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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 166/07
Verkündet am:
15. Januar 2009
Bürk
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
BGB § 675 Abs. 1, § 280 Abs. 1
a) Die Pflicht eines Rechtsanwalts, seinen Mandanten über den Inhalt eines möglichen Vergleichs aufzuklären, dient auch dem Schutz der ohne
den Vergleich bestehenden Rechtsposition des Mandanten.
b) Schließt der Mandant einen Vergleich, weil ihn sein Rechtsanwalt über
dessen Inhalt unzureichend aufgeklärt hat, so kann sein Anspruch auf
Schadensersatz nicht unter dem Gesichtspunkt des Schutzzwecks der
verletzten Pflicht auf die Differenz zu der Vermögenslage beschränkt
werden, die er - nicht aber die Gegenpartei - als Inhalt des Vergleichs
akzeptiert hätte.
BGH, Urteil vom 15. Januar 2009 - IX ZR 166/07 - OLG Stuttgart
LG Heilbronn
-2-
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 15. Januar 2009 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Ganter, die Richter
Raebel, Prof. Dr. Kayser, Dr. Pape und Grupp
für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 12. Zivilsenats
des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 4. September 2007, berichtigt durch Beschluss vom 26. September 2007, im Kostenpunkt
und insoweit aufgehoben, als die auf eine Verletzung anwaltlicher
Pflichten bei dem Zustandekommen des gerichtlichen Vergleichs
vom 6. Mai 2002 gestützte Widerklage für die Zeit ab dem
1. Januar 2003 abgewiesen wurde.
In diesem Umfang wird die Sache zur neuen Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an
das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
1
Der am 22. September 1941 geborene Beklagte war ab dem 1. Oktober
1995 beim M.
(im Folgenden: Arbeitgeber) als Chefin-
genieur beschäftigt. Der Arbeitgeber kündigte den Arbeitsvertrag zum 30. April
1996. Die hiergegen gerichtete Kündigungsschutzklage des Beklagten, der vom
-3-
Kläger anwaltlich vertreten wurde, hatte Erfolg. Gegen zwei weitere zwischenzeitlich vom Arbeitgeber ausgesprochene Kündigungen ließ der Beklagte ebenfalls durch den Kläger Klage erheben. In einem anderen arbeitsgerichtlichen
Verfahren machte der Kläger im Auftrag des Beklagten die seit dem 1. Januar
1999 vom Arbeitgeber einbehaltene Vergütung geltend. In diesem Verfahren
schloss der Kläger für den Beklagten am 6. Mai 2002 - auch zur Erledigung
des (zweiten) Kündigungsschutzprozesses - einen bis zum 27. Mai 2002 widerruflichen Vergleich. Dieser hatte zum Inhalt, dass das Arbeitsverhältnis bis zum
31. Dezember 2000 auf der Grundlage der vertragsgemäßen Bezüge abgerechnet, in den Jahren 2001 und 2002 als Altersteilzeitarbeitsverhältnis mit Vergütung nach dem Altersteilzeitgesetz geführt und zum 31. Dezember 2002 beendet wurde. Der Vergleich wurde nicht widerrufen. In der Folgezeit stellte sich
heraus, dass der Vergleich in zwei Punkten nicht den Vorstellungen des Beklagten entsprach. Zum einen war der Arbeitgeber entgegen der Annahme des
Beklagten nach dem Vergleich nicht verpflichtet, die Vergütung für die Altersteilzeit entsprechend einem Tarifvertrag vom 27. April 2001 aufzustocken.
Zum zweiten musste es der Beklagte hinnehmen, dass ihm der Arbeitgeber auf
der Grundlage eines bei ihm geltenden Versorgungstarifvertrags ab dem
1. Januar 2003 nur eine wegen vorzeitiger Inanspruchnahme um monatlich
321,34 € gekürzte Altersrente bezahlte.
