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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 62/01
Verkündet am:
11. März 2004
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
Partnerschafts-Kurzbezeichnung
PartGG § 2
Die Aufnahme einer Phantasiebezeichnung in den Namen einer Partnerschaft
verstößt nicht gegen § 2 PartGG.
BORA § 9
Der Vorschrift des § 9 BORA ist kein Verbot der Verwendung einer Phantasiebezeichnung als Teil einer Kurzbezeichnung bei gemeinschaftlicher Berufsausübung im Sinne dieser Vorschrift zu entnehmen.
BRAO § 59k
Der spezielle Regelungsgehalt des § 59k BRAO steht einer analogen Anwendung der Bestimmung auf den Bereich der sonstigen Zusammenschlüsse von
Rechtsanwälten entgegen.
BGH, Urt. v. 11. März 2004 - I ZR 62/01 - OLG Karlsruhe
LG Waldshut-Tiengen
-2-
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 11. März 2004 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann
und die Richter Prof. Dr. Bornkamm, Pokrant, Dr. Büscher und Dr. Schaffert
für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe
- 4. Zivilsenat in Freiburg - vom 1. Februar 2001 wird auf Kosten der
Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die klagende Rechtsanwaltskammer wendet sich dagegen, daß die Beklagte,
eine aus Steuerberatern und Rechtsanwälten bestehende Partnerschaft, sich
- entsprechend ihrer Eintragung in das Partnerschaftsregister - als "artax Steuerberater
S.
- Rechtsanwälte
" bezeichnet.
Partnerschaft
A.
-B.
-H. -L.
-
-3-
Nach der Auffassung der Klägerin verstößt die Beklagte durch die Verwendung des Begriffs "artax" in ihrem Namen gegen § 1 UWG i.V. mit § 9 der
Berufsordnung für Rechtsanwälte (BORA). Dies folge namentlich aus der in der
Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) für die Rechtsanwaltsgesellschaft getroffenen Neuregelung wie insbesondere aus § 59k BRAO. Bei der Rechtsanwalts-GmbH sei eine Sach- und Phantasiebezeichnung unzulässig. Ein sachlicher Grund für eine abweichende Behandlung der Partnerschaft sei nicht ersichtlich. Die Verwendung der Bezeichnung "artax" sei zudem irreführend i.S.
des § 3 UWG.
Die Klägerin hat beantragt,
der Beklagten unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verbieten,
die
Bezeichnung
artax
A.
,
B.
,
H. ,
L.
,
S.
,
Partnerschaft Steuerberater, Rechtsanwälte im geschäftlichen Verkehr zu benutzen.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben (LG Waldshut-Tiengen
BRAK-Mitt. 2000, 261). Die Berufung der Beklagten hat zur Abweisung der Klage geführt (OLG Karlsruhe NJW 2001, 1584).
Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageantrag weiter. Die Beklagte beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen.
-4-
Entscheidungsgründe:
I. Das Berufungsgericht hat die Klage als unbegründet angesehen und
hierzu ausgeführt:
Aus dem Verbot in § 2 Abs. 1 Satz 3 des Partnerschaftsgesellschaftsgesetzes (PartGG), in den Namen der Partnerschaft andere Namen als die der
Partner aufzunehmen, lasse sich für die Entscheidung des Streitfalls nichts ableiten. Nach den Gesetzesmaterialien zu § 2 PartGG komme der Beifügung des
Vornamens zwar der Vorrang vor der Beifügung von Sachzusätzen zu; damit
seien aber auch diese nicht grundsätzlich unzulässig. Zudem fehle es für eine
entsprechende Einschränkung der Berufsausübungsfreiheit gemäß Art. 12
Abs. 1 GG an schützenswerten Gemeinwohlinteressen.
Die nach dem allgemeinen Berufsrechtsvorbehalt in § 1 Abs. 3 PartGG
ferner einschlägige Bestimmung des § 9 BORA stehe dem von der Beklagten
gewählten Namen ebenfalls nicht entgegen. Ihr Wortlaut gebe keinen Hinweis,
wie eine Kurzbezeichnung zu lauten habe. Der Bestimmung sei nicht das Gebot
zu entnehmen, die Kurzbezeichnung allein aus den Namen der Sozien oder
Partner zu bilden. Die Kurzbezeichnung solle eine andere, kürzere Firmierung
als die vor allem früher übliche Aneinanderreihung der Namen der in der Kanzlei tätigen Rechtsanwälte ermöglichen, um so eine kurze, einprägsame und
werbewirksame Kanzleibezeichnung zu erhalten. Hieraus folge nicht, daß
Phantasie- und Sachbezeichnungen grundsätzlich unzulässig seien. Das von
der Klägerin erstrebte Verbot widerspräche, da vernünftige Erwägungen des
Gemeinwohls der Verwendung der Kurzbezeichnung "artax" nicht entgegen-
-5-
stünden, zudem der durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Berufsausübungsfreiheit.
