, insbesondere nicht ohne erhebliche in
der Person des Übernehmers oder in seinem Verhalten begründete Umstände,
möglich ist. Dies vermengt die Frage, ob die "Rücktrittssperre" des § 13
AGBGB BW eingreift, unzulässig mit den im Einzelfall an die Berechtigung des
Gläubigers, sich vom Hofübergabevertrag zu lösen, zu stellenden Anforderungen. Grundsätzlich ausgeschlossen ist der Rücktritt vielmehr nur dann, wenn es
an der in der rechtskräftigen Verurteilung liegenden ernstlichen Pflichtenmahnung gegenüber dem Schuldner fehlt.
22
3. Das Berufungsurteil erweist sich insoweit auch nicht aus anderen
Gründen als im Ergebnis zutreffend.
23
a) Ein Rücktritt der Beklagten ist nicht deshalb ausgeschlossen, weil
der Hofübergabevertrag als ein Dauerschuldverhältnis anzusehen wäre, von
dem sich die Vertragsparteien regelmäßig nicht durch Rücktritt, sondern allenfalls durch eine Kündigung aus wichtigem Grund nach § 314 BGB unter den
- 11 -
dort genannten Voraussetzungen lösen können (BGH, Urteil vom 11. Februar 1981 - VIII ZR 312/79, NJW 1981, 1264 f.; Palandt/Grüneberg, BGB,
75. Aufl. § 314 Rn. 12).
24
Ein Hofübergabevertrag weist allerdings regelmäßig - wie auch im Streitfall - Komponenten auf, die den Charakter eines Dauerschuldverhältnisses haben. Im Streitfall gehören hierzu beispielsweise die Gewährung des Wohnrechts, die Verpflichtung, den Beklagten dem gemeinschaftlichen Gebrauch
dienende, im Hofübergabevertrag im Einzelnen benannte Räume, Anlagen, Einrichtungen und sonstige Gegenstände zur Mitbenutzung zu überlassen, und die
regelmäßige Lieferung von auf dem Hof erwirtschafteten Erzeugnissen. Die
Übertragung der zum Hof gehörenden Grundstücke und sonstiger Vermögensgegenstände, deren Rückgängigmachung die Beklagten in erster Linie begehren, bildet hingegen zwar die Grundlage für die als Dauerschuldverhältnis ausgestalteten Verpflichtungen, da sie den Übernehmer wirtschaftlich in die Lage
versetzen soll, diese Verpflichtungen zu erfüllen. Sie stellt aber selbst keine solche auf Dauer angelegte oder wiederkehrende Verpflichtung dar, sondern besteht in einem einmaligen Akt und ist mit ihrem Vollzug endgültig erbracht. Auch
wenn der Hofübergabevertrag regelmäßig auf Dauer angelegt ist, kann er daher
nicht pauschal als Dauerschuldverhältnis qualifiziert werden, bei dem ein Rücktritt generell ausgeschlossen wäre. Zu unterscheiden ist vielmehr, worauf das
Begehren des Übergebers im Falle einer Vertragspflichtverletzung gerichtet ist.
Strebt der Übergeber wie im Streitfall die Rückübertragung der zum Hof gehörenden Grundstücke und sonstiger Vermögensgegenstände an, ist dies nur im
Wege des Rücktritts möglich. Nur der Rücktritt ist auf die Rückgewähr der beiderseitig gewährten Leistungen gerichtet, während bei der Kündigung die im
Rahmen des Dauerschuldverhältnisses bis dahin erbrachten Leistungen gerade
nicht rückabgewickelt werden sollen, sondern das Vertragsverhältnis lediglich
für die Zukunft beendet werden soll (vgl. BayObLG, Urteil vom 26. April 1993
- 12 -
- 1Z RR 397/92, BayObLGZ 1993, 192, 197 [juris Rn. 26, das die Frage, ob eine Kündigung überhaupt zu einer Verpflichtung auf Rückgewähr bereits übertragener Grundstücke führen kann, offengelassen hat, da die für den im Landesrecht vorgesehenen Ausschluss des Rücktritts maßgebenden Überlegungen
in gleicher Weise für die Kündigung gälten]).
