Cyberlaywer/build/tfgpu-cyberlaywer/EndDokumente/kzr__31-14.pdf.txt
2023-03-06 15:36:57 +01:00

810 lines
No EOL
47 KiB
Text
Raw Blame History

This file contains invisible Unicode characters

This file contains invisible Unicode characters that are indistinguishable to humans but may be processed differently by a computer. If you think that this is intentional, you can safely ignore this warning. Use the Escape button to reveal them.

BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
KZR 31/14
Verkündet am:
12. April 2016
Bürk
Amtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
Gemeinschaftsprogramme
GWB § 1
Die Abstimmung des Verhaltens unter Wettbewerbern durch den Austausch
von Informationen über ihr künftiges Marktverhalten hat nach der Lebenserfahrung auch ohne weiteres Zutun nachteiligen Einfluss auf den Wettbewerb. Dies
begründet die Vermutung, dass die an der Abstimmung beteiligten Unternehmen die mit ihren Wettbewerbern ausgetauschten Informationen bei der Bestimmung ihres Marktverhaltens berücksichtigen. Ein in der Folge von der Abstimmung unabhängiges Marktverhalten aufgrund einer selbständig getroffenen
unternehmerischen Entscheidung kann daher nur dann angenommen werden,
wenn greifbare Anhaltspunkte dafür feststellbar sind.
BGH, Urteil vom 12. April 2016 - KZR 31/14 - OLG Düsseldorf
LG Köln
ECLI:DE:BGH:2016:120416UKZR31.14.0
-2-
Der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 12. April 2016 durch die Präsidentin des Bundesgerichtshofs Limperg, den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Meier-Beck sowie die Richter Prof. Dr. Strohn,
Dr. Bacher und Dr. Deichfuß
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 1. Kartellsenats
des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 21. Mai 2014 unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels im Kostenpunkt
und insoweit aufgehoben, als die Berufung der Klägerin hinsichtlich des gegen die Beklagten zu 1 und 3 bis 10 gerichteten Klagebegehrens erfolglos geblieben ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung
und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens,
an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
1
Die Klägerin betreibt im Bundesgebiet - mit Ausnahme der Bundesländer
Baden-Württemberg, Hessen und Nordrhein-Westfalen - Breitbandkabelnetze,
über die Rundfunksignale an regionale Netze herangeführt und regional bis zu
den Übergabepunkten der Netzebene 4 verteilt werden. Teilweise betreibt sie
-3-
auch die Netzebene 4 und damit die Hausverkabelung, an die die Zuschauerhaushalte angeschlossen sind. Über ihre Breitbandkabelnetze bietet sie den
Zuschauerhaushalten gegen Entgelt verschiedene Kabelanschlussprodukte an,
ferner stellt sie nachgelagerten Netzbetreibern entgeltlich die Programmsignale
für die Endkundenversorgung zur Verfügung.
2
Die Beklagte zu 1 und die Beklagten zu 3 bis 10 (nachfolgend: die Rundfunkanstalten) sind öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten, die sich gemeinsam
mit der Deutschen Welle zu der Beklagten zu 2, der Arbeitsgemeinschaft der
Rundfunkanstalten Deutschlands (ARD), zusammengeschlossen haben. Die
Rundfunkanstalten unterhalten eigene Programme (Dritte Fernsehprogramme).
Darüber hinaus veranstalten sie gemeinsam die Fernsehprogramme "Das Erste", "tagesschau24", "Einsfestival" und "Einsplus" (im Folgenden: Gemeinschaftsprogramme).
3
Die Klägerin speist gegenwärtig die Signale von insgesamt 199 TV-Programmen aus Deutschland und dem Ausland in ihre Kabelnetze ein, darunter
die Gemeinschaftsprogramme sowie die Dritten Fernsehprogramme.
4
Etwa die Hälfte der Zuschauerhaushalte in Deutschland wird über Kabelanschlüsse mit Rundfunkprogrammen versorgt. Daneben werden die Programme den Zuschauern über Satellit und terrestrische Sendenetze (DVB-T), ferner
über kleinere Kabelnetzbetreiber und das Internet zur Verfügung gestellt.
5
Die beklagten Rundfunkanstalten, das Zweite Deutsche Fernsehen,
Deutschlandradio und ARTE G.E.I.E./ARTE Deutschland TV GmbH zahlten der
Klägerin bis Ende 2012 auf der Grundlage eines mit der Klägerin am
27. Februar 2008 geschlossenen Vertrags "über die Einspeisung und Verbreitung von öffentlich-rechtlichen Rundfunkprogrammen und -angeboten in Breitbandkabelnetze" (im Folgenden: Einspeisevertrag) ein jährliches Entgelt in Hö-
-4-
he von 27 Mio. Euro für die - im Vertrag vereinbarte - digitale und analoge Einspeisung in die Kabelnetze der Klägerin. Davon entfiel ein Teilbetrag von
20,435 Mio. Euro auf die beklagten Rundfunkanstalten. Nach Schätzung der
Klägerin machen die Gemeinschaftsprogramme 15% hiervon aus. Gemäß § 8
des Vertrags blieb der Klägerin vorbehalten, von ihren Kunden und nachgelagerten Netzbetreibern Entgelte für ihre Leistungen, insbesondere die Signallieferung, zu verlangen. In Nummer 6 der Präambel hielten die Vertragsparteien
ihre unterschiedlichen Auffassungen darüber fest, ob die Klägerin ihre digitalen
Verbreitungsleistungen auch künftig nicht nur durch Zahlungen der Endnutzer,
sondern auch durch Einspeiseentgelte der Rundfunkveranstalter finanzieren
könne.
6
Seit dem 30. April 2012 strahlen die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ihre Fernsehprogramme nur noch digital aus. Mit Schreiben vom 18. und
19. Juni erklärten die beklagten Rundfunkanstalten ebenso wie die anderen am
Einspeisevertrag beteiligten Rundfunkveranstalter dessen Kündigung zum Ende
des Jahres 2012. Die Klägerin speist die Rundfunksignale, die die Rundfunkanstalten nach wie vor zur Verfügung stellen, im Wesentlichen weiterhin in ihre
Netze ein. Die Beklagten leisten dafür kein Entgelt mehr.
7
Die Klägerin hält die Kündigungen für unwirksam. Sie begehrt in erster
Linie die Feststellung, dass der Einspeisevertrag im Hinblick auf die Gemeinschaftsprogramme für die Verbreitung in ihren Kabelnetzgebieten fortbestehe
(Klageantrag zu 1a). Mit gestaffelten Hilfsanträgen begehrt sie die Verurteilung
der Beklagten zur Annahme von ihnen vorgelegter Angebote zum Abschluss
neuer Einspeiseverträge (Klageantrag zu 1b), die Verurteilung der Beklagten
zum Abschluss eines Einspeisevertrags zu angemessenen und marktüblichen
Bedingungen (Klageantrag zu 1c) sowie die Feststellung, dass die Beklagten
zum Ersatz sämtlicher Schäden verpflichtet sind, die der Klägerin aus der mit
-5-
den anderen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten abgestimmten Kündigung
des Einspeisevertrags und der Verweigerung des Abschlusses des von ihr angebotenen neuen Vertrags für den Zeitraum ab 1. Januar 2013 entstanden sind
und noch entstehen werden (Klageantrag zu 1d). Weiter hilfsweise erstrebt sie
die Feststellung, dass die Beklagten zum Ersatz der seit dem 1. Januar 2013 im
Hinblick auf die Einspeisung der Gemeinschaftsprogramme entstandenen und
noch entstehenden Aufwendungen bzw. zum Ausgleich der entstandenen und
noch entstehenden Bereicherung verpflichtet sind.