Eine Irreführung sei weder durch die zusätzliche Verwendung der Kurzbezeichnung "artax" schlechthin noch durch deren Verwendung im Namen der
Partnerschaft zu befürchten, da die dort tätigen Rechtsanwälte und Steuerberater nicht nur mit ihren Berufsbezeichnungen aufgeführt, sondern zusätzlich
namentlich benannt seien.
Die zusätzliche Verwendung einer einprägsamen Kurzbezeichnung zur
Kennzeichnung einer aus Angehörigen verschiedener Berufe bestehenden
Partnerschaft verstoße auch nicht gegen die Beschränkung der Werbung von
Rechtsanwälten gemäß § 43b BRAO auf eine sachliche Unterrichtung; allenfalls
liege eine zulässige Imagewerbung vor.
II. Die Revision hat keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat mit Recht
angenommen, daß weder die Bestimmungen des Partnerschaftsgesellschaftsgesetzes noch die gemäß dessen § 1 Abs. 3 des weiteren in Betracht zu ziehenden berufsrechtlichen Vorschriften das von der Klägerin erstrebte Verbot
rechtfertigen. Zutreffend ist auch seine Beurteilung, daß die von der Beklagten
gewählte Namensgebung nicht i.S. des § 3 UWG irreführend ist.
1. Das Berufungsgericht ist mit Recht davon ausgegangen, daß die Aufnahme einer Phantasiebezeichnung in den Namen der Beklagten nicht gegen
§ 2 PartGG verstößt. Es hat hierbei zutreffend darauf abgestellt, daß diese Bestimmung für Sach- oder Phantasiebezeichnungen keine Regelung enthält. Die
Begründung des Gesetzes (BT-Drucks. 12/6152, S. 12) geht von der grund-
-6-
sätzlichen Zulässigkeit entsprechender Zusätze aus. Der Umstand, daß § 2
Abs. 2 PartGG auch nach der Änderung des § 18 Abs. 1 HGB durch das Handelsrechtsreformgesetz vom 22. Juni 1998 (BGBl. I S. 1474), aufgrund deren
Einzelkaufleute und Personenhandelsgesellschaften im Gegensatz zu früher
nunmehr ebenfalls Sach- und Phantasienamen tragen dürfen, (weiterhin) nicht
auf diese Bestimmung Bezug nimmt, rechtfertigt entgegen der Auffassung der
Revision keine andere Beurteilung. Denn der Gesetzgeber hatte, nachdem er
bei den Partnerschaften die Beifügung von Sach- und Phantasieangaben von
vornherein als zulässig erachtet hatte, keinen Anlaß, das Partnerschaftsgesellschaftsgesetz anläßlich der Änderung des Handelsgesetzbuchs, durch die das
insoweit für Einzelkaufleute und Personenhandelsgesellschaften bestehende
Verbot aufgehoben wurde, gleichfalls zu ändern.
2. Das von der Klägerin erstrebte Verbot hat auch in § 9 BORA keine
Grundlage.
a) § 9 Abs. 1 BORA gestattet es Rechtsanwälten, bei beruflicher Zusammenarbeit mit sozietätsfähigen Personen i.S. des § 59a BRAO, sei es, daß
diese als Sozietät, als Partnerschaftsgesellschaft oder über das Verhältnis als
Angestellter oder freier Mitarbeiter erfolgt, unter einer Kurzbezeichnung aufzutreten. Die Kurzbezeichnung darf sich auf den Namen einer oder mehrerer sozietätsfähiger Personen beschränken. Auch die Namen früherer Mitarbeiter
dürfen in dieser Kurzbezeichnung weitergeführt werden (§ 9 Abs. 2 BORA).
