Cyberlaywer/build/tfgpu-cyberlaywer/EndDokumente/x_zr_169-04.pdf.txt
2023-03-06 15:36:57 +01:00

505 lines
No EOL
23 KiB
Text
Raw Blame History

This file contains invisible Unicode characters

This file contains invisible Unicode characters that are indistinguishable to humans but may be processed differently by a computer. If you think that this is intentional, you can safely ignore this warning. Use the Escape button to reveal them.

BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 169/04
Verkündet am:
16. Mai 2006
Wermes
Justizhauptsekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ:
ja
Kunststoffbügel
PatG § 9; GebrMG § 11
a) Das Vorstellen eines schutzrechtsverletzenden Gegenstandes zum Zweck
der Aufnahme in die Listung eines Handelsunternehmens ist auch dann ein
an das Handelsunternehmen gerichtetes Anbieten im Sinne der § 9 PatG
und § 11 GebrMG, wenn durch die Listung Lieferanten des Handelsunternehmens dazu veranlasst werden, solche Gegenstände nachzufragen und
für ihre Lieferungen insbesondere auch an Verkaufshäuser des Handelsunternehmens in Deutschland zu verwenden.
PatG §§ 9, 139 Abs. 2; GebrMG §§ 11, 24 Abs. 2
b) Die Schadensersatzpflicht für die Benutzungsform des Anbietens umfasst
auch den Schaden, der dem Schutzrechtsinhaber infolge von schutzrechtsverletzenden Lieferungen Dritter entsteht, die durch die schutzrechtsverletzende Angebotshandlung adäquat und zurechenbar verursacht worden sind.
BGH, Urt. v. 16. Mai 2006 - X ZR 169/04 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
-2-
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 16. Mai 2006 durch den
Vorsitzenden Richter Dr. Melullis und die Richter Scharen, Keukenschrijver,
Asendorf und Dr. Kirchhoff
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Teilurteil des 2. Zivilsenats
des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 7. Oktober 2004 im Urteilsspruch III, erster Absatz aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird der Rechtsstreit zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil des Berufungsgerichts vorbehalten.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
1
Die Klägerin war Inhaberin des deutschen Gebrauchsmusters 89 02 362
(Klagegebrauchsmuster), das einen Wäschebügel aus Kunststoff betrifft. Nachdem das Klagegebrauchsmuster durch Zeitablauf am 28. Februar 1997 erloschen ist, begehrt sie noch, die Beklagte zur Rechnungslegung zu verurteilen
und ihre Pflicht zum Schadensersatz festzustellen.
-3-
2
Schutzanspruch 1 des Klagegebrauchsmusters in der im Löschungsverfahren vor dem Bundespatentgericht für schutzfähig erachteten Fassung lautet:
Wäschebügel aus Kunststoff, insbesondere Polystyrol, dessen
Querschnitt doppel-T-förmig ist und eine vertikale Stegwand (3),
einen Obergurt (4) und einen Untergurt (5) aufweist und an dessen Bügelenden (6, 7) zur Aufnahme des Bundes von Unterhosen
nach unten gerichtete Klemmen angeordnet sind, die sich aus je
einem im Wesentlichen starren Widerlagerteil (8) und einer einstückig damit verbundenen federnden Zunge (9) zusammensetzen, wobei der Spalt (11) zwischen Widerlagerteil (8) und Zunge (9) zum leichten Einführen eines einzuklemmenden Wäscheteils trichterartig erweitert ist,
d a d u r c h g e k e n n z e i c h n e t , dass die federnde Zunge (9) mit dem Widerlagerteil (8) über einen im Wesentlichen freiliegenden, am Spalt (11) unterbrochenen Kunststoffring (10) verbunden ist, dessen Querschnitt um mindestens 100 %, vorzugsweise 200 % größer ist als der Querschnitt des Ober- oder Untergurtes (4, 5) des Wäschebügels, und der die Zunge (9) mit Vorspannung gegen das Widerlagerteil (8) drückt.
3
Die Beklagte gehört zur weltweit tätigen K.