2
Da der Beklagte verschiedene Rechnungen des Klägers nicht beglich,
verklagte ihn der Kläger im vorliegenden Rechtsstreit auf Zahlung von
7.351,97 € zuzüglich Zinsen. Der Beklagte hat Widerklage erhoben und Schadensersatz in Höhe von 163.273,43 € nebst Zinsen verlangt, insbesondere mit
der Behauptung, der Kläger habe die ihm als Rechtsanwalt im Zusammenhang
mit dem Abschluss des Vergleichs vom 6. Mai 2002 obliegenden Pflichten verletzt. Er verlangt so gestellt zu werden, als wäre der Vergleich nicht geschlos-
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sen und das Arbeitsverhältnis bis zur Vollendung seines 65. Lebensjahres fortgesetzt worden, und hat deshalb zusätzlich beantragt festzustellen, dass der
Kläger den infolge des Vergleichs anfallenden Rentenschaden sowie den Steuerschaden zu ersetzen hat, der aus der Nachzahlung des Betrags von
163.273,43 € im Vergleich zur monatlichen Zahlung von Arbeitsentgelt für den
Zeitraum vom 1. Januar 2001 bis einschließlich 30. September 2006 erwächst.
Die Widerklage hatte beim Landgericht keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat
den Kläger auf die Widerklage verurteilt, an den Beklagten 14.460,30 € zuzüglich Zinsen zu zahlen. Den Feststellungsanträgen hat es stattgegeben mit der
Einschränkung, dass ein Rentenschaden von maximal 321,34 € monatlich zu
ersetzen sei und dass sich der Steuerschaden nach dem Vergleich der Steuerbelastung aufgrund der Nachzahlung von 14.460,30 € und derjenigen bei monatlicher Zahlung von 321,34 € von Januar 2003 bis September 2006 bemesse.
Schadensersatzansprüche betreffend die Jahre 2001 und 2002 hat es als verjährt abgewiesen. Die Revision hat das Berufungsgericht nur insoweit zugelassen, als die auf eine Verletzung anwaltlicher Pflichten bei dem Zustandekommen des gerichtlichen Vergleichs vom 6. Mai 2002 gestützte Widerklage für die
Zeit ab dem 1. Januar 2003 abgewiesen wurde. Gegen die Abweisung der Widerklage in diesem Umfang richtet sich die Revision des Beklagten.
Entscheidungsgründe:
I.
3
Die Beschränkung der Zulassung der Revision durch das Berufungsgericht ist wirksam. Die Zulassung ist innerhalb der Widerklage auf einen klar abgegrenzten Teilzeitraum eines einheitlichen prozessualen Anspruchs be-
-5-
schränkt. Allein für diesen Teil des Streitgegenstands ist die Rechtsfrage von
Bedeutung, ob die Höhe des Schadens normativ zu begrenzen ist. Die Gefahr
widersprüchlicher Entscheidungen des von der Revisionszulassung betroffenen
und des übrigen Teils besteht nicht (vgl. BGH, Urt. v. 4. Juni 2003 - VIII ZR
91/02, ZIP 2003, 1399, 1402; v. 25. Oktober 2006 - XII ZR 141/04, NJW 2007,
144; MünchKomm-ZPO/Wenzel, 3. Aufl. § 543 Rn. 36 ff).
II.
4
Die Revision hat Erfolg. Sie führt im Umfang der Anfechtung zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
5
Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Der Kläger sei zum Schadensersatz verpflichtet, weil er nicht erkannt habe, welche Ziele der Beklagte mit dem
Vergleich angestrebt habe, und ihn dementsprechend nicht mit der gebotenen
Deutlichkeit darüber belehrt habe, dass der Vergleich in den Punkten "Aufstockung der Altersteilzeitvergütung gemäß dem Tarifvertrag Altersteilzeit" und
"Kürzung der Altersversorgung wegen vorzeitiger Inanspruchnahme gemäß
dem Versorgungstarifvertrag" hinter den Vorstellungen des Beklagten zurückgeblieben sei. Bei pflichtgemäßer Aufklärung durch den Kläger hätte der Beklagte den Kläger angewiesen, den Vergleich zu widerrufen. In den dann streitig
fortzuführenden Verfahren hätte der Beklagte obsiegt und wäre bis zur Vollendung seines 65. Lebensjahres von seinem Arbeitgeber weiterbeschäftigt worden. Bei einer reinen Kausalitätsbetrachtung bestehe der Schaden des Beklagten in der Differenz zwischen der Vermögenslage, die durch den Vergleich geschaffen worden sei, und der hypothetischen Vermögenslage, die bestanden
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hätte, wenn der Beklagte bis zur Vollendung seines 65. Lebensjahres weiterbeschäftigt worden wäre. Dann ergebe sich im Wesentlichen ein Schaden, wie er
mit der Widerklage geltend gemacht werde. Im Hinblick auf den Schutzzweck
der verletzten anwaltlichen Belehrungs- und Aufklärungspflicht sei jedoch eine
normative Korrektur der Kausalitätsbetrachtung geboten, die zu einer Begrenzung des ersatzfähigen Schadens führe. Der Beklagte könne im Wege des
Schadensersatzes nicht mehr erhalten als das, was er als Vergleichsinhalt nach
einer umfassenden und pflichtgemäßen anwaltlichen Beratung akzeptiert hätte.
