Search on legal documents using Tensorflow and a web_actix web interface
You can not select more than 25 topics Topics must start with a letter or number, can include dashes ('-') and can be up to 35 characters long.
 
 
 
 
 
 

571 lines
35 KiB

BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 107/06
Verkündet am:
16. April 2008
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk:
BGHZ:
BGHR:
ja
nein
ja
BGB §§ 1578 b, 1579 Nr. 5; BGB a.F. §§ 1573 Abs. 5, 1578 Abs. 1 Satz 2
a) Der objektive Tatbestand des für eine Verwirkung nach § 1579 Nr. 5 BGB sprechenden Härtegrundes kann auch dadurch erfüllt sein, dass der Unterhaltsberechtigte den Verpflichteten nicht ungefragt über einen erheblichen Anstieg des eigenen Einkommens informiert (Fortführung des Senatsurteils vom 29. Januar 1997
- XII ZR 257/95 - FamRZ 1997, 483).
b) Hat der Unterhaltsberechtigte eine vollzeitige Erwerbstätigkeit in dem von ihm erlernten oder vor der Ehe ausgeübten Beruf aufgenommen, können
ehebedingte Nachteile i.S. von § 1578 b BGB nicht mit den durch die Unterbrechung der Erwerbstätigkeit während der Ehe bedingten geringeren Rentenanwartschaften begründet werden, wenn für diese Zeit ein Versorgungsausgleich stattgefunden hat. Der Nachteil in der Versorgungsbilanz ist dann in gleichem Umfang
von beiden Ehegatten zu tragen und damit vollständig ausgeglichen (Fortführung
des Senatsurteils vom 14. November 2007 - XII ZR 16/07 - FamRZ 2008, 134).
BGH, Urteil vom 16. April 2008 - XII ZR 107/06 - OLG Hamm
AG Dortmund
-2-
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 16. April 2008 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter
Sprick, Weber-Monecke, Prof. Dr. Wagenitz und Dose
für Recht erkannt:
Die Revision der Antragstellerin gegen das Urteil des 4. Senats für
Familiensachen des Oberlandesgerichts Hamm vom 8. Juni 2006
wird zurückgewiesen.
Auf die Revision des Antragsgegners wird das vorgenannte Urteil
im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil des
Antragsgegners erkannt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
1
Die Parteien streiten um nachehelichen Unterhalt.
2
Die 1956 geborene Antragstellerin und der 1957 geborene Antragsgegner hatten am 23. Juni 1989 die Ehe geschlossen, aus der die am 30. Oktober
1989 geborene Tochter C. hervorgegangen ist. Die Antragstellerin hatte ihre
vorehelich geborenen Töchter K., geboren am 15. Februar 1984, und F., gebo-
-3-
ren am 8. Januar 1988, mit in die Ehe gebracht. In dem ehelichen Haushalt lebte zudem die am 21. Oktober 1983 geborene Pflegetochter D., die der Antragsgegner und seine verstorbene erste Ehefrau aufgenommen hatten.
3
Im Juli 2002 zog die Antragstellerin mit ihren drei Töchtern aus der Ehewohnung aus. Der Antragsgegner verblieb mit seiner Pflegetochter in dem in
seinem Eigentum stehenden Haus.
4
Mit gerichtlichem Vergleich vom 29. September 2003 verpflichtete sich
der Antragsgegner, an die Antragstellerin ab Oktober 2003 Trennungsunterhalt
in Höhe von monatlich 557 € zu zahlen. Dabei gingen die Parteien von einem
Nettoeinkommen der Antragstellerin aus Teilzeittätigkeit in einem Seniorenheim
in Höhe von 800 € sowie monatlichen Nebeneinkünften in Höhe von 155 € aus.
Schon ab Dezember 2003 erzielte die Antragstellerin aus ihrer halbschichtigen
Erwerbstätigkeit in dem erlernten Beruf als Krankenschwester durchschnittliche
Nettoeinkünfte in Höhe von monatlich 1.184 € sowie weiterhin Nebeneinkünfte
in der zuvor berücksichtigten Höhe. Dieses höhere Einkommen teilte die Antragstellerin dem Antragsgegner erst im Rahmen der Verhandlungen über den
nachehelichen Unterhalt auf ausdrückliche Anfrage mit Schriftsatz vom
9. Dezember 2004 mit.
5
Mit Teilvergleich vom 20. April 2005 verpflichtete sich der Antragsgegner,
an die Antragstellerin einen Zugewinnausgleich in Höhe von 66.500 € zu zahlen. Mit Verbundurteil vom 11. Juli 2005 wurde die Ehe der Parteien geschieden, der Versorgungsausgleich durchgeführt und der Antragsgegner zur Zahlung nachehelichen Altersvorsorge- und Aufstockungsunterhalts in Höhe von
insgesamt 609 € monatlich verurteilt. Von dem Rentenversicherungskonto des
Antragsgegners wurden auf das Versicherungskonto der Antragstellerin zusätzlich zu den ehezeitlich selbst erworbenen 86,76 € monatlich weitere 451,27 €
-4-
übertragen. Der Scheidungsausspruch und die Entscheidung zum Versorgungsausgleich sind seit dem 29. November 2005 rechtskräftig.