/B. -Gruppe. Sie stellt
Wäschebügel her und vertreibt sie. Die Beklagte stellte im Dezember 1993 einen Bügel XXX
Hinweis auf "K.
dem Textilhandelsunternehmen C. vor, der daraufhin unter
/.
" als ausschließlicher Bezugsquelle in die Listung
von C. aufgenommen wurde. Um C. beliefern zu können, müssen die Wäschehersteller ihre Ware auf gelistete Bügel hängen. Die Wäschehersteller fragen deshalb bei den auf ihrem jeweiligen regionalen Markt tätigen Bügelherstel-
-4-
lern entsprechende Bügel nach. Die Beklagte hat vorgetragen, der Bügel XXX
sei 1989 von der schwedischen K.
& C.
Aktiebolag entwickelt und
zum Patent angemeldet worden, woraufhin Konstruktion und HerstellungsKnow-how den jeweiligen Unternehmen der K.
/B. -Gruppe vermittelt
wurden.
4
Die Klägerin macht geltend, die Beklagte habe während der Schutzdauer
des Klagegebrauchsmusters Wäschebügel hergestellt und vertrieben, die von
der Lehre des Klagegebrauchsmusters Gebrauch machten. Sie hat dazu zunächst auf einen als Anlage 6 überreichten Bügel verwiesen. Das Landgericht
hat auf die Anträge auf Rechnungslegung und Feststellung der Schadenersatzpflicht antragsgemäß erkannt.
5
Der Berufung der Beklagten hat sich die Klägerin mit dem Ziel angeschlossen, die Verurteilung der Beklagten zur Rechnungslegung und zum
Schadensersatz auf eine Vielzahl weiterer, näher bezeichneter und vorgelegter
Wäschebügel zu erstrecken. Die Klägerin hat vorgetragen, die Wäschebügel im
Recycling-Müll deutscher Verkaufshäuser von C. im Sommer/Herbst 1996
gefunden zu haben. Die Beklagte hat eingeräumt, dass Wäschebügel mit der
Typenbezeichnung XXX , die in der linken unteren Nase (im sogenannten
Formnest) eine der Nummern 10 bis 13 aufweisen, von ihr stammen.
6
Die Klägerin hat vorgetragen, die angegriffenen Bügel mit den Formnestern 20 bis 23 seien von der K.
/B.
Srl in Italien hergestellt worden, dieje-
nigen mit den Formnestern 15 bis 18 von der K.
/B.
Ltd. in Hongkong
und diejenigen mit den Formnestern 7 und 8 von einer K.
nehmerin in Indonesien.
/B. -Lizenz-
-5-
7
Nachdem die Klägerin ihre Klage beim Landgericht Düsseldorf eingereicht hatte, hat die Beklagte im Dezember 1996 gegenüber C. eine Freistellungserklärung für gegen C. wegen Verletzung des Klagegebrauchsmusters
erhobene Ansprüche abgegeben. Nach bestrittenem Vortrag der Beklagten soll
sich diese Freistellungserklärung nur auf von ihr hergestellte, mit der Klage angegriffene Bügel beziehen.
8
Durch das angefochtene Teilurteil hat das Berufungsgericht der Klage
hinsichtlich der Wäschebügel mit dem Formnest 12 stattgegeben. Die Entscheidung über die Ansprüche hinsichtlich der von der Beklagten hergestellten
Wäschebügel mit den Formnestern 10, 11 und 13 hat es dem Schlussurteil vorbehalten. Die Ansprüche der Klägerin wegen Wäschebügeln mit den Formnestern 3 D, 4 D, 5 bis 8, 14 bis 18 und 20 bis 23 hat das Berufungsgericht abgewiesen.
9
Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt die Klägerin, die in dem Teilurteil ausgesprochene teilweise Klageabweisung aufzuheben
und die Beklagte auch hinsichtlich der dort genannten Bügel zu verurteilen. Die
Beklagte tritt dem Rechtsmittel entgegen.
Entscheidungsgründe:
10
Die Revision hat Erfolg und führt im Umfang der Aufhebung zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht.
