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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VIII ZR 310/02
Verkündet am:
22. Dezember 2003
Potsch,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
-2-
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 22. Oktober 2003 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Deppert und die
Richter Dr. Hübsch, Dr. Beyer, Dr. Leimert und Dr. Frellesen
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 17. Zivilsenats
des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 10. Oktober 2002 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch
über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die jetzt unter neuem Namen firmierende Klägerin ist die Nachfolgerin
der R.
AG, die mit der Beklagten, einer Brauerei, am 15./29. Oktober
1990 einen Vertrag über die Lieferung und den Bezug elektrischer Energie für
die Abnahmestelle I.
geschlossen hatte. Diesen Stromlieferungsvertrag
paßten die Parteien mit Vertrag vom 30. August/14. September 1999 an, wobei
die bisherige Preisregelung durch eine neue "Individualpreisregelung" ersetzt
wurde. Diese enthielt unter Ziff. 4 folgende Bestimmung:
-3-
"Energiesteuern und Abgaben
Das Entgelt gemäß den Ziff. 1. bis 3. erhöht sich um die jeweilige
Stromsteuer aufgrund des Stromsteuergesetzes. ...
Soweit zukünftig weitere Energiesteuern oder sonstige die Beschaffung, die Übertragung, die Verteilung oder den Verbrauch
von elektrischer Energie belastende Steuern oder Abgaben irgendwelcher Art wirksam werden sollten, werden diese in der jeweiligen Höhe vom Kunden getragen."
Mit ihrer Klage nimmt die Klägerin die Beklagte auf Erstattung von Mehraufwendungen in Anspruch, die ihr durch das Gesetz für den Vorrang Erneuerbarer Energien (EEG) vom 29. März 2000 (BGBl. I 2000, 305), das Gesetz zum
Schutz der Stromerzeugung aus Kraft-Wärme-Kopplung (KWK-G) vom 12. Mai
2000 (BGBl. I 2000, 703) sowie das Gesetz für die Erhaltung, die Modernisierung und den Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung (KWK-AusbauG) vom
19. März 2002 (BGBl. I 2002, 1092) für den Lieferzeitraum von Oktober 2000
bis Januar 2001 sowie April 2002 in Höhe von 85.247,76


DM)
entstanden sein sollen. Die Beklagte hat ihre Verpflichtung zur Zahlung dieser
Aufwendungen in Abrede gestellt und die Höhe der geltend gemachten Forderung bestritten.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Berufungsgericht hat die
hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin zurückgewiesen.
Mit ihrer - vom Berufungsgericht zugelassenen - Revision verfolgt die
Klägerin ihr Klagebegehren weiter.
-4-
Entscheidungsgründe:
I.
Zur Begründung hat das Berufungsgericht, dessen Urteil in RdE 2003, 74
abgedruckt ist, ausgeführt, das Landgericht habe zu Recht erkannt, daß die
Klägerin den Anspruch auf Mehrvergütung ihrer Stromlieferungen nicht aus
dem Vertrag vom 15./29. Oktober 1990 unter Berücksichtigung des Anpassungsvertrages vom 30. August/14. September 1999 herleiten könne. Die in der
"Individualpreisregelung" enthaltene Preisanpassungsregelung sei eine vorformulierte Klausel, die nach ihrem Wortlaut eine Überwälzung der Kosten, die
Netzbetreibern oder Elektrizitätsversorgungsunternehmen aus den Regelungen
des EEG und des KWK-G sowie des KWK-AusbauG erwüchsen, nicht gestatte,
da es sich hierbei weder um Steuern noch "Abgaben irgendwelcher Art" handele. Die Klägerin könne die begehrte Überwälzung der erhöhten Beschaffungskosten von Strom nicht auf eine erläuternde Vertragsauslegung stützen,
da das von ihr vorgetragene besonders weite Verständnis des Begriffs "Abgabe" für die Auslegung der gegenüber der Beklagten verwandten Geschäftsbedingung nicht maßgeblich sei; abzustellen sei vielmehr auf die objektivierte
Sicht eines durchschnittlichen Industriekunden, der die Begriffe "Energiesteuern
und Abgaben" in dem engeren Sinne einer Geldleistung an den Fiskus verstehe.