6
Die Antragstellerin hat nachehelich zunächst monatliche Einkünfte aus
ihrer Teilzeittätigkeit als Krankenschwester in Höhe von 1.184 € sowie Nebeneinkünfte in Höhe von 155 € erzielt. Der Antragsgegner hat zunächst unterhaltsrelevante Einkünfte in Höhe von 2.769,69 € erzielt, denen eine anteilige Steuererstattung sowie der Vorteil des mietfreien Wohnens im eigenen Haus hinzuzurechnen sind. Seit Juli 2006 bezieht er Kurzarbeitergeld. Von diesen Einkünften
schuldet der Antragsgegner auch der gemeinsamen Tochter C. Barunterhalt.
7
Auf die Berufung des Antragsgegners gegen den Unterhaltsausspruch in
dem Verbundurteil hat das Oberlandesgericht die amtsgerichtliche Entscheidung abgeändert und den Antragsgegner zu zeitlich gestaffelten Unterhaltsleistungen, zuletzt für die Zeit ab Dezember 2006 in Höhe von monatlich 48,63 €
Altersvorsorgeunterhalt und 192,52 € Elementarunterhalt, verurteilt. Gegen diese Entscheidung richten sich die zugelassenen Revisionen beider Parteien.
Während die Antragstellerin Zurückweisung der Berufung des Antragsgegners
begehrt, beantragt der Antragsgegner vollständige Abweisung des Antrags auf
nachehelichen Unterhalt.
Entscheidungsgründe:
8
Die Revision der Antragstellerin ist unbegründet. Die Revision des Antragsgegners führt in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang
zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und insoweit zur Zurückverweisung
der Sache an das Berufungsgericht.
-5-
A
9
Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung in FamRZ 2007, 215 veröffentlicht ist, hat die Unterhaltspflicht des Antragsgegners aus dem angefochtenen Urteil herabgesetzt und den Unterhaltsanspruch der Antragstellerin zusätzlich für die Dauer eines Jahres um monatlich 100 € gekürzt. Die vom Antragsgegner begehrte Befristung des nachehelichen Unterhalts hat es hingegen abgelehnt.
Für die Antragstellerin sei von einem fiktiven monatlichen Nettoeinkom-
10
men in Höhe von 1.900 € auszugehen, da ihr im Hinblick auf das Alter der gemeinsamen Tochter von 16 Jahren bei Rechtskraft der Ehescheidung eine vollschichtige Tätigkeit zumutbar sei und sie sich nicht hinreichend um eine Ausweitung ihrer Teilzeittätigkeit bemüht habe. Das aus ihrer Tätigkeit im Umfang
von
wöchentlich
19,25 Stunden
erzielte
Bruttojahreseinkommen
von
18.892,36 € sei deswegen auf 37.785 € zu verdoppeln, woraus sich ein Nettomonatseinkommen in Höhe von 1.842 € ergebe. Unter Berücksichtigung steuerfreier Bezüge und möglicher beruflicher Aufwendungen erscheine ein Nettoeinkommen aus Vollzeittätigkeit in Höhe von 1.900 € monatlich als angemessen.
Abzüglich des Erwerbstätigenbonus seien somit Einkünfte in Höhe von
1.628,57 € unterhaltsrechtlich zu berücksichtigen. Von dem im Zugewinnausgleich erhaltenen Betrag könne die Antragstellerin 60.000 € zu einem Zinssatz
von 3 % anlegen und daraus - nach Abzug von Steuern - monatlich 140 € erzielen, die ebenfalls im Wege der Differenzmethode zu berücksichtigen seien.
11
Auf Seiten des Antragsgegners sei zunächst von seinem Einkommen als
technischer Angestellter in Höhe von 2.769,69 € netto auszugehen. Dem sei ein
Anteil der Steuererstattung in Höhe von monatlich 217,26 € hinzuzurechnen.
Den Wohnvorteil des vom Antragsgegner genutzten Einfamilienhauses mit ei-
-6-
ner Wohnfläche von 120 m² hat das Berufungsgericht auf monatlich 600 € geschätzt. Davon hat es verbrauchsunabhängige Kosten in Höhe von monatlich
178 € sowie Kosten für Instandhaltung in Höhe von monatlich 54 € abgesetzt.
Von dem verbleibenden Einkommen sei der Kindesunterhalt für die gemeinsame Tochter C. nach der 10. Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle abzusetzen. Aus der Differenz des verbleibenden Einkommens zu dem Einkommen der Antragstellerin ergebe sich der ausgeurteilte Altersvorsorge- und Elementarunterhalt.
12
Der Unterhaltsanspruch der Antragstellerin sei allerdings für die Dauer
eines Jahres um monatlich 100 € zu kürzen, weil die Antragstellerin ihren Anspruch insoweit nach § 1579 Nr. 4 BGB a.F. verwirkt habe. In dem am
29. September 2003 abgeschlossenen Vergleich über den Trennungsunterhalt
seien die Parteien von einem Nettoeinkommen der Antragstellerin in Höhe von
800 € monatlich ausgegangen. Tatsächlich habe sie seit Dezember 2003 ein
deutlich höheres Einkommen erzielt, das sie dem Antragsgegner aber erst mit
Schriftsatz vom 9. Dezember 2004 zur Kenntnis gebracht habe. Die Antragstellerin sei verpflichtet gewesen, dem Antragsgegner die Steigerung ihres Einkommens auch ungefragt mitzuteilen. Denn aus dem Unterhaltsvergleich ergebe sich eine vertragliche Treuepflicht, die eine Obliegenheit des Unterhaltsberechtigten begründe, dem Unterhaltspflichtigen jederzeit und unaufgefordert
Umstände zu offenbaren, die dessen Verpflichtung aus dem Vergleich berührten. Dabei könne offen bleiben, ob und in welcher Höhe durch die Verletzung
dieser Treuepflicht tatsächlich ein Schaden des Antragsgegners entstanden sei.
