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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
III ZB 18/05
vom
21. September 2005
in dem Verfahren auf Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruchs
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
Übereinkommen vom 10. Juni 1958 über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche (BGBl. 1961 II S. 121 - UNÜ) Art. VII Abs. 1
a) Die durch den Meistbegünstigungsgrundsatz des Art. VII Abs. 1 UNÜ gebotene
Anwendung schiedsfreundlicheren nationalen Rechts umfasst die Bestimmungen
zur Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen (§§ 1025 ff ZPO) und
die (nationalen) Kollisionsregeln sowie das danach als Statut der Schiedsvereinbarung berufene nationale Recht.
b) Unterliegt die Schiedsvereinbarung nach dem - durch den lex fori-Grundsatz bestimmten - internationalen Privatrecht des Exequaturstaates einem nationalen
Recht, das liberalere Formvorschriften hat als diejenigen des Art. II Abs. 1 und 2
UNÜ, ist dieses anerkennungsfreundlichere nationale Recht gemäß Art. VII Abs. 1
UNÜ maßgeblich.
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BGH, Beschluss vom 21. September 2005 - III ZB 18/05 - OLG Oldenburg
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Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 21. September 2005 durch
den Vorsitzenden Richter Schlick und die Richter Streck, Dr. Kapsa, Galke und
Dr. Herrmann
beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 1. Februar 2005 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die
Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Wert des Beschwerdegegenstandes: 34.387,83 Euro
Gründe:
I.
Die Antragstellerin beansprucht von der Antragsgegnerin restliche Vergütung für die Erledigung von Baggerarbeiten. Sie erhob deshalb Schiedsklage
gegen die Antragsgegnerin vor der Schiedskommission "Allgemeine Ge-
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schäftsbedingungen für E.
betriebe" in W.
/Niederlande. Die An-
tragsgegnerin rügte die Zuständigkeit dieses Schiedsgerichts.
Durch Schiedsspruch ("Arbitraal vonnis") vom 17. Dezember 2003 verurteilte
das
Schiedsgericht
die
Antragsgegnerin,
an
die
Antragstellerin
34.387,83 € nebst Zinsen und Kosten zu zahlen. Das Oberlandesgericht hat
entschieden, der Schiedsspruch sei im Inland nicht anzuerkennen. Mit der
Rechtsbeschwerde verfolgt die Antragstellerin ihr Begehren, den Schiedsspruch für vollstreckbar zu erklären, weiter.
II.
Die gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 1025 Abs. 4,
§ 1065 Abs. 1 Satz 1, § 1062 Abs. 1 Nr. 4 Fall 2 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist auch im Übrigen zulässig, weil die Rechtssache grundsätzliche
Bedeutung hat (§ 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO).
Die Rechtsbeschwerde ist begründet; sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht (§ 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO).
1.
Das Oberlandesgericht hat im Wesentlichen ausgeführt:
Die Vollstreckbarerklärung nach dem Übereinkommen vom 10. Juni
1958 über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche
(BGBl. 1961 II S. 121 - im folgenden UNÜ) sei zu versagen, weil die Entschei-
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dung des Schiedsgerichts nicht durch eine "schriftliche Vereinbarung" im Sinne
der Art. V Abs. 1 lit. a, Art. II Abs. 2 UNÜ legitimiert gewesen sei. Die Parteien
hätten die zu erbringenden Leistungen mündlich vereinbart. Zwar habe sich auf
den Rechnungen der Antragstellerin ein Hinweis auf Allgemeine Geschäftsbedingungen befunden, die eine Schiedsklausel enthalten hätten. Das habe aber
- mangels gesonderten Hinweises auf die Schiedsklausel - der von Art. II
Abs. 2 UNÜ geforderten Schriftform nicht genügt.
Dem UNÜ könne nationales, hier also deutsches, Recht vorgehen, soweit es der Vollstreckbarkeitserklärung günstiger sei. Es gebe aber keinen
Schiedsvertrag, der den Anforderungen des § 1031 Abs. 1 bis 3 ZPO entspreche.
2.
Die Begründung des Oberlandesgerichts hält in einem entscheidenden
Punkt der rechtlichen Prüfung nicht stand. Aufgrund der bisher getroffenen
Feststellungen kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Parteien eine
formwirksame Schiedsvereinbarung geschlossen haben und damit dem Antrag
auf Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs stattzugeben ist.
a) Die Rechtsbeschwerde nimmt hin, dass das Oberlandesgericht die
Formerfordernisse, die Art. II UNÜ an eine Schiedsvereinbarung stellt, im
Streitfall nicht für erfüllt angesehen und deshalb die Anerkennung des Schiedsspruchs nach dem UNÜ versagt hat. Dagegen ist auch nichts zu erinnern.
