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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
X ZB 33/03
vom
19. Oktober 2004
in der Rechtsbeschwerdesache
betreffend die Patentanmeldung 100 49 825.6
BGHR:
ja
BGHZ:
nein
Nachschlagewerk: ja
Anbieten interaktiver Hilfe
PatG § 1
Ein Verfahren zum Betrieb eines Kommunikationssystems, bei dem von einem
Kunden an seinem Rechner vorgenommene Bedienhandlungen erfaßt, an einen zentralen Rechner gemeldet, dort protokolliert und mit Referenzprotokollen
verglichen werden, um dem Kunden, wenn er voraussichtlich sonst keinen Auftrag erteilen wird, an seinem Rechner eine interaktive Hilfe anzubieten, ist als
solches nicht dem Patentschutz zugänglich.
BGH, Beschl. v. 19. Oktober 2004 - X ZB 33/03 - Bundespatentgericht
-2-
-3-
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Dr. Melullis, die Richter Scharen, Keukenschrijver, die Richterin Mühlens und den Richter Dr. Meier-Beck
am 19. Oktober 2004
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß des 17. Senats (Technischen
Beschwerdesenats)
des
Bundespatentgerichts
vom
20. Mai 2003 wird auf Kosten der Rechtsbeschwerdeführerin zurückgewiesen.
Der Beschwerdewert wird auf 25.000,-- € festgesetzt.
Gründe:
I.
Die Rechtsbeschwerdeführerin hat am 25. Juli 2001 ein Verfahren
zum Betrieb eines Kommunikationssystems zum Patent angemeldet.
Die Prüfungsstelle hat die Anmeldung zurückgewiesen, da der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruhe.
-4-
Im Beschwerdeverfahren hat die Anmelderin den Antrag auf Erteilung
eines Patents mit einem Haupt- und einem Hilfsantrag weiterverfolgt. Nach
dem Hauptantrag lautet Patentanspruch 1:
"Verfahren zum Betrieb eines Kommunikationssystems mit wenigstens
einem Kunden-Rechner und einem zentralen Rechner, die über ein Netz
miteinander verbindbar sind, beinhaltend folgende Schritte [Buchstaben
in eckigen Klammern vom Bundespatentgericht hinzugefügt]:
[a]
Ein Aufrufen einer Angebotsseite zu wenigstens einem Angebot
eines Anbieters durch einen Kunden am Kunden-Rechner wird
vom zentralen Rechner erkannt,
[b]
die vom Kunden im Zusammenhang mit der Angebotsseite am
Kunden-Rechner vorgenommenen Bedienhandlungen werden erfaßt und in Echtzeit an den zentralen Rechner gemeldet,
[c]
die gemeldeten Bedienhandlungen werden im zentralen Rechner
fortlaufend in ein Protokoll eingetragen, das kontinuierlich mit Referenzprotokollen verglichen wird, und
[d]
ergibt das Vergleichen an einem Zeitpunkt mit einer vorgebbaren
Wahrscheinlichkeit, daß der Kunde keinen Auftrag zu dem Angebot eingeben wird, so wird dem Kunden am Kunden-Rechner eine
interaktive Hilfe angeboten."
-5-
Nach dem Hilfsantrag lauten die Merkmale c und d:
[c]
die gemeldeten Bedienhandlungen werden im zentralen Rechner
fortlaufend in ein Protokoll eingetragen, das kontinuierlich mit Referenzprotokollen, die mit einer vorgebbaren Wahrscheinlichkeit
darauf hinweisen, daß der Kunde keinen Auftrag zu dem Angebot
eingeben wird, und mittels einer lernenden Struktur bestimmt werden, verglichen wird, und
[d]
ergibt das Vergleichen an einem Zeitpunkt, daß der Kunde keinen
Auftrag zu dem Angebot eingeben wird, so wird dem Kunden am
Kunden-Rechner eine interaktive Hilfe angeboten."
Das Bundespatentgericht hat die Beschwerde zurückgewiesen.
Hiergegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde der Anmelderin.
II.
Die kraft Zulassung statthafte und auch im übrigen zulässige
Rechtsbeschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg. Das Bundespatentgericht
hat im Ergebnis zu Recht angenommen, daß der Gegenstand des Anspruchs 1
sowohl nach dem Haupt- wie nach dem Hilfsantrag der Anmelderin dem Patentschutz nicht zugänglich ist.
1.