Eine Verwirkung könne schon bei schwerwiegender Gefährdung seiner Vermögensinteressen eintreten, auch wenn wegen der im März 2004 an den Antragsgegner ausgezahlten Steuererstattung allenfalls ein geringer Schaden entstanden sei. Gleichwohl sei eine Sanktionierung des Fehlverhaltens geboten, weil
die Antragstellerin nicht davon habe ausgehen können, dass der Antragsgegner
-7-
ebenfalls höhere Einkünfte zur Verfügung habe. Unter Abwägung aller Gesamtumstände erscheine eine Kürzung des nachehelichen Elementarunterhalts um
monatlich 100 € für die Dauer eines Jahres angemessen.
13
Eine Befristung des Aufstockungsunterhalts nach § 1573 Abs. 5 BGB
a.F. hat das Berufungsgericht abgelehnt. Zwar habe die Antragstellerin ihre Berufstätigkeit schon vor der Schwangerschaft mit dem gemeinsamen Kind C.
aufgegeben. Außerdem könne sie seit der Scheidung wieder vollschichtig in
ihrem erlernten Beruf als Krankenschwester arbeiten. Einer Befristung des Unterhaltsanspruchs stehe allerdings die ehezeitliche Betreuung des gemeinsamen Kindes entgegen, zumal die Antragstellerin deswegen während der Ehezeit lediglich Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 86,76 € erworben
habe. Gegen eine Befristung sprächen auch die lange Ehedauer von fast
13 Jahren und die dadurch eingetretene ehebedingte Verflechtung der beiderseitigen Verhältnisse. Außergewöhnliche Umstände, die hier gleichwohl eine
Befristung rechtfertigen könnten, lägen nicht vor. Die 50 Jahre alte Angestellte
arbeite zwar wieder in ihrem alten Beruf. Dabei sei allerdings zu bedenken,
dass aufgrund der Betreuung des gemeinsamen Kindes die Gelegenheit zu
Fort- und Weiterbildungen eingeschränkt gewesen sei und deshalb Gehaltseinbußen nicht ausgeschlossen werden könnten. Dabei verkenne das Berufungsgericht nicht, dass die zu berücksichtigende Ehe- und Kinderbetreuungsdauer
praktisch zu einem dauerhaften Unterhaltsanspruch führe, obwohl die im Falle
einer späteren vollschichtigen Erwerbstätigkeit verbleibenden ehebedingten
Nachteile des Unterhaltsberechtigten in der Regel von dem Unterhaltspflichtigen durch den Versorgungsausgleich aufgefangen würden und damit auch diesen träfen. Im Ergebnis sei eine Begrenzung des Unterhalts aber nicht möglich,
weil außergewöhnliche Umstände nicht vorlägen.
14
Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.
-8-
B
I.
15
Die Revision der Antragstellerin ist unbegründet, weil die Bemessung der
unterhaltsrelevanten Einkünfte mit der Rechtsprechung des Senats im Einklang
steht und die vorübergehende Kürzung des Unterhaltsanspruchs nach § 1579
Nr. 5 BGB (§ 1579 Nr. 4 BGB a.F.) aus Rechtsgründen keinen Bedenken begegnet.
16
1. Soweit das Berufungsgericht den Wohnvorteil des Einfamilienhauses
des Antragsgegners mit 600 € monatlich bemessen hat, ist dies aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden.
17
a) Zwar hatte die Antragstellerin insoweit einen Wert von 750 € monatlich
behauptet und dafür Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens angetreten. Der Sachvortrag der Antragstellerin geht allerdings nicht über
die Umstände hinaus, die das Berufungsgericht in zulässiger Weise bei der
Bemessung der erzielbaren Marktmiete nach § 287 ZPO berücksichtigt hat.
Denn das Berufungsgericht hat sowohl die unstreitige Wohnfläche und Ausstattung als auch die Lage des Objekts zwischen einem Landschaftsschutzgebiet
und dem nahe gelegenen Flughafen berücksichtigt. Damit hat das Berufungsgericht die wertbildenden Faktoren in hinreichendem Umfang in seine Schätzung einbezogen und sein tatrichterliches Ermessen bei der Ermittlung des
Wohnwerts in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise ausgeübt (vgl.
