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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 185/07
Verkündet am:
16. Februar 2009
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
ja
BGHR:
ja
Kirch/Deutsche Bank
AktG § 101 Abs. 1, §§ 130, 131, 132, 161, 241 Nr. 2, § 243 Abs. 4, § 246 Abs. 1, § 248
Abs. 1; BeurkG § 37 Abs. 1 Nr. 2, § 44 a Abs. 2
a) Ein notarielles Hauptversammlungsprotokoll i.S. des § 130 Abs. 1 Satz 1 AktG hat
den Charakter eines Berichts des Notars über seine Wahrnehmungen und muss von
ihm nicht in der Hauptversammlung fertig gestellt, sondern kann auch noch danach
im Einzelnen ausgearbeitet und unterzeichnet werden. Urkunde im Sinne des Gesetzes ist erst die von dem Notar autorisierte, unterzeichnete und in den Verkehr gegebene Endfassung.
b) Die Überwachung und Protokollierung der Stimmenauszählung fällt nicht unter die
zwingenden, mit der Nichtigkeitssanktion des § 241 Nr. 2 AktG bewehrten Protokollierungserfordernisse gemäß § 130 Abs. 1, 2 und 4 AktG.
c) Eine Unrichtigkeit der gemäß § 161 AktG vom Vorstand und Aufsichtsrat abzugebenden "Entsprechenserklärungen" führt wegen der darin liegenden Verletzung von Organpflichten zur Anfechtbarkeit jedenfalls der gleichwohl gefassten Entlastungsbeschlüsse,
soweit
die
Organmitglieder
die
Unrichtigkeit
kannten
oder kennen mussten.
-2d) Unrichtig ist oder wird eine Entsprechenserklärung gemäß § 161 AktG, wenn entgegen Ziff. 5.5.3 DCGK nicht über das Vorliegen und die praktische Behandlung eines
Interessenkonflikts in der Person eines Organmitglieds berichtet wird. Ein solcher Interessenkonflikt entsteht bereits, wenn ein Dritter eine Schadensersatzklage gegen
die Gesellschaft erhebt, die auf einen Gesetzesverstoß des betreffenden Aufsichtsratsmitglieds während seiner früheren Vorstandstätigkeit gestützt wird.
e) Eine Satzungsregelung, welche die Durchführung einer Listenwahl der Aufsichtsratsmitglieder (§ 101 Abs. 1 AktG) in das Ermessen des Versammlungsleiters stellt,
ist wirksam und kann nicht durch einen Geschäftsordnungsantrag einzelner Aktionäre, eine Einzelwahl durchzuführen, außer Kraft gesetzt werden.
f) Die Anfechtung eines Hauptversammlungsbeschlusses wegen Informationspflichtverletzungen (§ 131 Abs. 1 Satz 1, § 243 Abs. 4 AktG) setzt die konkrete Angabe der
angeblich in der Hauptversammlung nicht beantworteten Fragen innerhalb der Frist
des § 246 Abs. 1 AktG voraus.
g) Im Auskunftserzwingungsverfahren gemäß § 132 AktG ergangene Entscheidungen
binden das Gericht im Anfechtungsprozess nicht.
h) Der Erfolg der Anfechtungsklage eines von mehreren (notwendigen) Streitgenossen
kommt im Hinblick auf § 248 Abs. 1 AktG auch den übrigen Streitgenossen zugute,
ohne dass es einer Prüfung der von ihnen (zusätzlich) vorgebrachten Anfechtungsgründe gegen denselben Hauptversammlungsbeschluss bedarf (vgl. BGHZ 122, 211,
240).
BGH, Urteil vom 16. Februar 2009 - II ZR 185/07 - OLG Frankfurt am Main
LG Frankfurt am Main
-3-
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche
Verhandlung
vom
27. Oktober
2008
durch
den
Vorsitzenden
Richter
Prof. Dr. Goette und die Richter Kraemer, Dr. Strohn, Dr. Reichart und
Dr. Drescher
für Recht erkannt:
Unter Zurückweisung der weitergehenden Rechtsmittel der Kläger
zu 1 und 2 wird auf die Revisionen der Kläger zu 1 bis 3 das Urteil
des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom
17. Juli 2007 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Anfechtungsklagen der Kläger zu 1 bis 3 gegen die Entlastungsbeschlüsse der Hauptversammlung der Beklagten vom 10. Juni 2003
(TOP 3 und 4) abgewiesen worden sind.
Auf die Berufungen der Kläger zu 1 bis 3 wird unter Zurückweisung der weitergehenden Rechtsmittel der Kläger zu 1 und 2 das
Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 21. Dezember
2005 - mit Ausnahme der Entscheidung über die Zurückweisung
der Nebenintervention des Streithelfers Frank Scheunert - abgeändert und wie folgt gefasst:
Die Entlastungsbeschlüsse der Hauptversammlung der Beklagten
vom 10. Juni 2003 (TOP 3 und 4) werden für nichtig erklärt. Im
Übrigen werden die Klagen der Kläger zu 1 und 2 abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden wie folgt verteilt:
-4-
Die Beklagte trägt 3/5 der Gerichtskosten, 3/5 ihrer eigenen außergerichtlichen Kosten, die Hälfte der außergerichtlichen Kosten
der Kläger zu 1 und 2 und diejenigen des Klägers zu 3 voll.
Die Kläger zu 1 und 2 tragen 2/5 der Gerichtskosten und der außergerichtlichen Kosten der Beklagten sowie die Hälfte ihrer eigenen außergerichtlichen Kosten.
Bei der erstinstanzlichen Entscheidung über die Kosten der Nebenintervention verbleibt es.
Der Streitwert beträgt je angefochtenem Hauptversammlungsbeschluss 50.000,00 €, somit insgesamt 200.000,00 €.
Streitwert für die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu 3:
100.000,00 €.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
1
Die drei Kläger sind Aktionäre der beklagten Großbank. An ihrer Jahreshauptversammlung, die am 10. Juni 2003 stattfand, nahmen - neben circa
4.000 weiteren Aktionären - die Kläger zu 1 und 2 durch Vertreter und der Kläger zu 3 persönlich teil. Den Beschlussfassungen ging eine mehr als achtstün-
-5-
dige Generaldebatte mit 34 Wortbeiträgen und 230 Fragen voran. Der Versammlungsleiter hatte zuvor gebeten, schriftliche Wortmeldungen auf dafür
vorgesehenen Vordrucken abzugeben. Von den Aktionären gestellte, schriftlich
fixierte Fragen wurden von mehr als 50 Mitarbeitern der Beklagten im sog.
"back-office" erfasst und mit Antwortvorschlägen versehen, die dann von dem
Versammlungsleiter verlesen wurden. Der Vertreter der Klägerin zu 2 stellte
eine Reihe von Fragen aus einem der Beklagten zuvor übersandten Schreiben,
die zum Teil darauf zielten, dass die Beklagte eine ihr von der Unternehmensgruppe des Klägers zu 1 verpfändete Beteiligung von 40 % an der S.
-
Verlags AG zu einem circa 60 Mio. € unter der abgesicherten Kreditsumme liegenden Preis selbst ersteigert und die erworbene Beteiligung nicht mit einem
"Paketzuschlag" an einen einzelnen Erwerber, sondern zum Teil (10 %) an ein
Mitglied der Familie S.
veräußert hatte. Hintergrund dessen war der wirt-
schaftliche Niedergang der Unternehmensgruppe des Klägers zu 1, den er auf
eine kreditschädigende Interviewäußerung des ehemaligen Vorstandssprechers
Dr. B.
(nachfolgend Dr. B.) der Beklagten vom 4. Februar 2002 zurückführt
(vgl. dazu BGHZ 166, 84 ff.). Dies hat ihn zur Erhebung einer Schadensersatzklage und zur Erstattung einer Strafanzeige veranlasst.
2
Der Kläger zu 3 übergab dem Versammlungsleiter mehrere Blätter mit
insgesamt 308 handschriftlich gestellten Fragen. Inwieweit er diese auch mündlich gestellt hat und sie von der Beklagten beantwortet wurden, ist streitig.
3
Nach Beendigung der Generaldebatte fasste die Hauptversammlung jeweils mit großer Mehrheit die von der Verwaltung der Beklagten vorgeschlagenen Beschlüsse, u.a. über die Entlastung des Vorstandes (TOP 3) sowie des
Aufsichtsrats (TOP 4) jeweils für das Geschäftsjahr 2002, die Wahl des Abschlussprüfers für das Geschäftsjahr 2003 (TOP 5) und über die (Listen-)Wahl
der vorgeschlagenen Aufsichtsratsmitglieder (TOP 11). Streitig ist, ob seitens
-6-
der Klägerin zu 2 ein Minderheitenverlangen auf Einzelentlastung gemäß § 120
Abs. 1 Satz 2 AktG gestellt wurde und wie der Versammlungsleiter auf ihren
Antrag zur Einzelwahl der Aufsichtsratsmitglieder reagiert hat. Der zur Beurkundung der Hauptversammlungsbeschlüsse hinzugezogene Notar (§ 130
AktG) Dr. v. Sche.
fertigte in der Hauptversammlung unter Benutzung vor-
formulierter Unterlagen eine handschriftliche Aufzeichnung, unterzeichnete diese unmittelbar nach Ende der Hauptversammlung und wies sein Büro an, dieses Papier als seine Niederschrift der Beklagten zuzuleiten, falls ihm etwas zustoßen sollte und er die beabsichtigte Durchsicht und Korrektur deswegen nicht
mehr sollte vornehmen können. Später erstellte der Notar nach Rücksprache
mit der Beklagten die endgültige, auf den Tag der Hauptversammlung datierte
Niederschrift, die er dann als Original zu seiner Urkundensammlung nahm und
von der er eine beglaubigte Abschrift bei dem Handelsregister einreichte. Das
am Hauptversammlungstag unterzeichnete Papier ist nicht mehr vorhanden.
4
Mit ihren innerhalb der Frist des § 246 Abs. 1 AktG eingereichten Nichtigkeits- und Anfechtungsklagen greifen alle Kläger die Entlastungsbeschlüsse
(TOP 3, 4), die Kläger zu 1 und 2 darüber hinaus die Bestellung des Abschlussprüfers (TOP 5) sowie die Wahl der Aufsichtsratsmitglieder (TOP 11) an.
