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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 42/05
Verkündet am:
20. Dezember 2007
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ
: ja
BGHR
: ja
TV-Total
UrhG §§ 94, 95
Auch Teile von auf Filmträgern aufgenommenen Filmwerken und Laufbildern
genießen Leistungsschutz nach §§ 94, 95 UrhG.
UrhG § 24 Abs. 1
Eine entsprechend § 24 Abs. 1 UrhG zulässige freie Benutzung fremder Laufbilder setzt voraus, dass ein selbständiges Werk geschaffen wird.
UrhG § 50
Ein Geschehen, bei dem es der Öffentlichkeit nicht auf eine aktuelle Berichterstattung ankommt, ist kein Tagesereignis im Sinne des § 50 UrhG.
UrhG § 51
Ein Zitat ist nach § 51 UrhG nur zulässig, wenn eine innere Verbindung zwischen der zitierten Stelle und eigenen Gedanken des Zitierenden hergestellt
wird.
BGH, Urt. v. 20. Dezember 2007 - I ZR 42/05 - OLG Frankfurt am Main
LG Frankfurt am Main
-2-
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 20. Dezember 2007 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm
sowie die Richter Prof. Dr. Büscher, Dr. Schaffert, Dr. Kirchhoff und Dr. Koch
für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 11. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 25. Januar 2005 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
1
Die Klägerin nimmt als Verwertungsgesellschaft die Rechte des Hessischen Rundfunks wahr. Zu diesem Zweck hat der Hessische Rundfunk ihr die
urheberrechtlichen Nutzungs- und Leistungsschutzrechte an den von ihm oder
in seinem Auftrag hergestellten Produktionen eingeräumt bzw. übertragen. Eine
solche Eigenproduktion ist auch die am 2. September 2001 im Regionalfernsehen ausgestrahlte Sendung "Landparty in Hüttenberg". Zu Beginn dieser Sendung führt ein Reporter ein Interview mit einer Passantin. Er fragt sie zunächst,
für wie spontan sie sich - gemessen an einer Skala von 1 bis 10 - halte; sie
antwortet: "Ach, schon spontan, zehn, neun". Sodann eröffnet der Reporter der
Passantin, sein Thema sei das "Spontan-Jodeln", und versucht, sie durch Anzählen des Taktes ("… drei, vier") zum Jodeln zu veranlassen. Die Passantin
-3-
- die dies offensichtlich missversteht und meint, sie werde danach gefragt, wie
sie ihre Fähigkeiten im "Spontan-Jodeln" gemessen an einer Skala von 1 bis 4
einschätze - beginnt daraufhin nicht zu jodeln, sondern antwortet mit: "drei".
2
Die Beklagte produziert die von Stefan Raab moderierte Sendung "TVTotal". Einer der Programmpunkte dieser Sendung besteht darin, dem Studiopublikum und später den Fernsehzuschauern Ausschnitte aus den aktuellen
TV-Programmen anderer Sender vorzuführen. In der am 4. September 2001
ausgestrahlten Ausgabe von "TV-Total" wurde das "Spontan-Interview" aus der
Sendung "Landparty in Hüttenberg" ohne Erlaubnis der Klägerin mit einer Dauer von 20 Sekunden in einem Beitrag von 1 Minute und 45 Sekunden gezeigt.
Das Interview wurde von Stefan Raab wie folgt anmoderiert:
Da ist ein Mann, der interviewt eine Frau, und die gibt erst mal eine Antwort, die
ist ganz korrekt - und dann die zweite Antwort, die die Frau gibt, ist so was von
unmöglich, das ist die größte anzunehmende Unwahrscheinlichkeit, die da passiert. Ich glaube, wir haben selten einen irreren Ausschnitt gehabt. Schauen Sie
es sich einfach mal an.
3
Nach der Wiedergabe des "Spontan-Interviews", während deren gesamter Dauer die Textzeile "Hessen, Landparty in Hüttenberg" eingeblendet wurde,
äußerte Stefan Raab sich hierzu nochmals wie folgt:
Ja, da muss man erst mal drauf kommen, oder? Ich glaube, kein Sketchschreiber der Welt würde jemals einen solchen Sketch schreiben, weil er sagt, der ist
zu unwahrscheinlich, nimmt Ihnen keiner ab. Das geht gar nicht. Drei, vier
- drei? Warum nicht, ja.
4
Nach einer Werbepause wurde das Interview nochmals gezeigt.
5
Die Klägerin sieht darin, dass die Beklagte die Sequenz aus der TVProduktion des Hessischen Rundfunks aufgezeichnet, auf einem Großbildschirm in einem TV-Studio dem dort anwesenden Publikum vorgeführt und
schließlich über den Sender "Pro Sieben" ausgestrahlt hat, eine Verletzung der
urheberrechtlichen Nutzungsrechte des Hessischen Rundfunks. Sie nimmt die
-4-
Beklagte deshalb auf Unterlassung, Auskunftserteilung, Feststellung ihrer
Schadensersatzpflicht sowie Zahlung von Lizenzgebühren in Höhe von
2.556,46 € in Anspruch.
6
Die Beklagte ist dem entgegengetreten.
7
Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt (LG Frankfurt
a.M. ZUM 2004, 394). Die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht
unter Herabsetzung der Lizenzgebühren auf 1.278,23 € zurückgewiesen (OLG
Frankfurt ZUM 2005, 477). Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte weiterhin die (vollständige) Abweisung der Klage. Die
Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe:
8
A. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im
Wesentlichen ausgeführt:
9
Der Unterlassungsanspruch sei nach § 97 Abs. 1 Satz 1 i.V. mit §§ 95,
94 Abs. 1 Satz 1 UrhG begründet. Bei der in Rede stehenden Sequenz handele
es sich zwar nicht um ein Filmwerk. Jedoch genieße nach § 95 UrhG auch der
Hersteller von Laufbildern den Schutz des § 94 UrhG. Dieser Schutz bestehe
auch an einzelnen Teilen von Filmen und Laufbildern, unabhängig von der Größe oder Länge des Filmausschnitts. Die Befürchtung der Beklagten, dass auf
diese Weise Laufbilder weitergehend geschützt würden als Filmwerke, rechtfertige keine abweichende Beurteilung. Die Beklagte habe die Laufbilder entgegen
§ 94 Abs. 1 Satz 1 UrhG vervielfältigt, verbreitet und öffentlich wahrnehmbar
gemacht und das Recht des Hessischen Rundfunks zur Wiedergabe von
Funksendungen verletzt.
