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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
AnwZ (B) 27/00
vom
12. März 2001
in dem Verfahren
wegen Widerrufs der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft
-2-
Der Bundesgerichtshof, Senat für Anwaltssachen, hat durch die Vorsitzende
Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Deppert, die Richter Dr. Fischer und Terno, die Richterin Dr. Otten sowie die Rechtsanwälte Dr. Schott, Dr. Frey und
Dr. Wosgien
am 12. März 2001 nach mündlicher Verhandlung
beschlossen:
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß
des Ersten Senats des Anwaltsgerichtshofs Baden-Württemberg
vom 13. März 2000 wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen und
der Antragsgegnerin die ihr im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen außergerichtlichen Auslagen zu erstatten.
Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf
100.000 DM festgesetzt.
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Gründe:
I.
Der Antragsteller wurde im Jahre 1977 zur Rechtsanwaltschaft zugelassen und ist inzwischen Fachanwalt für Steuerrecht. Durch Verfügung vom
2. September 1999 hat die Antragsgegnerin die Zulassung nach § 14 Abs. 2
Nr. 7 BRAO n.F. wegen Vermögensverfalls widerrufen. Der Anwaltsgerichtshof
hat den Antrag auf gerichtliche Entscheidung zurückgewiesen. Dagegen richtet
sich die sofortige Beschwerde des Rechtsanwalts.
II.
Das nach § 42 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 4 BRAO zulässige Rechtsmittel hat in
der Sache keinen Erfolg.
1. Gerät der Rechtsanwalt in Vermögensverfall, ist seine Zulassung zur
Rechtsanwaltschaft zu widerrufen, es sei denn, daß dadurch die Interessen der
Rechtsuchenden nicht gefährdet sind (§ 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO n.F.). Ein Vermögensverfall wird nach dieser Vorschrift vermutet, wenn der Rechtsanwalt in
das vom Insolvenzgericht (§ 26 Abs. 2 InsO) oder vom Vollstreckungsgericht
(§ 915 ZPO) zu führende Verzeichnis eingetragen ist.
a) Diese Vermutung kommt hier zur Geltung; denn der Antragsteller ist
in drei Zwangsvollstreckungsverfahren im Schuldnerverzeichnis des Amtsge-
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richts eingetragen. Davon abgesehen hatten im Zeitpunkt des Widerrufs Gläubiger Vollstreckungsaufträge wegen Forderungen im Gesamtbetrag von mehr
als 3.250.000 DM erteilt.
b) Der Antragsteller macht geltend, seine aktuelle finanzielle Situation
sei dadurch hervorgerufen worden, daß er im Zusammenhang mit der Finanzierung eines größeren Bauvorhabens, an dem er sich beteiligt habe, von einer
Versicherungsgesellschaft sowie einem Kreditinstitut vorsätzlich geschädigt
worden sei. Der Kläger hat gegen beide Parteien Klagen in Millionenhöhe erhoben, über die noch nicht entschieden ist. Es kommt indessen nicht darauf an,
ob aufgrund dieses Sachverhalts anzunehmen ist, daß der Rechtsanwalt unverschuldet in Vermögensverfall geraten ist. Die Vorschrift des § 14 Abs. 2
Nr. 7 BRAO dient allein dem Schutz des rechtsuchenden Publikums. Die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft ist daher nach dieser Bestimmung auch dann
zu entziehen, wenn der Rechtsanwalt ohne Verschulden in die ihn belastende
Vermögenslage geraten ist (BGH, Beschluß vom 21. Juni 1999 - AnwZ (B)
88/98, BRAK-Mitt. 1999, 270, 271).
2. Der Antragsteller hat auch nicht hinreichend dargetan, daß die Interessen der Rechtsuchenden durch den Vermögensverfall nicht gefährdet sind.
Vermögensverfall führt bei einem Rechtsanwalt regelmäßig zu einer
Gefährdung der Interessen seiner Mandanten. Eine solche Gefährdung läßt
sich nur äußerst selten mit hinreichender Sicherheit ausschließen. Der Antragsteller hat vorgetragen, er bearbeite allein steuerrechtliche Mandate und komme bei dieser Tätigkeit mit Mandantengeldern nicht in Berührung. Eine entsprechende Selbstbeschränkung wird indessen nach außen nicht erkennbar;
sie ist zudem nicht überprüfbar und kann von dem Rechtsanwalt jederzeit aufgegeben werden. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats ist allein
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deshalb, weil der Rechtsanwalt bisher keine Mandantengelder in Empfang genommen hat, eine Gefährdung der Vermögensinteressen seiner Auftraggeber
nicht auszuschließen (BGH, Beschluß vom 27. Mai 1991 - AnwZ (B) 9/91,
BRAK-Mitt. 1991, 227; vom 7. Oktober 1991 - AnwZ (B) 26/91; vom 14. Februar
2000 - AnwZ (B) 13/99).
3. Sind im Laufe des gerichtlichen Verfahrens die Voraussetzungen für
den Widerruf der Zulassung nachträglich zweifelsfrei entfallen, so ist dies nach
der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bei der Entscheidung
noch zu berücksichtigen. Der Rechtsanwalt muß dazu im einzelnen belegen,
daß er die gegen ihn gerichteten Forderungen getilgt hat oder in einer Weise
zu erfüllen vermag, die seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse wieder
als geordnet erscheinen läßt. Entsprechende Voraussetzungen hat der Antragsteller nicht dargetan.
In den Rechtsstreitigkeiten, die er gegen die Bank und die Versicherungsgesellschaft führt, sind bisher keine Urteile ergangen. Der den Prozessen
zugrunde liegende Sachverhalt ist komplex; die im Zusammenhang damit auftretenden Rechtsfragen werden in Rechtsprechung und Schrifttum ersichtlich
nicht einheitlich behandelt. Höchstrichterliche Entscheidungen dazu liegen offenbar nicht vor. Ob und in welchem Umfang Urteile zugunsten des Rechtsanwalts ergehen werden, ist derzeit nicht absehbar. Auch der zuletzt eingereichte
Schriftsatz enthält die notwendigen Angaben nicht. Er belegt lediglich, daß inzwischen einzelne im Verhältnis zum Gesamtbetrag nicht wesentliche Forderungen getilgt worden sind und mit einigen Gläubigern Stillhalteabkommen geschlossen wurden. Danach bleibt es gegenwärtig ungeklärt, ob, wann und auf
welche Weise der Antragsteller in der Lage sein wird, die titulierten Ansprüche
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in Zukunft zu befriedigen. In Anbetracht dessen können seine Einkommensund Vermögensverhältnisse derzeit nicht als geordnet angesehen werden.
Deppert
Fischer
Frey
Terno
Wosgien
Otten
Schott