Alle Kläger meinen, die Beschlüsse seien mangels ordnungsgemäßer Beurkundung, der Kläger zu 3 außerdem wegen fehlender Überwachung der Stimmauszählung durch den Notar, gemäß § 241 Nr. 2 AktG nichtig. Im Übrigen seien
sie u.a. wegen Informationspflichtverletzungen der Beklagten (§ 131 AktG) anfechtbar (§ 243 Abs. 4 Satz 1 a.F. AktG). Ob die Klage des Klägers zu 3 dem
Aufsichtsrat der Beklagten "demnächst" zugestellt worden ist (§ 167 ZPO), beurteilen die Parteien unterschiedlich.
5
Die Klagen blieben in den Vorinstanzen erfolglos. Dagegen richten sich
die - von dem erkennenden Senat zugelassenen - Revisionen der Kläger.
-7-
Entscheidungsgründe:
6
Die Revisionen aller drei Kläger führen zur Nichtigerklärung der Entlastungsbeschlüsse vom 10. Juni 2003. Die weitergehenden Revisionen der Kläger zu 1 und 2 bleiben erfolglos.
A. Zur geltend gemachten Nichtigkeit der Beschlüsse
7
Entgegen der Ansicht der Revisionen sind die von den Klägern jeweils
angegriffenen Beschlüsse nicht schon gemäß § 241 Nr. 2 AktG wegen eines
Beurkundungsmangels i.S. von § 130 Abs. 1, 2 oder 4 AktG nichtig.
8
1. Nach den von den Parteien in der Revisionsinstanz insoweit nicht beanstandeten Feststellungen des Berufungsgerichts (AG 2007, 672 = ZIP 2007,
1463) entspricht die bei den Akten befindliche, von dem Notar als "final" bezeichnete Fassung des Hauptversammlungsprotokolls den formalen Erfordernissen des § 130 Abs. 1, 2 und 4 AktG, was auch die Parteien nicht in Abrede
gestellt hätten. Soweit das Berufungsgericht weiter meint, es könne offen bleiben, ob sich aus § 130 Abs. 1 und Abs. 5 AktG das Verbot mehrfacher Beurkundung ergebe, weil entweder die erste, nicht mehr vorhandene Niederschrift
oder die später gefertigte Endfassung wirksam sei (zustimmend Hüffer, AktG
8. Aufl. § 130 Rdn. 11), geht das zwar an der Argumentation der Kläger vorbei,
welche die in der Hauptversammlung erstellte und unterzeichnete, jedoch nicht
mehr vorhandene Urfassung für allein maßgeblich halten und "bestritten" haben, dass diese die Vorgaben des § 130 AktG beachtet habe. Doch abgesehen
davon, dass es das von der Revision behauptete Verbot einer Mehrfachbeurkundung der Hauptversammlung nicht gibt (vgl. Happ/Zimmermann, Aktienrecht
3. Aufl. 10.17 Rdn. 1 zu b; Kanzleiter, DNotZ 2007, 804, 808 m.w.Nachw.;
ebenso auch Eylmann, ZNotP 2005, 300, 303), ist hier die von dem Notar nach
-8-
der von ihm vorgenommenen Bearbeitung autorisierte und in den Rechtsverkehr gegebene "Endfassung" die allein maßgebliche.
9
a) Die Kläger verkennen, dass § 130 Abs. 1 AktG zwar eine Beurkundung der Hauptversammlungsbeschlüsse durch eine "über die Verhandlung
notariell aufgenommene Niederschrift", nicht aber deren endgültige Fertigstellung in der Hauptversammlung voraussetzt (vgl. Spindler/Stilz/Wicke, AktG
§ 130 Rdn. 23; K. Schmidt/Lutter/Ziemons, AktG § 130 Rdn. 36; ebenso Eylmann aaO S. 301). In der Praxis wird regelmäßig vor der Hauptversammlung
anhand der Einberufungsunterlagen ein umfassender Entwurf erstellt, der dann
anhand der Vorgänge in der Hauptversammlung handschriftlich oder stenografisch vervollständigt wird (vgl. Happ/Zimmermann aaO 10.17 Rdn. 3; Wicke
aaO Rdn. 23). Dabei kann sich der Notar auch nur für ihn leserlicher Kürzel bedienen oder Protokollanten hinzuziehen (vgl. Wicke aaO; MünchKommAktG/Kubis 2. Aufl. § 130 Rdn. 16 f.; Kölner Komm.z.AktG/Zöllner, § 130
Rdn. 75; Wilhelmi, BB 1987, 1331, 1336). Erst danach wird das eigentliche Protokoll in Reinschrift erstellt, wobei Änderungen oder Ergänzungen gegenüber
den aufgenommenen Notizen oder auch gegenüber einem in der Hauptversammlung bereits fertig gestellten Protokoll aufgrund eigener Erinnerung des
Notars ohne Weiteres möglich sind, solange die bisherige Ausarbeitung noch
ein "Internum" bildet, mag sie auch von ihm schon unterzeichnet sein (vgl. Kölner Komm.z.AktG/Zöllner aaO § 130 Rdn. 78 a.E.). Das gilt nicht nur nach Ansicht der Privatgutachter der Beklagten, sondern nach nahezu einhelliger Auffassung zumindest so lange, bis der Notar Ausfertigungen oder Abschriften der
von ihm autorisierten Endfassung erteilt (vgl. Bohrer, NJW 2007, 2019 f.; Görk,
MittBayNot 2007, 382; Heidel/ Terbrack/Lohr, AktG 2. Aufl. § 130 Rdn. 16;
Kanzleiter, DNotZ 2007, 804;Krieger, Festschrift Priester S. 400; Maass,
ZNotP 2005,
50,
52;
377,
379;
Priester,
DNotZ
2006,
403,
417 f.;
K. Schmidt/Lutter/Ziemons aaO § 130 Rdn. 41; Spindler/Stilz/Wicke aaO § 130
-9-
Rdn. 125). Solange sich die Niederschrift noch im Gewahrsam des Notars befindet und er sich ihrer nicht entäußert hat, kann er sie auch vernichten und neu
fertigen, wenn ihm Formulierungen nicht behagen oder er Unrichtigkeiten feststellt (vgl. Winkler, BeurkG 16. Aufl. § 37 Rdn. 32 m.w.Nachw.; Görk aaO
S. 383 f.).
10
b) Eine gegenteilige Auffassung wird im neueren Schrifttum, soweit ersichtlich, nur von Eylmann (ZNotP 2005, 300, 302; 2005, 458), dem Privatgutachter der Kläger, vertreten. Ihm hat sich in einem von dem Kläger zu 3 gegen
den Notar Dr. v. Sche.
eingeleiteten Klageerzwingungsverfahren wegen Ver-
stoßes gegen §§ 267, 274, 348 StGB das Oberlandesgericht Frankfurt (NJW
2007, 1221) mit der Begründung angeschlossen, dass die Beurkundung rechtsgeschäftlicher Erklärungen mit dem in § 13 BeurkG vorgeschriebenen Vorlesen,
Genehmigen und Unterschreiben abgeschlossen sei und die Unterzeichnung
durch den Notar auch bei sonstigen Beurkundungen i.S. von §§ 36 ff. BeurkG
den Schlusspunkt setze (a.A. LG Frankfurt am Main ZIP 2007, 2358).
11
Dieser Ansicht folgt der Senat nicht, weil sie die gebotene Unterscheidung zwischen den verschiedenen Beurkundungsformen ausblendet. Bei der
Beurkundung von Willenserklärungen gemäß § 13 BeurkG wirken die Erklärenden mit; bereits durch ihre Genehmigung und Unterzeichnung der Niederschrift
wird deren Wortlaut festgelegt und darf daher nicht nachträglich einseitig von
dem Notar verändert werden (abgesehen von offensichtlichen Unrichtigkeiten
i.S. des § 44 a Abs. 2 BeurkG). Dagegen hat ein Hauptversammlungsprotokoll
gemäß § 130 AktG den Charakter eines Berichts des Notars über seine Wahrnehmungen (vgl. § 37 Abs. 1 Nr. 2 BeurkG; Großkomm.z.AktG/Barz 3. Aufl.
§ 130 Anm. 18), den er nicht in der Hauptversammlung herstellen und unterzeichnen muss, sondern auch nachträglich fertig stellen und deshalb - selbst
nach Unterzeichnung - noch ändern kann, solange er sich seiner nicht entäu-
- 10 -
ßert hat. Bis dahin hat die Niederschrift nicht mehr Gewicht als ein Entwurf (vgl.
Winkler aaO § 37 Rdn. 32; Lerch, BeurkG 3. Aufl. § 37 Rdn. 7; Bohrer aaO
S. 2020; vgl. auch Krieger aaO; MünchKommStGB/Erb § 267 Rdn. 88). Dass im
vorliegenden Fall der Notar seine Aufzeichnungen - einer verbreiteten Praxis
entsprechend (vgl. Görk aaO; Winkler aaO Rdn. 33) - vorsorglich für den Fall
seines plötzlichen Todes oder seiner Handlungsunfähigkeit unterzeichnet hat,
ändert nichts daran, dass er sie nicht in Verkehr gegeben, sondern erst später
eine von ihm autorisierte Endfassung erstellt hat, mit der Folge, dass bis zu deren Ausgabe der Beurkundungsvorgang noch nicht i.S. des § 44 a Abs. 2
BeurkG abgeschlossen war (vgl. Bohrer aaO S. 2021; Görk aaO S. 383 mit
Hinweis auf die Parallele in § 16 Abs. 1 FGG). Es handelt sich hier - entgegen
der Ansicht der Revision des Klägers zu 3 - nicht um eine dem tatsächlichen
Verhalten widersprechende bloße "Mentalreservation". Ob im Todesfall des Notars die vorsorgliche Unterzeichnung zu einer gültigen Niederschrift i.S. des
§ 130 AktG führen kann (vgl. dazu Bohrer aaO; Kanzleiter, DNotZ 2007, 804,
811), bedarf hier keiner Entscheidung.
