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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
XII ZB 40/13
vom
24. Juli 2013
in der Betreuungssache
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
FamFG § 70 Abs. 3; GG Art. 103 Abs. 1
Vor Verwerfung einer Beschwerde wegen Versäumung der Beschwerdefrist ist dem
Rechtsmittelführer durch einen Hinweis rechtliches Gehör zu gewähren, um ihm die
Möglichkeit zu geben, sich zu der Fristversäumung zu äußern und einen Antrag auf
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu stellen (im Anschluss an Senatsbeschluss
vom 24. Februar 2010 - XII ZB 168/08 - FamRZ 2010, 882).
BGH, Beschluss vom 24. Juli 2013 - XII ZB 40/13 - LG Nürnberg-Fürth
AG Schwabach
-2-
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 24. Juli 2013 durch den Vorsitzenden Richter Dose und die Richter Dr. Klinkhammer, Schilling, Dr. Günter
und Dr. Nedden-Boeger
beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 1 wird der Beschluss
der 13. Zivilkammer des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom
10. Januar 2013 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch
über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Landgericht zurückverwiesen.
Beschwerdewert: 3.000 €
Gründe:
I.
1
Die Beteiligte zu 1 wendet sich gegen die Verwerfung ihrer Beschwerde,
die sie in einem - ihre Tante betreffenden - Betreuungsverfahren eingelegt hat.
2
Das Amtsgericht hat für die Betroffene, die im September 2011 der Beteiligten zu 1 eine notarielle Vorsorgevollmacht erteilt hatte, eine Betreuung angeordnet und einen Betreuer bestellt. Dieser Beschluss ist der Beteiligten zu 1 am
29. Oktober 2012 zugestellt worden. Ihre mit Schriftsatz vom 29. November
2012 eingelegte Beschwerde hat das Landgericht als unzulässig verworfen.
Hiergegen wendet sich die Beteiligte zu 1 mit ihrer Rechtsbeschwerde.
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II.
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Die Rechtsbeschwerde ist zulässig und begründet.
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1. Entgegen der Auffassung der Beteiligten zu 1 folgt die Statthaftigkeit
der Rechtsbeschwerde indessen nicht aus § 117 Abs. 1 Satz 4 FamFG i.V.m.
§ 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO, weil es sich vorliegend nicht um eine Familienstreitsache im Sinne von § 112 i.V.m. § 117 FamFG handelt, sondern um ein Betreuungsverfahren und damit um ein Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit.
Die Statthaftigkeit der Rechtsbeschwerde ergibt sich allerdings aus § 70 Abs. 3
Satz 1 Nr. 1 FamFG. Danach ist die Rechtsbeschwerde gegen einen Beschluss
des Beschwerdegerichts in Betreuungssachen zur Bestellung eines Betreuers
ohne Zulassung statthaft.
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2. Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet. Durch die Verwerfung ihrer
Beschwerde wird die Beteiligte in ihrem Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt.
6
a) Die Pflicht zur Anhörung des Rechtsmittelführers folgt nach ständiger
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs unmittelbar aus Art. 103 Abs. 1 GG.
Diese Norm gibt dem Beteiligten eines gerichtlichen Verfahrens ein Recht darauf, dass er Gelegenheit erhält, sich zu dem einer gerichtlichen Entscheidung
zugrundeliegenden Sachverhalt (hier: zu der vom Landgericht angenommenen
Fristversäumung) zu äußern (Senatsbeschluss vom 24. Februar 2010 - XII ZB
168/08 - FamRZ 2010, 882 Rn. 7 mwN) und ggf. auch einen Wiedereinsetzungsantrag zu stellen.
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b) Gemessen hieran ist die Entscheidung des Landgerichts - was die
Rechtsbeschwerde im Ergebnis zu Recht gerügt hat - verfahrensfehlerhaft ergangen.
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Das Landgericht ist davon ausgegangen, dass die mit Schriftsatz vom
29. November 2012 erfolgte Beschwerde der Beteiligten zu 1 erst am
30. November 2012 beim Amtsgericht eingegangen ist, und damit ein Tag nach
Fristablauf. Dabei hat es versäumt, die Beteiligte zu 1 vor seiner Entscheidung
hierauf hinzuweisen und ihr somit die Möglichkeit genommen, hierzu Stellung
zu nehmen und - wie nunmehr mit der Rechtsbeschwerde vorgebracht - ein
entsprechendes Sendeprotokoll für eine Telefaxversendung zur Kenntnis zu
geben, wonach die Beschwerde bereits am 29. November 2012 versandt worden ist.
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3. Gemäß § 74 Abs. 5 FamFG ist der angefochtene Beschluss aufzuheben. Eine abschließende Entscheidung durch den Senat selbst gemäß § 74
Abs. 6 Satz 1 FamFG ist nicht möglich, da das Landgericht keine Feststellungen zur Sache getroffen hat. Deshalb ist die Sache gemäß § 74 Abs. 6 Satz 2
FamFG an das Landgericht zurückzuverweisen.
Dose
Klinkhammer
Günter
Schilling
Nedden-Boeger
Vorinstanzen:
AG Schwabach, Entscheidung vom 24.10.2012 - 2 XVII 413/12 LG Nürnberg-Fürth, Entscheidung vom 10.01.2013 - 13 T 110/13 -