Akzeptiert hätte er den Vergleich, wenn dieser zusätzlich zu seiner konkreten
Ausgestaltung Regelungen enthalten hätte, die ihm die Aufstockung der Altersteilzeitvergütung gesichert und die Kürzung der Altersversorgung verhindert
hätten. Durch die Vermögenslage, die sich dann ergeben hätte, werde sein
Schadensersatzanspruch "gedeckelt". Darauf, dass der Arbeitgeber einem solchen Vergleich nicht zugestimmt hätte, komme es nicht an.
III.
6
Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
7
1. Mit Recht hat das Berufungsgericht angenommen, der mit der Widerklage geltend gemachte Schaden sei eine äquivalent und adäquat kausale Folge der Pflichtverletzungen des Klägers. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts wäre kein Vergleich zustande gekommen, wenn der Beklagte
vom Kläger pflichtgemäß über den genauen Inhalt des vereinbarten Vergleichs
aufgeklärt worden wäre. Den vereinbarten Vergleich hätte der Beklagte widerrufen lassen. Einem Vergleich mit dem Inhalt, den der Beklagte akzeptiert hätte,
hätte sein Arbeitgeber nicht zugestimmt. Sowohl der Prozess über die einbehal-
-7-
tene Vergütung als auch der (zweite) Kündigungsschutzprozess wären daher
streitig fortgeführt worden. Der Beklagte hätte im Kündigungsschutzprozess
obsiegt, so dass sein Arbeitsverhältnis bis zur Vollendung seines 65. Lebensjahres fortgedauert hätte. Er hätte bis zu diesem Zeitpunkt die im Arbeitsvertrag
vereinbarte Vergütung erhalten, und die mit dem Abschluss des Vergleichs verbundenen nachteiligen Auswirkungen auf seine Rente und die Lohnsteuer wären ausgeblieben.
8
2. Der ersatzfähige Schaden des Beklagten wird jedoch nicht durch die
Vermögenslage begrenzt, die sich für ihn ergeben hätte, wenn der Inhalt des
Vergleichs seinen Vorstellungen entsprochen hätte. Der Schutzzweck der verletzten Pflicht rechtfertigt eine solche Begrenzung nicht. Denn die Pflicht eines
Rechtsanwalts, seinen Mandanten über den Inhalt eines möglichen Vergleichs
aufzuklären, soll nicht nur sicherstellen, dass der Vergleich den Vorstellungen
des Mandanten entspricht, sondern dient auch dem Schutz der ohne den Vergleich bestehenden Rechtsposition des Mandanten.
9
a) In Rechtsprechung und Literatur ist anerkannt, dass die Kriterien der
äquivalenten und adäquaten Verursachung nicht in allen Fällen zu einer sachgerechten Eingrenzung der Haftung für schadensursächliches Verhalten führen.
Dem Schädiger wird ein Schaden deshalb nur dann zugerechnet, wenn dieser
sich innerhalb des Schutzzwecks der verletzten Norm verwirklicht. Diese Wertung gilt auch im Vertragsrecht. Die Haftung des Schädigers ist dort durch den
Schutzzweck der verletzten vertraglichen Pflicht beschränkt. Dies gilt auch für
den Anwaltsvertrag. Auch hier sind nur solche Nachteile zu ersetzen, zu deren
Abwendung die verletzte Vertragspflicht übernommen worden ist (BGH, Urt. v.
17. Juni 1993 - IX ZR 206/92, NJW 1993, 2797, 2799; v. 20. Oktober 1994
- IX ZR 116/93, NJW 1995, 449, 451; v. 26. Juni 1997 - IX ZR 233/96, NJW
-8-
1997, 2946, 2947; v. 6. Juni 2002 - III ZR 206/01, NJW 2002, 2459, 2460; v.