12
c) Da nach allem die vorliegende Endfassung der Niederschrift maßgeblich ist, kommt es auf die von den Klägern gemutmaßten Mängel der ursprünglichen, nicht mehr vorhandenen Aufzeichnungen nicht an; erst recht ist ohne Bedeutung, dass die von dem Notar zu den Akten gegebene, nach seiner Zeugenaussage seine ursprünglichen Aufzeichnungen in der Hauptversammlung
wiedergebende Leseabschrift von ihm, worauf die Revision des Klägers zu 3
hinweist, nicht unterzeichnet ist. Soweit die Revision des Klägers zu 3 die
Übereinstimmung zwischen den ursprünglichen Aufzeichnungen und der Leseabschrift in Zweifel zieht und mutmaßt, diese sowie die Endfassung der Niederschrift beruhten - entgegen der Argumentation des Berufungsgerichts - nicht auf
Wahrnehmungen und Schreibarbeiten des Notars in der Hauptversammlung,
sondern auf Weisungen der Rechtsabteilung der Beklagten, sind dafür konkrete
- 11 -
Anhaltspunkte nicht dargetan. Durch bloße Zweifel oder Mutmaßungen können
die Gültigkeit und die Beweiskraft (§§ 415, 418 ZPO) der notariellen Beurkundung gemäß § 130 AktG - hier in Gestalt der von dem Notar autorisierten Endfassung - nicht ausgeräumt werden, weil anderenfalls die von § 130 AktG vor
allem bezweckte Rechtssicherheit (vgl. Hüffer aaO § 130 Rdn. 1) über die von
der Hauptversammlung gefassten - hier ihrem Inhalt nach auch gar nicht im
Streit stehenden - Beschlüsse in ihr Gegenteil verkehrt würde; selbst gegenüber
handschriftlichen Aufzeichnungen und/oder Korrekturen könnte eingewandt
werden, sie seien erst nachträglich auf Weisung Dritter entstanden. Vielmehr ist
bis zum Beweis des Gegenteils davon auszugehen, dass eine der Formvorschrift des § 130 AktG (vgl. Sen.Urt. v. 4. Juli 1994 - II ZR 114/93, AG 1994,
466) entsprechende Beurkundung jedenfalls hinsichtlich der gemäß § 241 Nr. 2
AktG relevanten Teile ordnungsgemäß zustande gekommen ist. Auf die entsprechende tatsächliche Schlussfolgerung des Berufungsgerichts, welche die
Revisionen als haltlos rügen, kommt es daher nicht an.
13
Demgegenüber betreffen die von der Revision des Klägers zu 3 dargestellten Abweichungen der Endfassung der Niederschrift von der "Leseabschrift" jedenfalls keine gemäß § 241 Nr. 2 AktG nichtigkeitsrelevanten Teile,
sondern sind eher marginal, mag auch die von dem Notar erstellte "Vergleichsversion" insgesamt 52 Einfügungen und 49 Streichungen ausweisen. Es ist ohne weiteres nachvollziehbar, dass die über die Erfassung der Abstimmungsbzw. Beschlussergebnisse hinausgehende Protokollierung des Ablaufs einer
Hauptversammlung, an der rund 4.000 Aktionäre teilnahmen, in der über Stunden diskutiert wurde und in der eine Unzahl von Fragen und Anträgen gestellt
wurde, auf erhebliche Schwierigkeiten stößt und dabei nachträglich zu korrigierende Unzulänglichkeiten oder Fehler - etwa hinsichtlich gestellter Anträge oder
der Reihenfolge oder der Namen der Redner - unterlaufen können. Daraus
- 12 -
kann aber ein Nichtigkeitsgrund gemäß § 241 Nr. 2 AktG nicht hergeleitet werden.
14
d) Ebenso wenig führt es zur Nichtigkeit gemäß § 241 Nr. 2 AktG, dass in
der vorliegenden Endfassung des Protokolls gemäß § 130 Abs. 2 AktG nur das
Datum der Hauptversammlung, nicht aber dasjenige der Fertigstellung des Protokolls angegeben ist und dieses nach dem Vortrag der Kläger nicht unverzüglich i.S. von § 130 Abs. 5 AktG erstellt und zum Handelsregister eingereicht
worden sein soll. Das fällt nicht unter einen der in § 241 AktG abschließend aufgeführten Nichtigkeitsgründe. Auch § 37 Abs. 2 BeurkG geht davon aus, dass
Ort und Tag der Wahrnehmungen des Notars nicht mit Ort und Tag der Errichtung bzw. Fertigstellung der Urkunde zusammenfallen müssen, ohne dass dafür
eine Frist bestimmt ist (vgl. Krieger, Festschrift Priester, S. 387, 400). Selbst die
für die Beurkundung einer Willenserklärung gemäß § 13 BeurkG erforderliche
Unterschrift des Notars kann unbefristet nachgeholt werden (vgl. Winkler aaO
§ 13 Rdn. 88). Solange eine in der Hauptversammlung begonnene Protokollierung gemäß § 130 AktG nicht abgeschlossen und deren Fertigstellung nicht
endgültig unmöglich geworden ist, bleibt die Nichtigkeit gemäß § 241 Nr. 2 AktG
in der Schwebe.
15
e) Die unterbliebene Protokollierung eines angeblich von den Klägern
gestellten Minderheitenverlangens gemäß § 120 Abs. 1 Satz 2 AktG wäre ebenfalls kein Nichtigkeitsgrund i.S. des § 241 Nr. 2 AktG (vgl. MünchKommAktG/
Kubis 2. Aufl. § 130 Rdn. 77 m.Nachw.).
16
2. Entgegen der Ansicht der Revision des Klägers zu 3 sind die angegriffenen Beschlüsse auch nicht deshalb nichtig, weil der Notar sich während der
Hauptversammlung durchgehend im Versammlungsraum aufgehalten und die
Verbringung der eingesammelten Stimmkarten sowie deren Auszählung per
- 13 -
Computer in einem anderen Raum nicht beaufsichtigt hat. Das von der Revision
zur Stützung ihrer Ansicht angeführte Urteil des Landgerichts Wuppertal (ZIP
2002, 1621) ist vom Oberlandesgericht Düsseldorf (ZIP 2003, 1147) zu Recht
aufgehoben worden. Die für § 241 Nr. 2 AktG relevanten Protokollierungspflichten des Notars sind in § 130 AktG abschließend geregelt. Die Überwachung
und Protokollierung der Stimmenauszählung fällt nicht unter die "Art der Abstimmung" i.S. von § 130 Abs. 2 AktG; das dort weiter genannte "Abstimmungsergebnis" ist aufgrund der Bekanntgabe des Versammlungsleiters zu
protokollieren (vgl. OLG Düsseldorf aaO; Hüffer aaO § 130 Rdn. 19; Krieger ZIP
2002, 1597; Priester EWiR 2002, 645; Spindler/Stilz/Wicke aaO § 130 Rdn. 31,
51; a.A. wohl MünchKommAktG/Kubis aaO § 130 Rdn. 35, 53). Soweit eine
allgemeine Prüfungs- und Überwachungspflicht des Notars hinsichtlich evidenter Rechtsverstöße im Ablauf der Hauptversammlung postuliert wird (vgl. Hüffer
aaO § 130 Rdn. 12 m.w.Nachw.), fällt deren Verletzung jedenfalls nicht unter
§ 241 Nr. 1 AktG (zutreffend OLG Düsseldorf aaO S. 1151 m.w.Nachw.; vgl.
auch Paefgen WuB II A § 130 AktG 1.03).
B. Zur geltend gemachten Anfechtbarkeit der Beschlüsse
17
Hinsichtlich der hilfsweise geltend gemachten Anfechtbarkeit der angegriffenen Beschlüsse haben die Revisionen aller Kläger hingegen Erfolg, soweit
sie die Entlastungsbeschlüsse (TOP 3 und 4) betreffen. Nicht zu entscheiden
braucht der Senat in diesem Zusammenhang, ob neben den von den Klägern
zu 1 und 2 insoweit erfolgreich geltend gemachten Anfechtungsgründen (dazu
unten I 1) auch diejenigen des Klägers zu 3 durchgreifen, weil ihm schon die
insofern erfolgreiche Anfechtungsklage der beiden anderen Kläger zugute
kommt. Unerheblich ist, ob die Kläger ihre Widersprüche (§ 245 Abs. 1 Nr. 1
a.F. AktG) vor oder nach den jeweiligen Beschlussfassungen eingelegt haben
(vgl. Sen.Beschl. v. 11. Juni 2007 - II ZR 152/06, ZIP 2007, 2122 Tz. 6 = AG
- 14 -
2007, 863). Dagegen erweist sich das angefochtene Urteil als richtig, soweit die
Anfechtungsklagen der Kläger zu 1 und 2 gegen die Beschlüsse zu TOP 5
(Wahl des Abschlussprüfers) und zu TOP 11 (Listenwahl der Aufsichtsratsmitglieder) abgewiesen worden sind.
I. Revision der Kläger zu 1 und 2
1. Entlastungsbeschlüsse
18
Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts sind die Entlastungsbeschlüsse (TOP 3, 4) wegen unrichtiger bzw. unvollständiger Organerklärungen
gemäß § 161 AktG anfechtbar (vgl. dazu Hüffer aaO § 161 Rdn. 31), wie die
Revision der Kläger zu 1 und 2 zu Recht rügt.
19
Gemäß § 161 AktG haben Vorstand und Aufsichtsrat der börsennotierten
Gesellschaft jährlich zu erklären, dass den Empfehlungen der "Regierungskommission Deutscher Corporate Governance Kodex" (nachfolgend DCGK)
entsprochen wurde und wird oder welche Empfehlungen nicht angewendet
wurden oder werden. Die Erklärung ist gemäß § 161 Satz 2 AktG den Aktionären dauerhaft zugänglich zu machen und hat einerseits einen Vergangenheits-,
andererseits einen Gegenwarts- und Zukunftsbezug (Hüffer aaO § 161 Rdn. 14,
20), bzw. den Charakter einer "Dauererklärung", die jeweils binnen Jahresfrist
zu erneuern und im Fall vorheriger Abweichung von den DCGK-Empfehlungen
umgehend zu berichtigen ist (vgl. Seibert BB 2002, 581, 583 zu III 1; Hüffer aaO
Rdn. 20; Ringleb in Ringleb/Kremer/Lutter/v. Werder, Deutscher Corporate
Governance
Kodex
3. Aufl.
Rdn. 1579
m.w.Nachw.;
a.A.
Heckelmann,
WM 2008, 2146, 2148 f.). Geschieht dies nicht oder entspricht die Erklärung
von vornherein in einem - wie hier - nicht unwesentlichem Punkt nicht der tatsächlichen Praxis der Gesellschaft, liegt darin ein Gesetzesverstoß, der - ohne
dass der Senat generell zu den Folgen eines Verstoßes gegen § 161 AktG Stel-
- 15 -
lung nehmen müsste - jedenfalls dem genannten Verstoß zuwider gefasste Entlastungsbeschlüsse (§ 120 AktG) anfechtbar macht (vgl. Hüffer aaO § 161
Rdn. 31; Kölner Komm.z.AktG/Lutter 3. Aufl. § 161 Rdn. 65, 67; K. Schmidt/
Lutter/Spindler, AktG § 161 Rdn. 61 f., 65). So verhält es sich im vorliegenden
Fall.