Zur Verwendung einer Sach- oder Phantasiebezeichnung enthält die genannte Vorschrift keine Regelung. Ihr ist lediglich zu entnehmen, daß die Verwendung von Namen in der Kurzbezeichnung geboten ist. Das legt es nahe,
-7-
daß nach dem Wortlaut der Berufsordnung die Verwendung allein einer Sachoder Phantasiebezeichnung als Kurzbezeichnung nicht gestattet ist. Diese Frage ist aber nicht Gegenstand des Streits. Ein Verbot der Verwendung einer
Phantasiebezeichnung als Teil der Kurzbezeichnung bei beruflicher Zusammenarbeit ist dem § 9 BORA nicht zu entnehmen. Zweck der dort getroffenen
Regelung ist es, daß jeder im Rechtsverkehr erkennen kann, mit wem er es zu
tun hat, wer Rechtsberatung anbietet oder als Vertreter gegnerischer Interessen
auftritt (BGH, Beschl. v. 17.12.2001 - AnwZ (B) 12/01, NJW 2002, 608, 609).
Dieser Regelungszweck wird durch die Verwendung einer Phantasiebezeichnung neben Namen in der Kurzbezeichnung nicht in Frage gestellt (vgl. auch
AnwGH Hamburg NJW 2004, 371, 372).
Eine andere rechtliche Beurteilung ergibt sich nach dem Vorgesagten
entgegen der Ansicht der Revision nicht, wenn - wovon das Berufungsgericht
ausgegangen ist - in der gewählten Bezeichnung neben dem Namen eines
ausgeschiedenen Partners sämtliche sozietätsfähigen Mitglieder namentlich erwähnt sind. Das berechtigte Interesse der Öffentlichkeit an einer eindeutigen
Außendarstellung der Beklagten wird durch den Bezeichnungsteil "artax", der
entgegen der Auffassung der Revision kein Zusatz i.S. des § 9 Abs. 3 BORA
ist, nicht beeinträchtigt. Denn dieser ist als Teil der beanstandeten Gesamtbezeichnung nicht geeignet, im Rechtsverkehr Irrtümer hervorzurufen oder auch
nur Unklarheiten entstehen zu lassen (vgl. BGH NJW 2002, 608, 609).
b) Ohne Rechtsfehler hat das Berufungsgericht der Regelung des § 59k
BRAO, der die Firma der Rechtsanwaltsgesellschaft i.S. der §§ 59c ff. BRAO
regelt, keinen die Zulässigkeit der im Streitfall beanstandeten Bezeichnung in
Zweifel ziehenden Hinweis entnommen. Dementsprechend ist es auch uner-
-8-
heblich, ob diese Bestimmung bei wortlautgetreuem Verständnis einer verfassungsrechtlichen Überprüfung standhält (vgl. dazu BGH, Urt. v. 23.10.2003
- I ZR 64/01, Umdr. S. 7 ff. - Rechtsanwaltsgesellschaft). Der spezielle Regelungsgehalt des § 59k BRAO steht einer analogen Anwendung dieser Bestimmung auf den Bereich der sonstigen Zusammenschlüsse von Rechtsanwälten
entgegen.
c) Ein Verbot im begehrten Umfang beeinträchtigte zudem die Beklagte
ohne sachliche Rechtfertigung in ihrer nach Art. 12 Abs. 1 GG geschützten
Freiheit der Berufsausübung, sich im Rechtsverkehr in der von ihr vorgestellten
Weise darzustellen.
3. Mit Recht hat das Berufungsgericht ferner angenommen, daß die Aufnahme von "artax" in den Namen der Beklagten, soweit dem eine werbende
Wirkung zukommt, keinen Verstoß gegen das Sachlichkeitsgebot des § 43b
BRAO darstellt, sondern in den Rahmen einer zulässigen Selbstdarstellung fällt
(vgl. BVerfG, Beschl. v. 17.4.2000 - 1 BvR 721/99, NJW 2000, 3195, 3196 =
WRP 2000, 720; Beschl. v. 4.8.2003 - 1 BvR 2108/02, GRUR 2003, 965, 966 =
WRP 2003, 1213; BGH, Urt. v. 5.12.2002 - I ZR 115/00, GRUR 2003, 540, 541
= WRP 2003, 745 - Stellenanzeige).
4. Zutreffend und von der Revision auch unbeanstandet hat das Berufungsgericht im übrigen eine Irreführung i.S. des § 3 UWG durch die Namenswahl der Beklagten verneint. Eine Irreführung hinsichtlich der geschäftlichen
Verhältnisse der Beklagten und insbesondere hinsichtlich ihrer Geschäftstätigkeit ist angesichts der weiteren Bestandteile ihres Namens ausgeschlossen.
-9-
III. Danach war die Revision der Klägerin mit der Kostenfolge aus § 97
Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Ullmann
Bornkamm
Büscher
Pokrant
Schaffert