-5-
Die Beklagte habe die Laufbilder nicht nach § 24 Abs. 1 UrhG ohne Zu-
10
stimmung der Klägerin verwenden dürfen, weil sie damit nicht in freier Benutzung ein selbständiges Werk geschaffen habe. Insoweit sei nicht auf die gesamte Sendung "TV-Total" vom 4. September 2001, sondern auf den Teil der
Sendung abzustellen, in der der Moderator Stefan Raab die Vorlage präsentiere
und kommentiere. Da dieser die Vorlage hierbei in keiner Weise kritisiere, parodiere oder karikiere, sei eine freie Bearbeitung zu verneinen. Die Verwendung
der Sequenz sei auch nicht in entsprechender Anwendung des § 51 Nr. 2 UrhG
als Zitat zulässig. Weder sei eine Aussage vorhanden, die durch die Sequenz
belegt werden könnte, noch wohne den Erläuterungen des Moderators ein
künstlerischer Ausdruck und eine künstlerische Gestaltung inne, die mit der Sequenz eine innere Verbindung eingehen könnte. Die Sendung des Interviews
durch den Hessischen Rundfunk am 2. September 2001 sei schließlich kein
Tagesereignis im Sinne des § 50 UrhG, über das die Beklagte ohne Zustimmung der Klägerin am 4. September 2001 hätte berichten dürfen. Auf Ereignisse, bei denen es der Öffentlichkeit auf eine zeitnahe Berichterstattung nicht ankomme, sei diese Bestimmung nicht anzuwenden.
Die Ansprüche auf Auskunftserteilung und Feststellung der Schadenser-
11
satzpflicht seien gleichfalls begründet. Der Klägerin stehe ferner ein nach den
Grundsätzen der Lizenzanalogie berechneter Schadensersatz von 1.278,23 €
zu.
12
B. Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand.
Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, dass die Klägerin die Beklagte auf Unterlassung (dazu B I) sowie Auskunftserteilung, Feststellung der
Schadensersatzpflicht und Zahlung eines Schadensersatzes in Höhe von
1.278,23 € (dazu B II) in Anspruch nehmen kann.
-6-
I. Der Unterlassungsanspruch der Klägerin ist nach § 97 Abs. 1 Satz 1
13
i.V. mit §§ 95, 94 Abs. 1 Satz 1 UrhG begründet. Die Beklagte hat in das ausschließliche Recht des Filmherstellers am Filmträger aus § 94 Abs. 1 Satz 1
UrhG eingegriffen (dazu B I 1). Dieser Eingriff ist weder durch das Recht zur
freien Benutzung nach § 24 Abs. 1 UrhG (dazu B I 2) noch aufgrund des Zitatrechts entsprechend § 51 Nr. 2 UrhG (dazu B I 3) noch durch das Recht zur
Berichterstattung über Tagesereignisse gemäß § 50 UrhG (dazu B I 4) gerechtfertigt.
14
1. Die Beklagte hat, indem sie das im Hessischen Rundfunk ausgestrahlte Interview aufgezeichnet, diesen Filmträger "Pro Sieben" zur Sendung überlassen und dem Publikum im Studio auf einem Bildschirm vorgeführt hat, in das
ausschließliche Recht des Filmherstellers nach §§ 95, 94 Abs. 1 Satz 1 UrhG
eingegriffen, den Filmträger zu vervielfältigen (§ 16 UrhG), zu verbreiten (§ 17
UrhG) und zur öffentlichen Vorführung zu benutzen (§ 19 Abs. 4 UrhG). Sie hat
ferner eine adäquate Ursache dafür gesetzt, dass die von ihr hergestellte Aufzeichnung am folgenden Tag von "Pro Sieben" gesendet wurde, und hat damit
in das ausschließliche Recht des Filmherstellers eingegriffen, den Filmträger
zur Funksendung zu benutzen (§ 20 UrhG).
15
a) Die Klägerin ist berechtigt, dieses Recht des Filmherstellers geltend zu
machen. Filmhersteller ist der Hessische Rundfunk, da es sich bei der Sendung
"Landparty in Hüttenberg", die das Interview zum "Spontan-Jodeln" enthält, um
eine Eigenproduktion dieser Rundfunkanstalt handelt. Der Hessische Rundfunk
hat der Klägerin umfassende Nutzungsrechte an seinen Produktionen eingeräumt bzw. umfassende Leistungsschutzrechte auf sie übertragen.
16
b) Das Recht des Filmherstellers am Filmträger erfasst auch solche den
Film betreffenden Verwertungshandlungen, die - wie im Streitfall die Aufzeichnung des im Fernsehen gesendeten Films sowie die anschließende Vorführung,
-7-
Weitergabe und Ausstrahlung dieser Aufzeichnung - vom Filmträger nicht unmittelbar Gebrauch machen. Dies folgt daraus, dass Schutzgegenstand dieses
Rechts nicht der Filmträger als materielles Gut, sondern die in dem Filmträger
verkörperte organisatorische und wirtschaftliche Leistung des Filmherstellers ist
(vgl. BGHZ 120, 67, 70 - Filmhersteller; Schulze in Dreier/Schulze, UrhG,
2. Aufl., § 94 Rdn. 20; Schricker/Katzenberger, Urheberrecht, 3. Aufl., § 94
UrhG Rdn. 9 und 21).