Die Anmeldung betrifft ein Verfahren zum Betrieb eines Kommuni-
kationssystems mit wenigstens einem Kunden-Rechner und einem zentralen
Rechner, die über ein Netz miteinander verbindbar sind.
-6-
Die Beschreibung, die nach dem zuletzt gestellten Antrag dem Patent
zugrundegelegt werden soll, erläutert, an einem Klientenrechner seien über
das Internet auf Servern gespeicherte Angebotsseiten verschiedener Anbieter
mit Angeboten zu Produkten oder Dienstleistungen aufrufbar. Dabei wiesen die
aufgerufenen Angebotsseiten zumeist einen virtuellen Warenkorb auf, der vom
Kunden gefüllt werden könne. Zum Bestellen der im virtuellen Warenkorb befindlichen Angebote werde auf der aufgerufenen Angebotsseite eine Maske
geöffnet, in der zur Bestellausführung eine Lieferadresse und eine Kreditkartennummer eingegeben werden müßten. Dabei hätten Studien gezeigt,
daß bei einer überwiegenden Anzahl der Vorgänge trotz gefülltem virtuellen
Warenkorb der Bestellvorgang nicht abgeschlossen werde, d.h. kein Auftrag zu
einem der Angebote erteilt werde, weil der am Klientenrechner tätige Kunde
nicht in der Lage sei, alle Schritte bis zum erfolgreichen Bestellen durchzuführen.
In der US-Patentschrift 6 108 637 sei eine Möglichkeit zum Überwachen
eines an einem Rechnersystem angezeigten Inhalts beschrieben. Dabei könnten Überwachungsinformationen erzeugt werden, aus denen Schlüsse über ein
Betrachten des angezeigten Inhalts durch einen Betrachter gezogen werden
könnten. Des weiteren könne anhand der Überwachungsinformationen ein aktualisierter oder maßgeschneiderter Inhalt über ein Netzwerk von einer Inhaltbereitstellungsstelle an einer Inhaltsanzeigestelle zur Verfügung gestellt werden. In einer Ausführungsform werde dabei das Überwachen an einer Inhaltsanzeigestelle mittels einer Applettechnik eingeleitet und durchgeführt. Es sei
beispielsweise überwachbar, wie oft ein an einer Anzeigevorrichtung angezeig-
-7-
ter Zeiger in eine vorgebbare Fläche der Anzeigevorrichtung ein- und wieder
austrete.
Als Aufgabe der Erfindung wird angegeben, ein verbessertes Verfahren
der vorgenannten Art zu schaffen, mit dem unter anderem die Anzahl erfolgreich abgeschlossener Bestellvorgänge erhöht werden kann.
Diese Aufgabe soll durch ein Verfahren mit den Schritten a bis d gelöst
werden.
Dadurch sei es dem Anbieter möglich, bei einem drohenden Kaufabbruch einzuschreiten und den Kunden beispielsweise im Rahmen eines individuellen Beratungsgesprächs doch noch zum Eingeben eines Auftrages zu bewegen.
2.
Das Bundespatentgericht hat ausgeführt, die beanspruchte Lehre
liege nicht auf technischem Gebiet. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sei zu verlangen, daß die prägenden Anweisungen einer beanspruchten Lehre der Lösung eines konkreten technischen Problems dienten.
Die in der geltenden Beschreibung angegebene Aufgabe sei jedoch keine Problemstellung technischer Art. Die Problemstellung liege vielmehr auf geschäftlichem Gebiet und sei etwa mit dem Wunsch nach Steigerung des Auftragsvolumens gleichzusetzen. Ein Ansatz in Richtung auf eine Verbesserung der zur
Durchführung des Verfahrens verwendeten technischen Mittel (Kundenrechner,
Netz, zentraler Rechner) sei in der angegebenen Aufgabe nicht erkennbar.
Auch die angegebene Lösung liege nicht auf technischem Gebiet. Im Vordergrund des Patentanspruchs 1 stehe die Lehre, die Anzahl der erfolgreich abge-
-8-
schlossenen Bestellvorgänge dadurch zu erhöhen, daß das Bedienverhalten
der Kunden ausgewertet und im geeigneten Moment Hilfe angeboten werde.
Diese Lehre beruhe nicht auf technischen Überlegungen, sondern hänge von
der zutreffenden Auswertung des Bedienverhaltens des Kunden in (verkaufs-)
psychologischer Hinsicht ab. Die im Patentanspruch angegebene Implementierung der verkaufspsychologischen Lehre beschränke sich auf eine platte Umsetzung in Datenverarbeitungsschritte, ohne daß Maßnahmen ersichtlich wären, die auf die Überwindung besonderer technischer Schwierigkeiten hinwiesen und somit einen Patentschutz rechtfertigen könnten.