11
Hinsichtlich der Bügel mit den Formnestern 3 D, 4 D, 5 bis 8, 14 bis 18
und 20 bis 23, die allein Gegenstand der Revision sind, hat es das Berufungsgericht offen gelassen, ob sie das Klagegebrauchsmuster verletzen und wäh-
-6-
rend dessen Laufzeit nach Deutschland geliefert worden sind. Es hat die Klage
insoweit schon deshalb abgewiesen, weil weder eigene Benutzungshandlungen
der Beklagten vorlägen noch eine Haftung der Beklagten für Benutzungshandlungen Dritter als Anstifter oder Gehilfe anzunehmen sei. Das hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.
12
1. Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass das Vorstellen
eines gebrauchsmusterverletzenden Bügels zum Zweck der Aufnahme in die
Listung des Handelshauses C. ein Anbieten i.S. von § 11 GebrMG ist. Denn
durch die Listung werden die Wäschelieferanten von C. dazu veranlasst, Bügel des gelisteten Typs nachzufragen und für ihre Lieferungen insbesondere
auch an deutsche Verkaufshäuser von C. zu verwenden. Zwar könnte je
nach den Umständen des Einzelfalls eine Benutzung des deutschen
Gebrauchsmusters ausscheiden, wenn die Listung ausdrücklich und eindeutig
auf Lieferungen der Bügel zur Benutzung im Ausland beschränkt wäre. Daran
fehlt es aber. Wie in § 9 PatG umfasst der Begriff des "Anbietens" auch in § 11
GebrMG vorbereitende Handlungen, die das Zustandekommen eines späteren
Geschäfts über einen unter Schutz stehenden Gegenstand ermöglichen oder
fördern sollen, das die Benutzung dieses Gegenstands einschließt. Nicht anders als das Verteilen eines Werbeprospekts ist die Listung dazu bestimmt und
geeignet, Interesse an dem gelisteten Gegenstand zu wecken und diesen
betreffende Geschäftsabschlüsse zu ermöglichen (vgl. Sen.Urt. v. 16.09.2003
- X ZR 179/02, GRUR 2003, 1031, 1032 - Kupplung für optische Geräte). Etwas
anderes ergibt sich auch nicht aus dem Urteil des Senats vom 18.12.1969
(X ZR 52/67, GRUR 1970, 358, 359 - Heißläuferdetektor). Dort hat der Senat
ausgeführt, die Ausstellung patentgeschützter Gegenstände auf einer Leistungsschau, die einen Überblick über den Stand der Technik auf einem bestimmten Gebiet gebe und nicht den Charakter einer Verkaufsausstellung habe,
reiche nicht schlechthin für die Annahme einer schutzrechtsverletzenden Be-
-7-
nutzung aus. Abgesehen davon, daß die Verneinung einer Benutzung danach
nur auf der Grundlage einer umfassenden Würdigung aller Umstände des Einzelfalls möglich ist, ist die hier zu beurteilende Listung schon deshalb nicht mit
der Teilnahme an einer Leistungsschau vergleichbar, weil die Wäschelieferanten verpflichtet sind, die gelisteten Bügel für Lieferungen an C. zu benutzen,
und es fernliegt, die Listung als Überblick über den Stand der Technik auf dem
Gebiet der Bügelfabrikation aufzufassen.
13
2. Das Berufungsgericht meint jedoch, in dem Bemühen der Beklagten
um die Listung bei C. sei nur ein Anbieten entsprechender Produkte der Beklagten und nicht ein Anbieten solcher Produkte aller Unternehmen des K.
/
B. -Konzerns zu sehen. Die insoweit darlegungs- und beweispflichtige Klägerin habe nicht im Einzelnen dargelegt und unter Beweis gestellt, dass die Beklagte bei der Listung im Namen und in Vollmacht der gesamten K.
/B. -
Gruppe gehandelt habe und dass sich die Listung nicht nur auf Produkte aus
dem Hause der Beklagten bezogen habe, sondern ganz generell auf ein "derartiges Produkt", sofern es nur von einem Unternehmen des K.