20
a) Die Revision der Kläger zu 1 und 2 geht allerdings fehl, wenn sie die
Unrichtigkeit der Entsprechenserklärung aus einem unzutreffenden Vergangenheitsbezug herleiten will. Einen solchen Vergangenheitsbezug enthielten die - in
dem Corporate-Governance-Bericht der Beklagten vom März 2003 wiedergegebenen - Organerklärungen (§ 161 AktG) vom 30. Oktober 2002 nicht und
mussten ihn im Hinblick auf die nach § 15 EGAktG erstmals im Jahr 2002 abzugebende Erklärung auch nicht enthalten.
21
b) Zu Recht stützen die Kläger zu 1 und 2 die Unrichtigkeit der genannten Entsprechenserklärung aber darauf, dass der Aufsichtsrat die Empfehlung
5.5.3 DCGK nicht befolgt hat. Nach dieser Bestimmung soll der Aufsichtsrat in
seinem
Bericht
an
die
Hauptversammlung
(§ 171
Abs. 2
AktG;
vgl.
Ringleb/Kremer aaO Rdn. 1139) "über aufgetretene Interessenkonflikte und
deren Behandlung informieren". Damit soll die Informationsgrundlage für die
Entlastung des Aufsichtsrats (§ 119 Abs. 1 Nr. 3 AktG) verbessert werden (vgl.
Ringleb/Kremer aaO Rdn. 1138). Eine entsprechende Information enthält der
vorliegende Bericht unstreitig nicht.
22
aa) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts erübrigte sich ein Aufsichtsratsbericht über eine Interessenkollision in der Person des Aufsichtsratsvorsitzenden Dr. B. und über die Behandlung dieses Konflikts gemäß Ziff. 5.5.3
Satz 1 DCGK nicht deshalb, weil die gegen ihn erhobenen "Vorwürfe" des Klägers zu 1 in den Medien behandelt worden waren und daher bei einem auf-
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merksam am öffentlichen Leben teilnehmenden und an den Geschicken "seines" Unternehmens interessierten Aktionär als bekannt vorausgesetzt werden
konnten. Zum einen kennzeichnen die genannten "Vorwürfe" noch nicht den
Interessenkonflikt, in dem Dr. B. als Aufsichtsratsvorsitzender der Beklagten
wegen der gegen sie erhobenen Schadensersatzklage und ihm deshalb als
ehemaligem Vorstandsmitglied drohender Regressansprüche der Beklagten
gemäß § 93 Abs. 2 AktG stand. Vor allem aber besagen die genannten "Vorwürfe" nichts darüber, wie der Interessenkonflikt von dem Aufsichtsrat der Beklagten im Sinne von 5.5.3 Satz 1 DCGK "behandelt" worden ist.
23
bb) Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung kann der Annahme eines seinerzeit bereits "aufgetretenen" und daher gemäß Ziff. 5.5.3 DCGK
berichtsbedürftigen Interessenkonflikts nicht entgegengehalten werden, dass
bei Abfassung des Berichts vom März 2003 nur ein erstinstanzliches Urteil (vom
18. Februar 2003, WM 2003, 725) über die von dem Kläger zu 1 erhobene
Feststellungsklage auf Schadensersatz vorgelegen habe und dem Aufsichtsratsvorsitzenden Dr. B. Regressansprüche der Beklagten (§ 93 Abs. 2 AktG)
wegen des von ihm als Vorstandssprecher gegebenen Interviews aus damaliger Sicht allenfalls in ferner Zukunft für den Fall gedroht hätten, dass der Kläger
zu 1 mit seiner Feststellungsklage und einer darüber hinaus zu erhebenden
Zahlungsklage gegenüber der Beklagten - wie diese gemeint hat: wider Erwarten - rechtskräftig obsiegen sollte. Denn die Aufgabe des Aufsichtsrats (§ 111
Abs. 1 AktG), die Organtätigkeit auch ehemaliger Vorstandsmitglieder (vgl.
BGHZ 157, 151, 153 f.) einer nachgelagerten Recht- und Zweckmäßigkeitskontrolle zu unterziehen (vgl. BGHZ 135, 244, 252; Hüffer aaO § 111 Rdn. 4 f.;
MünchKommAktG/Habersack 3. Aufl. § 111 Rdn. 29) und in Wahrnehmung der
Gesellschaftsinteressen das Bestehen etwaiger Schadensersatzansprüche gegenüber dem betreffenden (ehemaligen) Vorstandsmitglied zu prüfen (vgl.
BGHZ 135, 244, 252 ff.), beginnt nicht erst dann, wenn ein bestimmter Schaden
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der Gesellschaft feststeht. Vielmehr besteht für einen die Sorgfaltspflichten gemäß §§ 116, 93 Abs. 1 Satz 1 AktG beachtenden Aufsichtsrat bereits nach Zustellung einer auf angeblich pflichtwidriges Handeln eines Vorstandsmitglieds
gestützten Schadenersatzklage Anlass, den Sachverhalt zu erforschen und etwaige Regressmöglichkeiten gegen das betreffende Vorstandsmitglied eigenverantwortlich zu prüfen. Das gilt zunächst einmal hinsichtlich der Prozesskosten, zumal wenn - wie hier - bereits ein erstinstanzlicher Kostentitel vorliegt.
Darüber hinaus hat der Aufsichtsrat aber auch über im Interesse der Gesellschaft liegende vorsorgliche Maßnahmen zur Sicherstellung etwaiger Regressansprüche aus § 93 Abs. 2 AktG wie etwa über eine Streitverkündung (§ 72
ZPO) oder über die Geltendmachung eines Freistellungsanspruchs gegenüber
dem betreffenden Vorstandsmitglied (§ 426 Abs. 1 BGB i.V.m. § 93 Abs. 2
AktG) zu beraten und zu entscheiden. Alle derartigen Maßnahmen, die das Innenverhältnis zwischen der Gesellschaft und dem betreffenden Vorstandsmitglied berühren, fallen unter die Prüfungs- und Entscheidungsprärogative des
Aufsichtsrats, nicht in diejenige des Vorstands, welcher die Gesellschaft im
Rechtsstreit mit dem Dritten zu vertreten hat (§ 78 Abs. 1 AktG) und dabei im
Innenverhältnis zu der Gesellschaft wiederum der Kontrolle des Aufsichtsrats
unterliegt. Es liegt auf der Hand, dass bei den genannten vom Aufsichtsrat zu
treffenden Entscheidungen objektiv ein Interessengegensatz zwischen der Gesellschaft und dem betroffenen Aufsichtsratsmitglied besteht und deshalb ein
Aufsichtsratsvorsitzender, der selbst Betroffener ist, daran nicht unbefangen
mitwirken kann.
24
Ob im Aufsichtsrat der Beklagten tatsächlich entsprechende Beratungen
unter oder ohne Mitwirkung des Vorsitzenden stattgefunden haben oder dies
schlicht unterblieb, berührt nicht das Vorliegen des genannten, typisiert zu betrachtenden Interessenkonflikts, sondern dessen Behandlung, über die gemäß
Ziff. 5.5.3 DCGK selbst dann zu berichten gewesen wäre, wenn der Aufsichtsrat
- 18 -
keinen Anlass für irgendwelche Vorsorgemaßnahmen gesehen und die Vorwürfe des Klägers für haltlos gehalten haben sollte.
25
c) Zu weit geht es allerdings, soweit die Revision meint, es sei nicht nur
über das Vorliegen und die Behandlung des Interessenkonflikts in der Person
des Aufsichtsratsvorsitzenden Dr. B. gemäß Ziff. 5.5.3 Satz 1 DCGK zu berichten, sondern aus diesem Konflikt gemäß Ziff. 5.5.3 Satz 2 DCGK auch die Konsequenz einer Beendigung seines Aufsichtsratsmandats zu ziehen gewesen.
Abgesehen von der fehlenden Gesetzesqualität dieser Regelung kann ein nicht
nur vorübergehender, "wesentlicher" Interessenkonflikt, welcher eine Niederlegung oder eine Beendigung des Mandats (vgl. § 103 Abs. 3 AktG) erforderlich
macht (vgl. dazu Ringleb/Kremer aaO Rdn. 1142), nur bei breitflächigen Auswirkungen auf weite Teile der Organtätigkeit angenommen werden (vgl. Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, 5. Aufl. Rdn. 927), während
der Interessenkonflikt in der Person des Aufsichtsratsvorsitzenden Dr. B. lediglich einen Ausschnitt seiner Amtsführung in Bezug auf die von dem Kläger zu 1
geltend gemachten Schadensersatzansprüche betrifft, deren tatsächliche Höhe
bis heute nicht geklärt ist. Im Ergebnis kommt es darauf ohnehin nicht an, weil
ein Interessenkonflikt jedenfalls vorlag und darüber gemäß Ziff. 5.5.3 Satz 1
DCGK zu berichten gewesen wäre.
26
d) Das Fehlen des in Ziff. 5.5.3 Satz 1 DCGK empfohlenen Berichts über
die Interessenkollision und deren Behandlung war zwar mangels Gesetzeskraft
dieser Regelung nicht unmittelbar gesetzwidrig, führte aber dazu, dass die bis
zur Hauptversammlung vom 10. Juni 2003 und darüber hinaus aufrecht erhaltene "Entsprechenserklärung" (§ 161 AktG) des Vorstands und des Aufsichtsrats der Beklagten vom Oktober 2002 (vgl. oben II 1 a) in einer für die Organentlastung relevanten Hinsicht unrichtig war (vgl. Hüffer aaO § 161 Rdn. 31;
K. Schmidt/Lutter/Spindler aaO § 161 Rdn. 62, 65). Darin liegt ein Gesetzesver-
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stoß, welcher zur Anfechtbarkeit der Entlastungsbeschlüsse insgesamt und
nicht nur zur Teilanfechtbarkeit der Entlastung des Aufsichtsratsmitglieds Dr. B.
führt, weil sämtliche Organmitglieder die für den Interessenkonflikt in der Person des Dr. B. und für die Unrichtigkeit der Entsprechenserklärung maßgeblichen Tatsachen kannten (vgl. Hüffer aaO § 161 Rdn. 31) und die vorliegende
Entsprechenserklärung nach ihrem Wortlaut von beiden Organen gemeinsam
abgegeben worden ist (vgl. dazu Ringleb/Lutter aaO Rdn. 1540; zur Frage eines
Gemeinsamkeitserfordernisses
bejahend
BegrRegE
TransPuG,
BT-Drucks. 14/8769 S. 21; Seibt, AG 2002, 249, 253; a.A. Ulmer, ZHR 166,
150, 173; Krieger, FS Ulmer, S. 365, 369 f.; Hüffer aaO § 161 Rdn. 10).
