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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 110/00
Verkündet am:
28. November 2002
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
BGHZ
:
BGHR
:
ja
nein
ja
UWG § 3
Preis ohne Monitor
Die durch blickfangmäßige Herausstellung eines Preises dem Verbraucher
vermittelte fehlerhafte Vorstellung, dieser beziehe sich auf das werbemäßig
herausgestellte Gesamtpaket (hier: PC mit Monitor), wird nicht dadurch aufgehoben, daß es an anderer Stelle im Zusammenhang mit der Produktbeschreibung heißt, der Preis gelte nur für einen Teil der beworbenen Geräte.
BGH, Urt. v. 28. November 2002 - I ZR 110/00 - OLG Frankfurt in Darmstadt
LG Darmstadt
-2-
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 28. November 2002 durch den Vorsitzenden Richter Prof.
Dr. Ullmann und die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Prof. Starck, Pokrant und
Dr. Schaffert
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 12. Zivilsenats in
Darmstadt des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 4. April
2000 aufgehoben.
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts
Darmstadt - 7. Kammer für Handelssachen - vom 12. Juli 1999 abgeändert.
Der Beklagten wird unter Androhung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000
ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu
6 Monaten, letztere zu vollziehen an den Geschäftsführern der persönlich haftenden Gesellschafterin der Beklagten, untersagt, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken Computerartikel mit
zugeordnetem blickfangartig hervorgehobenem Preis zu bewerben,
soweit nicht sämtliche abgebildeten Artikel zu diesem Preis abgegeben werden, insbesondere wie dies im "D.
E. " vom
26. April 1999 erfolgt ist.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.
Von Rechts wegen
-3-
Tatbestand:
Die Parteien sind Wettbewerber auf dem Gebiet des Handels mit Geräten der Unterhaltungs- und Kommunikationselektronik.
Die Beklagte bot in der Tageszeitung "D.
E. " vom 26. April 1999
Computer und Monitore wie nachstehend verkleinert wiedergegeben zum Kauf
an:
-4-
-5-
Die Klägerin hat die Werbeanzeige als irreführend beanstandet, weil die
Beklagte die angesprochenen Verkehrskreise über ihr Angebot täusche. Der
Verbraucher werde davon ausgehen, daß in den blickfangmäßig hervorgehobenen Preisen die in der Anzeige abgebildeten Monitore enthalten seien, was
tatsächlich nicht der Fall sei.
Die Klägerin hat beantragt,
der Beklagten unter Androhung von näher bezeichneten Ordnungsmitteln zu verbieten, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken Computerartikel mit zugeordnetem blickfangartig
hervorgehobenem Preis zu bewerben, soweit nicht sämtliche abgebildeten Artikel zu diesem Preis abgegeben werden, insbesondere
wie dies im "D.
E. " vom 26. April 1999 erfolgt ist.
Die Beklagte ist dem entgegengetreten und hat gemeint, eine Irreführung
sei schon dadurch ausgeschlossen, daß im abgebildeten Monitor selbst der
Hinweis enthalten sei, daß dieser in den Preisen von 1.499,-- DM bzw.
2.999,-- DM nicht enthalten sei. Gerade weil sich der Hinweis in der letzten
Zeile der Aufzählung im Monitorbildschirm befinde, könne selbst ein flüchtiger
Leser nicht darüber hinwegsehen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung ist erfolglos
geblieben.
Mit ihrer Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, verfolgt
die Klägerin ihr Unterlassungsbegehren weiter.
-6-
Entscheidungsgründe:
I. Das Berufungsgericht hat eine relevante Irreführung der mit der Werbeanzeige angesprochenen Verkehrskreise verneint. Dazu hat es ausgeführt:
Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften müsse bei der Beurteilung der Frage, ob eine Werbung irreführend sei,
auf die mutmaßliche Erwartung eines durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers abgestellt werden. Zu berücksichtigen seien alle in der Werbung enthaltenen Bestandteile. Bei Zugrundelegung eines solchen Verbraucherbildes ergebe sich, daß einem aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher nicht entgangen sein könne,
daß in den von der Beklagten beworbenen Preisen die Monitore nicht enthalten
seien. Das folge zwanglos aus dem Satz "Preis ohne Monitor 1499,- Mark".
Sofern ein Adressat der Werbung doch einem Irrtum unterliege, sei dies ein
Risiko, das der betreffende Verbraucher selbst zu tragen habe. Dies ergebe
sich aus seiner Aufmerksamkeitspflicht und der gebotenen Gesamtbetrachtung
einer Werbeaussage.