/B. -
Konzerns stamme. Das Berufungsgericht verweist in diesem Zusammenhang
darauf, dass die Gesellschaften der K.
/B. -Gruppe nach dem Vortrag der
Beklagten völlig selbständig seien und eigenverantwortlich produzierten. Auch
die von der Beklagten gegenüber C. abgegebene Freistellungserklärung gebe für ein Handeln der Beklagten mit Wirkung für andere Konzerngesellschaften
nichts her, da insoweit von dem Vortrag der Beklagten auszugehen sei, die
Freistellungserklärung beziehe sich nur auf von ihr hergestellte, mit der Klage
angegriffene Bügel.
14
a) Mit diesen Ausführungen hat das Berufungsgericht den Tatbestand
des "Anbietens" in § 11 GebrMG zu eng ausgelegt und den Prozessstoff nicht
erschöpft. Das "Anbieten" ist eine selbständige Benutzungsform (vgl. BGH, Urt.
-8-
v. 06.07.1954 - I ZR 166/52, GRUR 1955, 87, 89 - Bäckereimaschine; Sen.Urt.
v. 28.05.1968 - X ZR 42/66, GRUR 1969, 35, 36 - Europareise). Es ist deshalb
ohne Bedeutung, wenn der Anbieter die angebotene Ausführungsform nicht
selbst herstellt, sondern von Dritten bezieht. Im Interesse des nach dem Gesetzeszweck gebotenen effektiven Rechtsschutzes für den Schutzrechtsinhaber ist
der Begriff des Anbietens im wirtschaftlichen Sinne zu verstehen. Entscheidend
ist, ob eine im Inland begangene Handlung nach ihrem objektiven Erklärungsgehalt einen schutzrechtsverletzenden Gegenstand der Nachfrage zur Verfügung stellt. Ebensowenig wie das Anbieten im Sinne des Gebrauchsmusterund Patentgesetzes ein Angebot i.S. des § 145 BGB voraussetzt, ist es deshalb
erforderlich, dass der Anbietende bevollmächtigt oder beauftragt ist, für den
Abschluss von Geschäften über den schutzrechtsverletzenden Gegenstand mit
Dritten zu werben. Unerheblich ist auch, ob sich das Anbieten auf Gegenstände
bezieht, die von einem dritten Unternehmen auf die infolge des Anbietens generierte Nachfrage hin erst noch hergestellt werden müssen. Denn die Beeinträchtigung der Interessen des Schutzrechtsinhabers ist dabei nicht geringer als
beim Anbieten bereits hergestellter Gegenstände.
15
b) Auf der Grundlage des Berufungsurteils ist für die revisionsrechtliche
Beurteilung davon auszugehen, dass die Beklagte den Bügel XXX im Dezember 1993 bei C. vorgestellt hat. Wie von der Beklagten beabsichtigt, wurde er
daraufhin in die Listung von C. aufgenommen. Dies erfolgte in der Listung
gemäß Anlage Ax 16 b mit dem Hinweis auf "K.
/B. " als alleinige
Bezugsquelle, wobei sich diese englischsprachige Listung nicht nur an deutsche Wäschelieferanten richtete und keinen Bezug zu einem bestimmten Unternehmen der K.
/B. -Gruppe, etwa der Beklagten, aufwies. Eine Be-
schränkung auf Bügel mit bestimmten Formnestangaben ist der Listung
ebensowenig zu entnehmen. Die Wäschelieferanten von C. im In- und Ausland, insbesondere auch in Asien, wurden infolge der Listung unter Angabe von
-9-
"K.
/B. " als alleiniger Bezugsquelle dazu veranlasst, Bügel XXX
für
C. nicht etwa nur bei der Beklagten, sondern bei beliebigen Unternehmen der
K.
/B. -Gruppe nachzufragen, also auch bei den Schwestergesellschaften
der Beklagten und den als Teil der Gruppe auftretenden Lizenznehmern des
Konzerns. Diese Gruppenunternehmen waren für die Bügel XXX lieferfähig, da
ihnen das entsprechende Herstellungs-Know-how - wie auch die Beklagte
wusste - zugänglich war. Damit hat die Beklagte nicht nur angeboten, selbst an
C.