27
Entgegen einer im Schrifttum zum Teil vertretenen Auffassung handelt es
sich bei der vorliegenden "zukunftsgerichteten" Erklärung (dazu oben II 1 a)
nicht nur um eine - auf das Handeln des einzelnen Organs beschränkte - "Absichtserklärung", deren Unrichtigkeit nur dem von einer DCGK-Empfehlung abweichenden Organ zur Last fiele (so insbesondere Kölner Komm.z.AktG/Lutter
3. Aufl. § 161 Rdn. 41). Vielmehr verlangt § 161 AktG eine den Aktionären dauerhaft zugänglich zu machende und daher bis zu ihrer Änderung maßgebende
(vgl. oben II 1 a) Information über die Einhaltung der - an die Verwaltung insgesamt (vgl. BT-Drucks. 14/8769 S. 21) und zum Teil auch an die Hauptversammlung gerichteten - DCGK-Empfehlungen im gesamten Bereich der Gesellschaft
(vgl. Krieger, Festschrift Ulmer, S. 365, 368), weshalb eine Unrichtigkeit der
Entsprechenserklärung jedem der erklärungspflichtigen Organe zur Last fällt,
soweit ihre Mitglieder die anfängliche oder später eintretende Unrichtigkeit der
Erklärung kannten oder kennen mussten und sie gleichwohl nicht für eine Richtigstellung gesorgt haben (vgl. auch K. Schmidt/Lutter/Spindler aaO § 161
Rdn. 65). Ein dolus malus ist insoweit nicht erforderlich (vgl. insoweit Kölner
Komm.z.AktG/Lutter § 161 Rdn. 87).
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28
e) Der Anfechtbarkeit der Entlastungsbeschlüsse des vorliegenden Falls
steht schließlich auch nicht entgegen, dass der Vertreter des Klägers zu 1 die
Hauptversammlung in einem im Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils erwähnten Redebeitrag auf die Interessenkollision in der Person des Dr. B. und
die daraus resultierende Unrichtigkeit der Entsprechenserklärung gemäß § 161
AktG hingewiesen hat. Dies mag zwar den erschienenen Aktionären vor der
Abstimmung über die Entlastung vor Augen geführt haben, dass die Erklärung
der Verwaltungsorgane der Beklagten unrichtig war. Der Gesetzesverstoß war
damit aber nicht hinfällig, vielmehr erforderte er - schon im Hinblick auf die in
der Hauptversammlung nicht erschienenen Aktionäre, die gleichermaßen einen
Anspruch auf eine zutreffende Unterrichtung hatten -, dass eine Billigung des
Verhaltens der Organmitglieder ausgeschlossen war und die gleichwohl gefassten Entlastungsbeschlüsse anfechtbar sind (vgl. Hüffer aaO § 161 Rdn. 31
m.w.Nachw.; vgl. auch Senat, BGHZ 153, 47, 51); anderenfalls blieben Verstöße gegen § 161 AktG folgenlos.
2. Listenwahl der Aufsichtsratsmitglieder
29
a) Entgegen der Ansicht der Revision geht das Berufungsgericht insoweit
zutreffend davon aus, dass die von dem Versammlungsleiter vorgeschlagene
Listenwahl zulässig war, weil gemäß der Satzung der Beklagten "der Leiter der
Hauptversammlung berechtigt ist, über eine von der Verwaltung ... vorgelegte
Liste mit Wahlvorschlägen abstimmen zu lassen". Eine entsprechende Satzungsregelung ist wirksam und verstößt insbesondere nicht gegen § 23 Abs. 5
AktG, weil § 101 AktG keine Regelung zur Art der Abstimmung trifft (vgl. Spindler/Stilz/Spindler aaO § 101 Rdn. 36). Soweit § 101 Abs. 1 AktG von der Wahl
der "Mitglieder des Aufsichtsrats" spricht, ergibt sich daraus nichts Gegenteiliges, wie die Parallele in § 120 Abs. 1, 2 AktG zeigt (vgl. K. Schmidt/Lutter/
Drygala, AktG § 101 Rdn. 10). Die erst am 2. Juni 2005 beschlossene Empfeh-
- 21 -
lung Ziff. 5.4.3 DCGK, Wahlen zum Aufsichtsrat als Einzelwahlen durchzuführen, berührt die vorliegende Wahl im Juni 2003 nicht.
30
Da somit bereits in der Satzung der Beklagten über die Zulässigkeit der
Listenwahl entschieden worden ist, kommt es - entgegen der Ansicht der Revision - auf die unter den Parteien streitige Behauptung nicht an, der Vertreter der
Klägerin zu 2 habe vor Durchführung der Listenwahl beantragt, die Hauptversammlung darüber abstimmen zu lassen, dass über die Wahl der einzelnen
Aufsichtsratsmitglieder getrennt abgestimmt werde. Dies würde (entgegen der
Ansicht von Bub, Festschrift Derleder, S. 221, 229) in die in der Satzung getroffene Regelung eingreifen, das Wahlverfahren dem Versammlungsleiter zu überlassen, dessen jeweiliger Entscheidung sich die satzunggebenden Aktionäre
mit Wirkung für später beitretende Aktionäre unterworfen haben. Der Antrag auf
Einzelabstimmung lief unter diesen Umständen, wie das Berufungsgericht zutreffend ausführt, auf eine unzulässige Satzungsdurchbrechung hinaus (zustimmend MünchKommAktG/Habersack 3. Aufl. § 101 Rdn. 22 m. Fn. 59).
31
b) Aus dem Senatsurteil vom 21. Juli 2003 (BGHZ 156, 38, 41) ergibt
sich nichts Gegenteiliges. Dort fehlte eine Satzungsregelung. Nur in einem solchen Fall ist ein Hinweis des Versammlungsleiters sinnvoll und möglicherweise,
was der Senat aaO allerdings offen gelassen hat, dahingehend erforderlich,
dass derjenige Aktionär, der einen Kandidaten der Liste nicht wählen wolle, gegen die Liste insgesamt stimmen müsse, und dass bei deren mehrheitlicher
Ablehnung eine Einzelwahl stattfinde (vgl. dazu Großkomm.z.AktG/Hopt/
M. Roth aaO § 101 Rdn. 51; Hüffer aaO § 101 Rdn. 6). Dagegen ermächtigte
im vorliegenden Fall schon die Satzung der Beklagten den Versammlungsleiter,
eine Listenwahl anzuordnen. Ohne Relevanz für die Beschlussfassung ist es
deshalb, dass der nach Behauptung der Kläger von dem Versammlungsleiter
gegebene Hinweis, die Listenwahl sei in der Satzung vorgeschrieben, in der
- 22 -
erteilten Form nicht ganz zutreffend war. Einen Anspruch auf Durchführung einer Einzelwahl haben einzelne Aktionäre auch sonst grundsätzlich nicht (vgl.
K. Schmidt/Lutter/Drygala, AktG § 101 Rdn. 11 m.w.Nachw. auch zur Gegenansicht). Unerheblich ist auch der Streit der Parteien darüber, ob der Versammlungsleiter darauf hingewiesen hat, dass eine etwaige Opposition gegen einzelne Kandidaten durch Ablehnung der Liste im Ganzen zum Ausdruck gebracht
werden müsse, weil das eine Selbstverständlichkeit ist, die nur in Zusammenhang mit der hier fehlenden Möglichkeit, eine Einzelwahl zu erzwingen, Bedeutung hat.
32
c) Die Unrichtigkeit der Entsprechenserklärung gemäß § 161 AktG (dazu
oben II 1) wird von der Revision nur als Anfechtungsgrund gegenüber den Entlastungsbeschlüssen, nicht aber gegenüber dem Beschluss über die Wahl der
Aufsichtsratsmitglieder geltend gemacht.
33
d) Schließlich ist der angefochtene Beschluss über die Wahl der Aufsichtsratsmitglieder auch nicht gemäß § 243 Abs. 1, 4 a.F. AktG wegen angeblicher, von der Revision der Kläger zu 1 und 2 geltend gemachter Verletzungen
des Informationsrechts der Aktionäre (§ 131 AktG) anfechtbar.
34
aa) Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass es in diesem
Zusammenhang nur auf die in der Klageschrift der Kläger zu 1 und 2 konkret
als nicht oder nicht zutreffend beantwortet aufgeführten Fragen der Aktionärsvertreter E.
(nachfolgend E.) und N.
(nachfolgend N.) ankommt, weil
Anfechtungsgründe in ihrem wesentlichen tatsächlichen Kern innerhalb der Anfechtungsfrist des § 246 Abs. 1 AktG in den Rechtsstreit eingeführt werden
müssen (vgl. BGHZ 120, 141, 157 m.w.Nachw.; Sen.Urt. v. 14. März 2005 - II
ZR 153/03, AG 2005, 395, 397). Diesem Erfordernis genügte zwar die Auflistung der angeblich "insbesondere" nicht beantworteten Fragen in der Klage-
- 23 -
schrift (lit. a bis s), nicht aber der darüber hinaus gehaltene Vortrag, der Vorstand der Beklagten habe "eine ganze Reihe von Fragen" aus einer der Klageschrift beigefügten Frageliste des Aktionärsvertreters E. nicht oder unzutreffend
beantwortet. Das gleiche gilt für die Bezugnahme auf sonstige in der Klageschrift nicht genannte Fragen anderer Aktionäre, auf welche die Revision sich
im Übrigen nicht beruft. Sie beschränkt sich vielmehr - neben den Fragen der
Aktionärsvertreterin N. - auf die in der Klageschrift aufgelisteten Fragen lit. a bis
s des Aktionärsvertreters E., die auch Gegenstand der von der Revision in Bezug genommenen Entscheidungen in dem von den Klägern zu 1 und 2 betriebenen Auskunftserzwingungsverfahren (§ 132 AktG) waren.
