158 lines
No EOL
6.1 KiB
Text
158 lines
No EOL
6.1 KiB
Text
BUNDESGERICHTSHOF
|
||
BESCHLUSS
|
||
4 StR 276/15
|
||
vom
|
||
17. November 2015
|
||
in der Strafsache
|
||
gegen
|
||
|
||
1.
|
||
2.
|
||
|
||
wegen zu 1.: besonders schweren Raubes u.a.
|
||
zu 2.: Raubes
|
||
|
||
-2-
|
||
|
||
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und der Beschwerdeführer am 17. November 2015 gemäß § 349
|
||
Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
|
||
1. Auf die Revision des Angeklagten K.
|
||
|
||
wird das Urteil des
|
||
|
||
Landgerichts Essen vom 17. Februar 2015 dahin geändert,
|
||
dass dieser Angeklagte wegen besonders schweren Raubes
|
||
in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt
|
||
wird.
|
||
Die Einbeziehung einer Einzelstrafe aus dem Urteil des
|
||
Landgerichts Essen vom 27. August 2014 und die Aufrechterhaltung der Adhäsionsentscheidung aus diesem Urteil entfallen.
|
||
2. Die weiter gehende Revision des Angeklagten K.
|
||
Revision des Angeklagten H.
|
||
|
||
und die
|
||
|
||
werden verworfen.
|
||
|
||
3. Die Angeklagten haben die Kosten ihrer Rechtsmittel zu tragen.
|
||
|
||
Gründe:
|
||
|
||
1
|
||
|
||
Das Landgericht hat den Angeklagten K.
|
||
|
||
„wegen besonders schweren
|
||
|
||
Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung unter Einbeziehung der
|
||
Einzelstrafe aus dem Urteil des Landgerichts Essen vom 27.08.2014 bezüglich
|
||
|
||
-3-
|
||
|
||
der gefährlichen Körperverletzung in Höhe von 9 Monaten Freiheitsstrafe und
|
||
unter Auflösung der dort gebildeten Gesamtstrafe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und neun Monaten verurteilt“; ferner hat es die Adhäsionsentscheidung aus jenem Urteil aufrechterhalten. Den Angeklagten H.
|
||
|
||
hat
|
||
|
||
das Landgericht wegen Raubes zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Gegen die Verurteilungen richten sich die auf die Sachrüge gestützten
|
||
Rechtsmittel der Angeklagten; der Angeklagte H.
|
||
Verfahren. Die Revision des Angeklagten K.
|
||
|
||
beanstandet zudem das
|
||
|
||
hat hinsichtlich der Gesamt-
|
||
|
||
strafenbildung und Aufrechterhaltung der Adhäsionsentscheidung Erfolg. Im
|
||
Übrigen sind die Rechtsmittel unbegründet.
|
||
|
||
2
|
||
|
||
1. Das Rechtsmittel des Angeklagten K.
|
||
|
||
ist unbegründet (§ 349 Abs. 2
|
||
|
||
StPO), soweit es sich gegen den Schuld- und Strafausspruch hinsichtlich der
|
||
Tat vom 9. August 2014 richtet. Jedoch haben die Einbeziehung einer Einzelstrafe aus dem Urteil des Landgerichts Essen vom 27. August 2014 und die
|
||
Aufrechterhaltung der Adhäsionsentscheidung aus diesem Urteil keinen Bestand.
|
||
|
||
3
|
||
|
||
a) Nach den hierzu vom Landgericht getroffenen Feststellungen wurde
|
||
der Angeklagte K.
|
||
|
||
am 27. Februar 2009 vom Amtsgericht Essen wegen ge-
|
||
|
||
fährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt
|
||
(Tatzeit: 9. November 2008). Auf die hiergegen eingelegte Berufung hin verurteilte das Landgericht Essen den Angeklagten am 27. August 2014 unter Einbeziehung einer Strafe aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts Essen vom
|
||
15. Juli 2014 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von elf Monaten und setzte deren
|
||
Vollstreckung zur Bewährung aus. In diesem Strafbefehl war gegen den Angeklagten wegen eines Verstoßes gegen das Aufenthaltsgesetz eine Freiheitsstrafe von drei Monaten (mit Bewährung) verhängt worden (Tatzeit: 13. Januar
|
||
|
||
-4-
|
||
|
||
2014). Den nunmehr abgeurteilten besonders schweren Raub in Tateinheit mit
|
||
gefährlicher Körperverletzung hat der Angeklagte am 9. August 2014 begangen.