8
Das Landgericht (LG Köln, ZUM 2013, 502) hat die Klage abgewiesen.
Das Berufungsgericht hat die Berufung zurückgewiesen (OLG Düsseldorf,
WuW/E DE-R 4342 = NZKart 2014, 285). Mit ihrer vom Senat zugelassenen
Revision verfolgt die Klägerin ihre zuletzt gestellten Anträge weiter.
Entscheidungsgründe:
9
Die zulässige Revision bleibt hinsichtlich der Beklagten zu 2 erfolglos. Im
Übrigen führt sie zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
10
A.
Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen
wie folgt begründet:
11
Mit dem Hauptantrag bleibe die Klage erfolglos. Ob die Beklagte zu 2
parteifähig sei, sei mindestens zweifelhaft, könne jedoch offen bleiben. Die Klage auf Feststellung des Fortbestands des Einspeisevertrags könne gegen sie
jedenfalls deshalb keinen Erfolg haben, weil die Beklagte zu 2 nicht Partei des
Einspeisevertrags sei. Hinsichtlich der Rundfunkanstalten sei die Klage nach
-6-
dem Hauptantrag ebenfalls unbegründet. Diese treffe keine Pflicht, die Einspeisung der von ihnen bereitgestellten Programmsignale in das Netz der Klägerin
als technische Dienstleistung nachzufragen oder mit einem Entgelt zu vergüten.
12
Aus den Regelungen des Rundfunkrechts sei eine solche Verpflichtung
nicht abzuleiten. Die Rundfunkanstalten seien zwar im Hinblick auf die Funktion
und die Bedeutung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gehalten, auch diejenigen Fernsehzuschauer zu versorgen, die Rundfunkprogramme über das Kabelnetz empfangen. Dies müsse jedoch nicht durch einen Vertrag mit den Betreibern der Kabelnetze geregelt werden, vielmehr hätten die Rundfunkanstalten
auch die Möglichkeit, den Kabelnetzbetreibern ohne vertraglich ausgehandelte
Einspeiseverpflichtung das Programmsignal so zur Verfügung zu stellen, dass
ihre Programmangebote auch den Kabelnetzkunden zugänglich seien, da die
Kabelnetzbetreiber ohne die Durchleitung von Programmsignalen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks kein wettbewerbsfähiges Produkt anbieten könnten
und ihnen zugleich nach § 52b RStV die gesetzliche Pflicht auferlegt sei, ihre
Kapazitäten vorrangig dem Programmangebot des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zur Verfügung zu stellen. Vor diesem Hintergrund und unter Beachtung
des sich aus § 19 RStV ergebenden Gebots zur Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit sei es nicht ermessensfehlerhaft, wenn die Rundfunkanstalten ihren
Verbreitungsauftrag ohne den Einkauf von Einspeiseleistungen erfüllten.
13
Auch kartellrechtlich seien die Rundfunkanstalten nicht gehalten, Einspeisedienstleistungen nachzufragen. Sie seien nicht Normadressaten im Sinne
von § 20 Abs. 1 oder 2 GWB. Eine marktbeherrschende oder marktstarke Stellung der Beklagten auf dem Markt für Signaleinspeisedienstleistungen sei nicht
festzustellen. Als Nachfrager auf dem relevanten Markt kämen die Sender in
Betracht, die derzeit über das Netz der Klägerin verbreitet würden, aber auch
alle Sender, deren Signal bei freien Kapazitäten in das Netz der Klägerin einge-
-7-
speist werden könnten. Eine Marktbeherrschung oder Marktstärke bestehe weder im Hinblick auf den Anteil der beklagten Rundfunkanstalten an der Zahl der
insgesamt eingespeisten Sender noch nach dem Verhältnis der von ihnen erstellten zur Gesamtheit der eingespeisten Programmsignale. Demgegenüber
sei es unerheblich, dass die Klägerin nach den Bestimmungen des Rundfunkrechts bestimmte Kapazitäten vorrangig den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten anzubieten habe. Gerade weil diese Kapazitäten von den öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten auch ohne ihre Teilnahme am Nachfragemarkt
erlangt werden könnten, könne die rundfunkrechtliche Einspeiseverpflichtung
der Kabelnetzbetreiber nicht zur Begründung einer marktbeherrschenden oder
marktstarken Stellung der öffentlich-rechtlichen Anstalten auf dem Nachfragemarkt herangezogen werden. Seien die Rundfunkanstalten danach in der Entscheidung frei gewesen, ob sie die Signaleinspeisung bei den Kabelnetzbetreibern nachfragen und vergüten, könne ihr Vorgehen, entsprechend ihrer bereits
in der Präambel des Einspeisevertrags bekanntgegebenen Rechtsauffassung
die Vergütung der Einspeisung zu beenden, nicht als missbräuchlich angesehen werden.