Senatsurteil vom 4. Juli 2007 - XII ZR 141/05 - FamRZ 2007, 1532, 1534). Das
Berufungsgericht hat seine Bemessung weder auf falsche Erwägungen gestützt
noch hat es für die Bemessung der Marktmiete (vgl. insoweit Senatsurteil vom
5. März 2008 - XII ZR 22/06 - FamRZ 2008, 963, 965) wesentliche Tatsachen
-9-
außer Acht gelassen (zur tatrichterlichen Schätzung vgl. BGHZ 3, 162, 175 f.
und BGHZ 6, 62, 63). Insbesondere lässt sich dem Berufungsurteil auch entnehmen, dass das Berufungsgericht die Investitionen des Antragsgegners
durch Einbau einer Gas-Zentralheizung, eines Parkettbodens und durch die
Erneuerung der Sanitärausstattung berücksichtigt hat.
18
b) Entgegen der Rechtsauffassung der Antragstellerin trifft den Antragsgegner hier auch keine Obliegenheit zur Vermögensumschichtung, selbst wenn
der Abzug verbrauchsunabhängiger Kosten und der Instandhaltungskosten zu
einem geringeren Wohnwert führen würde, als dem Antragsgegner als Zinsgewinn im Falle einer Veräußerung des Hauses verbliebe. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats kann zwar eine Obliegenheit zur Vermögensumschichtung bestehen, wenn nach den gegenwärtigen Verhältnissen keine wirtschaftlich angemessene Nutzung des vorhandenen Vermögens verwirklicht wird. Davon kann aber nicht schon dann ausgegangen werden, wenn der verbleibende
Wohnvorteil nicht den Ertrag erreicht, den der Ehegatte nach einem Verkauf
des Wohneigentums erzielen könnte. Vielmehr muss sich die tatsächliche Anlage des Vermögens - unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles als eindeutig unwirtschaftlich darstellen, bevor der geschiedene Ehegatte auf
eine andere Anlageform und daraus erzielbare Erträge verwiesen werden kann
(Senatsurteil vom 23. November 2005 - XII ZR 51/03 - FamRZ 2006, 387, 391).
Danach ergibt sich hier jedenfalls keine Obliegenheit zur Vermögensumschichtung durch Verkauf des Einfamilienhauses. Zu Recht weist der Antragsgegner
nämlich darauf hin, dass er dieses Haus in die Ehe eingebracht hatte und darin
außer ihm auch seine Pflegetochter wohnt. Im Hinblick darauf und unter Berücksichtigung des auch sonst gewährleisteten Schutzes für ein angemessenes, selbst bewohntes Hausgrundstück (vgl. insoweit § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB
XII) ist dem Antragsgegner eine Umschichtung seines Grundvermögens nicht
zumutbar.
- 10 -
2. Auch das Einkommen der Antragstellerin hat das Berufungsgericht zu-
19
treffend und in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Senats bemessen.
20
a) Weil die gemeinsame Tochter der Parteien im Zeitpunkt der Rechtskraft der Ehescheidung bereits 16 Jahre alt war, ist das Berufungsgericht auch
auf der Grundlage der ständigen Rechtsprechung zur früheren Fassung des
§ 1570 BGB von einer vollschichtigen Erwerbsobliegenheit der Antragstellerin
ausgegangen.
21
Bei der Bemessung des aus einer solchen Erwerbstätigkeit erzielbaren
Einkommens ist es von dem seinerzeit erzielten Bruttoeinkommen aus der Teilzeittätigkeit von 19,25 Stunden wöchentlich ausgegangen und hat dieses verdoppelt. Dagegen ist aus revisionsrechtlicher Sicht nichts zu erinnern. Aus dem
so errechneten Bruttoeinkommen hat das Berufungsgericht durch Abzug der
gesetzlichen Abgaben und unter Berücksichtigung beruflicher Aufwendungen
einerseits sowie steuerfreier Bezüge als Krankenschwester andererseits ein
durchschnittlich erzielbares Nettoeinkommen in Höhe von monatlich 1.900 €
ermittelt. Auch das wird von der Revision der Antragstellerin nicht substantiiert
angegriffen und ist auch sonst nicht zu beanstanden. Insbesondere wird diese
konkrete Berechnung nicht durch die pauschale Behauptung der Antragstellerin
erschüttert, sie könne allenfalls monatlich 1.500 € netto erzielen. Mangels hinreichend substantiierten Sachvortrags war das Berufungsgericht deswegen
auch nicht gehalten, das von der Antragstellerin beantragte Sachverständigengutachten zur Höhe des erzielbaren Einkommens einzuholen.
22
Auch soweit das Berufungsgericht von einer realen Beschäftigungsmöglichkeit der im Zeitpunkt der Rechtskraft der Ehescheidung 49 Jahre alten Antragstellerin ausgegangen ist, ist dies revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
- 11 -
Denn sie arbeitet bereits einige Zeit wieder in ihrem erlernten Beruf als Krankenschwester. Konkrete Umstände, die einer Ausweitung dieser Berufstätigkeit
auf eine Vollzeittätigkeit entgegenstehen, hat die Antragstellerin in den Tatsacheninstanzen ebenfalls nicht vorgetragen. Die beiden vorliegenden Absagen
auf Bewerbungen der Antragstellerin um eine Vollzeittätigkeit können die Annahme einer fehlenden Beschäftigungschance nicht rechtfertigen.
23
Entgegen der Rüge der Antragstellerin hat das Berufungsgericht bei der
Bemessung des fiktiv zu berücksichtigenden Einkommens der Antragstellerin
auch nicht ihre eventuellen Fahrtkosten übergangen. Denn es hat solche beruflichen Aufwendungen den steuerlichen Vorteilen aus steuerfreien Bezügen gegenübergestellt. Auch diese Schätzung ist aus revisionsrechtlicher Sicht nicht
zu beanstanden.