Auch eine ergänzende Vertragsauslegung komme nicht in Betracht, da
es an einer planwidrigen Regelungslücke fehle. Die Parteien hätten die Möglichkeit, daß sich die Beschaffungskosten der Stromlieferantin in der Vertragslaufzeit aufgrund öffentlich-rechtlicher Belastungen erhöhen könnten, bedacht
und in Form der Preiserhöhungsklausel in Ziff. 4 der Anlage 2 ihres Anpassungsvertrages aus August/September 1999 geregelt. Damit hätten sie be-
-5-
stimmte Kostenpositionen - Steuern und Abgaben - in das Risiko der Beklagten
gestellt und die Gefahr der Preissteigerungen bei der Beschaffung des Stroms
im übrigen bei der Stromlieferantin belassen. Der Umstand, daß die Klägerin
einen bestimmten Kostenfaktor nicht bedacht habe, nämlich die Erhöhung ihrer
Beschaffungskosten durch umwelt-politisch getroffene Regelungen nicht steueroder abgabenrechtlicher Art, rechtfertige nicht, den Vertrag der Parteien als unvollständig anzusehen. Ein Bedürfnis für eine Vertragsanpassung nach Treu
und Glauben bestehe ebenfalls nicht.
Die Klägerin könne ihre Klageansprüche schließlich auch nicht auf gesetzliche Regelungen stützen. Das EEG begründe keine Vergütungspflichten
des Letztverbrauchers und sehe auch keine Abwälzungsregelungen zu seinen
Lasten vor. Das KWK-G und das KWK-AusbauG vermittele dem Elektrizitätsversorgungsunternehmen ebenfalls keinen Anspruch darauf, die Preise in einem bestehenden Stromversorgungsvertrag abzuändern.
II.
Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
1. Zutreffend hat das Berufungsgericht zunächst angenommen, daß sich
aus Ziff. 4 der Individualpreisregelung vom 30. August/14. September 1999 eine
Verpflichtung zur Tragung der von der Klägerin begehrten Aufschläge für die
nach dem EEG, dem KWK-G sowie dem KWK-AusbauG entstandenen Mehraufwendungen nicht unmittelbar ergibt. Dabei unterliegt die in der "Individualpreisregelung" enthaltene Preisanpassungsklausel der Klägerin der uneingeschränkten Nachprüfung durch das Revisionsgericht, da die Klägerin diese
Vertragsbedingung nach der nicht angegriffenen Feststellung des Berufungsge-
-6-
richts über den Bereich eines Oberlandesgerichtsbezirks hinaus verwendet
(st.Rspr., vgl. BGHZ 98, 133, 184, 187; Senatsurteil vom 15. November 2000
- VIII ZR 322/99, WM 2001, 1028 = NJW-RR 2001, 987 unter II 1, jew.
m.w.Nachw.).
Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und
typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Kreise verstanden werden (st.Rspr., vgl. BGH, Urteil vom 14. Januar
1999 - IX ZR 140/98, WM 1999, 535 = NJW 1999, 1105 unter II 1 a; Senatsurteil vom 15. November 2000 aaO; Senatsurteil vom 9. Mai 2001 - VIII ZR
208/00, WM 2001, 2008 = NJW 2001, 2165 unter II 2 a, jew. m.w.Nachw.).