"K.
/B. "-Bügel XXX zu liefern. Sie hat durch ihr Einverständnis
mit der Listung C. ebenfalls erklärt, dass die anderen Unternehmen der K.
/B. -Gruppe die Wäschelieferanten von C. mit Bügeln XXX
für C. be-
liefern könnten. Die Beklagte hat C. damit auch eine Belieferung mit Bügel XXX
durch die anderen Unternehmen der K.
/B. -Gruppe im Sinne
von § 11 Abs. 1 GebrMG angeboten.
16
c) Das Berufungsgericht ist zwar der Auffassung, dass Bügel vom
Typ XXX
nicht zwangsläufig das Klagegebrauchsmuster verletzen mussten,
sondern auch Ausführungsformen möglich waren, die nicht alle Merkmale dieses Schutzrechts verwirklichten. Hierauf kommt es jedoch nicht an, um den Erklärungsinhalt des Lieferangebots der Beklagten zu bestimmen. Die Beklagte
hat C. unter anderem einen Bügel XXX mit der Formnestangabe 12 zur Listung vorgestellt. Bezüglich dieses Bügels hat das Berufungsgericht in dem nicht
angefochtenen Teil seiner Entscheidung festgestellt, dass er das Gebrauchsmuster der Klägerin verletzt. Das zeigt, dass der Bügeltyp XXX
auch ge-
brauchsmusterverletzende Ausführungsformen einschloss. Da die Listung nicht
auf solche Ausführungsformen beschränkt war, die das Gebrauchsmuster nicht
verletzten, bezog sie sich auch auf Verletzungsformen des Bügels XXX .
17
3. Die Beklagte handelte hinsichtlich der Verletzung des Gebrauchsmusters der Klägerin auch jedenfalls fahrlässig. Nach den Feststellungen des Beru-
- 10 -
fungsgerichts konnte die Beklagte als Fachunternehmen die Gebrauchsmusterverletzung durch Herstellung und Vertrieb der von ihr hergestellten Wäschebügel mit Formnest 12 zumindest erkennen. Dann konnte sie aber auch erkennen,
dass die Listung des Bügels XXX und das in dieser enthaltene Lieferangebot
gebrauchsmusterverletzende Ausführungsformen umfasste.
18
4. Da die Beklagte mindestens fahrlässig Bügel angeboten hat, die das
Gebrauchsmuster der Klägerin verletzten, ist sie der Klägerin gemäß §§ 24
Abs. 2, 11 Abs. 1 GebrMG dem Grunde nach zum Ersatz des aus dieser
Gebrauchsmusterverletzung entstandenen Schadens verpflichtet. Soweit es zur
Bezifferung des Schadensersatzanspruchs der Klägerin erforderlich ist, steht ihr
auch ein Anspruch auf Rechnungslegung gegen die Beklagte zu.
19
a) Ein die Beklagte nach § 24 Abs. 2 GebrMG zum Ersatz verpflichtender
Schaden wird im Streitfall allerdings nur in Betracht kommen, soweit es infolge
der von der Beklagten veranlassten Listung tatsächlich in der Beklagten zurechenbarer Weise zu Lieferungen gebrauchsmusterverletzender Bügel an deutsche Filialen von C. gekommen ist. Das unberechtigte Anbieten eines geschützten Gegenstands ist zwar eine eigenständige Benutzungsform, an die
sich gemäß § 24 Abs. 2 GebrMG eine selbständige Schadensersatzpflicht
knüpft. Typischerweise entsteht dem Rechtsinhaber durch das unberechtigte
Anbieten als solches jedoch noch kein Schaden. Allerdings wird ein Schaden
bei ihm jedenfalls dann eintreten, wenn es infolge des Anbietens tatsächlich zu
Geschäftsabschlüssen oder Lieferungen kommt, die den geschützten Gegenstand betreffen. Da der dem Rechtsinhaber durch solche Lieferungen entstandene Schaden durch die gebrauchsmusterverletzende Angebotshandlung adäquat
und zurechenbar verursacht ist, wird er von der Ersatzpflicht des anbietenden
Verletzers umfasst. Anderenfalls würde die Schadensersatzpflicht für die Benutzungsform des Anbietens auch in der Praxis häufig leer laufen, obwohl auf
- 11 -
das Anbieten grundsätzlich auch andere als durch Lieferungen entstandene
Schäden zurückzuführen sein können.