17
c) Für die Frage der Verletzung dieses Schutzrechts ist es nicht von Bedeutung, ob der Beitrag über das "Spontan-Jodeln" - wie das Berufungsgericht
gemeint hat - nur als Laufbild oder - wie die Revisionserwiderung geltend
macht - als Filmwerk einzustufen ist. Das Schutzrecht des Filmherstellers ist
unabhängig davon, ob es sich bei dem auf dem Filmträger aufgezeichneten
Film um ein Filmwerk handelt (dann gilt § 94 Abs. 1 UrhG unmittelbar) oder um
eine Bildfolge von nicht als Filmwerke geschützten Laufbildern (dann ist § 94
Abs. 1 UrhG gemäß § 95 UrhG entsprechend anwendbar).
18
d) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass auch
einzelne Teile von Filmwerken und Bildfolgen - wie hier die Ausschnitte der
Sendung "Landparty in Hüttenberg" - unabhängig von der Größe oder der Länge des Filmausschnitts Leistungsschutz nach den §§ 95, 94 UrhG genießen.
19
aa) Da diese Bestimmungen die organisatorische und wirtschaftliche
Leistung des Filmherstellers schützen und dieser unternehmerische Aufwand
für den gesamten Film erbracht wird, gibt es keinen Teil des Films, auf den
nicht ein Teil dieses Aufwands entfiele und der daher nicht geschützt wäre; der
Handel mit sogenannten Klammerteilrechten zeigt, dass auch kleinste Teile von
Filmwerken und Laufbildern einen schützenswerten wirtschaftlichen Wert haben
(vgl. OLG München ZUM-RD 1998, 124, 126; KG MMR 2003, 110, 112; Schulze in Dreier/Schulze aaO § 94 Rdn. 29 und § 95 Rdn. 8; Fromm/Nordemann/
-8-
Hertin, Urheberrecht, 9. Aufl., § 95 UrhG Rdn. 6; Wandtke/Bullinger/Manegold,
Urheberrecht, 2. Aufl., § 94 UrhG Rdn. 4; Hillig, ZUM 2005, 482; anders zum
Schutzrecht des Tonträgerherstellers an Tonfetzen OLG Hamburg ZUM 1991,
545, 548).
20
bb) Die Revision rügt ohne Erfolg, gegen den Schutz von Teilen von Bildfolgen spreche, dass der Leistungsschutz für Laufbilder dann weiter reichte als
der Urheberrechtsschutz für Filmwerke; dies widerspreche der Gesetzessystematik, wonach die mit dem Urheberrecht verwandten Schutzrechte gegenüber
dem Urheberrecht eine niedrigere Wertigkeit hätten.
21
Entgegen der Ansicht der Revision liegt kein Wertungswiderspruch darin,
dass Laufbildern stets Leistungsschutz zukommt, auch wenn es sich nur um
den Teil einer längeren Bildfolge handelt, während Teile von Filmwerken nur
dann Urheberrechtsschutz genießen, wenn sie für sich genommen den urheberrechtlichen Schutzvoraussetzungen genügen (vgl. zu letzterem BGHZ 9,
262, 266 ff. - Lied der Wildbahn I; BGH, Urt. v. 19.10.1962 - I ZR 174/60, GRUR
1963, 40, 41 - Straßen - gestern und morgen). Der von der Revision angestellte
Vergleich ist nicht stichhaltig, da der Leistungsschutz für Laufbilder und der Urheberrechtsschutz für Filmwerke unterschiedliche Schutzgüter haben. Während
die §§ 95, 94 UrhG die wirtschaftliche und organisatorische Leistung des Filmherstellers schützen, schützt § 2 Abs. 1 Nr. 6 UrhG die persönliche geistige
Schöpfung des Filmurhebers (vgl. § 2 Abs. 2 UrhG). Gegenstand des Leistungsschutzrechts der §§ 95, 94 UrhG ist demnach nicht die weniger schöpferische Leistung des Filmurhebers, dessen Beitrag zu dem Film keine Werkqualität erreicht, sondern die anders geartete wirtschaftliche und organisatorische
Leistung des Filmherstellers.
22
Im Übrigen zeigt sich bei einem auf denselben Schutzgegenstand bezogenen Vergleich, dass Laufbilder nicht weitergehend geschützt sind als Film-
-9-
werke. Soweit es um den Schutz der unternehmerischen Leistung des Filmherstellers geht, genießt der Hersteller eines Filmwerks nach § 94 UrhG denselben
Leistungsschutz wie der Hersteller von Laufbildern nach §§ 95, 94 UrhG. Teile
von Filmwerken sind dabei - selbst wenn sie als solche nicht den urheberrechtlichen Schutzvoraussetzungen genügen - in gleicher Weise geschützt wie Teile
von einfachen Bildfolgen. Soweit es den Schutz der schöpferischen Leistung
betrifft, sind nur Filmwerke und - sofern sie für sich genommen als persönliche
geistige Schöpfungen anzusehen sind - Teile von Filmwerken urheberrechtlich
geschützt. Einen Urheberrechtsschutz für bloße Bildfolgen oder für Teile bloßer
Bildfolgen gibt es demgegenüber - begriffsnotwendig - nicht (§ 95 UrhG).
23
2. Die Beklagte kann sich nicht auf das Recht zur freien Benutzung nach
§ 24 Abs. 1 UrhG stützen. Nach dieser Bestimmung darf ein selbständiges
Werk, das in freier Benutzung des Werkes eines anderen geschaffen worden
ist, ohne Zustimmung des Urhebers des benutzten Werkes veröffentlicht und
verwertet werden.
24
a) Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, dass diese Vorschrift nicht unmittelbar anwendbar ist, weil sie nach ihrem Wortlaut die Benutzung des Werkes eines anderen voraussetzt. Diese Voraussetzung ist bei der
- hier gegebenen - Benutzung von Laufbildern, die gemäß § 95 UrhG keine
Filmwerke sind, nicht erfüllt. Die Regelung des § 24 UrhG ist auf Laufbilder
aber, wie der Senat bereits entschieden hat (BGH, Urt. v. 13.4.2000
- I ZR 282/97, GRUR 2000, 703, 704 = WRP 2000, 1243 - Mattscheibe), entsprechend anwendbar.