35
bb) Entgegen der Ansicht der Revision war das Berufungsgericht und ist
der Senat im vorliegenden Anfechtungsprozess an die auf Betreiben der Kläger
zu 1 und 2 im Auskunftserzwingungsverfahren gemäß § 132 AktG ergangene
Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 13. Oktober
2006 (20 W 54/05), das den Klägern einen Auskunftsanspruch wegen Nichtbeantwortung einiger in der Hauptversammlung gestellter Fragen (lit. d, f bis l)
zuerkannt hat, nicht gebunden. Abgesehen davon, dass jene Entscheidung die
- jeweils nur im Kontext mit einem bestimmten Tagesordnungspunkt zu beurteilende (vgl. dazu BGHZ 119, 1, 13 f.) - Erforderlichkeit der betreffenden Auskünfte i.S. von § 131 Abs. 1 AktG allein in Bezug auf die Entlastungsbeschlüsse
annimmt, hat der Senat (BGHZ 86, 1, 3, 5) bereits entschieden, dass jedenfalls
die Abweisung eines Auskunftsbegehrens in Verfahren gemäß § 132 AktG keine Bindungswirkung für den Anfechtungsprozess entfaltet. Für den umgekehrten, hier vorliegenden Fall der Zuerkennung von Auskunftsansprüchen in Verfahren gemäß § 132 AktG kann - entgegen der früher h.M. (vgl. z.B. OLG Stuttgart AG 1992, 459; dazu Goette, DStR 1993, 733 sowie die Nachweise in
MünchKommAktG/Kubis aaO § 132 Rdn. 61) - nichts anderes gelten. Dies folgt
zum einen aus einem Umkehrschluss zu § 132 Abs. 3 Satz 1 AktG, der gerade
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nicht auf die inter-omnes-Wirkung gemäß § 99 Abs. 5 Satz 2 AktG verweist, die
einem Urteil im Anfechtungsprozess gemäß § 248 Abs. 1 AktG zukommt. Zum
anderen ist das Auskunfterzwingungsverfahren hinsichtlich seiner beschränkten
Rechtsmittelmöglichkeiten dem allgemeinen Zivilverfahren nicht gleichwertig
(vgl. MünchKommAktG/Kubis aaO; Großkomm.z.AktG/Decher 4. Aufl. § 132
Rdn. 11; Hüffer aaO § 132 Rdn. 2; K. Schmidt/Lutter/Spindler, AktG § 132
Rdn. 41; Spindler/Stilz/Siems, AktG § 131 Rdn. 87). Die Gefahr von divergierenden Entscheidungen in den beiden Verfahren kann vor dem Hintergrund,
dass sich der Aktionär bewusst für deren parallele Durchführung mit unterschiedlicher Zielrichtung und unterschiedlichen Zuständigkeitsanordnungen entscheidet, eine Bindungswirkung nicht begründen (MünchKommAktG/Kubis aaO; K. Schmidt/Lutter/Spindler aaO § 132 Rdn. 41).
36
cc) Entgegen der Ansicht der Revision ist dem Berufungsgericht im Ergebnis darin zu folgen, dass eine Verletzung des Informationsrechts der Aktionäre (§ 131 AktG) in Bezug auf den Tagesordnungspunkt der Wahl der Aufsichtsratsmitglieder nicht vorliegt.
37
(aaa) Zutreffend geht das Berufungsgericht insoweit von den vorgelegten
schriftlichen Antwortvorschlägen des "back-office" der Beklagten aus. Zu Unrecht meint die Revision, das Berufungsgericht verkenne die Beweislast der
Beklagten für die Unrichtigkeit des Vortrags der Kläger zu 1 und 2, die Auskünfte seien in freier Rede und teilweise abweichend von den schriftlichen Antwortvorschlägen erteilt worden. Das Berufungsgericht hat insoweit nicht eine Beweislastentscheidung getroffen, sondern mangels näherer Einlassung der Beklagten zu den pauschal behaupteten Abweichungen bereits ein zulässiges
Bestreiten verneint (§ 138 Abs. 1, 2 ZPO). Richtigerweise trifft - entgegen der
Ansicht der Revision - die Darlegungs- und Beweislast für die behaupteten Informationspflichtverletzungen der Beklagten ohnehin die Kläger. Eine Beweis-
- 25 -
lastumkehr wegen Nichtvorlegung des Hauptversammlungsprotokolls (vgl. dazu
MünchKommAktG/Hüffer 2. Aufl. § 243 Rdn. 138) findet hier nicht statt, weil ein
notarielles Hauptversammlungsprotokoll vorliegt (vgl. oben A). Eine substantiierte Darlegung der angeblichen Abweichungen von den schriftlichen Antwortvorschlägen findet sich auch an den von der Revision angeführten Aktenstellen
nicht.
38
(bbb) Unter Zugrundelegung der schriftlichen Antwortvorschläge sind die
Fragen lit. a, b ("Listing an ausländischen Börsen") beantwortet. Die weiteren
Fragen lit. c bis m des Aktionärsvertreters E. betrafen ebenso wie die Fragen
der Aktionärsvertreterin N. den Erwerb und die anschließende Teilveräußerung
von 40% der Aktien der A.
S.
Verlags AG durch die Beklagte, welche
die ihr von einem Konzernunternehmen des Klägers zu 1 als Kreditsicherheit
verpfändeten Aktien zum Mindestgebot ersteigert und anschließend einen Aktienanteil von 10% an Frau S.
dadurch Mehrheitsaktionärin der A.
(nachfolgend Frau S.) veräußert hatte, die
S.
Verlags AG wurde. Die Fragen
zielten zusammengefasst erkennbar darauf zu ergründen, ob die zuständigen
Organe der Beklagten bei dem Erwerbs- und Veräußerungsgeschäft ihre Sorgfaltspflichten gegenüber der Beklagten gemäß § 93 Abs. 1 Satz 1 AktG verletzt
haben. Das betrifft in erster Linie den Vorstand (vgl. § 76 Abs. 1 AktG), kann
aber im Hinblick auf die Überwachungsfunktion des Aufsichtsrats (§ 111 Abs. 1
AktG) auch für die Entscheidung über die Wiederwahl der bisherigen Aufsichtsratsmitglieder (hier unter Einschluss des früheren Vorstandssprechers Dr. B.)
von Bedeutung sein (vgl. GroßkommAktG/Decher 4. Aufl. § 131 Rdn. 196;
MünchKommAktG/Kubis 2. Aufl. § 131 Rdn. 54 bis 56).
- 26 -
(ccc) Jedenfalls besteht generell ein Anspruch auf Auskunft gemäß § 131
39
Abs. 1 Satz 1 AktG nur insoweit, als diese zur sachgemäßen Beurteilung des
betreffenden Gegenstandes der Tagesordnung erforderlich ist, d.h. von einem
objektiv urteilenden Aktionär als wesentliches Beurteilungselement benötigt
wird (BGHZ 160, 385, 389; Hüffer, AktG aaO § 131 Rdn. 12 m.w.Nachw.). Nach
diesem Kriterium, welches das Informationsrecht gemäß § 131 AktG in qualitativer und quantitativer Hinsicht sowie hinsichtlich seines Detaillierungsgrades
begrenzt (vgl. Kubis aaO § 131 Rdn. 36), sind im vorliegenden Fall die nachgesuchten Informationen, soweit sie für die Meinungsbildung über die Eignung der
vorgeschlagenen Aufsichtsratskandidaten erforderlich waren, - abgesehen von
einer berechtigten Auskunftsverweigerung zu einzelnen Punkten - erteilt worden.
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(1) Aus den erteilten Antworten ergibt sich, dass die Beklagte die einzige
Bieterin bei der öffentlichen Versteigerung der ihr verpfändeten Aktien war und
ihre Interessen gewahrt hat, indem sie die Aktien zum Mindestgebot ersteigerte.
Sie hat damit nicht auf eine um 50 Mio. € höhere Kreditforderung gegenüber
der ohnehin insolventen Kreditschuldnerin oder auf bessere Verwertungsmöglichkeiten "verzichtet", wie auf entsprechende Frage der Aktionärsvertreterin N.
klargestellt wurde. Die Fragen lit. l und m des Aktionärsvertreters E., deren Anbringung in der Hauptversammlung streitig ist, gehen von der falschen Voraussetzung aus, dass bei einer Verwertung der vinkulierten Aktien im Rahmen eines (von der Beklagten zu beantragenden) Insolvenzverfahrens die Vinkulierung entfallen und deshalb eine größere Zahl von Bietern in Betracht gekommen wäre (vgl. dagegen MünchKommAktG/Bayer, 3. Aufl. § 68 Rdn. 112, 114
m.w.Nachw.). Im Gegenteil deckte die schon für die Verpfändung erforderliche
Zustimmung der A.
S.
AG (§ 68 Abs. 2 AktG; Bayer aaO § 68 Rdn. 56)
auch die Pfandverwertung durch die Beklagte (vgl. Liebscher/Lübke, ZIP 2004,
241, 245 m.w.Nachw.), deren Vorstand auf die Fragen des Aktionärsvertreters
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E. darauf hingewiesen hat, dass jeder Dritte sich an der Versteigerung hätte
beteiligen können und überdies der Kläger zu 1 selbst sich zuvor mit Zustimmung der Beklagten erfolglos bemüht habe, Interessenten für das Aktienpaket
zu finden. In Anbetracht des zur Verlustminimierung der Beklagten gebotenen
Aktienerwerbs zum günstigen Preis erübrigte sich aus der Sicht eines objektiv
urteilenden Aktionärs die Frage lit. k, ob dem Erwerb des Aktienpakets Vorstands- und/oder Aufsichtsratsbeschlüsse zugrunde lagen.
41
(2) Auch die in der Klageschrift bezeichneten Fragen der Aktionärsvertreter E. (lit. c bis i) und N. zur Teilveräußerung des Aktienpakets sind, soweit gemäß § 131 Abs. 1 Satz 1 AktG für die Aufsichtsratswahl erforderlich, beantwortet worden. Die Frage lit. c nach der Richtigkeit der Presseberichte über den
Verkauf an Frau S. betraf eine ohnehin allgemein bekannte Tatsache und wurde vom Vorstand konkludent dahingehend beantwortet, dass ein Teil der Aktien, "wie seinerzeit bekannt gemacht", unmittelbar weiterveräußert worden sei.
Die Auskunftsverweigerung "aus Gründen des Bankgeheimnisses" bezog sich
auf "darüber hinausgehende Einzelheiten dieser Transaktion". Die Frage nach
dem Veräußerungspreis wurde dahingehend beantwortet, dass dieser "weit über dem seinerzeitigen Börsenkurs" lag, was zur Beurteilung eines kaufmännisch vernünftigen Handelns der Verwaltung ausreichte. Eine genaue Preisangabe, wie auch von der Aktionärsvertreterin N. gefordert, hätte nur einem öffentlichen Sensationsinteresse gedient; insoweit überwog das Diskretionsinteresse der Beklagten den Nutzen einer Auskunftserteilung, weshalb die Beklagte, wie auch das Berufungsgericht im Ergebnis zutreffend annimmt, zur Auskunftsverweigerung gemäß § 131 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 AktG berechtigt war (vgl.