25
b) Die Beklagten sind zum Rücktritt vom Hofübergabevertrag berechtigt, wenn der Kläger die ihm obliegenden vertraglichen Verpflichtungen in so
erheblichem Maße verletzt hat, dass demgegenüber etwaige eigene Pflichtverletzungen der Beklagten ohne wesentliche Bedeutung erscheinen und ihnen
das Festhalten an der Hofübergabe nicht mehr zugemutet werden kann. Hierzu
sind ausreichende tatsächliche Feststellungen nicht oder nicht verfahrensfehlerfrei getroffen.
26
aa) Das Rücktrittsrecht nach § 323 Abs. 1 BGB steht dem Gläubiger
grundsätzlich bereits dann zu, wenn der Schuldner seine Leistung nicht oder
nicht vertragsgemäß erbringt. Abgesehen von der Setzung einer Frist zur
Nacherfüllung oder einer vorherigen Abmahnung stellt § 323 BGB keine weiteren Voraussetzungen für die Ausübung des Rücktrittsrechts auf. Lediglich nach
§ 323 Abs. 5 Satz 2 BGB ist die Rückabwicklung des Vertrags ausgeschlossen,
wenn bei einer nicht vertragsgemäß bewirkten Leistung die Pflichtverletzung
unerheblich ist.
27
bb) Indessen geht es im Streitfall nicht lediglich um einen Vertrag, der mit
dem Austausch von Leistung und Gegenleistung vollzogen ist und im Falle von
Leistungsstörungen durch die Rückgewähr der beiderseitigen Leistungen ohne
weiteres rückgängig gemacht werden kann. Bei dem Hofübergabevertrag handelt es sich vielmehr um eine Vereinbarung, bei der in einem Austauschverhältnis zueinander stehende Leistungen und Leistungen mit dem Charakter eines
- 13 -
Dauerschuldverhältnisses eng miteinander verflochten sind. Aufgrund der Übergabe einer Existenzgrundlage und des Versorgungscharakters ist ein Hofübergabevertrag grundsätzlich auf Dauer angelegt und verträgt auch bei Leistungsstörungen in den Beziehungen zwischen Übergeber und Übernehmer - wie § 13
Abs. 1 AGBGB BW bestätigt - grundsätzlich keine Rückabwicklung (BayObLG,
Urteil vom 22. Mai 1995 - 1Z RR 62/94, BayObLGZ 1995, 186 [juris Rn. 43];
Urteil vom 21. Februar 1996 - 1Z RR 15/94, BayObLGZ 1996, 20 [juris Rn. 61]).
Diese Besonderheit muss auch in Fällen Berücksichtigung finden, in denen wie
im Streitfall eine landesrechtliche Rücktrittssperre nicht eingreift, weil der Übernehmer seine Pflichten aus dem Vertrag schon einmal verletzt hat und deswegen rechtskräftig zu der Erbringung der ihm obliegenden Leistungen verurteilt
worden ist.
28
cc) Danach kommt ein Rücktritt in diesen Fällen nur in Betracht, wenn
dem Übernehmer - ähnlich wie in den Fällen des § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB eine erhebliche Pflichtverletzung zur Last fällt. Jedenfalls dann, wenn wie im
Streitfall die Hofübergabe schon vor mehreren Jahren vollzogen worden ist,
kann nicht wegen jeder - einfachen - Pflichtverletzung die Rückabwicklung des
Vertrags verlangt werden. Da ein mit einem Altenteilsvertrag verbundener Hofübergabevertrag zudem typischerweise auf ein Zusammenleben zweier oder
mehrerer Generationen auf einem Hof angelegt ist, sind bei der Prüfung, ob
eine Pflichtverletzung erheblich ist, ferner auch das Verhalten des Übergebers
und etwaige eigene Pflichtverletzungen desselben zu berücksichtigen. Ein
Rücktritt von dem dauerhaft ins Werk gesetzten Hofübergabevertrag setzt daher - ähnlich wie eine Kündigung - voraus, dass die Verletzung der vertraglichen Pflichten des Übernehmers auch in Ansehung des eigenen Verhaltens
des Übergebers ein solches Gewicht hat, dass diesem das Festhalten am Vertrag nicht mehr zugemutet werden kann.