25
b) Bei der entsprechenden Anwendung des § 24 Abs. 1 UrhG auf Laufbilder gelten entgegen der Ansicht der Revision grundsätzlich keine anderen
Anforderungen als bei der unmittelbaren Anwendung auf Werke. Auch die Be-
- 10 -
nutzung fremder Laufbilder ist ohne Zustimmung des Berechtigten nur erlaubt,
wenn dabei ein selbständiges Werk geschaffen wird.
26
aa) Die Revision meint, dem unterschiedlichen Schutzzweck zwischen
den Urheberrechten und den Leistungsschutzrechten sei dadurch Rechnung zu
tragen, dass bei der Übernahme bloßer Laufbilder auch an das übernehmende
Produkt nur die für Laufbilder geltenden Anforderungen zu stellen und für die
Unterscheidung zwischen freier und unfreier Benutzung alternativ zu bildende
Kriterien heranzuziehen seien. Da bei den unternehmensbezogenen Leistungsschutzrechten nicht das Werk, sondern allein der unternehmerische, organisatorische und wirtschaftliche Aufwand des Filmherstellers geschützt werde,
könnten nicht künstlerische Gesichtspunkte anhand einer Gestaltungshöhe,
sondern allein quantitative oder wirtschaftliche Kriterien maßgeblich sein. Es sei
darauf abzustellen, ob die wirtschaftlichen Belange eines Filmherstellers in einer leistungsschutzrechtlich relevanten Weise beeinträchtigt würden. Damit
dringt die Revision nicht durch.
27
Der Regelung des § 24 Abs. 1 UrhG liegt die Erwägung zugrunde, dass
die Inanspruchnahme fremden Schaffens nur dann gerechtfertigt ist, wenn sie
zu einer Bereicherung des kulturellen Gesamtguts durch eine neue eigenschöpferische Leistung führt (Schulze in Dreier/Schulze aaO § 24 Rdn. 5; Schricker/
Loewenheim aaO § 24 UrhG Rdn. 9; Bullinger in Wandtke/Bullinger aaO § 24
UrhG Rdn. 2). Allein der Umstand, dass ein Eingriff in fremde Rechte - gemessen an dem damit verfolgten Zweck oder der dadurch geschaffenen Leistung verhältnismäßig geringfügig ist, vermag diesen nicht nach § 24 Abs. 1 UrhG zu
rechtfertigen. Nach dem Regelungszweck des § 24 Abs. 1 UrhG ist die Nutzung
fremder wirtschaftlicher Leistungen daher ebenso wie die Nutzung fremden
schöpferischen Schaffens nur dann ohne Zustimmung des Rechtsinhabers zulässig, wenn dadurch ein selbständiges Werk entsteht.
- 11 -
28
bb) Die Revision rügt vergeblich, einer entsprechenden Heranziehung
der nach § 24 UrhG geltenden Anforderungen an eine freie Benutzung stehe
entgegen, dass Laufbildern jegliche eigenschöpferische Gestaltungshöhe fehle.
Der zur Beurteilung der Selbständigkeit erforderliche Vergleich zwischen dem
schöpferischen Gehalt der benutzten Laufbilder und dem schöpferischen Gehalt
des neuen Werkes sei daher nicht möglich.
29
Die für eine freie Benutzung nach § 24 UrhG erforderliche Selbständigkeit des neuen Werkes gegenüber dem benutzten Werk setzt allerdings voraus,
dass das neue Werk einen ausreichenden Abstand zu den entlehnten eigenpersönlichen Zügen des benutzten Werkes hält, was nur dann der Fall ist, wenn
angesichts der Eigenart des neuen Werkes die entlehnten eigenpersönlichen
Züge des älteren Werkes verblassen (BGHZ 122, 53, 60 - Alcolix; 141, 267, 280
- Laras Tochter). Bei der Beurteilung einer Übernahme von Laufbildern kann
jedoch in entsprechender Weise geprüft werden, ob das neue Werk einen ausreichenden Abstand zu den benutzten Laufbildern wahrt. Dem steht nicht entgegen, dass Laufbilder gegenüber urheberrechtlich geschützten Werken einen
- begriffsnotwendig - geringeren eigenschöpferischen Gehalt aufweisen (vgl.
BGH GRUR 2000, 703, 706 - Mattscheibe).
30
c) Das Berufungsgericht hat bei seiner Beurteilung, ob die Beklagte mit
den übernommenen Laufbildern ein selbständiges Werk geschaffen hat, mit
Recht nicht auf die gesamte Sendung "TV-Total" vom 4. September 2001, sondern allein auf den Teil der Sendung abgestellt, in der der Moderator das
"Spontan-Interview" präsentiert und kommentiert hat.
31
Die Privilegierung des § 24 Abs. 1 UrhG reicht, wie das Berufungsgericht
zutreffend angenommen hat, nur so weit, wie eine Auseinandersetzung mit der
benutzten Vorlage stattfindet. Um zu bestimmen, ob trotz der Übernahmen ein
selbständiges Werk entstanden ist, ist der neue Beitrag mit den verwendeten
- 12 -
Elementen des alten Beitrags zu vergleichen (BGH GRUR 2000, 703, 704
- Mattscheibe, m.w.N.). Dabei ist der neue Beitrag nur insoweit Gegenstand des
Vergleichs, als er mit den übernommenen Elementen des alten Beitrags in einem inneren Zusammenhang steht. Nur in dieser Hinsicht liegt eine Benutzung
der Vorlage vor, die unter der Voraussetzung, dass sie zur Schaffung eines
selbständigen Werkes geführt hat, nach § 24 Abs. 1 UrhG zulässig ist.
32
Die Revision macht ohne Erfolg geltend, jede Sendung von "TV-Total"
sei als Gesamtwerk zu betrachten. Bereits die Auswahl und Anordnung der einzelnen Ausschnitte stelle eine schöpferische Leistung dar. Die Zielsetzung, sich
auf satirische Art und Weise der Medienkritik zu widmen, ziehe sich wie ein roter Faden durch die gesamte Sendung. Diese von der Revision genannten Gesichtspunkte könnten zwar dafür sprechen, der Sendung "TV-Total" insgesamt
Werkcharakter beizumessen. Auf die Gesamtsendung käme es aber, wie das
Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, allenfalls dann an, wenn die
geistige Auseinandersetzung mit dem benutzten Werk die Sendung insgesamt
oder doch weitgehend durchziehen und prägen würde. Dies ist jedoch nicht der
Fall. Eine parodistische Zielsetzung der gesamten Sendung gibt keinen Freibrief für unfreie Entnahmen durch einzelne Beiträge (vgl. BGH GRUR 2000,
703, 704 - Mattscheibe).