20
b) Die Ansprüche der Klägerin und damit auch ihr Anspruch auf Rechnungslegung können sich damit nur auf solche Ausführungsformen des Bügels XXX beziehen, die das Klagegebrauchsmuster verletzen. Sie sind zudem
bereits durch den Antrag der Klägerin zutreffend begrenzt auf Bügel, die von
Unternehmen der K.
/B. -Gruppe (einschließlich deren Lizenznehmern)
hergestellt und an Unternehmen des C. -Konzerns in Deutschland geliefert
wurden. Denn der territoriale Geltungsbereich eines deutschen Gebrauchsmusters ist auf das Bundesgebiet beschränkt.
21
c) Das Berufungsgericht hat bislang noch keine Feststellungen dazu getroffen, aus welchem Unternehmen die Bügel mit den Formnestern 7, 8, 15 bis
18 und 20 bis 23 stammen.
22
aa) Die Klägerin macht geltend, die Bügel mit den Formnestern 20 bis 23
stammten von der K.
/B.
tern 15 bis 18 von der K.
Srl in Italien und diejenigen mit den Formnes/B.
Ltd. in Hongkong. Sollte dies zutreffen, setz-
ten die geltend gemachten Ansprüche der Klägerin hinsichtlich dieser Bügel
weiter voraus, dass die entsprechenden Ausführungsformen tatsächlich das
Klagegebrauchsmuster verletzten und dass sie während dessen Geltungsdauer
an deutsche C. -Filialen geliefert wurden. Auch hierzu fehlen bislang Feststellungen des Berufungsgerichts. Sollten die fraglichen Bügel, wie die Klägerin
unter Beweisantritt (GA II 249, Zeugnis S.
und H.
) vorträgt, bei
deutschen Verkaufshäusern von C. als Recycling-Müll angefallen sein, könnte die Lebenserfahrung allerdings den Schluss nahelegen, dass diese Bügel
auch in den deutschen Verkaufsstätten von C. benutzt wurden.
- 12 -
bb) Hinsichtlich der Bügel mit den Formnestern 7 und 8 trägt die Klägerin
23
vor, sie seien von einer K.
/B.
Lizenznehmerin in Indonesien produziert
worden. Auch insoweit wird das Berufungsgericht eigene Feststellungen zur
Herkunft der Bügel zu treffen haben. Es wird dabei aufklären müssen, ob Lizenznehmer von K.
/B.
im Allgemeinen oder jedenfalls konkret der indo-
nesische Lizenznehmer ebenso wie die Schwestergesellschaften der Beklagten
Bügel XXX herstellen durften. Schließlich sind auch bezüglich der Bügel mit
den Formnestern 7 und 8 bislang keine Feststellungen dazu getroffen, ob sie
das Klagegebrauchsmuster verletzten und in Deutschland während der Geltungsdauer des Gebrauchsmusters benutzt wurden.
d) Hinsichtlich der Bügel mit den Formnestern 3 D, 4 D, 5, 6 und 14 hat
24
das Berufungsgericht die Klage abgewiesen, weil die Klägerin versäumt habe,
darzulegen und unter Beweis zu stellen, von welchem Unternehmen oder welchem Lizenznehmer des K.
/B. -Konzerns diese Bügel hergestellt worden
sein sollen. Vielmehr habe die Klägerin die Behauptung der Beklagten, die Bügel mit der Kennzeichnung "4 D" seien ein Plagiat, lediglich als unglaubwürdig
zurückgewiesen (BU 35) und hinsichtlich der Bügel mit den Formnestern 3 D, 5,
6 und 14 nur allgemein die Vermutung geäußert, sie stammten von einer der
"K.