MünchKommAktG/Kubis aaO § 131 Rdn. 208 speziell zu "Veräußerungserlösen"). Die Frage lit. e wurde dahin beantwortet, dass die Beklagte die Teilveräußerung aus Gründen der Risikominderung für geboten hielt. Gab es bei der
öffentlichen Versteigerung des Gesamtpakets keinen Bieter außer der Beklag-
- 28 -
ten, so musste sie auch vor der darauf folgenden Teilveräußerung nicht nochmals ein "Bieterverfahren" durchführen (Frage lit. f). Hierzu und zur Frage lit. g,
ob es keine Interessenten für das gesamte Aktienpaket gegeben habe, hat der
Vorstand der Beklagten ausgeführt, es habe sich kein Interessent zu einem angemessenen Preis angeboten. Diese Auskunft genügte, weil die Organe der
Beklagten nicht gehalten waren, das Gesamtpaket unter Wert zu verschleudern
und auf die lukrative Teilveräußerung zu verzichten, welche der Beklagten den
Wert von 30% der Aktien erhielt. Da sich der Umfang der von der Beklagten
getroffenen Maßnahmen aus der zusammenfassenden Beantwortung der Fragen lit. c bis h ergibt, war damit auch die Frage lit. h nach zusätzlichen Bemühungen um eine Optimierung des Kaufpreises nicht mehr i.S. des § 131 Abs. 1
Satz 1 AktG erforderlich (vgl. auch Hüffer, AktG aaO § 243 Rdn. 47). Entsprechendes gilt für die in die gleiche Richtung zielende Frage 9 der Aktionärsvertreterin N. (ungeachtet der dazu erklärten Auskunftsverweigerung).
42
Die Frage lit. i zur allgemeinen Vorgehensweise der Beklagten bei Verkäufen "signifikanter Beteiligungen" wurde insoweit unter Hinweis auf die Antwort zu einer vorangegangenen Frage beantwortet. Die damit verbundene Frage nach Besonderheiten des Verkaufs an Frau S. erübrigte sich zumindest großenteils im Hinblick auf die bereits erteilten Informationen zu den Fragen lit. e
bis h; die Mitteilung von Einzelheiten des Geschäfts mit Frau S. durfte die Beklagte gemäß § 131 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 AktG aus den bei diesem Geschäft gegebenen Diskretionsgründen verweigern, um eine nachhaltige Beschädigung
ihrer Kontrahierungsfähigkeit im Wirtschaftsleben bei Großgeschäften dieser Art
zu vermeiden (vgl. MünchKommAktG/Kubis aaO § 131 Rdn. 101), wie das Berufungsgericht zutreffend ausführt.
43
Von einem vorrangigen Aufklärungsinteresse wegen objektiv begründeten Verdachts schwerwiegender Pflichtverletzungen der Verwaltungsorgane der
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Beklagten (vgl. BGHZ 86, 1, 19 f.; Hüffer aaO § 131 Rdn. 27) kann hier nicht
ausgegangen werden. Objektive Anhaltspunkte dafür sind nach den tatrichterlichen Feststellungen nicht dargetan und ergeben sich auch nicht aus den von
der Revision angeführten Aktenstellen. Die Gründe für den Erwerb und den
Teilverkauf des Aktienpakets wurden in der Hauptversammlung mitgeteilt. Hingewiesen wurde auch darauf, dass es keine Vereinbarungen gegeben habe,
welche die Beklagte zu dem Erwerb und der anschließenden Teilveräußerung
verpflichtet hätten. Dementsprechend war die Beklagte auch zur Bekanntgabe
von Einzelheiten der Vereinbarungen mit Frau S. auf entsprechende Fragen der
Aktionärsvertreterin N. nicht verpflichtet, wie das Berufungsgericht zutreffend
ausführt. Der von den Klägern subjektiv gehegte Verdacht, die Verwaltungsorgane der Beklagten hätten ihre Pflichten verletzt und sich schadensersatzpflichtig gemacht, begründet keine erweiterten Auskunftspflichten der Beklagten.
44
(3) Die weiteren, den Rechtsstreit zwischen dem Kläger zu 1 und der Beklagten sowie ihrem ehemaligen Vorstandsprecher Dr. B. betreffenden Fragen
lit. n bis s des Aktionärsvertreters E. wurden, soweit gemäß § 131 Abs. 1 Satz 1
AktG erforderlich, nach den Feststellungen des Berufungsgerichts beantwortet,
wie sich auch aus den vorgelegten Antwortvorschlägen ergibt. Unerheblich ist
insoweit die in Frageform gekleidete Behauptung, dass Dr. B. zur Zeit der
Hauptversammlung des Vorjahres 2002 über den Eingang der Schadensersatzklage informiert gewesen sei. Wie das Berufungsgericht ausführt, wurde mit
der damaligen Äußerung des Dr. B., er habe eine Schadensersatzklage und
eine Strafanzeige noch nicht erhalten, nicht verschwiegen, dass die betreffenden Maßnahmen bereits eingeleitet worden seien. Die weitere Frage lit. r zur
Kommunikation zwischen Dr. B. und seinem Strafverteidiger betraf keine Angelegenheit der Gesellschaft, wie das Berufungsgericht zutreffend ausführt. Die an
den Vorstand Dr. v. H.
gerichtete Frage lit. s zu dessen Kenntnisstand
von der Strafanzeige und der Schadensersatzklage des Klägers zu 1 im Jahr
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2002 wurde beantwortet und war im Übrigen aus dem vorerwähnten Grund zur
Meinungsbildung über die Wahl von Dr. B. in den Aufsichtsrat nicht erforderlich.
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e) Soweit die Revision schließlich unter Hinweis auf das Senatsurteil vom
25. November 2002 (BGHZ 153, 47, 51) rügt, das Berufungsgericht habe den
Vortrag der Kläger zur materiellen Rechtswidrigkeit der Entlastungsbeschlüsse
im Hinblick auf die pflichtwidrigen Interviewäußerungen des vormaligen Vorstandssprechers Dr. B. und auf die von dem Aufsichtsrat der Beklagten versäumte Sicherstellung von Regressansprüchen "ignoriert" bzw. irrig als verfristet gemäß § 246 Abs. 1 AktG angesehen, ist damit ein entsprechender Anfechtungsgrund gegenüber dem Beschluss über die Wahl des Aufsichtsrats nicht
geltend gemacht, die im Übrigen auch nicht ohne weiteres aus diesem Grund
anfechtbar wäre (vgl. BGHZ 153, 47, 52).
3. Wahl des Abschlussprüfers
a) Ohne Erfolg rügt die Revision, der für das Geschäftsjahr 2003 gewähl-
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te Abschlussprüfer sei wegen Befangenheit (§ 319 Abs. 2 HGB) entsprechend
den im Senatsurteil vom 25. November 2002 (BGHZ 153, 32 ff.) aufgestellten
Grundsätzen nicht wählbar gewesen, weil er die Bilanz der Beklagten für das
Vorjahr 2002 mit uneingeschränktem Prüfvermerk versehen habe, obwohl die
Bilanz keine Rückstellungen wegen der von dem Kläger zu 1 gegen die Beklagte erhobenen (auf die Interviewäußerungen des Dr. B. gestützten) Feststellungsklage auf Schadensersatz ausgewiesen und bei Erteilung des Prüfvermerks sogar schon das erstinstanzliche Urteil in jenem Rechtsstreit vorgelegen
habe.
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Das Berufungsgericht hat nicht das Senatsurteil vom 25. November 2002
(aaO) "missverstanden", sondern zutreffend darauf hingewiesen, dass der vorliegende Fall entscheidungserhebliche Unterschiede gegenüber demjenigen
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jenes Senatsurteils aufweise. Im dortigen Fall hatte der Abschlussprüfer an der
Entstehung fehlerhaft vollendeter Tatsachen (Verschmelzungswertrelation) mitgewirkt und sich dadurch bereits Schadensersatzansprüchen in beträchtlicher
Höhe ausgesetzt (aaO S. 43). Demgegenüber weist das Berufungsgericht ohne
Rechtsfehler darauf hin, dass es im vorliegenden Fall um eine Wahrscheinlichkeitsbeurteilung des Bestehens von Schadensersatzansprüchen geht, die sich
von Jahr zu Jahr ändern kann, ohne dass dies dem Eingeständnis eines früheren Fehlers gleichkommt und damit gerechnet werden muss, dass der Abschlussprüfer künftig in gleicher Weise verfahren werde. Hinzu kommt, dass der
Prüfvermerk für das vor Erlass jenes Feststellungsurteils abgelaufene Geschäftsjahr 2002 zu erteilen und abzusehen war, dass der Nachweis eines bestimmten Schadens des Klägers zu 1 als Folge der Interviewäußerungen des
Dr. B. auf nicht unerhebliche Schwierigkeiten stoßen wird. Bis heute liegt, worauf die Revisionserwiderung hinweist, noch kein erstinstanzliches Urteil zu dieser Kausalitätsfrage vor. Mag auch die Erhebung einer bloßen Feststellungsklage auf Schadensersatz die Erforderlichkeit einer Rückstellung nicht ausschließen, wie einer der Privatgutachter der Kläger zu 1 und 2 ausführt, so kann
und muss doch bei der Wahrscheinlichkeitsbeurteilung des Bestehens von Ansprüchen nach dem jeweiligen Erkenntnisstand differenziert werden (vgl.
Sen.Urt. v. 22. September 2003 - II ZR 229/02, ZIP 2003, 2068 f.; BFH DB
2002, 871).
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b) Soweit die Revision "die Rechtswidrigkeit der angefochtenen Beschlüsse wegen nicht erteilter Auskünfte" geltend macht und dabei offenbar
auch den Beschluss über die Wahl des Abschlussprüfers einbezieht, ist auf die
entsprechenden Ausführungen zur Wahl der Aufsichtsratsmitglieder zu verweisen. Davon abgesehen ist schon nicht ersichtlich, welchen Bezug die in der
Klageschrift bezeichneten Fragen zum Tagesordnungspunkt der Wahl des Abschlussprüfers haben sollen. Soweit die gestellten Fragen auf die Feststellung
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einer von den Klägern vermuteten Pflichtverletzung und einer daraus resultierenden Schadensersatzverpflichtung der Organe der Beklagten in Zusammenhang mit dem Erwerb und der Teilveräußerung der an die Beklagte verpfändeten Aktien zielten, waren sie für die Beurteilung der Eignung und Zuverlässigkeit
des bisherigen und des erneut zu wählenden Abschlussprüfers schon deshalb
irrelevant, weil streitige Schadensersatzansprüche erst bei rechtskräftiger Titulierung in der Bilanz zu aktivieren sind (vgl. BFH DB 1989, 1949; Sen.Urt. v.