33
d) Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, dass der Teil der
Sendung "TV-Total", in der der Moderator das "Spontan-Interview" präsentiert
und kommentiert, nicht die an die Selbständigkeit eines neuen Werkes zu stellenden Anforderungen erfüllt.
34
aa) Die Revision rügt ohne Erfolg, das Berufungsgericht habe sich, obwohl die Anforderungen an eine freie Benutzung von der Eigenart des Originalwerks abhingen, nicht mit dem Inhalt des übernommenen Beitrags auseinandergesetzt und nicht dargelegt, welche wie auch immer geartete Besonderheit
- 13 -
jene Sequenz aufweise. Das Berufungsgericht hat - in anderem Zusammenhang - festgestellt, eine irgendwie geartete eigenständige geistige Leistung sei
bei dem "Spontan-Interview" nicht ersichtlich.
35
bb) Das Berufungsgericht hat hieraus aber zu Recht nicht geschlossen,
dass deshalb jede Übernahme dieses Ausschnitts als freie Benutzung anzusehen sei. Zwar gilt auch bei einer Übernahme von Laufbildern der Grundsatz,
dass ein Werk geringerer Eigenart eher in dem nachgeschaffenen Werk aufgeht
als ein Werk besonderer Eigenprägung (BGH, Urt. v. 26.9.1980 - I ZR 17/78,
GRUR 1981, 267, 269 - Dirlada, m.w.N.; Urt. v. 24.1.1991 - I ZR 78/89, GRUR
1991, 531, 532 - Brown Girl I; Urt. v. 24.1.1991 - I ZR 72/89, GRUR 1991, 533,
534 - Brown Girl II). Das bedeutet jedoch nicht, dass die Übernahme von Laufbildern mit geringer Eigenart ohne weiteres zulässig ist.
36
cc) Entscheidend ist vielmehr auch in einem solchen Fall, ob das neue
Werk zu dem aus der Vorlage Entlehnten einen so großen inneren Abstand
hält, dass es seinem Wesen nach als selbständig anzusehen ist. Bei der Prüfung dieser Frage ist ein strenger Maßstab angebracht, wenn es - wie hier - um
die Beurteilung einer unveränderten Übernahme geschützter Laufbilder geht.
Eine freie Benutzung geschützter Laufbilder kann unter diesen Umständen anzunehmen sein, wenn sich das neue Werk mit der benutzten Vorlage kritisch
auseinandersetzt, wie dies bei einer Parodie oder Satire der Fall ist (BGH
GRUR 2000, 703, 704 - Mattscheibe, m.w.N.).
37
dd) Die Revision macht geltend, der hier in Rede stehende Beitrag der
Sendung "TV-Total" wahre einen ausreichenden inneren Abstand zu dem übernommenen Interview aus der Sendung "Landparty in Hüttenberg", weil er das
benutzte "Spontan-Interview" antithematisch behandele. Durch die Moderation
des Beitrages werde die in der Sequenz enthaltene unfreiwillige Komik aufgrund des der interviewten Passantin unterlaufenen Missverständnisses aufge-
- 14 -
deckt und in satirisch-komödiantischer An- und Abmoderation offengelegt. Der
Zuschauer werde auf die Absurditäten jenes Ausschnittes aufmerksam gemacht
und zugleich auf die Unwahrscheinlichkeit hingewiesen, dass ein Sketchschreiber sich ein derartiges Interview erdacht haben könnte. Die Einbettung des
verwendeten Originals innerhalb einer volkstümlichen Sendung werde damit in
sein Gegenteil verkehrt und erhalte einen völlig neuen und eigenständigen
Sinngehalt.
38
Damit kann die Revision keinen Erfolg haben. Sie stellt der tatrichterlichen Würdigung des Berufungsgerichts lediglich ihre eigene Würdigung entgegen, ohne einen Rechtsfehler des Berufungsgerichts aufzuzeigen. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, der Moderator habe sich in seiner An- und Abmoderation zu der Wiedergabe der streitbefangenen Sequenz darauf beschränkt,
diese vorzustellen und auf die unfreiwillige Komik der gezeigten Szene hinzuweisen. Von einer Parodie könne nicht die Rede sein. Die gezeigte Sequenz
werde von dem Moderator in keiner Weise kritisiert, parodiert oder karikiert. Sie
solle allein durch die ihr innewohnende Komik wirken, nicht durch die Reaktion
des Moderators hierauf. Bei dieser Sachlage ist der notwendige innere Abstand
zwischen der unverändert übernommenen Vorlage und deren Vorstellung durch
den Moderator nicht erkennbar. Der Moderator hat daher mit seinem Beitrag
entgegen der Ansicht der Revision auch weder eine Medienkritik geleistet noch
ein Kunstwerk geschaffen. Die Übernahme des Interviews ist deshalb auch unter Berücksichtigung der Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG) und der Kunstfreiheit (Art. 5 Abs. 3 GG) nicht von § 24 Abs. 1 UrhG gedeckt.
39
3. Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, dass die Verwendung der Sequenz nicht in entsprechender Anwendung des § 51 Nr. 2 UrhG als
Zitat zulässig war.
- 15 -
40
a) Nach dieser Vorschrift ist die Vervielfältigung, Verbreitung und öffentliche Wiedergabe zulässig, wenn in einem durch den Zweck gebotenen Umfang
Stellen eines Werkes nach der Veröffentlichung in einem selbständigen Sprachwerk angeführt werden. Für den nach §§ 95, 94 UrhG geschützten Filmträger,
der das Filmwerk oder die Laufbilder enthält, ist diese Schrankenbestimmung
gemäß § 94 Abs. 4 UrhG entsprechend anzuwenden; zu den zulässigen Zitaten
gehören demnach Zitate aus Filmen, die auf einem Filmträger aufgenommen
sind (vgl. BGHZ 99, 162, 166 - Filmzitat). Die Regelung ist darüber hinaus, wie
das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, auf Filmwerke entsprechend
anzuwenden; das zitierende Werk kann also ein Filmwerk sein (BGHZ 99, 162,
164 ff. - Filmzitat). Demnach ist es in entsprechender Anwendung des § 51 Nr.