3.
Die Rechtsbeschwerde ist demgegenüber der Auffassung, Ver-
fahren, die automatisierte Abläufe zum Gegenstand hätten, welche wiederum
nur mit Hilfe von Rechnern möglich seien, seien als technisch anzusehen. Das
Bundespatentgericht habe das technische Problem nur unzureichend erkannt.
Es gehe nicht lediglich allgemein um den Wunsch nach Steigerung des Auftragsvolumens. Vielmehr sollten durch bestimmte technische Maßnahmen Probleme der Kunden bei der Bedienung des Bestellprogramms erkannt und durch
weitere technische, automatisiert ablaufende Maßnahmen Hilfestellungen für
den Kunden bei der Bedienung des Programms bereitgestellt werden. Die in
Form von Daten hinterlegten, durch verkaufspsychologische Auswertung des
Kundenverhaltens gewonnenen Erkenntnisse lösten bestimmte technische Aktionen aus, wie das Bereitstellen der interaktiven Hilfe. Dies könne die Anzahl
der aufgerufenen Seiten vermindern und führe zu einer Verkürzung der erforderlichen Onlinezeit und damit zu einer Entlastung des Netzes.
4.
Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.
-9-
a)
Nach der Rechtsprechung des Senats ist ein Verfahren, das sich
zur Herbeiführung des angestrebten Erfolges eines Programms bedient, mit
dessen Hilfe eine Datenverarbeitungsanlage so gesteuert wird, daß der gewünschte Erfolg erzielt wird, nicht schon wegen des Vorgangs der elektronischen Datenverarbeitung dem Patentschutz zugänglich. Da das Gesetz Programme für Datenverarbeitungsanlagen als solche vom Patentschutz ausschließt (§ 1 Abs. 2 Nr. 3 und Abs. 3 PatG), muß die beanspruchte Lehre vielmehr Anweisungen enthalten, die der Lösung eines konkreten technischen
Problems
mit
technischen
Mitteln
dienen
(Sen.Beschl.
v.
24.5.2004
- X ZB 20/03, GRUR 2004, 667 - Elektronischer Zahlungsverkehr, für BGHZ
vorgesehen; BGHZ 149, 68 - Suche fehlerhafter Zeichenketten).
Nichts anderes gilt, wenn in Rede steht, ob eine beanspruchte Lehre als
mathematische Methode (§ 1 Abs. 2 Nr. 1 PatG), als Regel oder Verfahren für
geschäftliche Tätigkeiten (§ 1 Abs. 2 Nr. 3 PatG) oder als Wiedergabe von Informationen (§ 1 Abs. 2 Nr. 4 PatG) nicht als Erfindung anzusehen ist. Sofern
Anweisungen beansprucht werden, mit denen ein konkretes technisches Problem gelöst wird, kommt es nicht darauf an, ob der Patentanspruch auch auf
die Verwendung eines Algorithmus, einen im geschäftlichen Bereich liegenden
Zweck des Verfahrens oder den Informationscharakter von Verfahrensergebnissen abstellt.
Hiervon ist auch das Bundespatentgericht der Sache nach ausgegangen; daß es dabei nicht auf die Grenzen der Patentierbarkeit nach § 1 Abs. 2
und 3 PatG, sondern auf das Erfordernis der Technizität Bezug genommen hat,
nötigt deshalb nicht zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung.
- 10 -
Soweit die Rechtsbeschwerde demgegenüber meint, es sei nicht sachgerecht, an Verfahren höhere Anforderungen als an Vorrichtungen zur Datenverarbeitung zu stellen, denen nach der Rechtsprechung des Senats stets
technischer Charakter zukomme (BGHZ 144, 282 - Sprachanalyseeinrichtung),
vernachlässigt sie, daß auch § 1 Abs. 2 Nr. 3 PatG zu beachten ist und diese
Vorschrift nur Programme für Datenverarbeitungsanlagen, nicht aber solche
Anlagen selbst betrifft. Im übrigen ergibt sich im Ergebnis kein Unterschied, da
auch bei der vorrichtungsmäßigen Einkleidung einer Lehre, die sich der elektronischen Datenverarbeitung bedient, deren Patentfähigkeit nur dann zu bejahen ist, sofern hierbei die Lösung eines konkreten technischen Problems mit
Mitteln gelehrt wird, die neu sind, auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen
und gewerblich anwendbar sind (Sen.Beschl. v. 24.5.2004, aaO).