14
Die Kündigungen des Einspeisevertrags seien auch nicht wegen Verstoßes gegen § 1 GWB nichtig. Den Rundfunkanstalten falle im Zusammenhang
mit der Willensbildung zur Kündigung des Einspeisevertrags kein Kartellrechtsverstoß zur Last. Ein Verstoß der Rundfunkanstalten gegen § 1 GWB scheide
von vornherein aus, soweit es um die Koordination über die Beendigung der
Gemeinschaftsprogramme gehe, denn insoweit treffe die beklagten Anstalten
auch die gemeinsame Verbreitungslast. Aber auch die Absprache der beklagten
Rundfunkanstalten mit dem ZDF sei nicht verbotswidrig. Allerdings könne ein
Nachfragewettbewerb nicht verneint werden, weil den öffentlich-rechtlichen
Rundfunkanstalten unbeschadet des gesetzlichen Kabelbelegungsregimes der
Einkauf von Einspeisedienstleistungen nicht verboten gewesen sei. Jedoch
-8-
könne eine wettbewerbsbeschränkende Vereinbarung zwischen den beklagten
Rundfunkanstalten und dem ZDF über die Kündigung des Einspeisevertrags
nicht festgestellt werden. In der Besprechung vom 22. März 2011 hätten diese
zwar ihr Einvernehmen über die Beendigung des Einspeisevertrags und eine
künftige Nachfrage von Einspeisedienstleistungen festgestellt, doch lasse sich
daraus nicht auf den Willen schließen, wechselseitig Verpflichtungen einzugehen. Auch ein abgestimmtes Verhalten liege nicht vor. Bei der genannten Besprechung hätten die Beteiligten sich gegenseitig darüber unterrichtet, wie sie
künftig vorzugehen beabsichtigten. Es könne jedoch nicht festgestellt werden,
dass mit diesem Informationsaustausch bestehende wettbewerbliche Risiken
beseitigt worden seien. Soweit es um Programme gehe, zu deren Einspeisung
die Klägerin gesetzlich verpflichtet sei, sei die Kündigung von vornherein nicht
mit einem wettbewerblichen Risiko verbunden gewesen. Soweit die Klägerin
nach dem 31. Dezember 2012 die weitere Verbreitung einiger regionaler Varianten der Programme eingeschränkt und bestimmte Zusatzleistungen nicht
mehr erbracht habe, sei dies für die Rundfunkanstalten ohne maßgebliches
Gewicht, was sich daraus ergebe, dass sie diese Leistungen weder nachgefragt
noch mit der Klägerin hierüber in Verhandlungen eingetreten seien. Zudem fehle es an einem durch den gegenseitigen Informationsaustausch verursachten
Marktverhalten. Bei verständiger Würdigung der Umstände seien die im Juni
2012 ausgesprochenen Kündigungen das Ergebnis einer jeweils autonomen
Entscheidung der Rundfunkanstalten. Nachdem das Bundeskartellamt die
Rundfunkanstalten Anfang 2012 auf kartellrechtliche Bedenken hingewiesen
habe, sei anzunehmen, dass die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten diesen die gebührende Beachtung geschenkt und fortan die Frage, ob eine Kündigung erfolgen und die Nachfrage nach weiteren Einspeiseleistungen erfolgen
solle, autonom geprüft und entschieden hätten. Ohne Aussagekraft sei in diesem Zusammenhang der Umstand, dass die Rundfunkanstalten ihren im März
-9-
2011 geäußerten Standpunkt beibehalten und den Einspeisevertrag im Juni
2012 so wie seinerzeit in Aussicht gestellt gekündigt hätten, denn diese Kündigung sei die einzig in Betracht kommende Handlungsalternative gewesen. Bei
Beachtung des Wirtschaftlichkeits- und Sparsamkeitsgebots nach § 19 Satz 2
RStV wäre es ein eklatanter Rechtsverstoß gewesen, wenn die Rundfunkanstalten von einer Kündigung des Einspeisevertrags abgesehen und bei der Klägerin weiterhin die Einspeisung ihrer Programmsignale eingekauft hätten. Dem
weiteren Vorbringen der Klägerin hierzu sei nicht nachzugehen, auch bleibe ihr
Begehren nach einer gerichtlichen Anordnung, durch die die Beklagten zur Vorlage näher bezeichneter Urkunden verpflichtet würden, erfolglos.
15
Mit den Hilfsanträgen könne die Klägerin gleichfalls nicht durchdringen.
Die Rundfunkanstalten seien weder zum Abschluss des von der Klägerin angebotenen Vertrags noch überhaupt zum Abschluss eines entgeltlichen Einspeisevertrags verpflichtet. Nachdem die Kündigungen wirksam seien, bestehe
auch keine Schadensersatzpflicht der Beklagten. Ein Anspruch auf Aufwendungsersatz oder Bereicherungsausgleich bestehe nicht, weil die Klägerin bei
der Einspeisung der Gemeinschaftsprogramme ausschließlich in Erfüllung ihrer
rundfunkrechtlichen Pflichten und im eigenen wirtschaftlichen Interesse handle.
16
B.
Diese Beurteilung hält der rechtlichen Überprüfung nur zum Teil
stand. Die Revision der Klägerin bleibt hinsichtlich der Beklagten zu 2 erfolglos.
Hinsichtlich der Beklagten zu 1 und 3 bis 10 führt die Revision dagegen zur
Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung an das Berufungsgericht.
17
I.
Die Revision der Klägerin hat keinen Erfolg, soweit sie sich dage-
gen wendet, dass das Berufungsgericht die gegen die Beklagte zu 2 gerichtete
Klage abgewiesen hat. Die Klage ist insoweit allerdings bereits unzulässig, weil
die Beklagte zu 2 nicht parteifähig ist.
- 10 -
18
1.
Die Parteifähigkeit, also die Fähigkeit, in einem Rechtsstreit kla-
gen oder verklagt werden zu können, zählt zu den Prozessvoraussetzungen,
deren Mangel das Gericht gemäß § 56 Abs. 1 ZPO grundsätzlich in jeder Verfahrenslage, auch noch im Revisionsrechtszug, von Amts wegen zu berücksichtigen hat. Fehlt die Parteifähigkeit zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung, ist die Klage wegen Fehlens einer Sachurteilsvoraussetzung als unzulässig abzuweisen.
19
2.
So verhält es sich hier. Bei der Beklagten zu 2 handelt es sich, je-
denfalls soweit sie den Rundfunkanstalten zugewiesene öffentlich-rechtliche
Aufgaben erfüllt, nicht um eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, sondern um
eine öffentlich-rechtliche Gemeinschaftsform ohne eigene Rechtspersönlichkeit.
Gegenstand des Rechtsstreits ist die Frage, ob die Beklagten für die Einspeisung und Verbreitung der Gemeinschaftsprogramme an die Klägerin eine Vergütung zu leisten haben. Die Herstellung und Verbreitung der Gemeinschaftsprogramme ist den in der Beklagten zu 2 zusammengeschlossenen öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten gemäß §§ 11, 11b Abs. 1 RStV als öffentlichrechtliche Aufgabe zugewiesen (BGH, Urteil vom 30. April 2015 - I ZR 13/14,
BGHZ 205, 195 Rn. 18 ff. mwN - Tagesschau-App; BVerwG, NVwZ 2015, 991
Rn. 15; s. auch BVerfG, NVwZ 2014, 867 Rn. 44). Die Beklagte zu 2 handelt
mithin insoweit als öffentlich-rechtliche Gemeinschaftsform ohne eigene
Rechtspersönlichkeit. Sie ist nicht rechtsfähig und damit auch nicht parteifähig.
20
II.
Soweit die Berufung der Klägerin hinsichtlich des gegen die Be-
klagten zu 1 und 3 bis 10 gerichteten Klagebegehrens erfolglos geblieben ist,
hält das Berufungsurteil der rechtlichen Überprüfung in einem entscheidungserheblichen Punkt nicht stand. Die Versagung der von der Klägerin mit dem
Hauptantrag begehrten Feststellung, dass der Einspeisevertrag zwischen den
Parteien hinsichtlich der Gemeinschaftsprogramme auch nach Ablauf des
- 11 -
31. Dezember 2012 fortbestehe, hat mit der vom Berufungsgericht gegebenen
Begründung keinen Bestand. Die Klägerin hat zwar keinen Anspruch auf Fortsetzung des Einspeisevertrags oder den Neuabschluss eines solchen Vertrags
zu unveränderten Bedingungen. Die Feststellungen des Berufungsgerichts tragen jedoch nicht seine Beurteilung, § 1 GWB stehe der Wirksamkeit der Kündigung nicht entgegen.