2 UrhG zulässig, Stellen von auf Filmträgern aufgenommenen Filmwerken oder
Laufbildern nach der Veröffentlichung in einem durch den Zweck gebotenen
Umfang in einem selbständigen Filmwerk anzuführen.
41
b) Diese Voraussetzungen sind im Streitfall nicht erfüllt. Der Beitrag zum
"Spontan-Jodeln" war vor der Übernahme durch die Beklagte zwar schon veröffentlicht; auch wurde bei der Wiedergabe die Quelle durch Einblendung der
Textzeile "Hessen, Landparty in Hüttenberg" deutlich angegeben (§ 63 Abs. 1
Satz 1, Abs. 2 Satz 1 UrhG). Jedoch ist die Verwendung des Beitrags nicht von
einem zulässigen Zitatzweck gedeckt.
42
aa) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Zitierfreiheit es nicht gestattet, ein Werk nur um seiner selbst willen zur Kenntnis
der Allgemeinheit zu bringen. Es reicht nicht aus, dass die Zitate in einer bloß
äußerlichen, zusammenhanglosen Weise eingefügt und angehängt werden;
vielmehr muss eine innere Verbindung mit den eigenen Gedanken hergestellt
werden (vgl. BGHZ 28, 234, 239 f. - Verkehrskinderlied; BGH, Urt. v. 4.12.1986
- I ZR 189/84, GRUR 1987, 363, 364 - Filmzitat, insoweit nicht in BGHZ 99, 162
abgedruckt). Ein Zitat ist deshalb grundsätzlich nur zulässig, wenn es als Be-
- 16 -
legstelle oder Erörterungsgrundlage für selbständige Ausführungen des Zitierenden erscheint (BGH, Urt. v. 7.3.1985 - I ZR 70/82, GRUR 1987, 34, 35
- Liedtextwiedergabe I; Urt. v. 23.5.1985 - I ZR 28/83, GRUR 1986, 59, 60
- Geistchristentum, m.w.N.).
43
Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass diese Voraussetzungen hier nicht gegeben sind, weil es bereits an einem eigenständigen
inhaltlichen Beitrag des Moderators Raab fehlt, zu dem die übernommene Sequenz in einen inneren Zusammenhang treten könnte. Das Interview wird nach
den Feststellungen des Berufungsgerichts nur um seiner selbst und um der ihm
innewohnenden Komik willen präsentiert. Es fehlt damit an Ausführungen des
Zitierenden, für die das übernommene Interview als Beleg oder als Erörterungsgrundlage dienen könnte.
44
bb) Das Berufungsgericht hat nicht verkannt, dass es die durch Art. 5
Abs. 3 Satz 1 GG geforderte kunstspezifische Betrachtung verlangt, bei der
Auslegung und Anwendung des § 51 Nr. 2 UrhG die innere Verbindung der zitierten Stellen mit den Gedanken und Überlegungen des Zitierenden über die
bloße Belegfunktion hinaus auch als Mittel künstlerischen Ausdrucks und künstlerischer
Gestaltung
anzuerkennen
(BVerfG,
Beschl.
v.
29.6.2000
- 1 BvR 825/98, GRUR 2001, 149, 151 f.). Das Berufungsgericht hat gemeint,
auch unter diesem Blickwinkel ergebe sich für den vorliegenden Fall kein anderes Ergebnis, weil den kommentierenden Erläuterungen des Moderators Raab
kein künstlerischer Ausdruck und keine künstlerische Gestaltung innewohnten,
die eine innere Verbindung mit der "zitierten" Sequenz eingehen könnten. Eine
geistige Auseinandersetzung wie in dem vom Bundesverfassungsgericht zu
beurteilenden Fall (kritische Auseinandersetzung von Heiner Müller mit Bertold
Brecht) liege hier nicht vor.
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Die Revision rügt ohne Erfolg, die Ausführungen des Berufungsgerichts
würden den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts nicht gerecht. Allerdings
hängt die Zulässigkeit der Verwendung eines fremden Textes im Rahmen eines
Kunstwerks nach den vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Maßstäben
nicht davon ab, ob der Künstler sich mit dem Text "auseinandersetzt"; maßgeblich ist vielmehr allein, ob dieser sich funktional in die künstlerische Gestaltung
und Intention des Werks einfügt und damit als integraler Bestandteil einer eigenständigen künstlerischen Aussage erscheint (BVerfG GRUR 2001, 149,
152). Entgegen der Ansicht der Revision ist das hier nicht der Fall. Insoweit
kommt es nicht darauf an, ob, wie die Revision geltend macht, der tragende
Gegenstand sowohl des Sendeformats als auch jeder einzelnen Sendung von
"TV-Total" die Medienkritik und die satirische Darstellung der zunehmenden
Niveaulosigkeit des deutschen Fernsehprogramms als Spiegelbild der Gesellschaft anhand aktueller Beispiele ist. Nach den rechtsfehlerfrei getroffenen
Feststellungen des Berufungsgerichts ist jedenfalls das übernommene Interview
nicht Gegenstand und Gestaltungsmittel einer eigenen künstlerischen Aussage
des Moderators. Damit fehlt es an der notwendigen inneren Verbindung der
zitierten Stelle mit eigenen Gedanken des Zitierenden.
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4. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, die Sendung des Beitrags zum
"Spontan-Jodeln" durch den Hessischen Rundfunk am 2. September 2001 sei
kein Tagesereignis im Sinne des § 50 UrhG, über das die Beklagte am 4. September 2001 ohne Zustimmung der Klägerin habe berichten dürfen, hält der
revisionsrechtlichen Nachprüfung ebenfalls stand.