b)
Die Auffassung des Bundespatentgerichts, der beanspruchten
Lehre liege der nicht-technische Wunsch nach einer Steigerung des Auftragsvolumens zugrunde, erfaßt allerdings, wie die Rechtsbeschwerde zu Recht geltend macht, den Sachverhalt nicht vollständig. Welches technische Problem
durch eine Erfindung gelöst wird, ist objektiv danach zu bestimmen, was die
Erfindung tatsächlich leistet. Die in der Patentschrift angegebene Aufgabe ist
demgegenüber als solche nicht maßgeblich, sondern lediglich ein Hilfsmittel für
die Ermittlung des objektiven technischen Problems (BGHZ 78, 358, 364
- Spinnturbine II; BGHZ 98, 12, 19 f. - Formstein; Sen.Urt. v. 12.2.2003
- X ZR 200/99, GRUR 2003, 693 - Hochdruckreiniger). Im hier interessierenden
Zusammenhang ist zudem zu beachten, daß der Ausschlußtatbestand des § 1
Abs. 2 Nr. 3 PatG schon dann nicht eingreift, wenn wenigstens einem Teil der
Lehre ein konkretes technisches Problem zugrundeliegt. Es ist dann unschädlich, wenn dieses Bestandteil eines umfassenderen durch die beanspruchte
- 11 -
Lehre gelösten Problems ist, das seinerseits nicht oder nur teilweise technischen Charakter trägt (Sen.Beschl. v. 24.5.2004, aaO).
Die hier beanspruchte Lehre bewirkt nicht unmittelbar eine Steigerung
des Auftragsvolumens. Eine solche Steigerung ist vielmehr lediglich das Endziel oder der wirtschaftliche Zweck der konkreten, durch den Patentanspruch
gelehrten Anweisungen. Sie sollen es ermöglichen, (durch das Angebot interaktiver Hilfe) auf den Kunden einzuwirken, wenn mit Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, daß er trotz seines mit dem Aufruf der Angebotsseiten bekundeten
Interesses andernfalls keinen Auftrag erteilen wird. Darin erschöpft sich die
Leistung, die das beanspruchte Verfahren erbringt. Aus ihr folgt wiederum, daß
das Problem darin besteht, dem Anbieter rechtzeitig diejenigen Informationen
zu verschaffen, aus denen sich eine bestimmte Wahrscheinlichkeit ergibt, die
ein zusätzliches Einwirken auf den Kunden zur Folge haben soll.
c)
Dieses Problem ist indessen seinerseits nicht technischer Natur,
da es nicht notwendigerweise den Einsatz beherrschbarer Naturkräfte zur Herbeiführung eines kausal übersehbaren Erfolges erfordert. Es rechtfertigt auch
keine andere Beurteilung, daß die Informationsverschaffung automatisch mit
Hilfe elektronischer Datenverarbeitung erfolgen soll, denn dies genügt noch
nicht zur Annahme eines konkreten technischen Problems im Sinne der Rechtsprechung des Senats.
Ein konkretes technisches Problem liegt schließlich auch nicht den Mitteln zugrunde, mit denen dem Anbieter anspruchsgemäß die benötigten Informationen verschafft werden sollen. Die benötigte Information besteht aus zwei
Teilen: zum einen aus einem bestimmten Verhalten des Kunden bei der Bedie-
- 12 -
nung des Computers wie beispielsweise einer längeren Inaktivität, der Aktivierung eines Links oder des Aufrufs einer Standardhilfe (deutsche Offenlegungsschrift 100 49 825, Sp. 4 Z. 26 bis 59), zum anderen aus einem Referenzverhalten, das in Referenzprotokollen festgehalten ist (Merkmal c). Nach der beanspruchten Lehre sollen Mittel angegeben werden, mit deren Hilfe beide Informationen dem Zentralrechner des Anbieters gleichzeitig zur Verfügung gestellt werden, so daß aus ihrem Vergleich die Reaktion auf das Kundenverhalten resultieren kann. Dieses Problem wird dadurch gelöst, daß die am Kundenrechner vorgenommenen Bedienhandlungen erfaßt und in Echtzeit an den Zentralrechner gemeldet werden (Merkmal b). Die technische Prägung dieses Lösungsmittels und damit auch des zugrundeliegenden Problems beschränkt sich
wiederum darauf, die Informationserfassung und -übermittlung mit Hilfe der
elektronischen Datenverarbeitung vorzunehmen. Das genügt nicht, um die beanspruchte Lehre dem Patentschutz zugänglich zu machen.