21
1.
Zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass die be-
klagten Rundfunkanstalten grundsätzlich berechtigt waren, das Vertragsverhältnis mit der Klägerin zu kündigen. Eine gesetzliche Verpflichtung der Beklagten zur Fortsetzung des Vertrages zu unveränderten Bedingungen bestand
nicht.
22
a)
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs beendet eine
an sich zulässige Kündigung den Vertrag nicht, wenn der Kündigende dem Vertragspartner gegenüber verpflichtet ist, einen Vertrag gleichen Inhalts neu abzuschließen, der sich an den gekündigten Vertrag unmittelbar anschließen würde (BGH, Urteil vom 30. September 1981 - IVa ZR 187/80, VersR 1982, 259
unter I 2 der Gründe; Urteil vom 7. März 1989 - KZR 15/87, BGHZ 107, 273,
279 - Lotterie-Bezirksstelle). Die Kündigung wäre in einem solchen Fall mit Treu
und Glauben (§ 242 BGB) nicht zu vereinbaren.
23
Die Klägerin stützt die von ihr geltend gemachte Unwirksamkeit der Kündigung in erster Linie darauf, dass die Beklagten die Pflicht zur Zahlung eines
Entgelts für die Übertragung der Gemeinschaftsprogramme generell in Abrede
stellen. Ihrem Vorbringen ist jedoch hinreichend deutlich zu entnehmen, dass
sie der Auffassung ist, die Beklagten müssten den Einspeisevertrag zu den bisherigen Bedingungen fortführen. Nicht entscheidend für die rechtliche Beurteilung des Hauptantrags ist danach die Frage, ob die Klägerin zur unentgeltlichen
Übertragung der Gemeinschaftsprogramme verpflichtet ist. Maßgeblich ist viel-
- 12 -
mehr, ob die Beklagten die Pflicht trifft, mit der Klägerin einen Vertrag zu
schließen, nach welchem sie ihr weiterhin ein Entgelt für die Übertragung der
Programmsignale in der bisherigen Höhe und zu den bisherigen Konditionen zu
zahlen haben. Dies hat das Berufungsgericht im Ergebnis zutreffend verneint.
24
b)
Wie der Senat bereits entschieden und näher begründet hat, lässt
sich eine solche Kontrahierungspflicht den Regelungen des Rundfunkrechts
nicht entnehmen (BGH, Urteil vom 16. Juni 2015 - KZR 83/13, BGHZ 205, 355
Rn. 18 ff. - Einspeiseentgelt).
25
aa)
Die Klägerin ist als privatrechtlich tätige Betreiberin eines digitalen
Kabelnetzes, über das auch Fernseh- und Hörfunkprogramme verbreitet werden, Betreiberin einer Plattform im Sinne von § 2 Abs. 2 Nr. 13 RStV. Nach
§ 52b Abs. 1 Nr. 1 RStV hat sie daher im Umfang von höchstens einem Drittel
der für die digitale Verbreitung von Rundfunk zur Verfügung stehenden Gesamtkapazität sicherzustellen, dass die erforderlichen Kapazitäten für die bundesweite Verbreitung der gesetzlich bestimmten beitragsfinanzierten Programme zur Verfügung stehen. Hierzu rechnen auch die Gemeinschaftsprogramme
der beklagten Rundfunkanstalten. § 52b RStV verpflichtet die Klägerin, diese
Programme einzuspeisen und zu übertragen (s. auch BVerwG, NVwZ 2015,
991 Rn. 13). Den Regelungen in §§ 52b, 52d Satz 1 RStV lässt sich keine Aussage darüber entnehmen, ob der Betreiber einer Plattform, der seiner gesetzlichen Pflicht zur Verbreitung dieser Programme nachkommt, hierfür ein Entgelt
verlangen kann, erst recht nicht über dessen Höhe. Zu einer Regelung dieser
Frage hat sich der Gesetzgeber in Kenntnis der unterschiedlichen Auffassungen, die hierzu spätestens seit 2008 vertreten wurden, auch bei den zeitlich
nachfolgenden Änderungen des Rundfunkstaatsvertrags, insbesondere bei der
letzten Veränderung von § 52b RStV durch Art. 3 Nr. 8 des 15. Rundfunkände-
- 13 -
rungsstaatsvertrags vom 15. Dezember 2010, die zum 1. Januar 2013 in Kraft
getreten ist, nicht veranlasst gesehen.
26
bb)
Ein anderes Verständnis dieser rundfunkrechtlichen Normen ist,
wie der Senat bereits ausgeführt hat (BGHZ 205, 355 Rn. 24 ff. - Einspeiseentgelt), weder durch das Unionsrecht noch verfassungsrechtlich geboten. Es ist
nichts dafür ersichtlich, dass die Klägerin unzumutbar belastet würde, wenn sie
die gesetzliche Pflicht zur Übertragung der Gemeinschaftsprogramme der Beklagten erfüllen müsste, ohne dafür von diesen das bisher gezahlte Entgelt verlangen zu können.
27
Die Programme der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten werden der
Klägerin leitungsgebunden oder per Satellit zur Verfügung gestellt. Sie führt
diese an die regionalen Netze heran (Netzebene 2) und verteilt sie dann über
Breitbandkabelnetze regional (Netzebene 3). Dort werden die Signale in nachgelagerte Netze (Netzebene 4) eingespeist, an die die Haushalte als Endkunden angeschlossen sind. Die Klägerin beschränkt sich jedoch - anders als die
Betreiber von Satelliten und terrestrischen Sendeanlagen - nicht auf die bloße
Übertragung des Programmsignals, sondern bietet den Endkunden und der
Wohnungswirtschaft verschiedene Kabelanschlussprodukte gegen Entgelt an.
Für die Attraktivität ihres Angebots ist maßgeblich, welche Fernseh- und Hörfunkprogramme sie dem Endkunden über den Kabelanschluss zur Verfügung
stellt. Zwischen den Parteien steht außer Streit, dass ein Kabelnetzbetreiber auf
den Netzebenen 3 und 4 ohne die Durchleitung von Programmsignalen des
öffentlich-rechtlichen Rundfunks nicht wettbewerbsfähig ist. Die Überlassung
der Programmsignale ist für die Klägerin mithin von erheblichem wirtschaftlichem Wert, weil die Attraktivität ihres Angebots gegenüber den Endkunden und
deren Bereitschaft, hierfür ein Entgelt zu zahlen, davon beeinflusst wird, ob sie
die Programme der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten empfangen kön-
- 14 -
nen. Diese stellen der Klägerin die Programmsignale unentgeltlich zur Verfügung. Bei wirtschaftlicher Betrachtung stehen also der Leistung der Klägerin,
die in der Verbreitung der Programmsignale an die an das Kabelnetz angeschlossenen Zuschauerhaushalte besteht, Leistungen der Beklagten gegenüber, die der Klägerin diese Programmsignale kostenlos überlassen und ihr
damit die Möglichkeit zu deren kommerzieller Verwertung eröffnen. Angesichts
dessen ist nichts dafür ersichtlich, dass der Klägerin die Erfüllung ihrer gesetzlichen Pflicht zur Übertragung der Gemeinschaftsprogramme nur dann zuzumuten sein sollte, wenn ein Einspeisevertrag geschlossen wird, der vorsieht, dass
ihr weiterhin das bislang vereinbarte Entgelt gezahlt wird. Die Revision zeigt
insoweit keine Gesichtspunkte auf, die eine andere Beurteilung rechtfertigen
könnten.