a) Bei den von der Klägerin geltend gemachten Aufschlägen für die ihr
durch das EEG, das KWK-G und das KWK-AusbauG entstandenen Mehraufwendungen handelt es sich, wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen
hat, weder um Steuern im Sinne von § 3 AO noch um (öffentlich-rechtliche) Abgaben, unter denen neben Steuern auch Gebühren, Beiträge und Sonderabgaben zu verstehen sind (Birk in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung,
§ 3 Rdnr. 20 ff.). Wie der Bundesgerichtshof für Leistungspflichten nach dem
Stromeinspeisungsgesetz vom 7. Dezember 1990 (BGBl. I 1990, 2633) entschieden hat, stellten diese nach ihrem materiellen Gehalt keine Abgabenlasten
dar, weil mit der Festlegung des Mindestpreises für den eingespeisten Strom
aus erneuerbaren Energien dieser Strom gefördert werden sollte, ohne daß eine Aufkommenswirkung zugunsten der öffentlichen Hand erreicht wurde; es
handelte sich damit um eine Preisfestsetzung im Rahmen des Austauschverhältnisses der beteiligten Unternehmen (BGHZ 134, 1, 27 f.; siehe auch
BVerfG, NJW 1997, 573). Das gleiche gilt für die Zahlungspflicht der Netzbetreiber nach dem EEG, dem KWK-G sowie dem KWK-AusbauG, die nunmehr
-7-
feste Mindestvergütungen für den eingespeisten Strom sowie eine gesonderte
Ausgleichsregelung unter den Netzbetreibern bestimmt haben, da auch hier
Zahlungen nicht an eine öffentliche Einrichtung, sondern an den Betreiber der
Kraftwerke mit Einsatz regenerativer Energien oder Kraft-Wärme-Kopplung erfolgen (so auch OLG Düsseldorf, RdE 2002, 187 f.; Gent, RdE 2001, 50, 54;
Ebel, Energiewirtschaftliche Tagesfragen 2001, 812, 814; so auch Büdenbender, Energiewirtschaftliche Tagesfragen 2001, 298, 308).
b) Die Klägerin kann sich für die von ihr befürwortete Vertragsauslegung
nicht darauf berufen, Sinn und Zweck der vereinbarten Steuer- und Abgabenklausel sowie die wirtschaftliche Gleichwertigkeit der in dem EEG, dem KWK-G
sowie KWK-AusbauG gefundenen Finanzierungsform gegenüber einer öffentlichen Subventionierung aus dem staatlichen Haushalt, verbunden mit neu geschaffenen Steuern oder Abgaben, rechtfertigten eine Anwendung der Klausel
auf die aus den genannten Gesetzen resultierenden Mehraufwendungen und
damit eine Abwälzung von dem betroffenen Energieversorgungsunternehmen
auf seine Kunden (Büdenbender aaO S. 310 ff. 321). Da bei der Auslegung von
Allgemeinen Geschäftsbedingungen von der Verständnismöglichkeit der typischerweise von ihr angesprochenen Durchschnittskunden auszugehen ist (siehe auch Senatsurteil vom 13. Mai 1998 - VIII ZR 292/97, WM 1998, 1590
= NJW 1998, 2207 unter II m.w.Nachw.), hätte es der Darlegung bedurft, daß
der durchschnittliche Industriekunde den Begriff "Abgaben" in diesem Sinne
verstanden hat; soweit die Revision auf den unter Sachverständigenbeweis gestellten Vortrag der Klägerin im Schriftsatz vom 12. September 2002 verweist,
war dieses nicht nachgelassene Vorbringen vom Berufungsgericht nicht zu berücksichtigen.
2. Nicht gefolgt werden kann allerdings dem Berufungsgericht insoweit,
als es auch eine ergänzende Vertragsauslegung verneint.
-8-
a) Nach herrschender Meinung ist in Fällen, in denen - wie hier - eine
Lücke in vorformulierten Verträgen nicht auf Einbeziehungs- oder Inhaltskontrollschranken des AGB-Gesetzes (jetzt: §§ 305 ff. BGB) beruht, eine ergänzende Vertragsauslegung zulässig (vgl. BGHZ 92, 363, 370; 103, 228, 234;
117, 92, 98; Schmidt in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Gesetz, 9. Aufl., § 6
Rdnr. 31). Eine derartige Vertragslücke ist durch ergänzende Auslegung der
Bedingungen unter Zugrundelegung eines objektiv-generalisierenden Maßstabs
zu schließen, der sich am Willen und Interesse der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise auszurichten hat (BGHZ 107,
273, 277; 119, 305, 325; Schmidt aaO § 6 Rdnr. 32, jew. m.w.Nachw.). Eine
Vertragslücke kann auch darauf beruhen, daß sich die bei Vertragsschluß bestehenden wirtschaftlichen oder rechtlichen Verhältnisse nachträglich ändern
(vgl. BGHZ 123, 281, 285; BGH, Urteil vom 20. November 1975 - III ZR 112/73,
WM 1976, 251 unter I 1 b; BGH, Urteil vom 6. Juli 1989 - III ZR 35/88, WM
1989, 1743 unter II 4 a).