-Gesellschaften" (BU 36 u.). Bezüglich dieser Bügel habe die Klägerin
also keine Benutzungshandlungen der Beklagten dargelegt.
25
Es trifft zu, dass die Beklagte eine Benutzungshandlung in Form des Anbietens nur bezüglich Bügeln von Unternehmen der K.
/B. -Gruppe oder
gegebenenfalls deren Lizenznehmern vorgenommen hat. Die Listung bei C.
bezog sich auf den Bügel XXX von K.
(vgl. BU 36 u.). Lieferanten von Bü-
geln, die diese Angabe nicht zu Recht führen, sind von der Listung nicht erfasst.
Die Listung schloss daher "Plagiate" Dritter nicht ein. Das Berufungsgericht hat
in diesem Zusammenhang aber den Sachvortrag der Parteien nicht ausge-
- 13 -
schöpft. Aus der als Anlage Ax 16 b vorgelegten Listung von C. ergibt sich,
dass Bügel XXX ausschließlich von Unternehmen der Gruppe K.
/B.
zu beziehen waren. Das spricht jedenfalls zunächst dafür, dass im Recyclingmüll von C. aufgefundene Bügel vom Typ XXX
aus dem K.
-Konzern
stammen. Die Klägerin hat vorgetragen, dass alle diese Bügel mit dem eingeprägten Firmennamen "K.
" und der Bezeichnung "Artikel XXX " versehen
seien. Sie hat zutreffend auch darauf hingewiesen, dass die nahezu durchlaufende Nummerierung der Formnester der bekannt gewordenen Bügel von 1 bis
23 für deren Herkunft aus einem Konzern spricht. Unter Berücksichtigung dieser Umstände wird das Berufungsgericht die Herkunft dieser Bügel aus der K.
/B. -Gruppe einschließlich deren Lizenznehmern erneut zu prüfen haben.
26
e) Das Berufungsgericht wird zudem zu berücksichtigen haben, dass
Treu und Glauben auch im Patent- und Gebrauchsmusterverletzungsprozess
eine Erleichterung der Beweisführung für die beweisbelastete Partei gebieten
können. Dies gilt namentlich für die Spezifizierung von Tatsachen, wenn und
soweit diese der mit der Beweisführung belasteten Partei nicht oder nur unter
unverhältnismäßigen Erschwerungen zugänglich sind, während ihre Offenlegung für den Gegner ohne weiteres möglich und zumutbar erscheint (Sen.Urt.
v. 30.09.2003 - X ZR 114/00, GRUR 2004, 268 - Blasenfreie Gummibahn II; v.
22.11.2005 - X ZR 81/01, GRUR 2006, 313, 315 - Stapeltrockner). Ein solcher
Sachverhalt liegt hier jedenfalls hinsichtlich der Bezeichnungspraxis mit Formnest-Nummern in der K.
/B. -Gruppe vor. Zu dem Bügel mit der Kenn-
zeichnung "4 D" hat die Beklagte lediglich vorgetragen, eine Kennzeichnung "D"
gebe es in der K.
/B. -Gruppe nicht (BU 35 a)). Nachdem die Klägerin
diese Behauptung als unsubstantiiert und unglaubwürdig bestritten hatte, hätte
das Berufungsgericht prüfen müssen, ob der Beklagten abverlangt werden
konnte, die Formnest-Kennzeichnung in der K.
/B. -Gruppe und die von
den verschiedenen Schwestergesellschaften und Lizenznehmern tatsächlich
- 14 -
verwendeten Formnester für Bügel des Typs XXX im Einzelnen zu erläutern.
Denn die Klägerin war zu einer entsprechenden Darlegung nicht in der Lage.
Melullis
Scharen
Keukenschrijver
RiBGH Asendorf ist infolge
Urlaubs an der Unterschrift
gehindert.
Melullis
Kirchhoff
Vorinstanzen:
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 04.12.1997 - 4 O 463/96 OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 07.10.2004 - 2 U 17/98 -