- 14 -
29
dd) Die Annahme des Berufungsgerichts, einen Rücktritt der Beklagten
vom Hofübergabevertrag rechtfertigende Umstände lägen im Streitfall nicht vor,
wird nicht durch ausreichende und verfahrensfehlerfrei getroffene Feststellungen getragen. Soweit es diesbezüglich auf die Gründe des Urteils des Amtsgerichts Bezug genommen hat, reicht dies nicht aus. Das Berufungsgericht ist
zwar im Ausgangspunkt zutreffend davon ausgegangen, dass es nach § 529
Abs. 1 Nr. 1 ZPO grundsätzlich an die Tatsachenfeststellung des ersten
Rechtszugs gebunden ist und nur bei Zweifeln an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen eine erneute Feststellung
und gegebenenfalls eine erneute Beweisaufnahme geboten ist. Es hat jedoch
zu Unrecht angenommen, dass sich weder aus den Berufungsbegründungen
noch aus dem angefochtenen Urteil des Amtsgerichts Anhaltspunkte für Zweifel
an der Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen ergeben.
30
(1) Das Amtsgericht hat das auf Rückübertragung des übergebenen
Hofs und der sonstigen Vermögensgegenstände gerichtete Widerklagebegehren der Beklagten lediglich unter dem rechtlichen Gesichtspunkt des Widerrufs
einer Schenkung wegen groben Undanks nach den Vorschriften der §§ 530,
531 Abs. 2 i.V.m. §§ 812 ff. BGB geprüft und den geltend gemachten Anspruch
verneint, weil auch nach Anhörung der Parteien und Vernehmung mehrerer
Zeugen das Vorliegen der Voraussetzungen hierfür nicht habe festgestellt werden können. Die Frage, ob die Beklagten das Ziel ihrer Widerklage möglicherweise durch einen Rücktritt von dem Hofübergabevertrag hätten erreichen können, hat das Amtsgericht dagegen nicht erörtert. Dementsprechend enthält das
Urteil des Amtsgerichts weder Ausführungen dazu, ob im Streitfall § 13 Abs. 2
AGBGB BW eingreift und damit entgegen dem Ausschlusstatbestand in Absatz 1 dieser Bestimmung ein Rücktritt grundsätzlich in Betracht kommt, noch
dazu, ob die weiteren Voraussetzungen nach § 323 BGB im Einzelnen vorliegen.
- 15 -
31
(2) Hinzu kommt, dass das Berufungsgericht seine Prüfungskompetenz
verkennt, wenn es annimmt, dass die Würdigung der Beweise in der Berufungsinstanz nur darauf überprüft werden könne, ob das Gericht alle Umstände vollständig berücksichtigt hat und nicht gegen Denk- oder Naturgesetze, Erfahrungssätze oder gesetzliche Beweisregeln verstoßen hat.
32
(a) Nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO hat das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen zugrunde zu legen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte
Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen
Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten.
Zwar kommt damit in § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO eine grundsätzliche Bindung des
Berufungsgerichts an die erstinstanzliche Tatsachenfeststellung zum Ausdruck;
eine erneute Tatsachenfeststellung durch das Berufungsgericht ist nach der
Formulierung der Bestimmung nur als Ausnahme ("soweit nicht ...") vorgesehen. Aus dieser Bestimmung ist aber nicht herzuleiten, dass die Prüfungskompetenz des Berufungsgerichts hinsichtlich der erstinstanzlichen Tatsachenfeststellung auf Verfahrensfehler und damit auf den Umfang beschränkt wäre, in
dem eine zweitinstanzliche Tatsachenfeststellung der Kontrolle durch das Revisionsgericht unterliegt.