b) Zu Unrecht geht das Berufungsgericht, wie die Revision mit Erfolg
rügt, davon aus, die Parteien hätten bewußt eine abschließende Regelung zur
Erhöhung des Entgelts getroffen, so daß es hinsichtlich der streitigen Kosten an
einer planwidrigen Regelungslücke fehle. Zwar haben die Parteien nach der
"Individualpreisregelung" vom 30. August/14. September 1999, mit der die
Preisregelung des Vertrags vom 15./29. Oktober 1990 ersetzt wurde, im einzelnen festgelegte Arbeitspreise, verbunden mit einer Preisanpassungsklausel,
vereinbart. Eine Regelung, wer die zusätzlichen Kosten für die Abnahme von
Strom aus erneuerbaren Energien oder aus Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen zu
staatlich bestimmten Festpreisen zu tragen hat, konnte bei Vertragsschluß nicht
getroffen werden, weil es diese staatliche Form der Förderung erneuerbarer
Energien und der Kraft-Wärme-Kopplung unter Ausschluß einer Beteiligung des
-9-
Staatshaushaltes zu diesem Zeitpunkt noch nicht gab und deshalb auch nicht
berücksichtigt werden konnte.
Im übrigen hat die Klägerin unwidersprochen vorgetragen, daß die Regelungen des Stromeinspeisungsgesetzes vom 7. Dezember 1990 (BGBl. I
1990, 2633), neu gefaßt durch das Gesetz zur Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts vom 24. April 1998 (BGBl. I 1998, 730), die eine Abnahme- und
Vergütungspflicht des örtlichen Netzbetreibers und nur in Ausnahmefällen eine
Weitergabe von Teilen der Belastungen an den sogenannten vorgelagerten
Netzbetreiber vorsahen (vgl. § 4 Abs. 1 Satz 1 StrEG), für sie, die Klägerin, nur
geringe praktische Bedeutung hatten, da dadurch lediglich jährliche Gesamtkosten von ca. 13 Mio. DM ausgelöst wurden, was, auf die einzelne kWh umgelegt, einen Betrag von lediglich 0,02 Pfennig/kWh ausmachte. Demgegenüber verursachten nach dem Vortrag der Klägerin das EEG und KWK-G im Jahre 2001 jährliche Gesamtkosten in Höhe von 700 Mio. DM, was einem Betrag
von 1,15 Pfennig/kWh entsprach. Wenn die Klägerin im Hinblick auf die Regelungen des Stromeinspeisungsgesetzes auch bei der Vertragsanpassung vom
30. August/14. September 1999 keine Änderung der Preisanpassungsklausel
vorgenommen hat, kann hieraus auf das Fehlen einer Vertragslücke ebenfalls
nicht geschlossen werden. Es erscheint ausgeschlossen, daß die Klägerin bei
Vertragsänderung nicht auf eine Regelung in ihrem Sinne gedrungen hätte,
wenn sie damals gewußt hätte, daß künftig bei Anwendung des Gesetzes für
den Vorrang Erneuerbarer Energien eine so weitgehende Abwälzung der erhöhten Energiekosten auf sie als vorgelagerte Netzbetreiberin stattfinden würde.
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kann auch nicht angenommen werden, daß aus der Sicht der Beklagten die Gefahr von Preissteigerungen für die Beschaffung des Stroms, soweit nicht bestimmte Kostenfaktoren
- 10 -
ausgenommen waren, bei der Klägerin allgemein belassen werden sollte. Daß
die Klägerin sämtliche die Beschaffung, Übertragung oder Verteilung von elektrischer Energie belastenden Steuern oder sonstige staatlich angeordnete Abgaben nicht übernehmen, sondern auf den Kunden abwälzen wollte, ergibt sich
aus Ziff. 4 der "Individualpreisregelung". Nichts anderes gilt für die hier in Rede
stehenden Belastungen der Klägerin infolge der Neuregelung der Subventionierung des aus erneuerbaren Energien und aus Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen
gewonnen Stroms. Diese durch staatliche Eingriffe veranlaßten Mehrkosten
sind von sonstigen Änderungen der Beschaffungs- und Vertriebskosten auf
dem Strommarkt zu unterscheiden, deren Veränderung in den Risikobereich
der Klägerin fällt (vgl. Büdenbender aaO S. 313 f.).