24
b) Nach § 1579 Nr. 5 BGB (§ 1579 Nr. 4 BGB a.F.) ist ein Unterhaltsanspruch zu versagen, herabzusetzen oder zeitlich zu begrenzen, soweit die Inanspruchnahme des Verpflichteten auch unter Wahrung der Belange eines dem
Berechtigten zur Pflege und Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes
grob unbillig wäre, weil der Berechtigte sich über schwerwiegende Vermögensinteressen des Verpflichteten mutwillig hinweggesetzt hat.
25
aa) Die Begrenzung des Unterhalts verlangt somit neben dem Härtegrund der Verletzung schwerwiegender Vermögensinteressen stets auch eine
grobe Unbilligkeit für den Unterhaltspflichtigen unter Wahrung der Belange des
Unterhaltsberechtigten (Senatsurteil BGHZ 146, 391, 399 = FamRZ 2001, 541,
543 f.). Je schwerer ein Härtegrund wiegt, umso mehr ist es dem Unterhaltsberechtigten zuzumuten, die unterhaltsrechtlichen Folgen seines Verhaltens weitgehend selbst zu tragen und entsprechende Einschränkungen auf sich zu nehmen, soweit nicht das Kindeswohl eine andere Beurteilung erfordert (vgl. auch
- 12 -
Wendl/Gerhardt Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 6. Aufl.
§ 4 Rdn. 615, 618).
26
bb) Entgegen der Rechtsauffassung der Antragstellerin hat das Berufungsgericht zu Recht eine mutwillige Verletzung schwerwiegender Vermögensinteressen des Antragsgegners angenommen.
27
Zwar setzt der Härtegrund des § 1579 Nr. 5 BGB objektiv ein gravierendes Verhalten des Unterhaltsberechtigten voraus, was sich aus der Wortwahl
"schwerwiegende" und "hinwegsetzen" ergibt. Damit stellt die Vorschrift nicht
allein auf den Umfang der Vermögensgefährdung ab, sondern auch auf die Intensität der Pflichtverletzung. Nicht erforderlich ist es, dass dem Unterhaltspflichtigen tatsächlich ein Vermögensschaden entsteht. Es genügt eine
schwerwiegende Gefährdung seiner Vermögensinteressen, die - wie hier - dadurch entstehen kann, dass der Unterhaltsschuldner bereits geleisteten Unterhalt trotz angestiegenen Einkommens des Unterhaltsberechtigten später nicht
zurückfordern kann (vgl. insoweit Senatsurteil vom 22. April 1998 - XII ZR
221/96 - FamRZ 1998, 951 ff.).
28
Diese objektive Voraussetzung der Verwirkung hat das Berufungsgericht
zu Recht als erfüllt angesehen, weil die Antragstellerin die erhebliche Steigerung ihres unterhaltsrelevanten Einkommens seit dem Abschluss des Vergleichs dem Antragsgegner nicht mitgeteilt hat. Damit hat sie gegen ihre Obliegenheit zur ungefragten Information über spätere Einkommensänderungen verstoßen. Nach der Rechtsprechung des Senats sind jedenfalls die Parteien eines
Unterhaltsvergleichs verpflichtet, sich gegenseitig ungefragt zu informieren,
wenn ihr Verdienst das für die Bemessung des Unterhalts berücksichtigte Einkommen deutlich übersteigt (Senatsurteile vom 29. Januar 1997 - XII ZR
257/95 - FamRZ 1997, 483, 484 und vom 19. Februar 1986 - IVb ZR 71/84 -
- 13 -
FamRZ 1986, 450, 453). Weil sich die Parteien hier im Rahmen eines gerichtlichen Vergleichs über den Trennungsunterhalt geeinigt hatten, kommt es nicht
darauf an, ob sich diese Verpflichtung zur ungefragten Information nur aus der
vertraglichen Treuepflicht nach Abschluss eines gerichtlichen Vergleichs oder
unabhängig von der Art des Unterhaltstitels schon aus dem unterhaltsrechtlichen Treueverhältnis ergibt (so Büttner FF 2008, 15; vgl. auch Hoppenz FamRZ
1989, 337, 338 f. und Wendl/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 6. Aufl. § 1 Rdn. 696 ff.).
29
Subjektiv erfordert der Härtegrund des § 1579 Nr. 5 BGB ein mutwilliges
Handeln, das zumindest leichtfertiges Verhalten des Unterhaltsberechtigten
voraussetzt (Senatsurteile BGHZ 146, 391, 399 f. = FamRZ 2001, 541, 544 und
vom 13. Juli 1988 - IVb ZR 39/87 - FamRZ 1988, 1031, 1033; Gerhardt/
von Heintschel-Heinegg/Klein Handbuch des Fachanwalts Familienrecht 6. Aufl.
Kap. 6 Rdn. 458). Auch dies hat das Berufungsgericht in revisionsrechtlich nicht
zu beanstandender Weise angenommen.