33
Denn das Berufungsgericht ist nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO - anders als
das Revisionsgericht (§ 559 Abs. 2 ZPO) - an die vorinstanzliche Tatsachenfeststellung bereits dann nicht mehr gebunden, wenn "konkrete Anhaltspunkte"
Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen
Feststellungen begründen. Für die Bindung des Berufungsgerichts an die Tatsachenfeststellung des erstinstanzlichen Gerichts genügt es - im Gegensatz zur
revisionsrechtlichen Regelung (§ 559 Abs. 2 ZPO) - somit nicht, dass die vorinstanzliche Tatsachenfeststellung keine Verfahrensfehler aufweist; Zweifel an
- 16 -
der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen
können sich vielmehr auch aus der Möglichkeit unterschiedlicher Wertung ergeben, beispielsweise bei der Würdigung einer erstinstanzlichen Beweisaufnahme. Wenn sich das Berufungsgericht von der Richtigkeit der erstinstanzlichen Beweiswürdigung nicht zu überzeugen vermag, ist es an die erstinstanzliche Beweiswürdigung, die es aufgrund konkreter Anhaltspunkte nicht für richtig
hält, nicht gebunden, sondern zu einer erneuten Tatsachenfeststellung nach der
gesetzlichen Neuregelung nicht nur berechtigt, sondern verpflichtet (BGH, Urteil
vom 9. März 2005 - VIII ZR 266/03, NJW 2005, 1583 m.w.N.).
34
(b) In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass das Amtsgericht bei der Prüfung, ob auf Seiten des Klägers grober Undank vorliegt, der die
Beklagten, falls der Hofübergabevertrag als (gemischte) Schenkung zu qualifizieren wäre, zum Widerruf des Hofübergabevertrags und damit zur Rückforderung des übergebenen landwirtschaftlichen Betriebs berechtigen würde, lediglich pauschal ausgeführt hat, dass weder die Anhörung der Parteien noch die
Vernehmung der Zeugen es ermöglicht hätten, die hierfür erforderlichen Feststellungen zur Überzeugung des Gerichts zu treffen. Dabei hat das Amtsgericht
nicht ausgeführt, wie es die Aussagen der Zeugen im Einzelnen gewürdigt hat.
Seinem Urteil ist zu weiten Teilen nicht einmal zu entnehmen, ob die gehörten
Zeugen das Vorbringen der Beklagten nicht bestätigt haben oder ob sich das
Amtsgericht im Hinblick auf die Aussagen anderer Zeugen nicht von der Richtigkeit den Beklagten günstiger Bekundungen hat überzeugen können. Das Berufungsgericht war daher der Notwendigkeit eigener Feststellungen, zu denen
es gegebenenfalls auch allein durch Würdigung der bereits erhobenen Beweise
hätte gelangen können, nicht enthoben.
35
4. Schließlich hält auch die Begründung, mit der das Berufungsgericht
das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Kündigung der von den Beklagten
- 17 -
genutzten Wohnung nach § 16 AGBGB BW durch den Kläger verneint hat, der
Überprüfung im Revisionsverfahren nicht stand.
36
a) Das Berufungsgericht hat insoweit zum einen ebenfalls auf die Gründe des Urteils des Amtsgerichts Bezug genommen, das die Voraussetzungen
für ein Kündigungsrecht des Klägers nach § 16 Abs. 1 AGBGB BW verneint hat,
weil ein ausschließlich von den Beklagten zu vertretendes Fehlverhalten ohne
jegliche Veranlassung durch den Kläger nicht habe festgestellt werden können.
Zum anderen hat es die Bezugnahme ergänzt durch die Feststellung, der Kläger habe insbesondere nicht beweisen können, dass ein Verhalten der Beklagten ursächlich für eine mögliche Erschwerung des Zusammenlebens gewesen
sei.
37
b) Soweit das Berufungsgericht damit - wie das Amtsgericht - gemeint
haben sollte, dass eine Kündigung durch den Übernehmer nach § 16 Abs. 1
AGBGB BW nur in Betracht kommt, wenn die Erschwerung des Zusammenlebens ausschließlich auf das Verhalten des Übergebers zurückzuführen ist, ohne
dass der Übernehmer hierzu einen Anlass gegeben hätte, wäre es von einem
unzutreffenden Verständnis der Vorschrift ausgegangen.