c) Die hinsichtlich der durch das EEG, das KWK-G sowie das KWKAusbauG anfallenden Mehrkosten bestehende Vertragslücke ist dahin zu
schließen, daß diese Kosten ebenfalls von der Beklagten als Stromkundin zu
tragen sind; zu einer eigenen ergänzenden Auslegung ist das Revisionsgericht
bei den über den Bereich des Berufungsgerichts hinausgehend verwendeten
Allgemeinen Geschäftsbedingungen befugt (BGHZ 90, 69, 73 f.; BGHZ 117, 92,
98). Eine ergänzende Vertragsauslegung scheidet auch nicht deshalb aus, weil
zur Ausfüllung der Regelungslücke mehrere Gestaltungsmöglichkeiten in Betracht kämen, ohne daß ein Anhaltspunkt dafür besteht, welche Regelung die
Parteien getroffen hätten (vgl. BGHZ 143, 103, 121 m.w.Nachw.). Vielmehr ist
anzunehmen, daß die Parteien als Beteiligte des geschlossenen Sonderkundenvertrages, wäre ihnen die Vertragslücke bewußt gewesen, ebenso wie die
erwähnten "Energiesteuern oder Abgaben" auch die durch das EEG, das KWKG sowie das KWK-AusbauG bewirkten Eingriffe in das Preissystem und dadurch verbundene Mehrbelastungen der Klägerin der Beklagten als Abnehmerin
auferlegt hätten. Daß der Gesetzgeber selbst von einer Überwälzung der durch
das EEG herbeigeführten Mehrkosten auf den Verbraucher ausging, ergibt sich
- 11 -
aus der Begründung des Entwurfs eines Gesetzes zur Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien sowie zur Änderung des Mineralölsteuergesetzes, in welchem die Erwartung ausgesprochen wird, daß "Auswirkungen
auf das Preisniveau, insbesondere das Verbraucherpreisniveau, ... trotz voraussichtlich geringer Erhöhung der Netznutzungsentgelte nicht in nennenswertem Umfang zu erwarten" seien. Es sei "lediglich mit geringfügigen Steigerungen der Strombezugspreise zu rechnen, die durch die im liberalisierten Markt
sinkenden Strompreise deutlich überkompensiert" würden (BT-Drucks. 14/2341
S. 2; s.a. Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und
Technologie BT-Drucks. 14/2776 S. 2); inwieweit sich diese Annahme des Gesetzgebers in der Folgezeit als richtig erwiesen hat, ist dabei unerheblich (zur
Weitergabe von "nicht vermeidbaren Mehraufwendungen" siehe § 3 Abs. 1
Satz 3 KWK-G sowie nicht erstatteter "Zuschlagszahlungen" und "Ausgleichszahlungen" siehe § 9 Abs. 7 KWK-AusbauG, vgl. hierzu Entwurf des Gesetzes
für die Erhaltung, die Modernisierung und den Ausbau der Kraft-WärmeKopplung, BT-Drucks. 14/7024 S. 9). Im Tarifkundenbereich sind die diesbezüglichen Kosten anerkennungsfähig und werden gemäß § 12 BTOElt tariflich
anerkannt (Büdenbender aaO S. 301; Britz/Müller RdE 2003, 163, 166). Davon,
daß die Klägerin die in Rede stehenden, auf gesetzgeberischen Maßnahmen
beruhenden Mehrkosten, die ihrem Zweck nach und in ihren Auswirkungen für
die Energieversorgungsunternehmen einer Abgabe gleichstehen, nicht ebenfalls auf die Sonderkunden hätte abwälzen wollen, konnten diese nicht ausgehen.
- 12 -
III.
Das angefochtene Urteil ist daher aufzuheben, und die Sache ist, da die
Beklagte die Höhe der geltend gemachten Aufwendungen der Klägerin bestritten hat, an das Berufungsgericht zur weiteren Feststellung zurückzuverweisen.
Dr. Deppert
Dr. Hübsch
Dr. Leimert
Dr. Beyer
Dr. Deppert
für den wegen Erkrankung an der
Unterschriftsleistung verhinderten
Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Frellesen
22. Dezember 2003