28
c)
Eine Pflicht der Beklagten zum Wiederabschluss des bisherigen
Einspeisevertrags mit der Klägerin ergibt sich auch nicht aus kartellrechtlichen
Bestimmungen.
29
aa)
Die Beklagten zu 1 und 3 bis 10 sind als Unternehmen im Sinne
des Kartellrechts anzusehen (BGHZ 205, 355 Rn. 35 ff. - Einspeiseentgelt).
30
bb)
Der Anwendung der Bestimmungen des Kartellrechts steht nicht
entgegen, dass sich die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten dazu entschlossen haben, den Einspeisevertrag nicht fortzuführen. Dies führt nicht dazu,
dass es an einem Marktgeschehen fehlt.
31
Eine Überprüfung dieses Verhaltens nach den Regeln des Kartellrechts
schiede aus, wenn den Beklagten die Fortführung des Einspeisevertrags oder
der Abschluss eines neuen, gleichartigen Vertrags rechtlich untersagt wäre.
Dies kann jedoch - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - nicht angenommen werden.
- 15 -
32
Im Rahmen seiner Ausführungen dazu, ob das Verhalten der Beklagten
gegen das Verbot wettbewerbsbeschränkender Vereinbarungen verstößt, hat
das Berufungsgericht zwar zunächst ausgeführt, den beklagten Rundfunkanstalten sei unbeschadet des gesetzlichen Kabelbelegungsregimes der Einkauf
von Einspeisedienstleistungen nicht verboten gewesen. Dagegen heißt es in
den Entscheidungsgründen etwas später, im Hinblick auf das in § 19 Satz 2
RStV normierte Gebot zur Beachtung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und
Sparsamkeit wäre es ein "eklatanter Rechtsverstoß" gewesen, wenn die beklagten Rundfunkanstalten und das ZDF von einer Kündigung des Einspeisevertrags abgesehen hätten und bei der Klägerin weiterhin die Einspeisung ihrer
Programmsignale einkauften.
33
Letzteres trifft nicht zu. Nach § 19 RStV können die öffentlich-rechtlichen
Rundfunkanstalten ihrem gesetzlichen Auftrag durch die Nutzung geeigneter
Übertragungswege nachkommen. Ihre verfassungsrechtlich gewährleistete Autonomie erstreckt sich auch auf die Wahl der Verbreitungswege und -modalitäten für die von ihnen erstellten Programme (BVerfGE 87, 181, 203; BVerwGE 107, 275, 287 f.). Bei dieser Wahl haben die Rundfunkanstalten zwar nach
§ 19 Satz 2 RStV die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu beachten. Daraus kann jedoch nicht abgeleitet werden, dass die Rundfunkanstalten bei der Auswahl der Verbreitungswege allein die hierfür anfallenden Kosten
in den Blick zu nehmen haben. Sie dürfen und müssen vielmehr auch weitere
Kriterien, insbesondere die technischen Möglichkeiten und das tatsächliche Rezeptionsverhalten der Zuschauer sowie deren Bereitschaft und Möglichkeit zum
Wechsel des Übertragungswegs, aber auch die insbesondere für die Einkünfte
aus Werbung bedeutsame Reichweite, die sie jeweils erzielen können, in ihre
Überlegungen einbeziehen. Unter diesen Umständen lässt sich aus dem Bestehen einer gesetzlichen Übertragungspflicht der Kabelnetzbetreiber nicht der
Schluss ziehen, dass es den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten verwehrt
- 16 -
wäre, einen entgeltlichen Einspeisevertrag abzuschließen (BGHZ 205, 355 Rn.
40 - Einspeiseentgelt).
34
cc)
Die Revision rügt mit Recht, dass das Berufungsgericht eine
marktbeherrschende Stellung der Beklagten verneint hat.
35
(1)
Im Ausgangspunkt zutreffend hat das Berufungsgericht als sach-
lich relevanten Markt denjenigen für die Nachfrage nach der Übertragung von
Programmsignalen über Breitbandkabel angesehen. Die Übertragung von Programmsignalen via Satellit oder über terrestrische Sendeanlagen hat außer Betracht zu bleiben, weil die Klägerin sie nicht anbietet. Räumlich ist der Markt
zumindest bundesweit abzugrenzen.
36
(2)
Anders als das Berufungsgericht meint haben die Beklagten auf
diesem Markt jedoch eine beherrschende Stellung. Diese ergibt sich aus den
rundfunkrechtlichen Regelungen, die die Klägerin gesetzlich verpflichten, einen
Teil der Kapazität ihres Kabelnetzes ausschließlich für die Übertragung der gebührenfinanzierten Programme - auch die Gemeinschaftsprogramme der Beklagten - freizuhalten. Durch diese gesetzliche Regelung ist die Klägerin daran
gehindert, die für die Beklagten und die weiteren öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten reservierten Kapazitäten an andere Programmanbieter zu vergeben. Die Beklagten müssen sich deshalb bei der Nachfrage nach Übertragungsleistungen hinsichtlich dieses Teils der Kapazitäten nicht dem Wettbewerb solcher Unternehmen stellen, deren Programme nicht unter die gesetzliche Übertragungspflicht fallen. Hinzu kommt, dass die Beklagten insoweit auch keinem
Wettbewerb der anderen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ausgesetzt
sind, weil die nach § 52b RStV vorzuhaltenden Kapazitäten ausreichen, um
sämtliche gebührenfinanzierten Programme zu übertragen (BGHZ 205, 355
Rn. 46 - Einspeiseentgelt).
- 17 -
37
dd)
Die Weigerung der Beklagten, mit der Klägerin einen Vertrag zu
gegenüber dem bisherigen Einspeisevertrag unveränderten Konditionen abzuschließen, stellt jedoch keinen Missbrauch dieser marktbeherrschenden Stellung im Sinne von § 19 GWB dar.
38
(1)
Nach § 19 Abs. 2 Nr. 1 Alt. 2 GWB liegt ein Missbrauch insbeson-
dere dann vor, wenn ein marktbeherrschendes Unternehmen als Anbieter oder
Nachfrager ein anderes Unternehmen ohne sachlich gerechtfertigten Grund
unmittelbar oder mittelbar anders behandelt als gleichartige Unternehmen. Die
Beklagten behandeln die Klägerin nicht anders als andere Kabelnetzbetreiber.
Sie zahlen auch anderen Betreibern solcher Netze kein Entgelt für die Übertragung von Programmsignalen.