38
Schon der Wortlaut der Norm legt eine solche Auslegung nicht zwingend
nahe. Entgegen der Auffassung der Beklagten spricht aber auch der Umstand,
dass der das Kündigungsrecht des Übernehmers regelnden Vorschrift des § 16
Abs. 1 AGBGB BW mit § 15 Abs. 1 AGBGB BW eine Bestimmung gegenübersteht, die die Rechte des Übergebers für den Fall der Störung des Zusammenlebens der Parteien auf dem übergebenen Grundstück infolge des Verhaltens
des Übernehmers regelt, nicht dafür, dass diese Vorschriften nur dann anwendbar sein sollen, wenn die Störung des Zusammenlebens auf ausschließlich entweder vom Übergeber oder vom Übernehmer zu vertretende Umstände
- 18 -
zurückzuführen ist. Wäre das Kündigungsrecht des Übernehmers davon abhängig, dass ausschließlich der Übergeber die Ursache für die Erschwerung
des Zusammenlebens gesetzt hat, liefe die Regelung des § 16 Abs. 1
AGBGB BW, worauf die Revision des Klägers zu Recht hinweist, in der Regel
leer. Bei der Beurteilung, durch welche Umstände das Zusammenleben zweier
Parteien erschwert wird, kann das Verhalten der jeweils anderen Partei nicht
außer Betracht bleiben. Denn die Schuld an der Erschwerung des Zusammenlebens wird selten eindeutig nur eine Partei treffen. Daher muss das Verhalten
beider Parteien gewürdigt und abgewogen werden, welche Partei durch ihr
Verhalten überwiegend dazu beigetragen hat, das Zusammenleben zu erschweren. Dem Übernehmer steht ein Kündigungsrecht nach § 16 Abs. 1
AGBGB BW dann zu, wenn die Würdigung des beiderseitigen Verhaltens
ergibt, dass die Störung des Zusammenlebens vorwiegend durch den Übergeber verursacht wird.
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c) Soweit das Berufungsgericht in diesem Zusammenhang auf die Feststellungen des Amtsgerichts Bezug genommen hat, fehlt es im Berufungsurteil
daher an Feststellungen dazu, ob die Störung des Zusammenlebens der Parteien überwiegend auf das Verhalten der Beklagten zurückzuführen ist. Sollte
die Feststellung des Berufungsgerichts, der Kläger habe nicht beweisen können, dass ein Verhalten der Beklagten für die Erschwerung des Zusammenlebens ursächlich war, dahin zu verstehen sein, der Kläger habe nicht einmal beweisen können, dass die Beklagten überhaupt ein Verschulden an der Störung
des Zusammenlebens trifft, wäre die Beweiswürdigung fehlerhaft. Denn sie wiche damit von der vom Berufungsgericht in Bezug genommenen und als zutreffend angesehenen Beweiswürdigung des Amtsgerichts ab, der Beweis für ein
ausschließlich von den Beklagten zu vertretendes Verschulden sei nicht geführt.
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III. Das Urteil des Berufungsgerichts ist danach aufzuheben. Die Sache
ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, da sie nicht zur Endentscheidung reif ist. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
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1. Das Berufungsgericht wird zunächst zu prüfen haben, ob der Kläger
die ihm obliegenden vertraglichen Verpflichtungen in so erheblichem Maße verletzt hat, dass demgegenüber etwaige eigene Pflichtverletzungen der Beklagten
ohne wesentliche Bedeutung erscheinen und ihnen das Festhalten an der Hofübergabe nicht mehr zugemutet werden kann, oder ob umgekehrt dem Kläger
ein Kündigungsrecht nach § 16 Abs. 1 AGBGB BW zusteht, weil die Störung
des Zusammenlebens vorwiegend durch die Beklagten verursacht worden ist.
Dabei wird das Berufungsgericht gegebenenfalls auf die Ergebnisse der erstinstanzlichen Beweisaufnahme zurückgreifen können.