|
||
|
||
4
|
||
|
||
b) Angesichts dieser Feststellungen war die nachträgliche Gesamtstrafenbildung im Urteil des Landgerichts Essen vom 27. August 2014 richtig;
|
||
insbesondere ist das Landgericht zutreffend davon ausgegangen, dass dem
|
||
Strafbefehl des Amtsgerichts Essen vom 15. Juli 2014 Zäsurwirkung zukommt.
|
||
Da die nunmehr abgeurteilte Tat aber erst nach diesem Strafbefehl vom 15. Juli
|
||
2014 begangen wurde, scheidet eine Gesamtstrafenbildung gemäß § 55 Abs. 1
|
||
StGB aus.
|
||
|
||
5
|
||
|
||
In einem solchen Fall bildet nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nur die (zeitlich) erste Vorverurteilung eine Zäsur mit der Folge,
|
||
dass eine später begangene Straftat gesamtstrafenrechtlich so zu betrachten
|
||
ist, als ob sie nach der (aus der ersten und zweiten Vorverurteilung gewissermaßen zusammengesetzten) ersten und einzigen Vorverurteilung begangen
|
||
wäre (vgl. BGH, Beschluss vom 7. Mai 2013 – 4 StR 111/13, StraFo 2013,
|
||
345 f.). So verhält es sich hier. Damit ist eine Gesamtstrafenbildung gemäß
|
||
§ 55 Abs. 1 StGB mit der verhängten Einzelstrafe für die am 9. November 2008
|
||
begangene, jedoch erst am 27. August 2014 abgeurteilte Tat ausgeschlossen;
|
||
sie ist infolge der in diesem Urteil zutreffend gebildeten nachträglichen Gesamtstrafe gesamtstrafenrechtlich „verbraucht“ und steht für eine erneute Gesamtstrafenbildung nicht mehr zur Verfügung (vgl. BGH, Beschluss vom 27. März
|
||
2014 – 4 StR 574/13 mwN).
|
||
|
||
-5-
|
||
|
||
6
|
||
|
||
2. Das Rechtsmittel des Angeklagten H.
|
||
|
||
hat insgesamt keinen Er-
|
||
|
||
folg (§ 349 Abs. 2 StPO; vgl. zur Abgrenzung zwischen Raub und Diebstahl
|
||
auch die Beschlüsse des Bundesgerichtshofs vom 13. März 2002 – 1 StR
|
||
47/02, NStZ 2003, 89, und vom 9. Juli 2013 – 3 StR 174/13, juris Rn. 8).
|
||
|
||
7
|
||
|
||
Zu der von diesem Angeklagten H.
|
||
|
||
erhobenen Verfahrensrüge be-
|
||
|
||
merkt der Senat ergänzend zur Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom
|
||
14. September 2015, dass diese – soweit sie die Vorgänge in Zusammenhang
|
||
mit der Nebenklage betrifft – bereits deshalb unzulässig ist, weil die Revision
|
||
die Tatsachen nicht mitteilt, die für die Prüfung von Bedeutung sind, ob der Befangenheitsantrag rechtzeitig im Sinne des § 25 Abs. 1 Satz 1 StPO gestellt
|
||
wurde (vgl. SSW-StPO/Widmaier, § 338 Rn. 23; Radtke/Hohmann/Nagel, § 338
|
||
StPO Rn. 37). Dass die Entscheidung des Landgerichts über das Ablehnungsgesuch den Antrag ohne nähere Ausführungen als „rechtzeitig im Sinne des
|
||
§ 25 Abs. 1 StPO“ erachtet, ersetzt den nach § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO notwendigen Revisionsvortrag schon deshalb nicht, weil dem nach Beschwerdegrundsätzen entscheidenden Revisionsgericht im Rahmen des § 338 Nr. 3
|
||
StPO die umfassende Prüfung obliegt, ob das Ablehnungsgesuch „mit Unrecht“
|
||
verworfen wurde, was auch bei einem als unbegründet zurückgewiesenen,
|
||
|
||
-6-
|
||
|
||
tatsächlich jedoch bereits unzulässigen Antrag nicht der Fall ist (vgl. SSWStPO/Widmaier, § 338 Rn. 21; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 58. Aufl., § 338
|
||
Rn. 27 f.).
|
||
|
||
Sost-Scheible
|
||
|
||
Roggenbuck
|
||
|
||
Mutzbauer
|
||
|
||
Cierniak
|
||
|
||
Bender
|
||
|
||
|