39
(2)
Ohne Erfolg macht die Revision geltend, ein missbräuchliches
Verhalten der Beklagten im Sinne von § 19 Abs. 2 Nr. 2 GWB ergebe sich daraus, dass sie der Klägerin die Zahlung eines Entgelts für die Übertragungsleistung verweigere, während private Fernsehsender weiterhin ein Entgelt zahlten.
40
Das Regelbeispiel nach § 19 Abs. 2 Nr. 2 GWB knüpft daran an, dass die
Konditionen auf dem betroffenen Markt von denjenigen abweichen, die sich bei
wirksamem Wettbewerb mit hoher Wahrscheinlichkeit ergeben würden. Ein solcher Schluss wird insbesondere dann naheliegen, wenn sich auf vergleichbaren
Märkten mit wirksamem Wettbewerb andere Konditionen herausbilden. Die Behauptung der Klägerin, private Sender zahlten ihr ein angemessenes Entgelt, ist
unzureichend, insbesondere lassen sich ihrem Vortrag keine näheren Angaben
dazu entnehmen, wofür und in welcher Höhe ein Entgelt gezahlt wird. Damit
fehlt es an einer hinreichenden Grundlage für einen Vergleich mit den Verhältnissen zwischen der Klägerin und den Beklagten, der die Schlussfolgerung tragen könnte, die Beklagten müssten weiterhin das bisherige Entgelt entrichten.
- 18 -
41
(3)
Die Weigerung der Beklagten, den Einspeisevertrag zu den bishe-
rigen Konditionen fortzusetzen, ist auch nicht mit Blick darauf als missbräuchlich anzusehen, dass sie sich in der Vergangenheit mit diesen Konditionen einverstanden erklärt haben. Zwar ist es nach dem zeitlichen Vergleichsmarktkonzept nicht ausgeschlossen, zur Feststellung eines Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung auch Preise heranzuziehen, die sich früher auf demselben Markt bei wirksamem Wettbewerb gebildet haben. Dabei ist jedoch darauf
Bedacht zu nehmen, dass das Marktgeschehen naturgemäß dynamisch verläuft, und grundsätzlich auch ein marktbeherrschendes Unternehmen nicht daran gehindert werden darf, sich um die Durchsetzung anderer, günstigerer Konditionen zu bemühen. Eine Änderung der Konditionen kann daher grundsätzlich
nur bei Vorliegen weiterer Umstände auf ein missbräuchliches Verhalten hinweisen. Aus dem Vorbringen der Klägerin ergibt sich nicht, dass jede ihr nachteilige Abweichung von den bisherigen Konditionen als Verhalten anzusehen
wäre, das gegen § 19 Abs. 2 Nr. 2 GWB verstieße.
42
2.
Die Auffassung des Berufungsgerichts, die Kündigung sei nicht
wegen Verstoßes gegen § 1 GWB unwirksam, hält dagegen der rechtlichen
Überprüfung nicht stand.
43
a)
Nach § 1 GWB sind aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen
von Unternehmen, die eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung
des Wettbewerbs bezwecken oder bewirken, verboten.
44
aa)
Bei der abgestimmten Verhaltensweise handelt es sich um eine
Form der Koordinierung zwischen Unternehmen, die zwar nicht bis zum Abschluss eines Vertrags gediehen ist, jedoch bewusst eine praktische Zusammenarbeit an die Stelle des mit Risiken verbundenen Wettbewerbs treten lässt
und damit dem Grundgedanken des Wettbewerbsrechts zuwiderläuft, wonach
jeder Unternehmer selbständig über sein Marktverhalten zu bestimmen hat.
- 19 -
Unzulässig ist danach jede unmittelbare oder mittelbare Fühlungnahme zwischen Unternehmen, die bezweckt oder bewirkt, das Marktverhalten eines
Wettbewerbers zu beeinflussen oder einen Wettbewerber über das Marktverhalten zu informieren, zu dem man sich entschlossen hat oder das man in Erwägung zieht. Typisches Mittel einer verbotenen Verhaltensabstimmung ist der
Austausch von Informationen über wettbewerbsrelevante Parameter mit dem
Ziel, die Ungewissheit über das zukünftige Marktverhalten des Konkurrenten
auszuräumen (OLG Düsseldorf, WuW/E DE-R 3889, 3892 - Silostellgebühren I). Erforderlich ist zudem, dass die Abstimmung ursächlich für ein entsprechendes Marktverhalten ist, doch gilt insoweit die Vermutung, dass die an der
Abstimmung beteiligten Unternehmen die mit ihren Wettbewerbern ausgetauschten Informationen bei der Bestimmung ihres Marktverhaltens berücksichtigen (s. zu Art. 101 Abs. 1 AEUV EuGH, Slg. 1999 I-4125 Rn. 115 ff. - Kommission/Anic Partecipazione; Slg. 1999 I-4287 Rn. 158 ff. - Hüls/Kommission;
Slg. 1999 I-4539 Rn. 125 ff. - Montecatini/Kommission; Slg. 2009 I-4529 Rn. 51
- T-Mobile Netherlands/NMa).
45
bb)
Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts haben die beklag-
ten Rundfunkanstalten in einer Besprechung mit dem ZDF am 22. März 2011
Einverständnis darüber festgestellt, fortan keinem Kabelnetzbetreiber mehr
Entgelt für die Einspeisung von Programmsignalen zu zahlen und zur Umsetzung dieses Vorhabens die mit der Klägerin und den später in der Unitymedia
GmbH zusammengeführten Betreibern der Kabelnetze in Nordrhein-Westfalen,
Hessen und Baden-Württemberg geschlossenen Einspeiseverträge zum Ablauf
des Jahres 2012 zu kündigen. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist
darin eine abgestimmte Verhaltensweise zu sehen, die dem Verbot des § 1
GWB unterfällt.
- 20 -
46
Bei dieser Besprechung haben die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten sich wechselseitig über ihren Entschluss in Kenntnis gesetzt, künftig keinem
Kabelnetzbetreiber mehr Entgelt für die Einspeisung von Programmsignalen zu
zahlen. Hierdurch haben sie die Unsicherheit darüber ausgeräumt, ob es künftig
eine der beteiligten Rundfunkanstalten unternehmen werde, sich dadurch, dass
sie mit einem Kabelnetzbetreiber die Zahlung eines Entgelts über das Jahr
2012 hinaus vereinbart, einen Vorteil im Wettbewerb zu verschaffen. Trotz der
gesetzlichen Regelung bestimmter Pflichten der Kabelnetzbetreiber in § 52b
RStV bestehen insoweit, wie sich aus den Feststellungen des Berufungsgerichts ergibt, gewisse Spielräume, beispielsweise hinsichtlich des Umfangs der
Verbreitung der regionalen Varianten Dritter Programme und hinsichtlich der
technischen Qualität, etwa der Bandbreite für die digitale Übertragung. Der Umstand, dass nach Ablauf des Jahres 2012 keine der beteiligten Rundfunkanstalten den Versuch unternommen hat, die Klägerin durch das Versprechen eines
Einspeiseentgelts davon abzuhalten, entsprechende Einschränkungen ihrer
Leistungen vorzunehmen, rechtfertigt nicht den Schluss, diese seien wettbewerblich nicht relevant. Ursache hierfür kann vielmehr auch die Fortwirkung der
Verhaltensabstimmung sein.