Die Hinweise der Rechtsbeschwerde, daß das Verfahren unmittelbar das
Gebiet der Elektronik/Informatik und damit ein nach herkömmlicher Auffassung
technisches Gebiet betreffe und die Schwierigkeiten des Kunden bei der Bedienung des Bestellprogramms mit technischen Mitteln erfaßt würden, führen in
diesem Zusammenhang nicht weiter. Der technische Charakter der für das Verfahren benötigten Rechner steht außer Zweifel. Daraus ergibt sich aber noch
kein konkretes technisches Problem, das mit den Merkmalen des beanspruchten Verfahrens gelöst würde.
Nichts anderes gilt für die Behauptung, das beanspruchte Verfahren führe zu einer Verkürzung der erforderlichen Onlinezeit und damit entgegen der
Annahme des Bundespatentgerichts zu einer Entlastung des Netzes. Selbst
- 13 -
wenn eine solche Entlastung des Netzes einträte, handelte es sich nicht um
eine technische Wirkung des beanspruchten Verfahrens, sondern um das Ergebnis eines veränderten Nutzerverhaltens. Daß das Verfahren ein solches
Verhalten mag beeinflussen und fördern können, macht dessen Folgen nicht zu
einer technischen Wirkung.
5.
Auch der Hilfsantrag der Anmelderin, der ihren Hauptantrag in
Merkmal c um die Anweisung ergänzt, die Referenzprotokolle mittels einer lernenden Struktur zu bestimmen, ist nicht anders zu würdigen.
Das Bundespatentgericht hat hierzu ausgeführt, dem im Anspruch in allgemeiner Form genannten Umstand, daß zum Entscheiden über das Anbieten
von Hilfe eine lernende Struktur verwendet werden solle, komme eine die Patentierbarkeit rechtfertigende Eigenheit nicht zu. Für die Implementierung einer
(technischen oder nichttechnischen) Lehre mit einem Datenverarbeitungssystem biete sich dem Datenverarbeitungsfachmann eine breite Palette von Realisierungsmöglichkeiten zur Auswahl. Bei einer als wahrscheinlich anzunehmenden Implementierung der lernenden Struktur durch Software werde der
Fachmann für die Realisierung der einen oder anderen Teilaufgabe, wie beispielsweise der Auswertung einer Vielzahl von Parametern, unter den aus der
theoretischen Informatik bekannten Algorithmen diejenigen auswählen, die ihm
am geeignetsten erschienen. Dabei seien zu den sich anbietenden Algorithmen
auch solche komplexer Art zu zählen, wie sie lernende Strukturen darstellten,
die nach einer Lernphase auch "intelligente" Entscheidungen optimal ausführen könnten.
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Dagegen wendet sich die Rechtsbeschwerde ohne Erfolg mit dem Einwand, die lernende Struktur enthebe den Entwickler des Programms von einer
zeitaufwendigen Gewichtung der einzelnen Parameter des Bedienerverhaltens,
die lernende Struktur finde selbsttätig eine optimale Gewichtung, um die interaktive Hilfe zum richtigen Zeitpunkt einzusetzen, wodurch eine sonst erforderliche intellektuelle Leistung ersetzt werde, und der Einsatz einer solchen lernenden Struktur stelle infolgedessen eine technische Verbesserung des Verfahrens dar.
Denn die Feststellung des Bundespatentgerichts, daß das Merkmal der
lernenden Struktur lediglich für einen dem Fachmann seiner Art nach bekannten komplexen Algorithmus stehe, greift die Rechtsbeschwerde nicht an. Ein
Algorithmus ist aber als solcher ebensowenig dem Patentschutz zugänglich wie
ein Programm für Datenverarbeitungsanlagen. Ein konkretes technisches Problem, das mit Hilfe des Algorithmus gelöst würde, zeigt die Rechtsbeschwerde
nicht auf und ist auch nicht erkennbar.
6.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 109 Abs. 1 Satz 2 PatG.
IV.
Eine mündliche Verhandlung hat der Senat nicht für erforderlich
gehalten.
Melullis
Scharen
Mühlens
Keukenschrijver
Meier-Beck