13. Februar 2003 - IX ZR 62/02, NJW-RR 2003, 1035 f; Fischer in Zugehör/
Fischer/Sieg/Schlee, Handbuch der Anwaltshaftung 2. Aufl. Rn. 1032 f).
10
b) Ein Rechtsanwalt ist innerhalb der Grenzen des ihm erteilten Mandats
verpflichtet, seinen Auftraggeber umfassend und erschöpfend zu belehren, um
ihm eine eigenverantwortliche, sachgerechte Entscheidung darüber zu ermöglichen, wie er seine Interessen in rechtlicher und wirtschaftlicher Hinsicht zur
Geltung bringen will (BGHZ 171, 261, 263 f, Rn. 9 f; BGH, Urt. v. 13. März 2008
- IX ZR 136/07, WM 2008, 1560, 1561, Rn. 14 f, jeweils mit weiteren Nachweisen; Zugehör in Zugehör/Fischer/Sieg/Schlee, Handbuch der Anwaltshaftung
2. Aufl. Rn. 483). Dies gilt in besonderer Weise, wenn ein Rechtsstreit durch
einen Vergleich beendet werden soll. Eigenverantwortlich kann der Mandant
diese Entscheidung nur treffen, wenn ihm die Chancen und Risiken der Prozessführung verdeutlicht werden, also die Aussichten, den Prozess zu gewinnen oder zu verlieren. Sodann muss der Mandant über Inhalt und Tragweite
des beabsichtigten Vergleichs informiert werden (BGH, Urt. v. 7. Dezember
1995 - IX ZR 238/94, NJW-RR 1996, 567; v. 8. November 2001 - IX ZR 64/01,
NJW 2002, 292). Eine Aufklärung in der zweiten Richtung ist insbesondere
dann erforderlich, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Mandant erwartet, durch einen Vergleich bestimmte Rechtspositionen gewahrt zu wissen,
und der Anwalt beabsichtigt, den Vergleich mit einem abweichenden Inhalt abzuschließen (BGH, Urt. v. 14. Januar 1993 - IX ZR 76/92, NJW 1993, 1325).
-9-
11
c) Eine Beschränkung des ersatzfähigen Schadens auf den Umfang des
Erfolgs, den der Mandant im Vergleichswege erzielen wollte, kann danach in
Betracht kommen, wenn der Mandant, weil er das von seinem Anwalt zutreffend
dargestellte Prozessrisiko scheut, einen Vergleich schließen möchte und hierbei
aufgrund einer unzureichenden Belehrung über dessen Inhalt rechtliche oder
tatsächliche Positionen aufgibt, über die der Prozessgegner noch verhandlungsbereit war. In einem solchen Fall ist es Aufgabe des Anwalts, die Ziele
seines Mandanten zu ermitteln und sie gegenüber dem gesprächsbereiten Gegner durchzusetzen. Dem Mandanten kann nicht deshalb, weil durch Verschulden seines Rechtsanwalts im Vergleichswege nicht noch mehr Zugeständnisse
des Prozessgegners erzielt worden sind, als Schadensersatz dasjenige zugesprochen werden, was er durch ein voll obsiegendes Urteil erhalten hätte.
12
d) Um einen solchen Fall handelt es sich hier jedoch nicht. Nach den
Feststellungen des Berufungsgerichts hätten Nachverhandlungen zu keiner Einigung geführt, weil der Arbeitgeber auf die zusätzlichen Wünsche des Beklagten nicht eingegangen wäre. Die Pflicht des Klägers wäre es unter diesen Umständen gewesen, dem Beklagten - nach der Verdeutlichung der Prozessaussichten, der Ermittlung seiner in einem Vergleich als Mindestinhalt zu wahrenden Interessen, der Information über den davon abweichenden Inhalt des widerruflich geschlossenen Vergleichs und über die Aussichtslosigkeit von Nachverhandlungen - klar zu machen, dass er nur die Alternativen hatte, entweder
den Vergleich wirksam werden zu lassen oder ihn zu widerrufen und die Prozesse fortzuführen. Der Beklagte musste sich zwischen der durch den Vergleich
herbeigeführten und der bei einer Fortführung des Prozesses bestehenden
Vermögenslage entscheiden. Die Pflicht des Klägers, es dem Beklagten durch
eine umfassende Beratung zu ermöglichen, diese Entscheidung eigenverantwortlich und sachgerecht zu treffen, hatte somit auch den Zweck, den Beklag-
- 10 -
ten davor zu bewahren, aufgrund einer Fehlvorstellung über den Inhalt des
Vergleichs auf die Fortführung der Prozesse und die damit zu wahrende
Rechtsposition zu verzichten.