47
Der Informationsaustausch erfolgte unter Wettbewerbern. Zwar ist die
Veranstaltung der Gemeinschaftsprogramme den in der Beklagten zu 2 zusammengeschlossenen Beklagten zu 1 und 3 bis 10 durch § 11b Abs. 1 RStV
als gemeinsame Aufgabe zugewiesen. Anders als die Revision meint obliegt
den beteiligten Rundfunkanstalten danach nicht nur die Entscheidung über die
Programmgestaltung als Gemeinschaftsaufgabe, sie haben vielmehr in dem
durch das Programmkonzept Digitale Fernsehprogramme der ARD (Anlage zu
§ 11b Abs. 1 Nr. 2 RStV, dort Abschnitt V) gezogenen Rahmen auch über die
Modalitäten der Verbreitung der Gemeinschaftsprogramme und damit zugleich
über die hierdurch entstehenden Kosten gemeinsam zu entscheiden. Eine ge-
- 21 -
meinsame Entscheidung über die Verbreitung der Gemeinschaftsprogramme ist
zudem mit Rücksicht darauf geboten, dass sich mit der Ausstrahlung rundfunkrechtlich jede Landesrundfunkanstalt das Programm zu Eigen macht und im
Außenverhältnis als verantwortlicher Veranstalter gilt (Binder in Hahn/Vesting,
Rundfunkrecht, 3. Auflage, § 11b RStV Rn. 63). Hinsichtlich der von ihnen veranstalteten Gemeinschaftsprogramme und deren Verbreitung stehen die beklagten Rundfunkanstalten mithin untereinander nicht in Wettbewerb. An der
Besprechung vom 22. März 2011 hat jedoch auch das ZDF teilgenommen. Soweit es nicht um die von den Beklagten gemäß § 11b Abs. 4 RStV mit dem ZDF
veranstalteten Gemeinschaftsprogramme geht, stehen die Beklagten mit dem
ZDF, nicht anders als mit den privaten Programmveranstaltern, in Wettbewerb
nicht nur um Zuschauer, sondern auch um Werbekunden.
48
cc)
Die Annahme des Berufungsgerichts, der Informationsaustausch
unter den Beklagten und dem ZDF sei für das spätere Marktverhalten nicht
kausal geworden, ist nicht frei von Rechtsfehlern.
49
(1)
Das Berufungsgericht hat hierzu darauf verwiesen, dass das Bun-
deskartellamt gegen die beklagten Rundfunkanstalten und das ZDF Ermittlungen wegen des Verdachts eines Verstoßes gegen § 1 GWB aufgenommen und
den Vertretern dieser Sender seine Bedenken in einer Besprechung vom 16.
April 2012 verdeutlich habe. Es entspreche vernünftigem Verhalten und sei
mangels entgegenstehender Anhaltspunkte anzunehmen, dass die Vertreter
der Beklagten und des ZDF sich im Hinblick auf ein sonst drohendes Einschreiten der Kartellbehörde entschlossen hätten, zukünftig jeweils autonom über die
Nachfrage nach Einspeisedienstleistungen zu entscheiden. Der Tatsache, dass
die Rundfunkanstalten bald darauf, im Juni 2012 mit inhaltlich gleichlautenden
und einheitlich gestalteten Schreiben den Einspeisevertrag gekündigt hätten,
sei insoweit ohne Aussagekraft.
- 22 -
50
(2)
Der Tatrichter ist grundsätzlich darin frei, welche Beweiskraft er
den Indizien im Einzelnen und in einer Gesamtschau für seine Überzeugungsbildung beimisst. Revisionsrechtlich ist seine Würdigung jedoch darauf zu überprüfen, ob er die rechtlich relevanten Umstände vollständig berücksichtigt und
nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstoßen hat. Diesen Anforderungen hält die Beurteilung des Berufungsgerichts nicht stand.
51
Die Abstimmung des Verhaltens unter Wettbewerbern durch den Austausch von Informationen über ihr künftiges Marktverhalten hat nach der Lebenserfahrung auch ohne weiteres Zutun nachteiligen Einfluss auf den Wettbewerb. Dies begründet die Vermutung, dass die an der Abstimmung beteiligten
Unternehmen die mit ihren Wettbewerbern ausgetauschten Informationen bei
der Bestimmung ihres Marktverhaltens berücksichtigen (EuGH, Slg. 1999 I4125 Rn. 121 - Kommission/Anic Partecipazioni; Slg. 2009 - I-4529 Rn. 51 ff.
- T-Mobile Netherlands/NMa). Ein in der Folge von der Abstimmung unabhängiges Marktverhalten aufgrund einer selbständig getroffenen unternehmerischen
Entscheidung kann daher nur dann angenommen werden, wenn greifbare Anhaltspunkte dafür feststellbar sind. An deren Nachweis dürfen keine zu geringen
Anforderungen gestellt werden.
52
Solche Anhaltspunkte hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Vielmehr haben die beklagten Rundfunkanstalten und das ZDF im Juni 2012 und
damit kurz nach der Besprechung vom 16. April 2012 zeitgleich und mit im Wesentlichen gleichlautenden Schreiben die Kündigung des Einspeisevertrags mit
der Klägerin erklärt. Sie haben sich damit so verhalten, wie es ihrer Abstimmung vom März 2011 entsprach. Das Berufungsgericht hat den von der Klägerin angebotenen Beweis über ihre Behauptung, die Intendanten der Beklagten
zu 3 und zu 6 hätten in separat geführten Gesprächen über die Zahlung von
Einspeiseentgelt auf eine abgestimmte Haltung der beklagten Rundfunkanstal-
- 23 -
ten unter Koordination der Beklagten zu 5 verwiesen, nicht erhoben. Für die
Revisionsinstanz ist deshalb zu unterstellen, dass dieser Vortrag zutrifft. Unter
diesen Umständen bedurfte es entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts
keiner weiteren Darlegung der Klägerin, dass das Verhalten der Beklagten nicht
auf jeweils selbständig getroffenen Entscheidungen beruhte. Vielmehr war es
Sache der Beklagten, etwa durch Vorlage von Entscheidungsvorlagen, Protokollen oder Beschlüssen der zuständigen Gremien Anhaltspunkte dafür darzutun, dass sie sich jeweils selbständig entschlossen haben, den Vertrag mit der
Klägerin zu kündigen und künftig kein Einspeiseentgelt mehr zu zahlen.
53
3.
Die Sache ist danach an das Berufungsgericht zurückzuverwei-
sen. Den Parteien wird insbesondere Gelegenheit zu geben sein, zu der Frage
der Ursächlichkeit der abgestimmten Verhaltensweise für das spätere Marktverhalten der Beklagten weiter vorzutragen.
54
C.
Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
55
I.
Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, dass die Kün-
digungen unwirksam wären, wenn die Beklagten sich hierzu nicht selbständig
entschlossen, sondern in Vollziehung einer kartellrechtswidrigen Abstimmung
ihres Verhaltens gehandelt hätten (BGHZ 205, 355 Rn. 59 ff. - Einspeiseentgelt).
