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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
I ZR 76/99
URTEIL
in dem Rechtsstreit
Verkündet am:
15. November 2001
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
-2-
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 15. November 2001 durch den Vorsitzenden Richter Prof.
Dr. Erdmann und die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Pokrant, Dr. Büscher
und Dr. Schaffert
für Recht erkannt:
Auf die Revision der U. Deutschland Inc. & Co. OHG wird das Urteil
des 18. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 4. Februar 1999 aufgehoben.
Die Sache wird zur Fortsetzung des Verfahrens gegen die U. Inc.
an das Berufungsgericht zurückverwiesen, dem auch die Entscheidung über die Kosten der Revision übertragen wird.
Von Rechts wegen
-3-
Tatbestand:
Die Klägerin, Transportversicherer der Q. GmbH in S. bei München,
nimmt die beklagte U. Deutschland Inc. mit Sitz in N. (im folgenden: U. Inc.)
aus abgetretenem und übergegangenem Recht wegen des Verlustes von
Transportgut auf Schadensersatz in Anspruch.
Das Landgericht hat der auf Zahlung von 38.875,-- DM nebst Zinsen gerichteten Klage mit Ausnahme eines geringen Teils der Zinsen stattgegeben.
Dagegen haben die Rechtsanwälte H., die die U. Inc. im ersten Rechtszug vertreten haben, namens der in N. unter derselben Adresse wie die U. Inc. geschäftsansässigen U. Deutschland Inc. & Co. OHG (im folgenden: U. OHG)
Berufung eingelegt.
Das Berufungsgericht hat die Berufung der U. OHG als unzulässig verworfen.
Hiergegen richtet sich die Revision der U. OHG, mit der diese die Aufhebung des Berufungsurteils und die Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht erstrebt. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.
-4-
Entscheidungsgründe:
I. Das Berufungsgericht hat die Berufung als unzulässig angesehen, weil
sie von der durch das angefochtene Urteil nicht beschwerten U. OHG eingelegt
worden sei. Hierzu hat es ausgeführt:
Die die Berufung führende U. OHG habe selbst vorgetragen, daß die
beklagte U. Inc. mit ihr nicht identisch, sondern eine ihrer persönlich haftenden
Gesellschafterinnen sei, weshalb weder eine bloße Firmenänderung noch eine
Rechtsnachfolge durch Umwandlung vorliege. Ebensowenig liege nach dem
eigenen Vortrag der Berufungsklägerin lediglich eine aus den Umständen wie
insbesondere aus dem der Berufungsschrift beigefügten Urteil erster Instanz zu
entnehmende versehentliche Falschbezeichnung der die Berufung führenden
Partei vor. Die von der Berufungsklägerin schließlich noch angesprochene
Möglichkeit eines gewillkürten Parteiwechsels auch in der zweiten Instanz
setzte eine zulässige Berufung und außerdem die Zustimmung des Gegners
voraus; im vorliegenden Fall seien beide Voraussetzungen nicht erfüllt.
II. Die hiergegen gerichtete Revision ist gemäß § 547 ZPO statthaft und
auch im übrigen zulässig. Daß die die Revision führende U. OHG gemäß den
Darlegungen zu nachfolgender Ziffer III entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts tatsächlich nicht Berufungsklägerin war, steht dem nicht entgegen. Die U. OHG ist damit durch das Berufungsurteil allerdings nicht formell
beschwert. Bei der beklagten Partei ist jedoch, da sie keine Sachanträge stellt,
die materielle Beschwer maßgeblich. Für diese reicht jeder nachteilige rechtskraftfähige Inhalt der angefochtenen Entscheidung - wie im Streitfall der Aus-
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spruch, daß die Berufung der U. OHG unzulässig sei und diese die Kosten des
Berufungsverfahrens
zu
tragen
habe -
aus
(BGH,
Urt.
v.
5.1.1955
- IV ZR 238/54, NJW 1955, 545; Reichold in Thomas/Putzo, ZPO, 23. Aufl.,
Vorbem. § 511 Rdn. 19 m.w.N.).
III. Die Revision der U. OHG hat auch in der Sache Erfolg. Das Oberlandesgericht ist im Berufungsurteil zu Unrecht davon ausgegangen, daß nicht die
im Verfahren vor dem Landgericht unterlegene U. Inc., sondern die durch das
Urteil erster Instanz nicht beschwerte U. OHG Berufungsklägerin sei.
