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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
AnwZ (Brfg) 21/13
vom
5. Juli 2013
in der verwaltungsrechtlichen Anwaltssache
wegen Widerrufs der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft
-2-
Der Bundesgerichtshof, Senat für Anwaltssachen, hat durch den Präsidenten
des Bundesgerichtshofs Prof. Dr. Tolksdorf, die Richter Prof. Dr. König und
Seiters sowie die Rechtsanwälte Prof. Dr. Quaas und Dr. Braeuer
am 5. Juli 2013
beschlossen:
Der Antrag der Klägerin auf Wiedereinsetzung in den vorigen
Stand gegen die Versäumung der Frist zur Begründung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird zurückgewiesen.
Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das
Urteil des 1. Senats des Anwaltsgerichtshofs des Landes Nordrhein-Westfalen vom 14. Dezember 2012 wird abgelehnt.
Die Klägerin hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.
Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 50.000 € festgesetzt.
Gründe:
I.
1
Die Beklagte widerrief mit Bescheid vom 27. Juni 2012 die Zulassung der
Klägerin zur Rechtsanwaltschaft. Die dagegen gerichtete Klage hat der Anwaltsgerichtshof abgewiesen. Die Klägerin beantragt, die Berufung gegen das
am 8. Februar 2013 zugestellte Urteil zuzulassen.
-3-
2
Der Bevollmächtigte der Klägerin hat die Begründung des Antrags auf
Zulassung der Berufung am 8. April 2013 mit um 19.17 Uhr eingegangenem
- nach seiner Faxkennung um 18.17 Uhr gesendetem - Fax beim Anwaltsgerichtshof eingereicht. Nach Weiterleitung durch den Anwaltsgerichtshof ist die
Antragsbegründung am 26. April 2013 zum Bundesgerichtshof gelangt.
3
Die Klägerin beantragt Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand. Sie
macht geltend, die Begründungsschrift sei durch eine von ihr nicht zu verantwortende Unachtsamkeit ihres Bevollmächtigten, dem ein solcher Fehler noch
nie unterlaufen sei, an das falsche Gericht adressiert und gesandt worden. Ihr
Bevollmächtigter könne sich dies nur durch seine zu diesem Zeitpunkt äußerst
angespannte berufliche Situation auf Grund einer außergewöhnlich großen unvorhergesehenen Arbeitsbelastung und dadurch erklären, dass ihm ein Aktenzeichen des Bundesgerichtshofs erst mit Schreiben vom 19. April 2013 mitgeteilt worden sei.
II.
4
1. Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist unzulässig, weil die Klägerin die Frist zu seiner Begründung versäumt hat (vgl. BGH, Beschluss vom
12. Oktober 2010 - AnwZ (Brfg) 3/10, juris Rn. 2). Nach § 112e Satz 2 BRAO,
§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO sind innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung
des vollständigen Urteils die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Diese Frist ist am 8. April 2013 abgelaufen. Die vom Anwaltsgerichtshof weitergeleitete Begründungsschrift ist somit nicht rechtzeitig beim
Bundesgerichtshof eingegangen, bei dem sie nach § 112e Satz 2 BRAO,
§ 124a Abs. 4 Satz 5 VwGO einzureichen war, weil sie nicht bereits mit dem
Antrag vorgelegt worden war.
-4-
5
2. Der Antrag auf Wiedereinsetzung bleibt ohne Erfolg. Gemäß
§ 112e Satz 2 BRAO, §§ 60, 125 Abs. 1 Satz 1 VwGO wird Wiedereinsetzung
in den vorigen Stand gewährt, wenn jemand ohne sein Verschulden verhindert
war, eine gesetzliche Frist einzuhalten. Die Klägerin hat die Begründungsfrist
nicht ohne ihr Verschulden versäumt. Ihr Bevollmächtigter hat das Erfordernis
übersehen, die gesonderte Begründung unmittelbar beim Berufungsgericht einzureichen. Eine rechtzeitige Weiterleitung der erst am Abend des letzten Tages
der Frist beim Anwaltsgerichtshof eingegangenen Begründung an den Bundesgerichtshof war im Rahmen des üblichen Geschäftsgangs (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 17. August 2011 - XII ZB 50/11, NJW 2011, 3240 Rn. 19 ff.
m.w.N.) nicht mehr möglich. Das Verschulden ihres Vertreters wird der Klägerin
gemäß § 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO, § 173 Satz 1 VwGO, § 85 Abs. 2 ZPO zugerechnet (BGH, Beschluss vom 6. Oktober 2011 - AnwZ (Brfg) 25/11, juris
Rn. 11).
6
Ein eventueller Rechtsirrtum vermag den Bevollmächtigten der Klägerin
nicht zu entschuldigen. Ein Rechtsanwalt muss die Gesetze kennen, die in einer Anwaltspraxis gewöhnlich zur Anwendung kommen (BGH, Beschluss vom
3. November 2010 - XII ZB 197/10, NJW 2011, 386 Rn. 19 m.w.N.). Ein Wiedereinsetzungsgrund ergibt sich auch nicht, soweit die Klägerin eine unvorhergesehene Arbeitsbelastung ihres Prozessbevollmächtigten geltend macht. Abgesehen davon, dass Umfang, Grund und Unvorhersehbarkeit der Arbeitsbelastung nicht nachvollziehbar dargelegt und glaubhaft gemacht sind, ist nicht ersichtlich, dass ihr Bevollmächtigter, der in der Lage war, innerhalb der Frist eine
Antragsbegründung zu fertigen und zu versenden, daran gehindert gewesen
sein sollte, fehlerfrei deren Adressaten zu ermitteln. Dies gilt insbesondere, weil
dafür - angesichts des eindeutigen Wortlauts des § 124a Abs. 4 Satz 5 VwGO
und der zutreffenden Rechtsmittelbelehrung in der angefochtenen Entscheidung - nur ein geringer zeitlicher Mehraufwand zur Feststellung der zweifels-
-5-
freien Rechtslage notwendig gewesen wäre (vgl. BGH, Beschluss vom
1. Februar 2012 - XII ZB 298/11, NJW-RR 2012, 694 Rn. 16 ff.).
7
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO, § 154
Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 194 Abs. 2 BRAO.
Tolksdorf
König
Quaas
Seiters
Braeuer
Vorinstanz:
AGH Hamm, Entscheidung vom 14.12.2012 - 1 AGH 28/12 -