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2. Soweit die Beklagten die Rückübertragung der übergebenen Grundstücke und sonstigen Vermögenswerte unter dem rechtlichen Gesichtspunkt
des Schenkungswiderrufs wegen groben Undanks verlangen, ist zu berücksichtigen, dass der geltend gemachte Anspruch auch dann, wenn das dem Kläger
angelastete Verhalten die Voraussetzungen einer schweren Verfehlung im Sinne des § 530 Abs. 1 BGB erfüllen sollte, nur besteht, wenn jedenfalls eine gemischte Schenkung vorliegt und der Schenkungsanteil hierbei den entgeltlichen
Teil des Hofübergabevertrags überwiegt.
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a) Eine gemischte Schenkung liegt vor, wenn der Beschenkte durch einen Überschuss des Werts der Zuwendungen verglichen mit seinen Gegenleistungen objektiv bereichert wird, die Vertragsparteien sich dieses Überschusses
bewusst und subjektiv darüber einig sind, jedenfalls den überschießenden Zuwendungsteil dem Beschenkten unentgeltlich zuzuwenden, wobei dies nicht
voraussetzt, dass der objektive Wert der Zuwendung mindestens das Doppelte
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der Gegenleistungen beträgt (BGH, Urteil vom 18. Oktober 2011 - X ZR 45/10,
NJW 2012, 605 Rn. 14). Ob die Übertragung der nunmehr zurückgeforderten
Vermögenswerte teilweise unentgeltlich erfolgt und damit von einer gemischten
Schenkung auszugehen ist, ist durch Auslegung des Vertrags unter Berücksichtigung aller Umstände des Falles und der Interessenlage der Parteien zu ermitteln. Dabei wird im Streitfall insbesondere zu berücksichtigen sein, dass für die
Parteien eines Hofübergabevertrags in der Regel nicht die freie wirtschaftliche
Verwertbarkeit des übergebenen Anwesens im Vordergrund stehen wird, sondern der Umstand, dass dieses dem Übernehmer als Existenzgrundlage und
zur Versorgung des Übergebers dienen und dementsprechend vom Übernehmer als Wirtschaftseinheit fortgeführt werden soll. Dies kann sowohl für die Bewertung der beiderseitigen vertraglichen Leistungen von Bedeutung sein als
auch bei der Beurteilung der Frage, ob die Parteien einen eventuellen Überschuss des Wertes der Zuwendung dem Übernehmer schenkweise zukommen
lassen wollten (vgl. BayObLGZ 1996, 20 [juris Rn. 52]).
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b) Sollte sich ergeben, dass die Übertragung des Hofes überwiegend
entgeltlich erfolgt ist, kommt ein schenkungsrechtlicher Rückübertragungsanspruch nicht in Betracht. Die Beklagten könnten in diesem Fall auch bei grobem
Undank nur Wertausgleich für den Schenkungsanteil der Zuwendung verlangen
(BGH, Urteil vom 23. Mai 1959 - V ZR 140/58, BGHZ 30, 120, 123).
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c) Sollte es darauf ankommen, ob dem Kläger grober Undank zur Last
fällt, wird das Berufungsgericht zu berücksichtigen haben, dass das Verhalten
des Schenkers gegebenenfalls ein Fehlverhalten des Beschenkten in einem
milderen Licht erscheinen lassen kann (BGH, Urteil vom 4. Dezember 2001
- X ZR 167/99, NJW 2002, 1046, 1048; Urteil vom 24. März 1983 - IX ZR 62/82,
BGHZ 87, 145, 149). Insbesondere dürfen bei der Beurteilung, ob der im Rahmen eines Altenteilsvertrags Beschenkte diejenige Dankbarkeit hat vermissen
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lassen, die der Schenker billigerweise von ihm erwarten darf, die Einbettung der
Schenkung in die Hofübergabe und die mit ihr verbundene Altenteilsvereinbarung sowie die sich hieraus ergebende Notwendigkeit nicht außer Betracht gelassen werden, durch beiderseitige Rücksichtnahme ein gedeihliches Zusammenleben zu ermöglichen.
Meier-Beck
Gröning
Deichfuß
Bacher
Kober-Dehm
Vorinstanzen:
AG Ellwangen, Entscheidung vom 21.09.2012 - 2 C 483/06 LG Ellwangen, Entscheidung vom 21.06.2013 - 1 S 163/12 -