56
II.
Die Beklagten sind nicht daran gehindert, hinsichtlich der Frage,
ob sie bereit sind, für die Einspeisung der von ihnen veranstalteten Gemeinschaftsprogramme an die Klägerin weiterhin ein Entgelt zu zahlen, eine gemeinsame Entscheidung zu treffen. Kartellrechtlich unzulässig ist dagegen die
Abstimmung mit Rundfunkanstalten, die nicht an der Erstellung und Verbreitung
dieser Gemeinschaftsprogramme beteiligt sind.
- 24 -
57
III.
Für den Fall, dass die Klage mit dem Hauptantrag erfolglos blei-
ben sollte, weist der Senat auf Folgendes hin: Aus den Regelungen des Rundfunkstaatsvertrags kann - wie ausgeführt - nicht abgeleitet werden, dass eine
Verpflichtung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, die Einspeisung und
Übertragung ihrer Programme durch die Klägerin zu vergüten, von vornherein
ausscheidet. Der Gesetzgeber hat diese Regelungen zu einer Zeit geschaffen,
zu der zwischen den großen Kabelnetzbetreibern und den öffentlich-rechtlichen
Rundfunkanstalten Einspeiseverträge bestanden. Er hat sich in dieser Situation
darauf beschränkt, einerseits im öffentlichen Interesse die Pflicht der Kabelnetzbetreiber zur Übertragung der gebührenfinanzierten Programme gesetzlich
abzusichern (§ 52b RStV) und andererseits festzuschreiben, dass die Programmanbieter durch ein für die Verbreitung des Programmsignals zu zahlendes Entgelt nicht unbillig behindert oder diskriminiert werden dürfen (§ 52d
RStV). Aus diesen Regelungen kann, wie oben ausgeführt, keine Verpflichtung
der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten hergeleitet werden, die Einspeiseverträge zu den bisherigen Konditionen fortzuführen. Ihnen kann aber auch
nicht entnommen werden, dass eine Verpflichtung der öffentlich-rechtlichen
Rundfunkanstalten - und damit auch der Beklagten - der Klägerin ein Entgelt für
die Einspeisung und Übertragung des Programmsignals zu zahlen, von vornherein ausscheidet. Die gesetzliche Pflicht zur Einspeisung und Übertragung bestimmter gebührenfinanzierter Programme wurde im öffentlichen Interesse geschaffen. Sie soll sicherstellen, dass die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ihrem Grundversorgungsauftrag nachkommen können, dient jedoch nicht
dazu, diese wirtschaftlich zu begünstigen. Die Einspeisung hat daher zu angemessenen Bedingungen zu erfolgen, deren Festlegung den Beteiligten obliegt.
Verhandlungen hierüber könnten auf Seiten der Programmanbieter - nicht nur
hinsichtlich der Gemeinschaftsprogramme, sondern insgesamt - von den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten gemeinsam geführt werden, ohne dass darin
- 25 -
bereits ein Verstoß gegen § 1 GWB läge. Die Entscheidung darüber, ob das
Ergebnis solcher Verhandlungen in eine rechtlich bindende Regelung umgesetzt wird, hätte allerdings jede Rundfunkanstalt in eigener Verantwortung zu
treffen.
58
Die Einspeisung und Übertragung ihres Programmsignals verschafft den
Beklagten erhebliche Vorteile. Die Beklagten können ihrem Grundversorgungsauftrag nur dann umfassend nachkommen, wenn das Signal auch in das Breitbandkabelnetz eingespeist wird. Dies gilt jedenfalls so lange, wie eine erhebliche Zahl von Zuschauerhaushalten an das Kabelnetz angeschlossen ist und die
Programme der Beklagten aus rechtlichen, tatsächlichen oder wirtschaftlichen
Gründen nicht ohne weiteres auf andere Weise empfangen kann. Für die digitalen Gemeinschaftsprogramme ergibt sich dies ferner aus Abschnitt V des Programmkonzepts Digitale Fernsehprogramme der ARD (Anlage zu § 11b Abs. 1
Nr. 2 RStV). Die Zahl der Zuschauer, die das Programmsignal der Beklagten
empfangen können, ist zudem für die wirtschaftlichen Aktivitäten der Beklagten,
insbesondere den Wert der verkauften Werbezeit, unabhängig davon, ob diese
von den Beklagten selbst oder von Tochtergesellschaften vergeben werden,
von erheblicher Bedeutung. Die Beklagten können der Forderung der Klägerin
nach einer Vergütung der Übertragung daher nicht erfolgreich mit dem Hinweis
begegnen, sie hätten an der Einspeisung und Übertragung des Programmsignals durch die Klägerin kein eigenes Interesse.
59
Erbringt die Klägerin danach für die Beklagten wirtschaftlich werthaltige
Leistungen, haben die Beklagten diese grundsätzlich zu vergüten. Als marktbeherrschendes Unternehmen ist es ihnen verwehrt, Geschäftsbedingungen zu
fordern, die von denen abweichen, die sich bei wirksamem Wettbewerb mit hoher Wahrscheinlichkeit ergeben würden (§ 19 Abs. 2 Nr. 2 GWB). Es darf andererseits nicht aus dem Blick geraten, dass auch die Beklagten eine wirtschaft-
- 26 -
lich wertvolle Leistung bereitstellen, indem sie der Klägerin das Programmsignal
kostenlos überlassen und ihr damit die Möglichkeit zu dessen kommerzieller
Verwertung eröffnen. Die Auffassung der Klägerin, mit der von ihr für die Einräumung des Kabelweitersenderechts zu zahlenden Vergütung seien sämtliche
in Betracht kommenden Ansprüche der Beklagten abgegolten, trifft nicht zu.
Wenn die Klägerin geltend macht, sie könne für die Einspeisung und den
Transport der Programmsignale - und damit für Handlungen, durch die sie das
ihr eingeräumte Recht zur Kabelweitersendung ausübt - von den Beklagten eine Vergütung verlangen, kann es diesen grundsätzlich nicht verwehrt sein, gegenüber einer solchen Forderung auf den wirtschaftlichen Wert zu verweisen,
den die Überlassung dieser Programmsignale für die Klägerin darstellt. Für die
Frage, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe die Klägerin von den Beklagten
für die Einspeisung und Übertragung des Programmsignals ein Entgelt verlangen kann, wird es mithin maßgeblich darauf ankommen, in welchem Verhältnis
die Werte der beiderseitigen Leistungen nach der Beurteilung des Marktes oder
- 27 -
eines Vergleichsmarktes stehen. Der Klägerin wird gegebenenfalls Gelegenheit
zu geben sein, ihren Vortrag hierzu zu ergänzen und, soweit erforderlich, ihre
Klageanträge anzupassen.
Limperg
Meier-Beck
Bacher
Strohn
Deichfuß
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 14.03.2013 - 31 O (Kart) 466/12 OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 21.05.2014 - VI-U (Kart) 16/13 -