Art. II Abs. 1 UNÜ fordert eine schriftliche Vereinbarung. Darunter ist
gemäß Art. II Abs. 2 UNÜ eine Schiedsklausel in einem Vertrag oder eine
Schiedsabrede zu verstehen, sofern der Vertrag oder die Schiedsabrede von
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den Parteien unterzeichnet oder in Briefen oder in Telegrammen enthalten ist,
die sie gewechselt haben. Hier hatten die Parteien indes lediglich mündliche
Abreden über die Beauftragung der Antragstellerin mit Baggerarbeiten getroffen. Der Verweis auf die in AGB niedergelegte Schiedsklausel befand sich allein auf Rechnungen, die die Antragstellerin der Antragsgegnerin übersandte,
mithin nicht in gewechselten Schriftstücken.
b) Die Rechtsbeschwerde meint, nach dem Meistbegünstigungsgrundsatz des Art. VII Abs. 1 UNÜ sei der Rückgriff auf nationales Recht erlaubt. Die
Formerfordernisse des danach maßgeblichen § 1031 ZPO seien - entgegen
der Auffassung des Oberlandesgerichts - erfüllt. Dem ist nicht beizutreten.
aa) An dieser Stelle mag - was noch zu erörtern sein wird - mit der
Rechtsbeschwerde davon ausgegangen werden, dass Art. VII Abs. 1 UNÜ die
Anwendung des § 1031 ZPO gestattet. Die Vorschrift kann der Rechtsbeschwerde aber nicht zum Erfolg verhelfen; denn die dort niedergelegten Formalien einer Schiedsvereinbarung sind ebenfalls nicht eingehalten.
bb) Die Schiedsvereinbarung war weder in einem von den Parteien unterzeichneten Dokument (§ 1031 Abs. 1 Alt. 1 ZPO) noch in - nicht notwendigerweise unterschriebenen - gewechselten Dokumenten oder anderen Formen
der Nachrichtenübermittlung (§ 1031 Abs. 1 Alt. 2 ZPO) enthalten. Lediglich die
einseitig von der Antragstellerin der Antragsgegnerin übermittelten Rechnungen enthielten einen Verweis auf AGB, die u.a. ein Schiedsverfahren vorsahen.
Die Rechnungen können auch nicht als kaufmännische Bestätigungsschreiben aufgefasst werden, die gemäß § 1031 Abs. 2 Alt. 1 in Verbindung mit
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Abs. 3 ZPO wirksam auf die AGB-mäßige Schiedsklausel Bezug genommen
hätten. Die Rechnungen waren - ebenso wenig wie die von der Rechtsbeschwerde in den Rechnungen gesehenen Auftragsbestätigungen - dazu bestimmt, den Vertragsschluss und den Inhalt der getroffenen Vereinbarungen
verbindlich festzulegen; mit ihnen sollten erkennbar lediglich die von der Antragstellerin erbrachten Werkleistungen gegenüber der Antragsgegnerin abgerechnet werden.
c) Auf einem anderen Wege könnte aber der von der Rechtsbeschwerde
geltend gemachte Meistbegünstigungsgrundsatz (Art. VII Abs. 1 UNÜ) zur Anerkennung der Schiedsvereinbarung und damit des Schiedsspruchs führen:
aa) Das UNÜ lässt die Anwendung nationalen Rechts zu, soweit es der
Anerkennung und Vollstreckung des Schiedsspruchs günstiger ist (Art. VII
Abs. 1 UNÜ). Das deutsche Gericht ist deshalb befugt, auch ohne dass sich die
Parteien darauf berufen, auf das anerkennungsfreundlichere innerstaatliche
Recht in toto zurückzugreifen; denn es hat das Recht - völkerrechtliche Verträge ebenso wie (originär-)nationales Recht - von Amts wegen zu beachten (vgl.
zuletzt
Senatsbeschluss
vom
25. September
2003
- III ZB
68/02
- SchiedsVZ 2003, 281, 282 m.w.N.).