1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes gehört
zum notwendigen Inhalt der Berufungsschrift neben den in § 518 Abs. 2 ZPO
ausdrücklich normierten Voraussetzungen weiterhin die Angabe, für wen und
gegen wen das Rechtsmittel eingelegt wird. Dabei müssen, da mit der Berufung ein neuer Verfahrensabschnitt vor einem anderen als dem bis dahin mit
der Sache befaßten Gericht eröffnet wird, aus Gründen der Rechtssicherheit
zur Erzielung eines geordneten Verfahrensablaufs die Parteien des Rechtsmittelverfahrens und insbesondere die Person des Rechtsmittelführers bei verständiger Würdigung des gesamten Vorgangs der Rechtsmitteleinlegung bis
zum Ablauf der Berufungsfrist für das Berufungsgericht und den Gegner in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise erkennbar sein (BGHZ 21, 168,
170 ff.; 113, 228, 230; BGH, Beschl. v. 13.7.1993 - III ZB 17/93, NJW 1993,
2943 f.; Beschl. v. 7.11.1995 - VI ZB 12/95, NJW 1996, 320; Beschl. v.
16.7.1998 - VII ZB 7/98, NJW 1998, 3499; Beschl. v. 18.4.2000 - VI ZB 1/00,
NJW-RR 2000, 1371, 1372, jeweils m.w.N.). Dies bedeutet jedoch nicht, daß
die erforderliche Klarheit über die Person des Berufungsklägers ausschließlich
durch dessen ausdrückliche Bezeichnung zu erzielen wäre; sie kann auch im
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Wege der Auslegung der Berufungsschrift und der etwa sonst vorliegenden
Unterlagen gewonnen werden (BGH NJW 1996, 320 m.w.N.).
2. Im danach auch im Streitfall maßgeblichen Zeitpunkt des Ablaufs der
Berufungsfrist hatte das Berufungsgericht, dem zur damaligen Zeit die Berufungsschrift und das dieser beigefügte Urteil des Landgerichts vorlagen, keinen
Anlaß zu zweifeln, daß die U. Inc. Berufungsklägerin sein sollte. Dem stand
nicht entgegen, daß als solche in der Berufungsschrift die U. OHG unter Angabe ihrer von der U. Inc. abweichenden gesetzlichen Vertretung bezeichnet war.
Unter Berücksichtigung dessen nämlich, daß die U. OHG in der Berufungsschrift als "Beklagte und Berufungsklägerin" bezeichnet und im beigefügten
Urteil des Landgerichts die U. Inc. zweifelsfrei als Beklagte ausgewiesen war,
konnten für das Berufungsgericht und die Klägerin aus deren damaliger Sicht
keine vernünftigen Zweifel daran bestehen, daß die U. OHG bei der Berufungseinlegung versehentlich anstelle der - im übrigen unter derselben Anschrift geschäftsansässigen - U. Inc. als Berufungsklägerin benannt worden
war.
Nach dem vorstehend Ausgeführten ist es, da für die Frage, wer als Berufungsführer anzusehen ist, allein maßgeblich ist, was insoweit für das Berufungsgericht und den Gegner bis zum Ablauf der Berufungsfrist erkennbar geworden ist, mithin unerheblich, ob, wie das Berufungsgericht gemeint hat und
die Revisionserwiderung geltend macht, eine versehentliche Falschbezeichnung ausweislich des eigenen späteren Vorbringens der Berufung tatsächlich
nicht vorgelegen hatte, weil danach die U. OHG sich - zu Unrecht - als Rechtsnachfolgerin der U. Inc. angesehen hatte.
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IV. Da sich die Klägerin auch mit einem Parteiwechsel auf der Beklagtenseite im Berufungsverfahren nicht einverstanden erklärt hat, ist das Berufungsurteil zu Unrecht gegen die Revisionsklägerin ergangen. Es konnte daher
keinen Bestand haben und war deshalb aufzuheben.
Die Sache war an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit dieses nunmehr das bei ihm noch anhängige Berufungsverfahren zwischen der U.
Inc. und der Klägerin durchführt.
Erdmann
v. Ungern-Sternberg
Büscher
Pokrant
Schaffert