13
e) Das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 10. Juli 2003 (BGHZ 155, 354;
vgl. auch LG Karlsruhe VersR 1996, 607, 608) steht dieser Beurteilung nicht
entgegen. In dieser Entscheidung wurde einer Arbeitnehmerin, die ihre Berufstätigkeit im Vertrauen auf die Richtigkeit einer Rentenauskunft des Rentenversicherungsträgers vorzeitig aufgegeben hatte, nur die Differenz zwischen der tatsächlich bezogenen Rente und der sich aus der - unrichtigen - Auskunft ergebenden Rente als Schadensersatz zugesprochen, obwohl feststand, dass sie
ihre Berufstätigkeit bei richtiger Auskunft fortgesetzt hätte (aaO S. 361 f). Anders als ein Rechtsanwalt vor dem Abschluss eines Vergleichs war der Rentenversicherungsträger nicht zur umfassenden, auf alle rechtlichen und wirtschaftlichen Aspekte der anstehenden Entscheidung bezogenen Aufklärung und Beratung verpflichtet, sondern nur zur Auskunft über einen Einzelpunkt. Zweck der
Auskunft war es ausschließlich, der Arbeitnehmerin Kenntnis von der Höhe der
bei vorzeitiger Aufgabe ihrer Berufstätigkeit zu erwartenden Rente zu vermitteln. In einem solchen Fall kann es gerechtfertigt sein, den zu erstattenden
Schaden auf die Differenz zu dem Betrag zu beschränken, auf den der Betroffene nach der erteilten Auskunft vertrauen durfte.
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f) Ähnlich wird in der Rechtsprechung bei Beratungs- und Aufklärungsmängeln im Zusammenhang mit Kapitalanlagen unterschieden. Wer dem Anlageinteressenten eine umfassende Beratung oder Aufklärung über alle in Betracht kommenden Gesichtspunkte schuldet, haftet grundsätzlich für alle mit
einer nachteiligen Anlageentscheidung verbundenen Schäden, auch wenn er
seine Pflicht nur hinsichtlich eines Einzelpunkts verletzt hat. Wer dagegen ei-
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nem Anlageinteressenten Beratung oder Aufklärung nur hinsichtlich eines bestimmten für das Vorhaben bedeutsamen Einzelpunkts schuldet, braucht nur für
diejenigen Risiken einzustehen, für deren Einschätzung die erbetene Auskunft
maßgeblich war (BGHZ 116, 209, 212 f mit weiteren Nachweisen; 146, 235,
239 f; BGH, Urt. v. 20. November 1997 - IX ZR 286/96, WM 1998, 142, 143; v.
13. Februar 2003 - IX ZR 62/02, aaO S. 1036).
15
3. Das Urteil des Berufungsgerichts ist daher im angefochtenen Umfang
aufzuheben und zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Berufungsgericht zurückzuverweisen
(§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Eine eigene Sachentscheidung kann der Senat
nicht treffen, da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3
ZPO). Auf der Grundlage des vom Berufungsgericht festgestellten Sachverhalts
kann der dem Beklagten entstandene Schaden noch nicht exakt beziffert werden. Zum einen steht die genaue Höhe einer Betriebsrente nicht fest, die der
Beklagte seit dem 1. Januar 2003 erhielt und die seinen Schaden mindert, zum
anderen fehlen ausreichende Feststellungen zu den vom Beklagten ersparten
berufsbedingten Aufwendungen, die unter den besonderen Umständen des vor-
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liegenden Falles nicht durch einen nur die gewöhnlichen Aufwendungen berücksichtigenden prozentualen Abschlag erfasst werden können.
Ganter
Raebel
Pape
Kayser
Grupp
Vorinstanzen:
LG Heilbronn, Entscheidung vom 25.09.2005 - 5 O 462/05 Mü-K OLG Stuttgart, Entscheidung vom 04.09.2007 - 12 U 179/06 -