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a) Zur Berichterstattung über Tagesereignisse durch - unter anderem Funk und Film ist nach § 50 UrhG die Vervielfältigung, Verbreitung und öffentliche Wiedergabe von Werken, die im Verlauf dieses Ereignisses wahrnehmbar
werden, in einem durch den Zweck gebotenen Umfang zulässig. Auch diese
Schrankenbestimmung ist gemäß § 94 Abs. 4 UrhG für die nach §§ 95, 94
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UrhG geschützten Filmträger entsprechend anwendbar, gleichgültig, ob diese
Filmwerke oder Laufbilder enthalten.
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b) Ein Tagesereignis ist, wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, jedes aktuelle Geschehen, das für die Öffentlichkeit von Interesse ist,
wobei ein Geschehen solange aktuell ist, als ein Bericht darüber von der Öffentlichkeit noch als Gegenwartsberichterstattung empfunden wird (vgl. BGH, Urt. v.
11.7.2002 - I ZR 285/99, GRUR 2002, 1050, 1051 = WRP 2002, 1302 - Zeitungsbericht als Tagesereignis, m.w.N.). Das Berufungsgericht hat gemeint,
was danach als aktuelles Geschehen anzusehen sei, werde nicht allein durch
den Zeitraum zwischen dem Ereignis und der Berichterstattung hierüber bestimmt, sondern auch durch die Qualität des Ereignisses, über das berichtet
werde. So könne etwa eine TV-Dokumentation über die Naturschönheiten des
Schwarzwaldes per se kein aktuelles Geschehen und damit auch kein Tagesereignis sein. Auf Ereignisse, bei denen es der Öffentlichkeit auf eine zeitnahe
Berichterstattung nicht ankomme, sei § 50 UrhG nicht anzuwenden. Die Revision hat gegen diese Überlegungen zu Recht keine Einwände erhoben.
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Die Schrankenregelung des § 50 UrhG dient der Meinungs- und Pressefreiheit sowie dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit (BGH GRUR 2002,
1050 f. - Zeitungsbericht als Tagesereignis). Sie soll die anschauliche Berichterstattung über aktuelle Ereignisse in den Fällen, in denen Journalisten oder
ihren Auftraggebern die rechtzeitige Einholung der erforderlichen Zustimmungen noch vor dem Abdruck oder der Sendung eines aktuellen Berichts nicht
möglich oder nicht zumutbar ist, dadurch erleichtern, dass sie die Vervielfältigung, Verbreitung und öffentliche Wiedergabe geschützter Werke, die im Verlauf solcher Ereignisse wahrnehmbar werden, ohne den Erwerb entsprechender
Nutzungsrechte und ohne die Zahlung einer Vergütung erlaubt (vgl. Dreier in
Dreier/Schulze aaO § 50 Rdn. 1; Schricker/Vogel aaO § 50 UrhG Rdn. 1).
Kommt es der Öffentlichkeit nicht auf eine aktuelle Berichterstattung an, ist es
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dem Berichterstatter oder seinem Auftraggeber möglich und zumutbar, vor dem
Abdruck oder der Sendung des Berichts die Zustimmung des Rechtsinhabers
einzuholen; dann gibt es keine Rechtfertigung dafür, sich über die Belange des
Berechtigten hinwegzusetzen.
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c) Das Berufungsgericht hat gemeint, bei der Ausstrahlung des Interviews durch den Hessischen Rundfunk handele es sich nicht um ein in diesem
Sinne aktuelles Geschehen. Dem Interview und damit auch seiner Ausstrahlung
im Fernsehen fehle jeglicher aktuelle Bezug, der es als geboten erscheinen lassen könnte, hierüber unverzüglich zu berichten. Die dem Interview innewohnende Komik hätte auf die Zuschauer von "TV-Total" nicht anders gewirkt,
wenn die Sequenz dort - nach Einholung der Zustimmung der Klägerin - eine
Woche später vorgeführt worden wäre.
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Die Revision rügt ohne Erfolg, das Berufungsgericht habe sich nicht mit
dem Vorbringen der Beklagten befasst, der aktuelle Bezug der Sendung "TVTotal" bestehe darin, dass diese Sendung tagesaktuell Unzulänglichkeiten der
Fernsehsender des vorangegangenen Tages zeige. Dementsprechend erwarte
der Zuschauer der Sendung "TV-Total" eine satirische und kritische Aufbereitung des aktuellen deutschen Fernsehprogramms und nicht Ausschnitte aus
Sendungen der vorangegangenen Zeit. Das Berufungsgericht hat sich, anders
als die Revision meint, mit diesem Vorbringen der Beklagten auseinandergesetzt. Es hat - wenn auch in anderem Zusammenhang - ausgeführt, die Sequenz sei in "TV-Total" nicht gesendet worden, um dem Publikum die geringe
Qualität der Sendungen im öffentlich-rechtlichen Fernsehen vor Augen zu führen, sondern allein deshalb, weil der Inhalt der gezeigten Sequenz, insbesondere die Reaktion der interviewten Person, nach Auffassung der Beklagten zum
Lachen gereizt habe. Die Revision zeigt nicht auf, dass diese tatrichterliche Beurteilung rechtsfehlerhaft wäre. Dass ein Interesse der Öffentlichkeit an einer
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aktuellen Berichterstattung über den Inhalt des Interviews bestehe, macht die
Revision zu Recht nicht geltend.
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II. Die Ansprüche auf Auskunftserteilung und Feststellung der Schadensersatzpflicht sowie auf Zahlung eines Schadensersatzes von 1.278,23 € sind
gleichfalls begründet.
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1. Die Klägerin kann die Beklagte gemäß § 97 Abs. 1 Satz 1 UrhG auf
Schadensersatz in Anspruch nehmen, weil diese das nach §§ 95, 94 UrhG geschützte Recht des Hessischen Rundfunks widerrechtlich und schuldhaft verletzt hat. Daran, dass das beanstandete Verhalten fahrlässig war, besteht
schon deshalb kein Zweifel, weil die Beklagte nach den unbeanstandet gebliebenen Feststellungen des Berufungsgerichts bereits zuvor zweimal wegen ähnlicher Vorfälle von der Klägerin abgemahnt worden war.