30
Der Auffassung der Antragstellerin, ihr könne allenfalls Fahrlässigkeit
vorgeworfen werden, weil sie die Erhöhung ihrer Einkünfte nicht bewusst verschwiegen, sondern nicht daran gedacht habe, folgt der Senat nicht. Der festgestellte Sachverhalt rechtfertigt vielmehr den Schluss des Oberlandesgerichts,
dass die Beklagte zumindest mit bedingtem Vorsatz handelte, wenn es ihr nicht
sogar darauf ankam, sich durch das Verschweigen der Höhe ihres Verdienstes
Vermögensvorteile zu verschaffen. Denn im Zeitpunkt des Vergleichsschlusses
über den Trennungsunterhalt war das Scheidungsverfahren der Parteien bereits
anhängig und die Parteien verhandelten außergerichtlich über die Höhe des
nachehelichen
Unterhalts.
Mit
dem
außergerichtlichen
Schreiben
vom
9. Dezember 2004 wurde dem Antragsgegner die Verdienstabrechnung für den
Zeitraum von Dezember 2003 bis November 2004 "wunschgemäß" überreicht.
- 14 -
Erst im Anschluss daran hat die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 11. Januar
2005 ihren Unterhaltsantrag im Verbundverfahren eingereicht.
31
cc) Das Berufungsgericht hat die Voraussetzungen der Verwirkung nach
§ 1579 Nr. 5 BGB auch unter Berücksichtigung des strengen Maßstabs der
groben Unbilligkeit hier zu Recht angenommen. Denn die Antragstellerin hat
über die Dauer eines Jahres Unterhalt auf der Grundlage deutlich geringerer
eigener Einkünfte bezogen, obwohl ihr Einkommen aus Teilzeit- und Nebentätigkeit um annähernd 400 € monatlich angestiegen war. Zwar hat der Antragsgegner im März 2004 eine Steuererstattung erhalten, die jedenfalls teilweise
unterhaltsrechtlich zu berücksichtigen ist. Dies schließt eine grobe Unbilligkeit
als Folge der verschwiegenen höheren Einkünfte der Antragstellerin allerdings
nicht aus, weil es auch in Anbetracht dieser Steuererstattung dabei bleibt, dass
die Antragstellerin in der Zeit von Dezember 2003 bis März 2004 deutlich höheren Trennungsunterhalt bezogen hat, als ihr nach den höheren eigenen Einkünften zustand. Das Verschweigen der Steuererstattung durch den Antragsgegner kann das Verschweigen der deutlichen Einkommenserhöhung durch die
Antragstellerin nicht ungeschehen machen und das unterhaltsbezogen vorwerfbare Verhalten deswegen nicht wieder aufheben. Zu Recht hat das Berufungsgericht das Verhalten des Antragsgegners hier deswegen erst bei der Bemessung der Rechtsfolge des § 1579 BGB berücksichtigt. Wenn das Berufungsgericht den Unterhaltsanspruch der Antragstellerin lediglich maßvoll um 100 €
monatlich und auch nur befristet auf ein Jahr herabgesetzt hat, ist auch dagegen aus revisionsrechtlicher Sicht nichts zu erinnern.
- 15 -
II.
32
Die Revision des Antragsgegners ist hingegen begründet und führt insoweit zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung des Verfahrens an das Berufungsgericht.
33
1. Zu Recht hat das Berufungsgericht allerdings die von der Antragstellerin erzielbaren Zinsen aus dem erhaltenen Zugewinnausgleich im Wege der
Differenzmethode berücksichtigt, weil entsprechende Zinsen schon während
der Ehezeit der Parteien angefallen waren. Zinseinkünfte, die dem Unterhaltsberechtigten aus dem im Zugewinnausgleich erlangten Vermögen zugerechnet
werden, sind nach ständiger Rechtsprechung des Senats bereits bei der Bedarfsermittlung zu berücksichtigen. Denn wenn das entsprechende Vermögen
- wie hier - auch schon vor der Durchführung des Zugewinnausgleichs vorhanden war und die Vermögenserträge (§ 100 BGB) schon seinerzeit die ehelichen
Lebensverhältnisse bestimmt hatten, macht es keinen Unterschied, ob sie nach
wie vor von einem Ehegatten gezogen werden oder ob sie jetzt - nach Durchführung des Zugewinnausgleichs – anteilig auf beide Ehegatten verteilt sind. In
beiden Fällen beeinflussen die dann zu berücksichtigenden Vermögenseinkünfte auch die ehelichen Lebensverhältnisse und sind deswegen im Wege der Differenzmethode in die Unterhaltsberechnung einzubeziehen (Senatsurteil vom
4. Juli 2007 - XII ZR 141/05 - FamRZ 2007, 1532, 1537).
34
2. Mit Erfolg rügt die Revision des Antragsgegners allerdings die Ablehnung der Befristung des nachehelichen Ehegattenunterhalts durch das Berufungsgericht.
