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BUNDESGERICHTSHOF
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BESCHLUSS
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5 StR 635/17
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vom
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24. April 2018
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in der Strafsache
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gegen
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wegen Vergewaltigung
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ECLI:DE:BGH:2018:240418B5STR635.17.0
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Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 24. April 2018 gemäß
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§ 154 Abs. 2, § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
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Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 23. August 2017 wird
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a) das Verfahren in den Fällen 1 bis 3, 6 bis 11 und 13 bis 15
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der Urteilsgründe eingestellt; insoweit fallen die Kosten des
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Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten
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der Staatskasse zur Last;
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b) das Urteil im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte der Vergewaltigung in drei Fällen schuldig ist, und
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c) im Ausspruch über die Gesamtstrafe aufgehoben.
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Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung
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und Entscheidung, auch über die verbleibenden Kosten des
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Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
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Die weitergehende Revision wird verworfen.
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Gründe:
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1
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Das Landgericht hat den Angeklagten unter Freisprechung im Übrigen
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wegen Vergewaltigung in 15 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Dagegen wendet sich der Beschwerdeführer mit seiner auf die
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Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel
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hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Erfolg, im Übrigen ist es
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unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
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2
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1. Der Senat hat das Verfahren auf Antrag des Generalbundesanwalts in
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den Fällen 1 bis 3, 6 bis 11 und 13 bis 15 der Urteilsgründe gemäß § 154
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Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 StPO aus prozessökonomischen Gründen eingestellt. In
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diesen zwölf Fällen, denen über 25 Jahre zurückliegende Tatvorwürfe zugrunde
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lagen, hat das Landgericht als Nötigungsmittel jeweils die Ausnutzung eines
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„Klimas der Gewalt“ angesehen. Dies begegnet rechtlichen Bedenken, weil es
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– trotz seiner Bezugnahme auf eine der einschlägigen BGH-Entscheidungen –
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den Maßstab der ständigen Rechtsprechung verkannt hat. Danach können
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zwar auch frühere Drohungen wie frühere Misshandlungen eine in die Tatgegenwart fortwirkende Drohwirkung entfalten, das Ausnutzen eines „Klimas der
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Gewalt“ erfüllt aber nur dann die Voraussetzungen einer sexuellen Nötigung
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oder Vergewaltigung im Sinne von § 177 StGB aF, wenn durch eine ausdrückliche oder konkludente Erklärung des Täters eine finale Verknüpfung mit dem
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sexuellen Übergriff hergestellt wird. Der Täter muss erkennen und zumindest
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billigen, dass das Opfer sein Verhalten als Drohung mit gegenwärtiger Gefahr
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für Leib oder Leben empfindet und nur deshalb die sexuelle Handlung erduldet
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(vgl. BGH, Beschlüsse vom 27. März 1996 – 3 StR 518/95, BGHSt 42, 107,
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111 f.; vom 27. Februar 2013 – 4 StR 544/12, NStZ-RR 2013, 207, 208; vom
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10. September 2014 – 5 StR 261/14 mwN, und vom 7. Januar 2015
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– 2 StR 463/14). Hier lässt sich weder den Feststellungen (UA S. 8 f.) noch der
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Beweiswürdigung mit Wiedergabe der Aussage der Nebenklägerin (UA S. 20 f.)
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und auch nicht den Ausführungen zur rechtlichen Bewertung (UA S. 42) eine
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solche finale Verknüpfung durch eine konkludente Erklärung des Angeklagten
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entnehmen. Nach den Urteilsgründen ergibt sich lediglich ein Ausnutzen der mit
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dem „Klima der Gewalt“ geschaffenen und überdauernden Angst der Nebenklägerin durch den Angeklagten.
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3
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2. In den drei verbliebenen Fällen 4, 5 und 12 hat die Nachprüfung des
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Urteils keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Insbesondere hat der Senat den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen den Einsatz
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von Gewalt als Nötigungsmittel entnehmen können.
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3. Der Senat kann trotz der verbleibenden Einzelfreiheitsstrafen in Höhe
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von zweimal zwei Jahren und sechs Monaten und einmal zwei Jahren und acht
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Monaten (Einsatzstrafe) nicht ausschließen, dass das Landgericht ohne die
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zwölf Einzelstrafen eine geringere Gesamtfreiheitsstrafe verhängt hätte.
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Mutzbauer
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Schneider
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Berger
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König
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Mosbacher
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