bb) Nach dem vorbeschriebenen Meistbegünstigungsgrundsatz wäre
mithin - sofern schiedsfreundlicher - das deutsche Recht, d.h. die Vorschriften
der Zivilprozessordnung zur Anerkennung und Vollstreckung ausländischer
Schiedssprüche (§ 1025 Abs. 4, §§ 1061 bis 1065 ZPO) anwendbar. Dort wird
aber (vgl. § 1061 Abs. 1 Satz 1 ZPO) abgesehen von wenigen eigenständigen
Regelungen (vgl. Musielak/Voit, ZPO 4. Aufl. 2005 § 1061 Rn. 11) das UNÜ in
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Bezug genommen (dessen formfordernden Art. II Abs. 1 und 2 wie dargelegt
hier nicht genügt worden ist). Weitgehend wird zwar der Meistbegünstigungsgrundsatz (Art. VII Abs. 1 UNÜ) dahin verstanden, dass er - unter Durchbrechung der Rückverweisung des nationalen Rechts auf das UNÜ - die Anwendung von im Vergleich zu Art. II Abs. 2 UNÜ zurückhaltenderen nationalen
Formvorschriften wie die des § 1031 ZPO erlaubt (vgl. Stein/Jonas/Schlosser,
ZPO 22. Aufl. 2002 Anh. § 1061 Rn. 159; so wohl auch Schwab/Walter,
Schiedsgerichtsbarkeit 7. Aufl. 2005 Kap. 44 Rn. 12 f, jeweils m.w.N.; MünchKommZPO-Gottwald, 2. Aufl. 2001 Art. II UNÜ Rn. 13 <bb>; a.A. Zöller/Geimer,
ZPO 25. Aufl. 2005 § 1061 Rn. 2; Musielak/Voit aaO § 1061 Rn. 14 und § 1031
Rn. 18 sowie MünchKommZPO-Münch aaO § 1061 Rn. 6 unter Hinweis
<Fn. 27> auf Moller NZG 1999, 143, 145, 146). Für ein solches anerkennungsfreundlicheres Verständnis des Meistbegünstigungsgrundsatzes spricht viel.
Das kann jedoch dahinstehen; die Formerfordernisse des danach gegebenenfalls berufenen § 1031 ZPO sind hier nicht erfüllt (s.o. unter II. 2. b) bb)).
cc) Die durch den Meistbegünstigungsgrundsatz gebotene Anwendung
schiedsfreundlicheren nationalen Rechts gilt allerdings nicht nur für die Bestimmungen zur Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen
(§§ 1025 ff ZPO); sie umfasst - was das Oberlandesgericht nicht berücksichtigt
hat - ferner die (nationalen) Kollisionsregeln und das danach als Statut der
Schiedsvereinbarung berufene nationale Recht. Unterliegt die Schiedsvereinbarung nach dem - durch den lex fori-Grundsatz bestimmten - internationalen
Privatrecht des Exequaturstaates einem nationalen Recht, das liberalere Formvorschriften hat als diejenigen des Art. II Abs. 1 und 2 UNÜ, ist dieses anerkennungsfreundlichere nationale Recht gemäß Art. VII Abs. 1 UNÜ maßgeblich
(vgl. Stein/Jonas/Schlosser aaO § 1031 Rn. 24; Schwab/Walter aaO Kap. 44
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Rn. 12). So könnte der Streitfall liegen, was im Verfahren der Rechtsbeschwerde indes nicht abschließend entschieden werden kann.
Kollisionsrecht ist hier das (deutsche) EGBGB als lex fori. Danach
kommt es für das Recht, dem die Schiedsvereinbarung unterliegt - und dessen
Form regiert (vgl. Art. 11 Abs. 1 Alt. 1 EGBGB) - auf die Parteivereinbarung an
(vgl. BGHZ 40, 320, 322 ff; <Senat> 71, 131, 137; BGH, Urteil vom 25. Mai
1970 - VII ZR 157/68 - AWD 1970, 417, 418; Schwab/Walter aaO Kap. 43
Rn. 5 ff und Kap. 44 Rn. 17; Schlosser, Das Recht der internationalen privaten
Schiedsgerichtsbarkeit 2. Aufl. 1989 Rn. 253 m.w.N.). Diesbezüglich hat die
Antragstellerin vorgetragen, die Parteien hätten, was gemäß Art. 28 Abs. 2
EGBGB zu vermuten sei, den zwischen ihnen geschlossenen Vertrag über
Baggerleistungen und die Schiedsvereinbarung niederländischem Recht unterstellt. Nach der somit maßgeblichen niederländischen Rechtsprechung sei für
die Einbeziehung der die Schiedsklausel enthaltenden AGB ausreichend, wenn
bei langjährigen Geschäftsbeziehungen - wie geschehen - ein entsprechender
Hinweis auf die Rechnungen oder auf dem Briefpapier erfolge (vgl. auch
Schlosser aaO Rn. 380 und 382 <zum EuÜ> zur Lehre von der "facture acceptée").
Das Oberlandesgericht hat diesen Punkt nicht geklärt. Es lässt sich im
Rahmen der rechtlichen Prüfung deshalb nicht ausschließen, dass die Formgültigkeit der Schiedsvereinbarung nach dem weniger strengen niederländischen Recht zu beurteilen ist und dies zur Anerkennung der Schiedsvereinbarung als formwirksam führt. Nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts
kann auch
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nicht davon ausgegangen werden, dass der Vollstreckbarerklärung ein sonstiges Hindernis entgegensteht.
Schlick
Streck
Galke
Kapsa
Herrmann