35
a) Schon die im Zeitpunkt der Entscheidung des Berufungsgerichts geltende Rechtslage sah in § 1573 Abs. 5 BGB a.F. und in § 1578 Abs. 1 Satz 2
und 3 BGB a.F. eine Möglichkeit zur zeitlichen Begrenzung des Aufstockungs-
- 16 -
unterhalts vor, soweit insbesondere unter Berücksichtigung der Dauer der Ehe
sowie der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit ein zeitlich
unbegrenzter Unterhaltsanspruch unbillig war. Bei der Subsumtion unter diese
Ausnahmetatbestände hat der Senat in seiner neueren Rechtsprechung nicht
mehr entscheidend auf die Ehedauer, sondern darauf abgestellt, ob sich eine
nacheheliche Einkommensdifferenz, die den Anspruch auf Aufstockungsunterhalt begründen könnte, als ein ehebedingter Nachteil darstellt, der einen dauerhaften unterhaltsrechtlichen Ausgleich zugunsten des bedürftigen Ehegatten
rechtfertigen kann. Schon nach dieser früheren Rechtslage bot der Anspruch
auf Aufstockungsunterhalt nach § 1573 Abs. 2 BGB a. F. deswegen keine - von
ehebedingten Nachteilen unabhängige - Lebensstandardgarantie i.S. einer
fortwirkenden Mitverantwortung. War die nacheheliche Einkommensdifferenz
nicht auf ehebedingte Nachteile, sondern darauf zurückzuführen, dass beide
Ehegatten schon vorehelich infolge ihrer Berufsausbildung einen unterschiedlichen Lebensstandard erreicht hatten, konnte es im Einzelfall dem unterhaltsberechtigten Ehegatten nach einer Übergangszeit zumutbar sein, auf einen Lebensstandard nach den ehelichen Lebensverhältnissen zu verzichten und sich
statt dessen mit dem Lebensstandard zu begnügen, den er auch ohne die Ehe
erreicht hätte (Senatsurteil vom 14. November 2007 - XII ZR 16/07 - FamRZ
2008, 134, 135; zur Entwicklung der Rechtsprechung vgl. Dose FamRZ 2007,
1289, 1294 f.).
36
b) Diese Rechtsprechung ist in die Neuregelung des § 1578 b BGB zum
1. Januar 2008 eingeflossen. Nach § 1578 b Abs. 2 BGB ist der Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten zeitlich zu begrenzen, wenn ein zeitlich
unbegrenzter Unterhaltsanspruch auch unter Wahrung der Belange eines dem
Berechtigten zur Pflege und Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes
unbillig wäre. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, inwieweit durch die
Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen
- 17 -
Unterhalt zu sorgen. Solche ehebedingten Nachteile können sich vor allem aus
der Dauer der Pflege und Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, aus der
Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie
aus der Dauer der Ehe ergeben. Maßgebend ist deswegen darauf abzustellen,
ob im Zeitpunkt der Entscheidung des Tatrichters ehebedingte Nachteile absehbar sind.
Wie das frühere Recht setzt auch die Begrenzung des nachehelichen
37
Unterhalts aus Billigkeitsgründen nach § 1578 b BGB nicht zwingend voraus,
dass der Zeitpunkt, ab dem der Unterhaltsanspruch entfällt, bereits erreicht ist.
Wenn die dafür ausschlaggebenden Umstände im Zeitpunkt der Entscheidung
bereits eingetreten oder zuverlässig voraussehbar sind, ist eine Begrenzung
nicht einer späteren Abänderung nach § 323 Abs. 2 ZPO vorzubehalten, sondern
schon
im
Ausgangsverfahren
auszusprechen
(Senatsurteil
vom
28. Februar 2007 - XII ZR 37/05 - FamRZ 2007, 793, 799). Ob die für die Begrenzung ausschlaggebenden Umstände allerdings bereits im Ausgangsverfahren zuverlässig vorhersehbar sind, lässt sich nur unter Berücksichtigung aller
Umstände des Einzelfalles beantworten (Senatsurteil vom 14. November 2007
- XII ZR 16/07 - FamRZ 2008, 134, 135 f.).
38
c) Nach diesen rechtlichen Maßstäben hat das Berufungsgericht auf der
Grundlage der getroffenen Feststellungen eine Befristung des nachehelichen
Unterhalts zu Unrecht abgelehnt.
39
aa) Zwar kommt es entgegen der Auffassung des Antragsgegners nicht
darauf an, dass die Antragstellerin ihre Berufstätigkeit schon vor Beginn der
Schwangerschaft mit der gemeinsamen Tochter aufgegeben hatte, um die
Betreuung ihrer beiden aus einer anderen Beziehung stammenden Kinder sicherzustellen. Denn jedenfalls mit der Geburt des gemeinsamen Kindes war die
- 18 -
Antragstellerin auch wegen der Betreuung dieses Kindes an einer Erwerbstätigkeit gehindert. Unterhaltsansprüche gegen den Vater ihrer weiteren Kinder waren nach § 1586 Abs. 1 BGB erloschen. Nach § 1586 a BGB in der seit dem
1. Januar 2008 geltenden Fassung leben solche Ansprüche, die nicht auf
§ 1570 BGB beruhen, auch nicht wieder auf (vgl. BT-Drucksache 16/1830
S. 22).
40
bb) Das Berufungsgericht verkennt allerdings, dass es nach der neueren
Rechtsprechung des Senats nicht entscheidend auf die Dauer der Ehe und der
Kindererziehung, sondern auf das Vorliegen ehebedingter Nachteile ankommt,
wofür die Ehedauer und die zunehmende Verflechtung der gemeinsamen Verhältnisse lediglich Indizien sind.