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2. Die Klägerin kann Auskunftserteilung und Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten beanspruchen, da es nicht fernliegend erscheint,
dass der vorliegende Beitrag in weiteren Sendungen ausgestrahlt worden ist.
Dafür spricht insbesondere, dass der Moderator Raab nach den Feststellungen
des Berufungsgerichts in der Sendung vom 4. September 2001 erklärt hat, die
Sequenz sei so gut, dass "wir das noch ein paar Mal wiederholen" sollten.
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3. Die Revision beanstandet ohne Erfolg, dass das Berufungsgericht der
Klägerin wegen der Verwendung des Filmbeitrags über das "Spontan-Jodeln" in
der Sendung "TV-Total" einen nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie berechneten Schadensersatz in Höhe von 1.278,23 € zuerkannt hat.
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a) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die
Klägerin berechtigt ist, ihren Schaden nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie zu berechnen. Es ist daher darauf abzustellen, was ein vernünftiger Lizenzgeber bei vertraglicher Einräumung eines entsprechenden Nutzungsrechts ge-
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fordert und ein vernünftiger Lizenzgeber gezahlt hätte. Als Maßstab hierfür
kommt die branchenübliche Vergütung in Betracht, sofern sich in dem entsprechenden Zeitraum eine solche Übung herausgebildet hat (st. Rspr.; vgl. BGH,
Urt. v. 3.7.1986 - I ZR 159/84, GRUR 1987, 36 - Liedtextwiedergabe II; Urt. v.
22.3.1990 - I ZR 59/88, GRUR 1990, 1008, 1009 - Lizenzanalogie, m.w.N.).
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b) Das Berufungsgericht hat dem von der Beklagten vorgelegten Privatgutachten entnommen, dass öffentlich-rechtliche Sender von privaten Sendern
einen Lizenzpreis von im Durchschnitt 2.500 DM (1.278,23 €) pro angefangene
Minute verlangen; daraus hat es geschlossen, dass der von der Klägerin verlangte Preis von ca. 1.270 € je Minute als üblich anzusehen sei. Die Revision
rügt ohne Erfolg, das Berufungsgericht habe bei dieser Beurteilung den Inhalt
des Gutachtens und den Vortrag der Beklagten unberücksichtigt gelassen.
aa) Die Revision meint, dem Gutachten sei entgegen der Ansicht des Be-
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rufungsgerichts zu entnehmen, dass es an einer Marktüblichkeit fehle. Das ist
nicht richtig. Die von der Revision angeführten Passagen des Gutachtens, in
denen es heißt, eine Branchenpraxis sei nur begrenzt etabliert bzw. von einer
Branchenpraxis könne nicht gesprochen werden, beziehen sich ausschließlich
auf die Frage, inwiefern bei der mehrfachen Verwendung eines Ausschnitts
oder bei der Verwendung mehrerer Ausschnitte zunächst die Längen der Ausschnitte in Sekunden (Timecodes) addiert werden, bevor dann die Anzahl der
angefangenen und abzurechnenden Minuten bestimmt wird. Diese Ausführungen betreffen nicht die Frage, welcher Minutenpreis branchenüblich ist.
bb) Die Revision rügt ferner, das Berufungsgericht habe den Vortrag der
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Beklagten übergangen, dass eine Branchenübung für die Verwendung kleinerer
Sequenzen durch das Sendeformat "TV-Total" erst durch von der Beklagten mit
der
R. -Television
und
der
I.
S.
-Verwertungsgesell-
schaft mbH geschlossenen Vereinbarungen konstituiert worden sei. Dies trifft
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ebenfalls nicht zu. Das Berufungsgericht hat das Vorbringen der Beklagten
durchaus berücksichtigt, es aber zu Recht als unerheblich angesehen. Nach
dem von der Beklagten vorgelegten Gutachten sind die im Verhältnis von Privatsendern zueinander geforderten Gebühren deutlich niedriger als die - hier in
Rede stehenden - Gebühren, die öffentlich-rechtliche Sender von privaten Sendern verlangen. Da die von der Beklagten genannten Vereinbarungen nicht mit
öffentlich-rechtlichen Sendern getroffen worden sind, besagen sie nichts über
die zwischen öffentlich-rechtlichen und privaten Sendern üblichen Gebühren.
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cc) Die Revision macht schließlich geltend, es gebe keine Übung, wonach selbst für kürzeste Ausschnitte jeweils eine volle Minute berechnet werde,
weil das im Ergebnis hieße, dass bei einer Verwendung von etwa drei Ausschnitten von jeweils drei Sekunden Länge - insgesamt also neun Sekunden ein Lizenzpreis für drei volle Minuten gezahlt werden müsste. Sie verkennt dabei, dass das Berufungsgericht entgegen ihrer Darstellung eine solche Berechnungsmethode nicht gebilligt hat. Das Berufungsgericht ist vielmehr aufgrund
des Gutachtens davon ausgegangen, dass bei mehrfacher Nutzung eines Beitrags in derselben Sendung üblicherweise entweder eine zweite Gebühr überhaupt nicht verlangt, oder die einzelnen "Timecodes" addiert würden; da die
gesamte Nutzungsdauer im vorliegenden Fall eine Minute nicht überschritten
habe (2 x 20 Sekunden), bleibe es bei einer Gebühr in Höhe von 1.278,23 €
(2.500 DM). Dass angefangene Minuten bei der Abrechnung üblicherweise auf
volle Minuten aufgerundet werden, ergibt sich aus dem Gutachten und wird von
der Revision auch nicht in Frage gestellt.
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C. Die Revision der Beklagten ist daher mit der Kostenfolge aus § 97
Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Bornkamm
Büscher
Kirchhoff
Schaffert
Koch
Vorinstanzen:
LG Frankfurt/Main, Entscheidung vom 26.11.2003 - 2/6 O 263/03 OLG Frankfurt/Main, Entscheidung vom 25.01.2005 - 11 U 25/04 -