II. Die Revision hat Erfolg. Der Beklagten ist die angegriffene Werbung
wegen Irreführung gemäß § 3 UWG zu untersagen.
1. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß die Frage, in welchem Sinne eine Werbeaussage zu verstehen ist, nach dem Verständnis des durchschnittlich informierten, verständigen und der Situation, in
der er mit der Aussage konfrontiert wird, entsprechend aufmerksamen Durchschnittsverbrauchers
zu
beurteilen ist
(vgl. BGH,
Urt.
v.
20.10.1999
- I ZR 167/97, GRUR 2000, 619, 621 = WRP 2000, 517 - Orient-Teppichmuster;
-7-
Urt. v. 29.6.2000 - I ZR 155/98, GRUR 2000, 1106, 1108 = WRP 2000, 1278
- Möbel-Umtauschrecht; Urt. v. 3.5.2001 - I ZR 318/98, GRUR 2002, 182, 183 =
WRP 2002, 74 - Das Beste jeden Morgen).
2. Mit Recht wendet sich die Revision aber gegen die Annahme des Berufungsgerichts, einem aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher könne nicht entgehen, daß die von der Beklagten genannten Preise für die
beworbenen Computer einen Bildschirm nicht umfaßten.
a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes darf
eine blickfangmäßig herausgestellte Angabe für sich genommen nicht unrichtig
oder auch nur für den Verkehr mißverständlich sein. Eine irrtumsausschließende Aufklärung kann in solchen Fällen durch einen klaren und unmißverständlichen Hinweis erfolgen, wenn dieser am Blickfang teilhat und dadurch eine Zuordnung zu den herausgestellten Angaben gewahrt bleibt (vgl. BGHZ 139, 368,
376 - Handy für 0,00 DM; BGH, Urt. v. 17.2.2000 - I ZR 254/97, GRUR 2000,
911, 912 = WRP 2000, 1248 - Computerwerbung I; Urt. v. 24.10.2002
- I ZR 50/00 Computerwerbung II, zur Veröffentlichung vorgesehen). Das ist
hier nicht der Fall.
b) Die durch die blickfangmäßige Herausstellung der Preise von
1.499,-- DM und 2.999,-- DM dem Verbraucher vermittelte fehlerhafte Vorstellung, diese bezögen sich auf das werbemäßig mit Bildschirm herausgestellte
Gerät, wird nicht dadurch aufgehoben, daß es an anderer Stelle im Zusammenhang mit der Produktbeschreibung heißt, daß der Preis ohne Bildschirm sich
auf eben diesen Betrag belaufe.
Die Revision weist zu Recht darauf hin, daß diese Angabe keinerlei Bezug zu den hervorgehobenen Werbeangaben aufweist. Die gegenteilige An-
-8-
nahme des Berufungsgerichts, wonach der Satz "Preis ohne Monitor" durch
seine Stellung am Ende der Produktinformationen und unmittelbar vor den
blickfangartig hervorgehobenen Preisen besonders ins Auge springe, ist erfahrungswidrig und entbehrt zudem einer hinreichenden tatsächlichen Grundlage.
Der Hinweis wird nur von denjenigen Interessenten zur Kenntnis genommen,
die sich durch die - unrichtige - blickfangartige Herausstellung des Angebots mit
den näheren Einzelheiten befassen und dann erst ganz am Ende der Produktinformationen auf diesen klein gedruckten Satz stoßen. Unter diesen Umständen ist die klein gedruckte Angabe, daß der Preis sich ohne Monitor verstehe,
nicht geeignet, die durch die herausgehobene bildliche Darstellung der beiden
beworbenen Computer-Komplettsysteme nebst Preisangabe geschaffene Irreführung zu beseitigen. Denn die streitgegenständliche Werbung wird in besonderem Maße dadurch geprägt, daß die Beklagte ihr Angebot mit einer blickfangartigen Bilddarstellung zweier Computer-Systeme mit Monitor sowie zwei
dieser Darstellung räumlich zugeordneten besonders hervorgehobenen Preisangaben beworben hat. Dies erweckt die Aufmerksamkeit jedes Interessenten,
auch des aufmerksamen Lesers.
-9-
III. Auf die Revision war danach der Klage stattzugeben. Das Unterlassungsgebot ist anhand der beanstandeten Werbung auszulegen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
Ullmann
v. Ungern-Sternberg
Pokrant
Starck
Schaffert