41
Hier hat das Berufungsgericht festgestellt, dass die Antragstellerin verpflichtet und in der Lage ist, eine vollschichtige Tätigkeit in ihrem erlernten Beruf
auszuüben. Schon dieser Umstand spricht gegen fortdauernde ehebedingte
Nachteile. Soweit das Berufungsgericht darauf abgestellt hat, dass während der
Betreuung des gemeinsamen Kindes die Gelegenheit zu Fort- und Weiterbildungen eingeschränkt gewesen sei und deshalb Gehaltseinbußen nicht ausgeschlossen werden könnten, verkennt es die Darlegungs- und Beweislast. Diese
trägt für Tatsachen, die zu einer Befristung oder Beschränkung des nachehelichen Unterhalts führen können, grundsätzlich der Unterhaltsverpflichtete, weil
§ 1578 b BGB - wie schon die früheren Vorschriften der §§ 1573 Abs. 5, 1578
Abs. 1 Satz 2 BGB - als Ausnahmetatbestand konzipiert ist. Hat der Unterhaltspflichtige allerdings Tatsachen vorgetragen, die - wie z.B. die Aufnahme einer
vollzeitigen Erwerbstätigkeit in dem vom Unterhaltsberechtigten erlernten oder
vor der Ehe ausgeübten Beruf - einen Wegfall ehebedingter Nachteile und damit eine Begrenzung des nachehelichen Unterhalts nahe legen, obliegt es dem
Unterhaltsberechtigten, Umstände darzulegen und zu beweisen, die gegen eine
- 19 -
Unterhaltsbegrenzung oder für eine längere "Schonfrist" sprechen (Senatsurteil
vom 14. November 2007 - XII ZR 16/07 - FamRZ 2008, 134, 136).
42
Solche Umstände, die trotz der Obliegenheit zur Übernahme einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit fortdauernde ehebedingte Nachteile begründen
könnten, nämlich dass sie infolge ihrer Berufspause an keiner Fortbildung teilnehmen konnte und deswegen heute über ein geringeres Einkommen verfügt,
als es ohne die Ehe und Kindererziehung der Fall wäre, hat die Antragstellerin
nicht substantiiert vorgetragen. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts folgen diese auch nicht aus den infolge der Kindererziehung und Haushaltstätigkeit nicht unerheblich reduzierten eigenen Rentenanwartschaften.
Zwar weist das Berufungsgericht zu Recht darauf hin, dass die Antragstellerin
während der Ehezeit lediglich Anwartschaften in Höhe von monatlich 86,76 €
erworben hat. Im Rahmen des Versorgungsausgleichs sind ihr allerdings vom
Versicherungskonto des Antragsgegners weitere Anwartschaften in Höhe von
451,27 € übertragen worden. Allein aus der knapp 13-jährigen Ehezeit verfügt
die Antragstellerin deswegen über Rentenanwartschaften in Höhe von
538,03 €. Das Berufungsgericht hat nicht festgestellt, dass dieser Anteil der Altersversorgung deutlich unter dem Wert liegt, den die Antragstellerin auf der
Grundlage der erzielbaren Einkünfte in ihrem erlernten Beruf als Krankenschwester ohne Ehe und Kindererziehung während derselben Zeit erworben
hätte.
43
Unabhängig von der Höhe der im Versorgungsausgleich übertragenen
Anrechte können ehebedingte Nachteile i.S. von § 1578 b BGB regelmäßig
nicht mit der Unterbrechung der Erwerbstätigkeit während der Ehe und den dadurch bedingten geringeren Rentenanwartschaften begründet werden, wenn für
diese Zeit der Versorgungsausgleich vollständig durchgeführt worden ist. Der
Nachteil in der Versorgungsbilanz ist dann in gleichem Umfang von beiden
- 20 -
Ehegatten zu tragen und damit in der Regel vollständig ausgeglichen, was einen zusätzlichen unterhaltsrechtlichen Ausgleich ausschließt.
44
3. Danach kann das Urteil des Berufungsgerichts keinen Bestand haben
und ist daher insoweit aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist nicht zur
Endentscheidung reif, weil die Abwägung aller für die Billigkeitsentscheidung in
Betracht kommenden Gesichtspunkte Aufgabe des Tatrichters ist. Sie kann
vom Revisionsgericht nur darauf überprüft werden, ob dieser die im Rahmen
der Billigkeitsprüfung maßgeblichen Rechtsbegriffe verkannt oder für die Einordnung unter diese Begriffe wesentliche Umstände unberücksichtigt gelassen
hat (Senatsurteil vom 28. Februar 2007 - XII ZR 37/05 - FamRZ 2007, 793, 800
- 21 -
m.w.N.). Das Berufungsgericht wird deswegen auf der Grundlage der Rechtsprechung des Senats und unter Berücksichtigung der gesetzlichen Neuregelung in § 1578 b BGB erneut über die Befristung des Anspruchs der Antragstellerin auf Aufstockungsunterhalt zu befinden haben.
Hahne
Sprick
Weber-Monecke
RiBGH Prof. Dr. Wagenitz
ist urlaubsbedingt verhindert zu unterschreiben.
Hahne
Dose
Vorinstanzen:
AG Dortmund, Entscheidung vom 11.07.2005 - 172 F 2200/02 OLG Hamm, Entscheidung vom 08.06.2006 - 4 UF 208/05 -