17. Dezember 2001 - II ZR 27/01, ZIP 2002, 802).
II. Revision des Klägers zu 3
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Die von dem Kläger zu 3 mit seiner Revision weiterverfolgte Anfechtungsklage gegen die Entlastungsbeschlüsse hat Erfolg.
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1. Entgegen der Auffassung des Landgerichts, mit der sich das Berufungsgericht nicht auseinandergesetzt hat, hat der Kläger zu 3 die Klagefrist
von einem Monat nach der Beschlussfassung vom 10. Juni 2003 (vgl. § 246
Abs. 1 AktG) gewahrt.
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Zwar wurde die am 1. Juli 2003 - und damit innerhalb der Monatsfrist eingereichte Klageschrift dem Vorstand der Beklagten erst am 15. September
2003 zugestellt und die - gemäß § 246 Abs. 2 Satz 2 AktG, § 170 Abs. 1 ZPO
zusätzlich erforderliche - Zustellung an ein Mitglied des Aufsichtsrats der Beklagten (vgl. § 170 Abs. 3 ZPO) erst am 12. Mai 2004 bewirkt. Diese Zustellungen sind jedoch jeweils als noch "demnächst" i.S. von § 167 ZPO und damit als
fristwahrend anzusehen, weil der im vorliegenden Fall auf vermeidbare Verzögerungen im gerichtlichen Geschäftsablauf zurückzuführende Zeitraum dem
Kläger zu 3 nicht angelastet werden kann (vgl. BGH, Urt. v. 20. April 2000
- VII ZR 116/99, ZIP 2000, 1140).
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a) Der Kläger zu 3, ein in Spanien ansässiger, aber im Inland zugelassener Rechtsanwalt, welcher sich selbst vertrat, hat in der Klage die Vorstandsund Aufsichtsratsmitglieder der Beklagten jeweils namentlich als gesetzliche
Vertreter der Beklagten bezeichnet und dazu die Geschäftsadresse der Beklagten angegeben. Ob dies für die erforderliche Zustellung oder Ersatzzustellung
an zumindest ein Aufsichtsratsmitglied (§ 170 Abs. 3 ZPO) nicht ausreichend
war (so noch BGHZ 107, 296, 299), obwohl das Vorhandensein von "Geschäftsräumen" (§ 178 Abs. 1 Nr. 2 ZPO) zumindest für den Aufsichtsratsvorsitzenden und die Weitergabe des Schriftstücks an ihn bei einer Gesellschaft wie
der Beklagten erwartet werden kann (vgl. K. Schmidt/Lutter/Schwab, AktG
§ 246 Rdn. 7 m.Nachw. auch zur Gegenmeinung), kann im Hinblick auf den
weiteren Ablauf dahinstehen. Denn der Kläger zu 3 hat spätestens am
14. August 2003 unter Bezugnahme auf eine beigefügte - im Original nicht bei
den Akten befindliche - Telefaxkopie vom 10. Juli 2003 die Privatanschriften
von zwei Aufsichtsratsmitgliedern der Beklagten mitgeteilt und um Zustellung
der Klage auch unter diesen Adressen gebeten, wobei er für den Fall, dass weitere beglaubigte Abschriften benötigt würden, die Geschäftsstelle um deren
Fertigung ersuchte und in seiner Eigenschaft als Rechtsanwalt die persönliche
Haftung für die Kosten übernahm. Entgegen der Ansicht des Landgerichts kann
keine Rede davon sein, dass der Schriftsatz vom 10. Juli 2003 das von dem
Kläger zu 3 vor Einreichung seiner Anfechtungsklage eingeleitete Auskunftserzwingungsverfahren gemäß § 132 AktG betraf, weil in dem Schriftsatz auf die
"Klageschrift" im Anfechtungsprozess, dem damals noch kein Aktenzeichen
zugeteilt war, Bezug genommen wird. Die nachträgliche Adressangabe als solche hat zu keiner dem Kläger zuzurechnenden Zustellungsverzögerung geführt,
weil die Klage dem Vorstand der Beklagten trotz einwandfreier Adressangabe in
der Klageschrift erst am 15. September 2003 zugestellt wurde und bis dahin bei
richtiger Sachbehandlung ohne weiteres auch an die von dem Kläger zu 3
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nachträglich benannten Aufsichtsratsmitglieder hätte zugestellt werden können
(vgl. auch BGH, Urt. v. 20. April 2000 aaO).
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b) Auch die späte Klagezustellung an den Vorstand der Beklagten beruht
entgegen der Ansicht des Landgerichts auf Verzögerungen in dessen Verantwortungsbereich und nicht auf einer verspäteten Einzahlung des von dem Kläger zu 3 zu leistenden Gerichtskostenvorschusses, der von dem Landgericht
erst mit Schreiben vom 6. August 2003 angefordert wurde. Innerhalb eines Zeitraums von circa drei Wochen nach Ablauf der Klagefrist des § 246 Abs. 1 AktG
(10. Juli 2003) hätte der Kläger zu 3 in Erwartung einer Zahlungsaufforderung
untätig bleiben dürfen, ohne sich dem Vorwurf nachlässiger Prozessführung
auszusetzen (vgl. BGHZ 69, 361, 364 f.). Gemäß der vorliegenden Bestätigung
der Gerichtskasse vom 22. Juli 2003 ging jedoch bereits an diesem Tag ein auf
die Ha.
Sparkasse gezogener Verrechnungsscheck über den vollstän-
digen Betrag des geschuldeten Gerichtskostenvorschusses zu dem ursprünglichen Aktenzeichen des Anfechtungsprozesses (3/15 O 91/03) bei der Gerichtskasse ein, welche den Scheck relativ spät einlöste und am 12. August 2003
Zahlungsanzeige erteilte. Unter dem 14. August 2003 bestimmte der Richter
frühen ersten Termin zur mündlichen Verhandlung. Die Terminsverfügung wurde der Beklagten bzw. ihrem Vorstand zusammen mit der Klageschrift der Beklagten, wie schon erwähnt, erst am 15. September 2003 zugestellt. Ein verzögerungsursächliches Verschulden des Klägers zu 3 ist damit nicht festzustellen.
Da die Zahlungsanzeige der Gerichtskasse erst vom 12. August 2003 datiert
und eine Klage in bürgerlich-rechtlichen Rechtsstreitigkeiten vor der Entrichtung
des Vorschusses nicht zugestellt werden soll (§ 12 Abs. 1 Satz 1 GKG), kann
im Übrigen auch unter diesem Aspekt die nachträgliche Bekanntgabe der Privatanschriften zweier Aufsichtsratsmitglieder am 14. August 2003 zu keiner
nennenswerten Zustellungsverzögerung geführt haben.
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c) Nachdem der Kläger zu 3 die ihm obliegenden Mitwirkungshandlungen
zur Ermöglichung einer Zustellung an den Vorstand und den Aufsichtsrat der
Beklagten erbracht hatte, war er grundsätzlich nicht mehr gehalten, das gerichtliche Verfahren zu kontrollieren und durch Nachfragen auf eine beschleunigte
Zustellung hinzuwirken (vgl. BGHZ 168, 306, 312 Tz. 20 ff.), was er ungeachtet
dessen in der Folgezeit immer wieder tat, nachdem er aus der Klageerwiderung
erfuhr, dass die Klage dem Aufsichtsrat der Beklagten noch nicht zugestellt
worden war. Da die Beklagte im weiteren Fortgang selbst vorgetragen hat, dass
am 12. Mai 2004 die Zustellung an ein Mitglied des Aufsichtsrats habe bewirkt
werden können, ist jedenfalls von einem tatsächlichen Zugang (§ 189 ZPO)
auszugehen, ohne dass es darauf ankommt, ob schon die gemäß der Zustellungsurkunde vom 12. Mai 2004 vorgenommene Ersatzzustellung unter der Anschrift der Gesellschaft wirksam war (vgl. dazu oben a).
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2. Die Anfechtungsklage ist auch im Übrigen begründet, ohne dass es
auf die von dem Kläger zu 3 geltend gemachten Informationspflichtverletzungen
wegen angeblicher Nichtbeantwortung zahlreicher von ihm (und anderen Aktionären) in der Hauptversammlung der Beklagten teils schriftlich, teils mündlich
gestellter Fragen ankommt, weil der Erfolg der Anfechtungsklagen der Kläger
zu 1 und 2 gegen die Entlastungsbeschlüsse auch dem Kläger zu 3 zugute
kommt (vgl. Senat, BGHZ 122, 211, 240). Dies folgt daraus, dass zwischen
mehreren Anfechtungsklägern eine notwendige Streitgenossenschaft i.S. des
§ 62 Abs. 1 Alt. 1 ZPO besteht, weil gemäß § 248 Abs. 1 AktG ein Urteil, durch
das ein Hauptversammlungsbeschluss für nichtig erklärt wird, für und gegen
alle Aktionäre der verklagten Gesellschaft wirkt und deshalb die Entscheidung
gegenüber mehreren Anfechtungsklägern einheitlich ergehen muss (Senat aaO
m.w.Nachw.; vgl. auch Sen.Urt. v. 1. März 1999 - II ZR 305/97, ZIP 1999, 580;
Zöller/Vollkommer, ZPO 27. Aufl. § 62 Rdn. 4). Etwas anderes gilt nur, wenn die
Klage eines einzelnen Streitgenossen unzulässig oder gemäß § 246 Abs. 1
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AktG verfristet ist oder dem Kläger die Anfechtungsbefugnis fehlt (vgl. Hüffer
aaO § 246 Rdn. 3), weil insoweit nicht über das gemeinsame streitige Rechtsverhältnis (§ 62 Abs. 1 ZPO) zu entscheiden ist. Das ist hier nicht der Fall.
Goette
Kraemer
Reichart
Strohn
Drescher
Vorinstanzen:
LG Frankfurt/Main, Entscheidung vom 21.12.2005 - 3/9 O 98/03 OLG Frankfurt/Main, Entscheidung vom 17.07.2007 - 5 U 229/05 -